Wäre ich eine Frau, könnte ich jetzt triumphieren. Bin ich aber nicht. Aber ich habe auch etwas vorzuweisen: Ich gehöre zu den lebensälteren Mitbürgern, wie es der Bürokrat so poetisch formuliert. Wir, die Frauen und die lebensälteren Mitbürger, haben eine gemeinsame Freude, und zwar beim Autofahren.
Die Freude beruht auf einem Testbericht, den kürzlich eine Mannheimer Hochschule in strengster Wissenschaftlichkeit durchgeführt hat. Und zwar auf einem Gebiet, auf dem sich Frauen und alte Knaben am Steuer angeblich besonders schwer tun. Richtig, es geht ums Einparken. Und was hat der streng wissenschaftliche Test der Mannheimer ergeben? Na, klar: Das Vorurteil liegt mal wieder völlig daneben. Sowohl Frauen als auch Senioren kommen schneller und mit weniger Handbewegungen in die Parklücken hinein als die Männer in jugendlichem oder mittlerem Powerzustand.
Woran das liegen mag, soll hier nicht näher untersucht werden. Obgleich der Gedanke nahe liegt, das das Testosteron einem gelassenen und darum präzisen Einparken nicht unbedingt förderlich ist. Aber dies sei dahin gestellt. Entscheidend ist – wie immer heutzutage - die Frage der Nachhaltigkeit. Mit anderen Worten: Wie lange noch können Frauen und alte Knaben den Triumph genießen, die besseren Einparker zu sein?
Ich fürchte, diese Ressource der Freude ist sehr endlich. Man muss nicht zum Club of Rome gehören, um zu ahnen, dass bald Schluss damit ist. Denn immer mehr Autos der neuen Generation erfreuen sich ausgeklügelter Einparkhilfen. Es dauert nicht mehr lange, dann parken auf unseren Straßen nicht mehr die Menschen ein sondern nur noch die Autos selber, während der Mensch staunend zuschaut.
Hier haben wir ein unschönes, aber typisches Beispiel dafür, dass die männerbündische Technik wieder einmal den Frauen (und ganz nebenbei auch den Rentnern) selbst den kleinsten Startvorteil raubt. Es wäre darum durchaus angebracht, eine Autoquote einzuführen, die einem Drittel aller Autos das Recht auf technikfreies, also humanes und frauenfreundliches Einparken sichert. Aber dazu wird es wohl nicht kommen.
Denn uns steht ja eine noch dramatischere Entwicklung bevor. Es ist die Zukunftsvision einer Autogeneration, die nicht nur selber einparkt sondern vom Start aus voll automatisch und ohne eingreifende Menschenhand ihr Ziel erreicht. Das Auto wird zum Fahrer und der Fahrer von heute wird zum bloßen Passagier degradiert.
Das wird dramatische Folgen nicht nur für den Straßenverkehr haben sondern auch für die gesamte Gendersituation. Denn was wird wohl per Gesetz zur technischen Autofahr-Norm erhoben? Die nassforsche, überwiegend männliche Rallye-Fahrweise oder die mütterliche, wenn auch etwas langweilige Fahrweise der Frauen? Ja, was wohl. Der testosterongesteuerte männliche Fahrer wird technisch hinweg gemendelt. Die weibliche Fahrweise wird technisches Allgemeingut.
Ja, es wird ein Sieg der Frau, aber er trägt die Züge eines Pyrrhus-Sieges. Schließlich verliert sie als technische Normgeberin unweigerlich ihr Alleinstellungsmerkmal. Die Frau setzt sich durch und gibt zugleich ihr weibliches Profil auf. Es geht in der Gesamttechnik unter. Der Autofahrer wird qua Technik zur Frau und die Frau wird zu jedermann.
Das wäre bei traditioneller Sichtweise zweifellos ein Verlust. Andererseits wird so auf technischem Wege die Genderfrage einer endgültigen Lösung ein großes Stück näher gebracht. Eines Tages gibt es auf unseren Straßen keine Männer und Frauen mehr sondern nur noch gähnende Fahrgäste.