Dirk Maxeiner / 29.01.2023 / 06:15 / Foto: TimsAI / 39 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: 1000 Jahre Garantie!

Die neue „Partei für Schulmedizinische Verjüngungsforschung“ verspricht ein „unbegrenzt langes Leben für alle“. Das toppt sogar die SPD-Versprechen und eröffnet bestechende Perspektiven, nicht nur für die Wahl in Berlin.

Endlich gibt es jetzt auch eine politische Partei in diesem Lande, die sich voll inhaltlich dem optimistischen Wesen der Achse des Guten verpflichtet sieht. Die wahre Alternative für Deutschland tritt jetzt schon zur zweiten Berliner Wahl an und verdient meine volle Unterstützung. 2016 erzielte sie zwischen 0,3 und 0,9 Prozent der Zweitstimmen, es ist also noch „Luft nach oben“ wie der Aerodynamiker zu sagen pflegt. Um den Auftrieb zu verstärken, schreibe ich hier ja darüber.

Normalerweise halte ich mich mit Wahlempfehlungen zurück, in diesem Fall möchte ich aber eine Ausnahme machen. Die bestechenden Botschaften der „Partei für Schulmedizinische Verjüngungsforschung“ sind überall in Berlin plakatiert – und lassen die Konkurrenz alt aussehen. Apropos: Jeder, der mein Foto auf der Autorenseite aufruft, wird verstehen, warum ich so begeistert bin. Seit der Aufnahme sind übrigens schon wieder ein paar Jährchen vergangen, ich hänge aber an dem Bild. Sie verstehen.

Es geht nicht um ein paar Falten,“ heißt es auf einem Plakat, „Es geht um Leben oder Tod“. Denn „100.000 Menschen sterben täglich an Alterskrankheiten. Zeit, sie zu retten“. Zunächst wähnte ich Karl Lauterbach hinter der neuen Partei, der Parteivorsitzende heißt aber Felix Werth. Ansonsten sieht der Felix dem Bundespiekser ein bisschen ähnlich. Der Unterschied zwischen den beiden Pflegekräften lässt sich folgendermaßen beschreiben:

• Die SPD verspricht lediglich, dass man nicht stirbt – und verlangt zu diesem schnöden Zwecke eine Impfung. 

• Die Partei für Schulmedizinische Verjüngungsforschung verspricht ein „unbegrenzt langes Leben für alle“ – und das ohne Impfung.

Vorteil Felix, kann ich da nur konstatieren.

Die definitive Weiterentwicklung der deutschen Heilsparteien

Wenn schon Religion, dann richtig: Eine Partei, die das ewige Leben verspricht, ist die definitive und endgültige Weiterentwicklung der deutschen Heilsparteien, danach kommt nix mehr, warum auch. Mehr als ewig geht ja nicht. Als Francis Fukuyama das Ende der Geschichte ausrief, konnte er ja nicht ahnen, dass die Barmer-Ersatzkasse mit den Details beauftragt werden würde.

Bei der Ausgestaltung des Parteiprogramms wird übrigens durchaus auf persönliche Wünsche und bürgerschaftliches Engagement eingegangen: „Wie alt willst Du werden? 80, 100, 500,…? Wähle jetzt“. Ich habe prompt an der entsprechenden Umfrage (von „75 Jahren“ bis „über 1000 Jahre“) teilgenommen. Das einzige was mir fehlt, ist ein Optionsmodell hinsichtlich der Lebenszeit-Gerechtigkeit. Ich kaufe doch nicht die Katze im Sack. Ich möchte lieber stufenweise hinzubuchen können, falls es mir noch gefällt, aber das Recht auf vorzeitiges Ableben behalten, wenn Olaf Scholz in 800 Jahren noch Kanzler ist.

Von der technischen Ausrüstung her bin ich gerüstet, mein alter Volvo macht noch ein paar Milliönchen Kilometer mit. Im übrigen plädiere ich für eine begleitende Verlängerung der Restlaufzeit von Atomkraftwerken, Dieselmotoren und Physikunterricht.

Damit kommen wir zu der fantastischen Wirkung, den der sofortige Vollzug des ewigen Lebens auf die Politik dieses Landes haben würde. Die Berliner Wanderprediger  könnten sich nicht wie bisher tiefergelegt in einer lauschigen Friedhofsecke vor den Auswirkungen ihres Handelns verstecken. Die ganze Bagage, die uns derzeit Energie-, Verkehrs-, Landwirtschafts-, Mobilitäts- und sonstige Wenden einbrockt, würde noch zu Lebzeiten von den Folgen ihres Tuns eingeholt. Wenn das mal keine gute Idee ist. Hallo Olaf, in meinem Kalender steht 2050  für die erste Zwischenabrechnung! 

