Cora Stephan / 15.09.2022 / 10:00 / Foto: Pixabay / 33 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Dumme Bauern?

Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln, behauptete einst der Volksmund. Keine Ahnung, ob das jemals zutraf – aber heute kann man mit Sicherheit von einem ausgehen: Für die Dicke der Kartoffeln dürfte es von Vorteil sein, wenn ihr Erzeuger kein Abitur hat.

Anders gesagt: Abitur ist hinderlich, wenn es um die wirklich wichtigen Dinge geht. 

Nein: Ich untertreibe. Abitur ist geradezu gefährlich. Denn vom Abitur ist es nicht weit bis zum Studium – irgendwas mit Medien und „Menschen“ – und von dort aus geht es dann geradewegs in den Bundestag, die Arbeitslosigkeit oder, nach Umwegen über dieses oder jenes „Projekt“, ins Amt eines nonbinären Gleichstellungsbeauftragten. Von denen haben wir allerdings mehr, als wir gebrauchen können. 

Ist ja kein Wunder. Mit 2.900.000 Studenten ist deren Zahl heute beinahe zehnmal so hoch wie vor 50 Jahren. Betriebswirtschaftslehre steht bei Männern wie Frauen auf dem ersten Rang, bei Frauen unmittelbar gefolgt von Germanistik. Bei Männern kommt Maschinenbau auf Platz 2 und Elektrotechnik auf Platz 4. Immerhin. Doch was ist aus der dualen Ausbildung geworden, der Kombination von betrieblicher Ausbildung mit Berufsschule, ganz ohne Abitur, einst ein deutsches Erfolgsmodell?

Uns fehlen, klagt man allenthalben, Fachkräfte – die seit 2015 bei uns anlanden, haben ja selten die nötige Qualifikation mitgebracht. Doch wen wundert das, wenn das Abitur der Goldstandard geworden ist? 

Bauern - ein Barbarenvolk aus Umweltsündern und Tierquälern

Ein Bauer braucht kein Abitur, um zu wissen, womit man die beste Ernte einfährt. Er darf nur nicht dumm sein. Doch es scheint besonders in der Politik immer noch die feste Überzeugung vorzuherrschen, Bauern seien ein Barbarenvolk aus Umweltsündern und Tierquälern. An Corona sind sie ja bekanntlich auch schuld. Renate Künast: „Der Grund für die Pandemie ist die falsche Art und Weise, wie wir unsere Nahrungsmittel produzieren, Landwirtschaft betreiben und mit der Umwelt umgehen.“ Unter Garantie weiß sie nicht, wie all die Lebensmittel produziert werden, die wir billig importieren – gewiss nicht nach deutschen Standards. 

Dumme Bauern ernten heutzutage und hierzulande rein gar nichts. Wer ernten will, muss alles andere sein als dumm. Doch der eine oder andere Berliner hat immer noch nicht mitgekriegt, dass ein bäuerlicher Betrieb, der gut wirtschaften soll, keine Düngeverordnung von oben braucht. Das Zeug ist nämlich teuer und wird so dosiert, wie es gebraucht wird. Das Gleiche gilt für Pflanzenschutzmittel. Landwirtschaft ist eine hochprofessionelle Angelegenheit. Und kein Bauer ruiniert klaren Geistes sein Kapital, seinen Grund und Boden. Da muss man schon ein wenig mehr von der Sache verstehen als für Cannabiszucht nötig sein mag. 

Funfact am Rande: Des Insektenschutzes wegen hält man hierzulande die Bauern an, für Blühstreifen am Rande ihrer Äcker zu sorgen. Das ist schön und nützlich. Jeder umweltbewusste Gartenbesitzer, der nicht auf Schotterbeete mit Buddhafiguren setzt, weiß allerdings auch, dass man die abgeblühten Stengel der Stauden im Herbst nicht entsorgt, sondern möglichst liegen lässt, in deren Hohlräumen überwintern nämlich nicht zuletzt die Blattlausjäger Marienkäfer und Florfliege, und die vielen Schmetterlinge, kurz: alle, die wir schützen wollen, vor allem vor Pflanzenschutzmitteln. Doch irgendjemand ist auf die supercoole Idee gekommen, die Blühstreifen abzurasieren und der Biogasanlage zuzuführen. 

