Claudio Casula / 12.06.2023 / 14:00 / Foto: Pixabay / 108 / Seite ausdrucken

„Gott ist queer“ und anderes Grünzeug

Der 38. Evangelische Kirchentag in Nürnberg bot dem politischen Zeitgeist eine große Bühne. Und eine bizarre Schlusspredigt setzte dem woken Wahn die Krone auf. Eins steht fest: Grüner wird’s nicht.

Um Gott ging es nur am Rande, auch wenn die rot-grünen Veranstaltungen hin und wieder unangenehm durch Gottesdienste, Gebete und Andachten unterbrochen wurden. „Wenn Kirche sich hochpolitisch zeigt“, jubelte das ZDF. Auf den Podien saßen Aktivistinnen wie Luisa Neubauer von „Fridays for Future“ und Carla Hinrichs von der „Letzten Generation“ sowie Politiker wie Scholz, Habeck, Baerbock, Schwesig, Göring-Eckardt, Gauck und Kretschmann, und sie alle brachten ihre Argumente für ihre politischen Anliegen vor: „Klimaschutz“ und „Gerechtigkeit“, „Antirassismus“ und „Willkommenskultur“ und natürlich „trans“ und „queer“ – allein zu den letztgenannten Themen zählte die NZZ satte 35 Veranstaltungen und „mehr Gendersternchen als Teilnehmer mit Migrationshintergrund“.

Selbstredend durfte auch der Ukraine-Krieg nicht fehlen, wobei der Pazifismus früherer Tage inzwischen einer freudigen Bereitschaft zur Lieferung von Waffen gewichen ist – dafür warben unter anderem Kanzler Scholz und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer. „Frieden schaffen ohne Waffen“ war gestern.

Insgesamt pilgerten etwa 70.000 Besucher nach ihrem vegetarischen Frühstück (die Veranstalter des Kirchentags hatten zum ersten Mal in den Gemeinschaftsquartieren ein ausschließlich fleisch- und wurstloses Frühstück angeboten) in Klettsandalen zu der fünftägigen Veranstaltung, um sich einmal mehr das anzuhören, womit sie vom Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk rund um die Uhr genudelt werden – und zahlten sogar Eintritt dafür. Sie erlebten unter anderem einen salbungsvollen Vortrag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und einen Gottesdienst, bei dem die Predigt von einer künstlichen Intelligenz geschrieben und von einem Avatar vorgetragen wurde – wobei wahrscheinlich nicht der geringste Unterschied zum Steinmeier-Auftritt festgestellt werden konnte. 

„Gott ist queer!“

Einem Pastor aus dem ostfriesischen Wiesmoor war es beschieden, beim Abschlussgottesdienst einen bizarren Schlusspunkt unter den als Kirchentag getarnten Grünen-Parteitag zu setzen. Der in Südafrika aufgewachsene, leicht an Whoopi Goldberg gemahnende Geistliche und Aktivist (Eigenbezeichnung) mit dem klingenden Namen Quinton Ceasar fasste noch einmal alle grünen Anliegen zusammen. Die Gläubigen sollten sich von Traditionen, Herkunft und „Hetero-Normativität“ lösen. Es sei „Zeit, sich an die befreiende Liebe von Jesus zu kleben“. „Wir sind alle die Letzte Generation!“, rief der Pastor, der bei seiner absonderlichen Predigt überraschenderweise keine orangefarbene Warnweste trug, den rund 18.000 Kirchentags-Besuchern auf dem Nürnberger Hauptmarkt zu.

Es gelte, sich für die Rechte von Behinderten einzusetzen und gegen die Diskriminierung von Homosexuellen zu kämpfen, meinte der Tor des Monats, der offenbar immer noch annimmt, dass es Behinderte und Schwule hierzulande richtig schwer haben. Gott sei immer auf der Seite derer, die am Rand stehen und nicht gesehen werden, was man als bemerkenswerte Solidarisierung mit der AfD und ihren Wählern interpretieren könnte, aber so wird es Quinton Ceasar nicht gemeint haben. Außerdem rief er zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer auf beziehungsweise dazu, diese zwecks lebenslanger Vollversorgung nach Europa zu verbringen. 

Auch die letzten woken Anliegen adressierte der Pastor noch: „Jetzt ist die Zeit zu sagen: Black lives always matter!“ (white lives nicht?), und, noch besser: „Jetzt ist die Zeit zu sagen: Gott ist queer!“ Jedoch – wenn Gott queer ist, warum steht dann in der Bibel (1. Buch Moses, 1,27): „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“? Wäre interessant zu wissen, ob Quinton Ceasar die Bibel überhaupt gelesen hat und nicht nur das grüne Parteiprogramm und „Der kleine Prinz“.

Hier drängt sich die Frage auf, was Jesus zum 38. Evangelischen Kirchentag gesagt hätte. Für dieses durch und durch politisierte Happening der Selbstgerechten ist er gewiss nicht am Kreuz gestorben. Wahrscheinlich hätte er das Podium gestürmt wie weiland die Esplanade des Tempelbergs. 

