Dirk Maxeiner / 31.12.2009 / 16:29 / 0 / Seite ausdrucken

Wohin gehe ich - und wenn ja wie heiß sind meine Füße?

Dieser Beitrag ist pädagogisch wertvoll und ab der dritten Schulklasse für den Unterricht geeignet. Um ihn zu verstehen, müssen Sie weder Ahnung von Physik haben noch anderweitig wissenschaftlich bewandert sein.  Ohne eine einzige Formel wird erklärt, warum die Physiker bei der Klimavorhersage womöglich auf dem Holzweg sind.

Angeregt wurde ich durch (einen leider nur englisch verfügbaren) Text von Willis Eschenbach, den ich sehr frei und vereinfacht ins Deutsche übertragen habe. Eschenbach ist ein an der Klimaforschung interessierter Ingenieur, der auf der Südseeinsel Tuvalu lebt und dort zu seiner skeptischen Haltung fand (Tuvalu ist ja angeblich dem Untergang geweiht). Und weil der 31. Dezember in den Medien stets der große Tage der Zukunfts-Vorhersagen ist, passt das kleine Lehrstück heute besonders gut auf die Achse.

In der Klimadebatte ziehen sich die Anwälte der These von der vom Menschen gemachten Erderwärmung sehr gerne auf die Formulierung zurück, es handele sich dabei im Grunde um „simple Physik“. Sie sei schon seit über einem Jahrhundert abgesichert, angefangen mit der Entdeckung des Treibhauseffektes durch Svante Arrhenius. Das stimmt einerseits, führt anderseits aber nicht weiter.

Das irdische Klima ist im Grunde eine Wärmemaschine, die von Milliarden von Megawatt angetrieben wird. Dabei wirken sich irdische und außerirdische Einflussgrößen aus, von denen einige unbekannt, andere schlecht verstanden und obendrein schwer messbar sind. Das Klimasystem funktioniert zwangsläufig (inhärent)  chaotisch und turbulent, beiden Zuständen ist mit mathematischen Formeln und simpler Physik nur unzulänglich beizukommen.

Das komplexe System Klima setzt sich dabei aus fünf kaum minder komplexen Subsystemen zusammen: Der Atmosphäre, den Ozeanen, der Kyrosphäre (die irdischen Eismassen) der Lithosphäre (die Erdkruste und Gesteinshülle) und der Biosphäre (die Erdoberfläche mit all ihren Lebensformen). Wir wissen von jedem dieser Systeme nur sehr ungenügend, wie sie funktionieren. Denn jedes wird von oft unbekannten internen und externen Kräften, Rückkoppelungen, Resonanzen und zyklischen Schwankungen beeinflusst. Um die Sache noch unübersichtlicher zu machen, beeinflussen sich die Komponenten der verschiedenen Subsysteme in einem ständigen Prozess auch noch untereinander. Doch damit nicht genug: Das Ganze findet auf ganz verschiedenen physikalischen und zeitlichen Skalen statt. Das Geschehen reicht von Vorgängen auf der molekularen Ebene bis zu solchen in planetarischer Dimension. Manches spielt sich in Sekundenbruchteilen ab, anderes dauert Jahrtausende. Aufgrund dieser irrwitzigen Komplexität muss die „simple Physik“ dabei versagen, den Effekt vorherzusagen, welchen die Veränderung einer einzigen Einflussgröße (beispielsweise Kohlendioxid) von Abertausenden auf das gesamte Geschehen haben wird.

Das lässt sich recht einfach mit einem Stahlwürfel veranschaulich. Wir möchten herausfinden, welchen Effekt Temperaturen auf bestimmte Stoffe haben. Deshalb nehmen wir einen 75 Kilo schweren Block aus Stahl und tauchen ihn mit dem unteren Teil in einen Eimer mit heißem Wasser. Obendrauf befestigen wir einen Thermometer und warten.  Erst passiert nichts. Aber nach einiger Zeit heißt es: Bingo, die Temperatur des Stahlwürfels fängt auch am oberen Ende an zu steigen. Simple Physik, wer sagt es denn! Um das Experiment abzusichern, wiederholen wir es noch einmal mit einem 75 Kilo schweren Würfel aus Kupfer. Selbes Ergebnis! Glas: Selbes Ergebnis! Wer möchte jetzt noch Zweifeln? Nun gut, machen wir sicherheitshalber noch einen finalen Test. Ein am Test beteiligter Helfer wiegt ziemlich genau 75 Kilo. Und deshalb steigt er mit den Füssen in den Eimer mit heißem Wasser. Zur Kontrolle nimmt er ein Thermometer in den Mund und wartet darauf, dass am Kopf die Temperatur steigt.  Er wartet und wartet. Und wenn er nicht gestorben ist, dann wartet er noch heute.