Es ist eben nicht alles Naturschutz, was sich Bio nennt. Bodenverdichtung ist schlecht, wenn es um den Acker geht, aber prima, wenn es sich um Betonsockel für Windkrafträder handelt, die man in den Wald setzt. Irgendwo haust hier ein Widerspruch. Andererseits: Wie soll ein braver Volksvertreter (m/w/d) das alles auch begreifen? Der hat eben leider Abitur, sein Studium der Geschwätzwissenschaften nicht zuendegebracht und die Doktorarbeit plagiiert. Deshalb hat er es ja auch nur in den Bundestag gebracht.

Nach der Ernte hat der Mann in den Gummistiefeln wieder Zeit zum Protest

Ach und ach. Es ist Herbst, doch irgendwie ist niemandem der Sinn nach einem Erntedankfest. Das liegt eher nicht daran, dass es erst jetzt halbwegs ergiebig regnet. Dass die Ernten unterschiedlich gut ausgefallen sind. Dass die Konsumenten mitten in der Inflation zu den billigeren Produkten greifen, Importware meist, warum auch nicht, solange der Weltmarkt noch funktioniert und die LKW noch fahren. Solange das AdBlue reicht, welches bekanntlich knapp geworden ist. (Ich habe mal nachgefragt: nein, es reicht nicht, wenn Biertrinker regelmäßig in den Tank pinkeln.)

Solange. Wie lange? Nicht nur in den Niederlanden blockieren Traktoren die Straße, nach der Ernte hat der Mann in den Gummistiefeln auch hierzulande wieder Zeit zum Protest: gegen eine schwachsinnige Politik des Regelns und Gängelns, die den Anschein erweckt, als wäre die heimische Landwirtschaft ein größeres Problem als eine ideologiegetriebene Energiepolitik, mit der nicht nur die Industrie vertrieben oder in die Pleite gezwungen wird. Doch in unseren Medien spielt das keine Rolle, erst recht nicht bei Politikern. 

Derweil steht der Landmann zwischen drei Feuern: hier die enorm gestiegenen Kosten für Gas, Öl, Diesel, dort die regulierungswütigen Bürokraten hier und in der EU, und schließlich die Discounter, die wissen, wie man Preise drückt.

Es ist Herbst. Es wird Winter. Es wird – ungemütlich.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

Mathias Rudek / 15.09.2022

Schöner, souveräner Artikel,  liebe Frau Stephan.

Norbert Brausse / 15.09.2022

Man sollte schon unterscheiden zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, denn wichtig sollte vorrangig sein, ob später etwas Wertschöpfendes herauskommt. Und überdies dienen viele Geisteswissenschaften heute nicht einmal mehr dem Erwerb einer humanistischen Bildung sondern einzig der Vermittlung ideologischer Phrasen.

Marc Blenk / 15.09.2022

Liebe Frau Stephan, wer sonst außer Ihnen stellt sich so überzeugend vor unsere Bauern, denen wir so ziemlich alles verdanken. Das Gesindel, welches es wagt, unsere Versorgungssicherheit, unseren Wohlstand und den Bauern ihre Existenz zu vernichten, muss endlich in die Schranken gewiesen werden In Sachsen gibt es Zusammenschlüsse auf den Montagsdemonstratione, wo sich jetzt die Bauern beteiligen. Die Bauern haben weißgott unsere Solidarität verdient und sie brauchen sie. In den Niederlanden hat die Bauernschaft vorgemacht, wie Protest geht, dort ist auch die Solidarität der Bürgerschaft gegeben, wenn sie nicht gerade grün ist. Übrigens bin ich (noch) Städter und habe Abitur, was mich aber nicht daran hindert zu begreifen, dass eine Gesellschaft, die sich gegen die Bauernschaft stellt, keine Zukunft hat. Man braucht zu der Erkenntnis nur einen kurzen Blick in die deutsche Geschichte, von Bauernkriegen, Dreißigjährigem Krieg bis eben zu heute, wo ein Land, dass sich nicht wenigstens annähernd selbst ernähren kann, Gefahr läuft, wieder zum Spielball anderer zu werden.

