Rainer Bonhorst / 15.01.2024 / 11:00 / Foto: Varde Kommune / 12 / Seite ausdrucken

Zwei Krönungen, eine mit, eine ohne

Die Krönungszeremonie von Kopenhagen ist deutlich weniger pompös ausgefallen als solche, die wir aus London gewohnt sind.

Als ehemaliger England-Korrespondent wird man unausweichlich zum Beobachter europäischer Königshäuser. Das ist eine lustige Beschäftigung, vor allem dann, wenn zwei königliche Großereignisse in enger Nachbarschaft, geografisch und zeitlich, zu beobachten sind. Die Rede ist vom immer noch relativ neuen König Charles und vom brandneuen König Frederik. Ein wunderbares Kontrastprogramm zwischen den Darstellungsformen der Briten und der Dänen.

Die pompöse Krönung des dritten Charles in der Westminster Abbey hat den Alt-Satiriker John Cleese zu der Feststellung veranlasst: „Das war pures Monty Python.“ Und er lachte los, als wäre tatsächlich ein Sketch aus seinen frühen Jahren wiederauferstanden. Und selbst Charles wirkte unter seiner Krone, die er prekär auf dem Haupthaar balancierte, heimlich amüsiert oder gar peinlich berührt. But the show must go on. Und er zog die Sache durch – gemeinsam mit seiner auch ein wenig unglücklich wirkenden Frau und Mitkönigin Camilla.

In Kopenhagen ging es ein bisschen schlichter zu. Die 83-jährige Margrethe unterschrieb an einem Bürotisch ihre Abdankungsurkunde und ihr erstgeborener Sohn saß daneben und übernahm. Beinahe.

Da war erst noch die Proklamation zu absolvieren, für die sich Frederik immerhin in eine schicke Uniform mit Schärpe und Epauletten geworfen hat. Die hat er sich als Leistungssportler in Uniform auch redlich verdient. Eine Krone, die vom Kopf zu rutschen droht, hatte er nicht dabei.

Eine Königwerdung aus der realen Neuzeit

Nun zur Balkonszene am Schloss Christiansborg. Zunächst durfte der Beinahe-König allein auf den Balkon des Stadt-Palastes treten und dem zahlreich versammelten Volk zuwinken. Was die Volksmenge angeht, so standen die Dänen den Briten kaum nach. Jedenfalls wenn man bedenkt, dass Großbritannien rund 60 Millionen an Volk aufzubieten hat, Dänemark nur acht Millionen.

Der Unterschied trat aber dann deutlich zum Vorschein. Während Englands Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss nur als Gast unter vielen der Krönungszeremonie teilnehmen durfte, trat in Kopenhagen nun die Hauptperson neben dem König auf den Balkon – in der selbstbewussten Gestalt der Premierministerin Mette Frederiksen. Sie hielt die Ansprache, mit der der freundliche Herr neben ihr zum König proklamiert wurde. Schließlich war sie die politische Herrin im Königreich und spielte für alle sichtbar die Rolle, die ihr von Amts wegen zustand. In England war auch Liz Truss – wenn auch nur kurzfristig – die Herrin der Macht. Aber sie durfte es nicht zeigen. Es galt einen royalen Schein zu wahren.

Erst als Mette Frederiksen mehrmals den rechten Arm in die Höhe riss und hurra, hurra, hurra rief, war der König der König. Das Volk rief ebenfalls hurra, hurra, hurra, und das war es dann. Die Premierministerin zog sich nach getaner Arbeit zurück, der König blieb, lächelte und winkte, seine aus Australien stammende Frau und Mitkönigin Mary trat neben ihn, lächelte und winkte ebenfalls. Es folgten noch die vier Kinder und das war es dann wirklich.

Wie schon die Vorarbeiten, so waren auch die Aufräumarbeiten nach dieser „Krönungszeremonie“ deutlich weniger aufwendig als die in London. Und das Volk ging nach Hause im Bewusstsein, einer Königwerdung aus der realen Neuzeit beigewohnt zu haben. Und keiner wunderbar inszenierten Komödie aus dem Mittelalter.

 

Rainer Bonhorst arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung. 