Wo wir gerade dabei sind: Eine lebenslängliche Haftstrafe kriegt angesichts der schulmedizinischen Verjüngungsforschung eine ganz neue Qualität. In den USA wird ja schon mal 40 mal lebenslänglich verhängt, mit einem Revisionstermin im Jahre 3209. Die Aussicht, dieses theoretische Strafmaß praktisch absitzen zu müssen, finde ich in gewissen Fällen durchaus disziplinierend. 

Heikel ist das ewige Leben auch für Luisa und Greta, die müssen sich möglicherweise warm anziehen: Schmoren wir in 500 Jahren tatsächlich in der Klimahölle oder holen wir uns in einer Kleinen Eiszeit kalte Füße? Liebe Greta: Wenn du mich beschissen hast, werden wir das noch gemeinsam besprechen. Wenn ich 500 bin, dann bis du 450, und wir begegnen uns gleichsam auf Augenhöhe. Im Übrigen ist euer Unique Selling-Point dahin: Ab sofort sind wir alle die letzte Generation.

Ein weiteres Plus für die neue Partei: Das ewige Leben bietet für die deutschen Institutionen ziemlich bestechende Perspektiven – einmal abgesehen von der Deutschen Rentenversicherung, das muss noch gegengerechnet werden (aber lasst da bloss nicht den Bill Gates oder die Bertelsmann-Stiftung ran).

Für Institutionen wie die evangelische oder katholische Kirche sowie das Abendprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender bedeutet das ewige Leben eine langfristige Existenzsicherung, nirgendwo wird man mehr Tausendjährige finden als bei der 20:15 Uhr Tagesschau und Wetten dass,..?

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

Foto: TimsAI

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Josef Duhme / 29.01.2023

.. Esther Vilar -  Die Schrecken des Paradieses:  Wie lebenswert wäre das ewige Leben? ... einfach nur köstlich ....

Peter Wagner / 29.01.2023

Und einen 1000-jährigen kann man 995 arbeiten lassen, 5 Jahre Rente sollten dann reichen…

Wolfgang Mordechai Seidel-Guyenot / 29.01.2023

Die Struldbrugs von Boggnagg (Gullivers Reisen) sind unsterblich. Es scheint eine Art Mutation zu sein, denn in jeder Familie kann ein Struldbrugg-Kind geboren werden zu können. Man erkennt dies an einem schwarzen Mal im Gesicht. Die Eltern freuen sich jedoch darüber nicht, denn die Unsterblichkeit dieser armen Wesen ist kein Segen sondern ein Fluch. Mit 80 werden sie für tot erklärt, mit 90 verlieren sie alle Haare und Zähne und leiden an allerlei Krankheiten, die sie jedoch nicht töten, sie können dann auch weder Geschmäcker noch Gerüche wahrnehmen, ihre Augen trüben sich und ihre Ohren werden taub. Auch nimmt ihre Weisheit mit dem Alter nicht zu, sondern sie werden zunehmend verwirrt und boshaft. Ihr Anblick ist das Grauenhafteste, das man sich vorstellen kann. Da sich auch die Sprache mit der Zeit wandelt, sind sie ab dem Alter von mehr als 100 Jahren unfähig irgendetwas zu verstehen. Sie sind einsame, geplagte Wesen, die niemals darauf hoffen dürfen, jemals von ihrem ewigen Elend erlöst zu werden.

Uta Buhr / 29.01.2023

Ewiges Leben! Eine Superidee. Da habe ich ja genügend Zeit, mal alles auszuprobieren und mich nach 20.000 Jahren für das zu entscheiden, was sich für mich qua Experiment als die beste Alternative herausgestellt hat. Also - 8000 Jahre Sozi, 3000 Jahre Mitglied bei den Linken, 5000 Jahre bei den Grünen, ein paar Jahrtausende bei der FDP (neee, fällt ja flach, weil der Verein demnächst im Orkus verschwinden wird), dafür eine lange Zeit   bei den Zeugen Jehovas. Fehlt noch was? Ja, wenn ich alles durchhabe, gründe ich selbst eine Partei, die ihren Mitgliedern schließlich ein sozial verträgliches Ableben verspricht mit der Garantie auf eine Wiedergeburt in - sagen wir mal - 4 Millarden Jahren. Da bleibt ja immerhin noch Zeit bis zum Weltuntergang. Die werde ich dann fröhlich mit der “Letzten Generation” verbringen. Is det gei? Ick freu mir druff!

Boris Kotchoubey / 29.01.2023

Alles plagiat! Zum einen hat es ein Tausendjähriges Reich schon einmal gegeben. Zum anderen war die Verjungungsforschung eine blühende Branche vor ziemlich genau 100 Jahren. Dutzende Medizinprofessoren haben sich damals mit den Versprechen, ältere Männer aus der Oberschicht wieder jüner zu machen, Vermögen gebaut.