Gus Schiller / 15.09.2022

““Fachkräfte – die seit 2015 bei uns anlanden, haben ja selten die nötige Qualifikation mitgebracht.”” Das ist doch unser Versagen, dass wir nicht die passenden Stellen zur Qualifikation anbieten können. Wer einen Master in Ziegen hüten oder für Mohnanbau mitbringt muss halt hier auch eine Chance bekommen. Die mit Bachelor für Messerei haben ihr Arbeitsfeld erfolgreich besetzt.

S. Malm / 15.09.2022

“Irgendwo haust hier ein Widerspruch” - Widerspruch ist voll Nazi; für die Grünen Khmer ergibt sich deshalb kein Widerspruch…

Werner Arning / 15.09.2022

Bei Bauern gibt es auch im Krieg oder in wirtschaftlichen Krisenzeiten meist etwas zu essen. Vielleicht ist diese Gegebenheit schon bald wieder höchst aktuell. Es freue sich, wer einen Bauern zum Freund hat.

Peter Volgnandt / 15.09.2022

Die Zeitung, aus der sie Frau Künast zitieren, nämlich die Agrarheute, lese ich schon lange. Dass Frau Künast von ökologischer Landwirtschaft keine Ahnung hat und vielleicht auch sonst keine, das brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Die gibt auch gerne Polizisten gute Ratschläge, wie man Axt-Attentäter möglichst human wieder in die Sozialfürsorge führen kann. (Axtattentat im Zug bei Würzburg). Aber als ich am Dienstag die Agrarheute las hat es mich umgehauen. Herr Özdemir, unser allseits agrartechnisch hoch kenntnisreicher Landwirtschaftsminister, hat ein Exportverbot für Pestizide erlassen, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Was maßt sich dieser Kerl eigentlich an. Bestimmen wir jetzt, was in anderen Ländern angewendet werden darf oder nicht. Hat er überhaupt eine Ahnung, für was diese Mittel eingesetzt werden. Da bricht jetzt die Nahrungsmittelproduktion in anderen Ländern zusammen, nur weil Herr Özdemir alles besser weiß. Zitat aus dieser Zeitung: “Schützt der Minister also arglose Kleinbauern und Verbraucher im globalen Süden vor der profitgierigen deutschen Agrarchemie? Nein. Wer das glaubt, geht grünem Populismus auf den Leim. Das geplante Exportverbot ist ein Akt fachlicher Unkenntnis, gepaart mit überheblichem Sendungsbewusstsein.” Noch zu den Kartoffeln. Trotzdem ich Abi und Studium absolviert habe, habe ich dieses Jahr es zum ersten Mal gewagt, Kartoffeln anzubauen.Und meine Freunde die Bauern sind haben mich darauf vorbereitet, dass sie klein werden. So war es, aber ihre auch, es war kein gutes Kartoffeljahr bei uns.

Rainer Irrwitz / 15.09.2022

ich sage meinem Kind wenn es schlechte Noten nach Hause bringt: “hmm….macht nix, kannst ja immer noch Politiker werden”. Übrigens, für Soylent-Green braucht es keine Bauern, eher Lebensmittelverfahrenstechniker und den Grundstoff liefert ja Biontech zur Genüge und wenn der mal knapp werden sollte, gibts ja noch die Delegitimierer die man “transformieren” kann.

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