Die „simple Physik“ versagt schlicht und einfach, wenn ein komplexes System ins Spiel kommt. Und ein Mensch ist ein komplexes System. In unserem Körper arbeiten Rückkoppelungs-Mechanismen, die eine Erwärmung des Kopfes verhindern, obwohl „simple Physik“ dies eigentlich erwarten ließe. Der Mensch hat eine bevorzugte Körpertemperatur so um 36 bis 37 Grad, die trotz Veränderungen der Außentemperatur in einem bestimmten Bereich konstant bleibt.

Aber machen wir noch ein zweites Experiment. Diesmal mit einem Fluss. Zu diesem Zweck schütten wir im Garten einen Erdhügel auf. Wir legen eine Eisenkugel auf die Spitze - und sie rollt herunter. Wir legen einen Fußball auf die Spitze - und er rollt herunter. Wir legen einen Apfel auf die Spitze - und er rollt herunter. Geradeaus bergab. Simple Physik! Seit Isaac Newton!

Wir nehmen eine Wasserflasche – und auch sie sucht sich den schnellsten Weg bergab. Zum Schluss nehmen wir dann den Gartenschlauch und lassen Wasser oben von unserem Erdhügel herabfließen. Das fließt zwar auch für einen Moment geradeaus, doch dann fängt es plötzlich an Haken zu schlagen und den Hügel hinab zu mäandern. Von Zeit zu Zeit verändert es seinen Lauf, es gräbt sich ein und legt sich in lange Schleifen, dann nimmt es wieder eine Abkürzung und sucht sich einen neuen Weg. Das Verrückte: Dieser Prozess ist nie zu Ende. Egal wie lange wir unser Experiment machen, der kleine Modellfluss wird seinen Lauf immer wieder korrigieren.

Die „simple Physik“ hilft uns also mal wieder nicht weiter. Die sagt, dass Dinge geradeaus den Berg hinabrollen. Wir brauchen also eine bessere Methode, um den Lauf des Wassers zu verstehen. Ingenieure helfen sich dabei mit dem so genannten “Constructal Law” (Siehe auch hier). Das Gesetz hilft beim Umgang mit fließenden Systemen, die sich permanent verändern und weit von einem Gleichgewichtszustand entfernt sind.  Diese Systeme - und das Klima ist ebenfalls ein solches -  sind nicht einfach passiv. Sie versuchen viel mehr aktiv bestimmte Eigenschaften des Systems zu maximieren. Für einen Fluss bedeutet das genau wie für das Klima: Es versucht die Summe der bewegten Energie zu vergrößern und Verluste durch Turbulenzen zu vermindern

Für unser eigenes Experiment lassen sich aus dem „Constructual Law“ ebenfalls eine Reihe Schlüsse ziehen:

Erstens: Ein fließendes nicht im Gleichgewicht befindliches System kann nicht einfach jede beliebige Form annehmen (wie es die physikalischen Klimamodelle annehmen). Statt dessen hat es einen bevorzugten Zustand zu dem es aktiv hinstrebt.

Zweitens: Dieser bevorzugte Zustand wird vom System nie erreicht. Statt dessen schießt das System ständig über das Ziel hinaus, korrigiert sich, bleibt dann wieder hinter dem angestrebten Zustand zurück. Das System hört niemals auf seinen Zustand zu modifizieren um zu angestrebten Ziel zu gelangen.

Drittens: Die Veränderungen des Systems erfolgen dabei oft gegen unsere Intuition. Nehmen wir beispielsweise an wir wollten unseren kleinen Modellfluss abkürzen. Also kürzen wir eine Schleife einfach durch einen Stichkanal ab. Aber das geht eben nicht lange gut. Der Fluss beginnt sich zu rejustieren und nach einiger Zeit wird er eben an einer anderen Stelle wieder länger. Das System regelt die Flusslänge aktiv selbst. Unsere Maßnahmen ändern daran nur sehr vorübergehend etwas.

Und genau das ist das Problem der „simplen Physik“ bei ihrer Anwendung für die Betrachtung des Klimas. Sie geht von einer mehr oder weniger linearen Reaktion des Klimas auf Veränderungen der es treibenden Kräfte aus. So nach dem Motto: Wenn Faktor A sich um die Größenordnung X ändert, dann wird das zu einer Temperaturerhöhung um Faktor Y führen. Wenn der Kohlendioxidgehalt der Luft sich verdoppelt, dann geht das IPCC von einer Erhöhung der Welttemperatur um 3 Grad aus. Aus diesem Holz ist auch das „Zweigrad-Ziel“ der Kopenhagener-Klimakonferenz geschnitzt.

Unser Fluss-Gedankenspiel spricht jedoch eine andere Sprache. Wir können einen Fluss nicht einfach abkürzen, er wird an anderer Stelle wieder länger werden. Wenn sich die auf sie einwirkenden Kräfte verändern, dann streben fließende Systeme innerhalb der naturgegebenen Möglichkeiten dennoch ihrem bevorzugten Betriebszustand zu (etwa Länge oder Temperatur). Die Annahme der „simplen Physik“, eine Erhöhung des Kohlendioxidausstoßes müsse zwangsläufig zu einer Steigerung der Welttemperatur führen, lässt diese fundamentale Gesetzmäßigkeit außer acht.

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