Der nächste Evangelische Kirchentag findet 2025 in Hannover statt. Aber grüner wird’s nicht mehr. Niedersachsens Landeshauptstadt wirbt dafür übrigens mit dem Slogan #hannoverlieben – und das ist nun wirklich auch für duldsame Christenmenschen zu viel verlangt.

 

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

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Michael Fasse / 12.06.2023

@Oliver Breitfeld: Nah dran! Aber nicht ganz. Die Kirchen entwickeln sich zur „Hure Babylon“, nachzulesen in Offenbarung 17 und 18. „Hure“ darum, weil sie ihren wahren Bräutigam, Jesus, längst betrogen hat, indem sie sich ins Bett legt mit dem antichristlichen Zeitgeist. Der Kirchentag ist ein hervorragendes Zeugnis davon. Wahre Christen werden von Gott aufgerufen, „von ihr auszugehen, um nicht ihrer Sünden teilhaftig zu werden“.

Toni Cher / 12.06.2023

Wenn zwei derartige Sekten koalieren, dann kann man nur hoffen, dass Gott in Wahrheit ein AfDler ist!

Markus Viktor / 12.06.2023

@ Rainer Schweitzer: Da rühren Sie an ein sorgsam gehütetes Tabu einer hier zutiefst verlogenen Gesellschaft. Gott weiß warum. Anscheinend hat ausgerechnet ein katholischer Priester die AFD angezeigt, wegen eines Plakats gegen Genderpropaganda durch eine Drag Big Clit-Lesung vor Kindern ab 4 Jahren in einer Bibliothek der Stadt München. Es soll ja Leute geben, die aufgrund diverser Übergriffe dem Bibelwort „Lasset die Kinder zu mir kommen“ einen pädophilen Beigeschmack unterstellen. Zu denen gehöre ich ausdrücklich nicht. Aber katholische Priester sollten erst vor der Tür der eigenen Institution kehren, wobei es ja in den letzten Jahren erfreuliche Fortschritte gegeben hat. Soll das jetzt im Zusammenhang mit Queeraktivismus wieder umgedreht werden? Beschwerden über Kindsmissbrauch durch Kirchenmänner als queerfeindlich?

Richard Loewe / 12.06.2023

war Hengameh etwa nicht dabei? Wasn da los?

A. Ostrovsky / 12.06.2023

Wenn sich mal herausstellt, dass meine Religion verloren hat oder verloren ist, brauche ich doch auch so ein Handbuch, wie man ins Gelobte Land kommt, möglichst auch in meiner Sprache. Was wenn dann der guze alte Soros schon die Radieschen von unten zählt. Nein, das ist absurd, der wird NIEMALS Radieschen zählen… Naja, aber brauchen würde ich das schon. Muss man eigentlich Asyl immer fordern, oder kann man auch höflich darum bitten? Fragen über Fragen. Irlmeier klang ja nicht so, alls wenn es üüberhaupt Asyl gibt. Und was, wenn der Häuptling von Deutschland gerade alles vergessen hat, wie der von Amerika, wo sie ihm immer sagen müssen, dass er der Präsident ist und dass das Virus gerade die Alten dahinrafft? Die ganze Welt ist ein Schmarrn. Soll ich etwa ungarisch lernen, weil dort nach Gorbi nun auch Orbi regiert und die ganze EU mit Gulaschkanonen einnehmen wird? Ein Schiff wird kommen, mit acht Masten und mit FÜNFZIG Gulaschkanenen. Aber WOZU? Haben wir nicht schon unsere eigenen Probleme? Naja, ich möchte ja KEINER DER VERANTWORTLICHEN SEIN!

Peter Krämer / 12.06.2023

Ich würde mir eine Diskussion unserer Kirchenleiter mit muslimischen Mitbürgern wünschen, bei der die Frage gestellt wird, ob deren Gott Allah nicht auch queer sein könnte und Mohammed vielleicht ...

heinrich hein / 12.06.2023

die evangelische kirche in Deutschland hat so viel mit glauben und gott zu tun, wie eine kuh mit der formel 1. ich bin sicher, dass keiner der funktionäre dieser Einrichtung gläubiger christ ist. ich bin vor 4 Jahren ausgetreten und habe für diesen verein nur noch abgrundtiefe Verachtung übrig.

A. Ostrovsky / 12.06.2023

Blackfacing im Karneval müsste verboten werden, so wie der unberechtigte Asylanspruch des rechtsextremen Soldaten, wie hieß der doch gleich, nein, nicht bin Laden, der war schon vom Laden zurück und hatte schon gesichert. Irgendwas mit Abu. Also die Kämpfer eines Staates, sei es auch der islamische, sind doch rechtmäßig. Die müssen auch gewinnen, wo kommen wir denn sonst hin. Dann macht ja die ganze Kriegstreiberei keinen Sinn, wenn die immer verlieren und zur Strafe in Deutschland Asyl fordern müssen. Da will doch niemand hin, wo sie so eine bekloppte Regierung haben. Was wird aus den Ukrainern? Wenn sie verloren haben?

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