Foto: Varde Kommune CC BY 2.0, Link

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Talman Rahmenschneider / 15.01.2024

“Was die Volksmenge angeht, so standen die Dänen den Briten kaum nach. Jedenfalls wenn man bedenkt, dass Großbritannien rund 60 Millionen an Volk aufzubieten hat, Dänemark nur acht Millionen.” Wenn ein Platz voll ist, ist er voll. Daher spielt es keine Rolle, wie die Bevölkerungsstärke ist. Was den Pomp betrifft: Vergleichen Sie es mal mit der Krönung von King Charles in Schottland. Die war schlicht und immer noch besser, allein die blauen Mäntel, großartig. Fazit: Die Briten können dies besser. Was Königin Margarethe jedoch besser konnte, war, eine eigenständige Person zu bleiben. Um die Scheidung des jüngeren Sohnes, Joachim, kaum Tamtam. Allerdings eine viel zurückhaltendere Presse. Ich hoffe, Sie kommen später nicht auf die Idee, die Beerdigungen zu vergleichen, sollten Sie noch unter uns weilen (hoffentlich). Die Beerdigung von Queen Elizabeth war so außergewöhnlich schön und die Teilnahme der Briten mit den vielen Blumen, die dann an der Auffahrt nach Windsor lagen, so berührend, dass es gar keinen Vergleich gibt. Das Eine ist das Commonwealth, das Andere ein kleines Land mit einer sympathischen hochintelligenten Königin, die Riesenschuhe hinterlässt, viel zu groß für Frederick. Joachim hätte besser reingepasst, schätze ich. Vielleicht hat sie hier einen Kardinalfehler gemacht, einen der wenigen. Sie hätte mal den Schwächling - so wirkt er - mit der Genoveva ziehen lassen sollen, wenn da was war. Die Frau wirkt deutlich unterf…t und entsprechend kühl. Wenn das zehn Jahre gut geht, ist der Sohn 28 Jahre. Der ähnelt Henri de Laborde de Monpezat. Vielleicht hat er mehr Ausstrahlung.

Philipp Dehn / 15.01.2024

Der Autor hat eben keinen Sinn für überkommene Traditionen.

Manuel Leitgeb / 15.01.2024

Wer eine “moderne Königwerdung” einer echten Krönungszeremonie bevorzugt, der verdient was mit seinem Land passiert. Und das Charlie etwas lächerlich wirkte bei seiner Krönung, naja, das liegt einfach an ihm als Charakter. Seine Mutter war eben ein anderes Kaliber, eine echter Royal. Und sein Sohn wird bei seiner Krönung auch ganz anders wirken.

Dirk Kleinjakob / 15.01.2024

Staatsrechtlich nicht ganz korrekt. Fritze ist Fritz X. mit der Abdankung, Ebenso wie es Kalle mit Lissis Ende automatisch war. Eine Proklamation ist ebenso wie in GB nur eine Art Bekräftigung vor der Öffentlichkeit. Schon gar keine staatsrechtliche Bedeutung hat die Krönung in GB; sie ist nur schön bunt und sehr symbolisch aufgeladen, ironischerweise gerade im urprotesantischen Britannien einem katholischen Gottesdienst - v.a. bis zum II. Vaticanum - ähnelnd (womit der Verf. offenbar innerlich nichts anfangen kann).

Mathias Hartmann / 15.01.2024

Sich traditionell zu verkleiden wie in Britannien, ist schön. Aber es darf nicht zu pompös werden.

Jörg Eysfelder / 15.01.2024

Die beiden Monarchien lassen sich in keiner Hinsicht vergleichen; schon gar nicht in der historischen Grösse und (auch aktuellen!) Bedeutung. Und dies obwohl der dänischen Monarchie die Ehre der ältesten gilt. Ich hoffe, noch sehr viele derartige Zeremonien aus dem grossartigen UK zu sehen, egal aus welchem Anlass. Das vom Autor sogenannte “Mittelalter” ist angesagter denn je, gerade in in diesen tollen “modernen” und dabei so unerträglichen Zeiten….vor allem in diesem schlimmen Loch Ex-D!

Rolf Mainz / 15.01.2024

“Erst als Mette Frederiksen mehrmals den rechten Arm in die Höhe riss”. Bitte vorsichtig mit solchen Bewegungen des rechten Arms, nicht dass ein aufmerksamer Beobachter in “Correctiv”-Diensten noch auf falsche Gedanken kommt.

Edgar Timm / 15.01.2024

König Charles oder König Frederik - beide wären mir als Staatsoberhaupt lieber als die Bundespräsidenten der letzten Jahre. Und deren Frauen als First Lady auch.

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