Hans Severin / 29.01.2023

Die Kraft, die das Universum geschaffen hat, wurde von niemand und keiner Partei ins Leben gerufen. Ein Funke davon ist in jedem Menschen und dieser Funke des Lebens ist ewig. Aber ist der Mensch das auch? Manche glauben an Wiedergeburt: der Körper bleibt auf der Erde und wird recycelt, das Leben inkarniert sich in einem neuen Körper. Nur ein kleines Problem: mit dem Körper bleibt auch das Gedächtnis zurück, aber immerhin wird mit diesem Konzept das Problem der Verjüngung gelöst.

N.Lehmann / 29.01.2023

Alter Hut mit neuer Feder! Nepper, Schlepper, Bauernfängerei. Ablassbriefe an Gutgläubige verkaufen, die heutzutage als Co2-Klamauk-Schweißfuss-Zertifikate herausgegeben werden. Allerdings liebe naive Optimisten ist zu befürchten, dass Pfurzer&WCo; bereits an einer Anti-age-ing-Spritze im 10-er Pack/a/not Philanthropics-membership named “Jünger und schöner abkratzen”, natürlich zulassungsfrei für das dumme Schlafschaf von heute und morgen herausbringt und innerhalb der “15 min. City” kann es dann einfach tot umfallen und der Bestatter benötigt nur die Schubkarre. What a beautiful life!

Silas Loy / 29.01.2023

Das geschieht ihr recht, der Generation “Less kids, more fun!”, jetzt müssen sie ewiglich selber ran.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Dirk Maxeiner / 28.04.2024 / 06:15 / 84

Der Sonntagsfahrer: Ich sage nur China, China, China

Der chinesische Geheimdienst weiß in jedem Fall besser Bescheid über deutsche Regierungsvorlagen als der von der Berliner Falun-Gaga-Sekte informierte Wirtschaftsminister.  In Deutschland leben etwa 150.000 chinesische…/ mehr

Dirk Maxeiner / 21.04.2024 / 06:15 / 121

Der Sonntagsfahrer: Fahrverbote und Gesetze, die niemand einhalten kann

EU und Bundesregierung verabschieden immer weltfremdere Gesetze und schreiben Lösungen vor, die es schlicht nicht gibt.  Der sogenannte Klimaschutz wird dabei immer menschenfeindlicher, der Bürger willkürlich…/ mehr

Dirk Maxeiner / 14.04.2024 / 06:15 / 62

Der Sonntagsfahrer: Der Augsburger Gasballon

Augsburg ist eine Stadt von Friedensfreunden. Die schritten vergangene Woche aber zur Generalmobilmachung. Grund: Das Gasnetz soll früher oder später weg. Wenn es um Friede,…/ mehr

Dirk Maxeiner / 07.04.2024 / 06:00 / 119

Der Sonntagsfahrer: Betteln um die Pleite

Trotz der gescheiterten E-Auto-Wende betteln einflussreiche Autohersteller darum, das Verbrennerverbot nicht infrage zu stellen. Die Wünsche der Kunden sind längst egal. Wer hält länger durch? Die…/ mehr

Dirk Maxeiner / 31.03.2024 / 06:15 / 58

Der Sonntagsfahrer: Ich will nachhause telefonieren

Der erhobene Zeigefinger liegt schon länger voll im Trend. Nationalspieler Antonio Rüdiger machte den ET und auch allerhand weitere Berühmtheiten gestikulieren, bis der Arzt kommt.…/ mehr

Dirk Maxeiner / 24.03.2024 / 06:15 / 88

Der Sonntagsfahrer: UN verbietet VW-Up

Handelt es sich bei einigen Autos, darunter beliebte Volkswagenmodelle, um gemeingefährliche Cyberwaffen? Nach UN-Vorschriften ja. Deshalb dürfen sie ab Juli in Europa nicht mehr verkauft werden. Was…/ mehr

Dirk Maxeiner / 17.03.2024 / 06:15 / 72

Der Sonntagsfahrer: Glückskekse von Habeck

Die Äußerungen führender Ampelpolitiker wirken wie die Botschaften, die in chinesischen Glückskeksen enthalten sind. Der Konfuzius dieser Stilrichtung ist Robert Habeck und sein treuer Knappe…/ mehr

Dirk Maxeiner / 10.03.2024 / 06:05 / 57

Der Sonntagsfahrer: Das Verbrenner-Aus-Aus

Die EU will das Verbrenner-Aus beenden und der Bundesrechnungshof charakterisiert die Energiewende als Blindgänger. Das Aus-Aus wird zum direkten Nachfolger des Doppelwumms. Als Zweikreisbremsanlage wird…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com