Bei Flauten muss der Strom teurer importiert werden, als Gewinne mit exportiertem Strom erzielt wurden. Was bleibt unterm Strich von dem Narrativ, massiver Ausbau der Erneuerbare verbillige den Strom? Faktisch nichts.
Ein Blick auf die regenerative Stromerzeugung der 36. Analysewoche verrät, dass die Windstromerzeugung an den ersten fünf Tagen zappelt und flattert. Die PV-Stromerzeugung ist dagegen konstant sommerlich stark. Allerdings nur über Tag. Nachts ist sie nicht verfügbar. Das muss immer wieder mal betont werden, denn in den Zeiten, in denen kein Solarstrom erzeugt wird, entstehen hohe Residuallasten. Damit ist der Strombedarf gemeint, der über den regenerativ erzeugten Strom hinausgeht.
In der Spitze sind es am Freitag, den 8.9.2023 um 19:00 Uhr 56,6 GW, die fehlen. Das ist der Zeitpunkt, ab dem kein PV-Strom mehr erzeugt wird und kaum Windstrom zur Verfügung steht. Das treibt den Strompreis auf den Wochenhöhepunkt. Der liegt bei 230 €/MWh und wird zu einem nicht unerheblichen Teil an unsere Nachbarn gezahlt, die mit 10,6 GW Strom „aushelfen“. 46 GW liefern die fossilen Stromproduzenten Deutschlands und kassieren selbstverständlich ebenfalls die 230 €/MWh, die den nachbarschaftlichen Stromlieferanten gezahlt werden müssen. Macht summa summarum: Für die Nachbarn: 2.483.000 €. Die konventionellen Stromerzeuger erhalten 10.580.000 €. „Erneuerbare“ Stromproduzenten bekommen insgesamt 2.645.000 €. Für eine Stunde gelieferten Strom. An solche Werte muss man sich erst mal gewöhnen.
Aber, so das Mantra unserer Freunde der Energiewende, die „Erneuerbaren“ müssen weiter „massiv“ ausgebaut werden, dann fallen die Preise, dann wird alles gut. Nehmen wir einen Ausbaugrad von 86 Prozent – heute knapp 50 Prozent – an, dann sieht es – gleiche Wetterverhältnisse wie am 8. Septempber 2023 vorausgesetzt – so aus. Mit 49 GW wäre die Residuallast nicht wesentlich geringer als heute mit 56,6 GW. Die PV-Stromerzeugung über den Tag liegt erheblich über dem Bedarf. Das wird einen massiven Preisverfall zur Folge haben. Nicht weil der PV-Strom so billig ist, einfach nur, weil viel zu viel PV-Strom von Deutschland erzeugt wird. Dass der überschüssige Strom gespeichert wird und zum Schließen der Stromlücke nach Sonnenuntergang verwandt werden kann, ist mehr als unwahrscheinlich. Also wird dieser Strom, so denn nicht in Deutschland komplett selbst produziert, zumindest teilweise importiert werden müssen: Zu welchem Preis, kann nicht vorhergesagt werden. Sicher ist nur: Er wird erheblich höher sein als der Preis, der für den Exportstrom über Tag erzielt wurde.
Was bleibt unterm Strich von dem Narrativ, massiver Ausbau der Erneuerbare verbillige den Strom? Nur der Märchenteil. Faktisch nichts. Im Gegenteil: Die Residuallasten werden in Zukunft, wie in vielen Beispielen dargestellt, sogar erheblich größer als heute. Zur Schließung dieser Strom-Versorgungslücken müssten Milliarden in Backup-Kraftwerke investiert werden. Darüber nachgedacht wurde bereits. Ansonsten geschieht hier nichts. Aber abgeschaltet wird. Da sind unsere Energiewendefreunde hingegen stark.
Wochenanalyse KW 36/2023
Montag, 4.9.2023 bis Sonntag, 10.9.2023: Anteil Wind- und PV-Strom 37,2 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,0 Prozent, davon Windstrom 11,9 Prozent, PV-Strom 25,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,8 Prozent.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 36. Analysewoche ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 35. KW 2023: Factsheet KW 35/2023 – Chart, Produktion, Handelswoche, Import/Export/Preise, CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040.
Jahresüberblick 2023 bis zum 10. September 2023
Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2023: Chart 1, Chart 2, Produktion, Stromhandel, Import/Export/Preise/CO2, Agora 2030, Stromdateninfo Jahresvergleich ab 2016
Tagesanalysen
Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2023 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.
Eine große Menge Strom wird im Sommer über Tag mit PV-Anlagen erzeugt. Das führt regelmäßig zu hohen Durchschnittswerten regenerativ erzeugten Stroms. Was allerdings irreführend ist, denn der erzeugte Strom ist ungleichmäßig verteilt.
Montag, 4. September 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 37,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,4 Prozent, davon Windstrom 10,8 Prozent, PV-Strom 27,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,7 Prozent.
Der Montag leitet die 36. KW mit einem feinen Spätsommertag mit sehr viel PV-Strom und wenig Windstrom ein. Viel Importstrom. Die Strompreisbildung
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 4. September ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 4.9.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Dienstag, 5. September 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 39,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,9 Prozent, davon Windstrom 14,9 Prozent, PV-Strom 24,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,4 Prozent.
Nachdem über Nacht der Wind etwas aufgefrischt ist, wird der Dienstag ein sonniger Tag. Wieder viel Importstrom. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 5. September ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 5.9.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Mittwoch, 6. September 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 35,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,1 Prozent, davon Windstrom 11,4 Prozent, PV-Strom 24,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,3 Prozent.
Mittwoch: Über Tag wieder kaum Windstrom. Doch die Sonne liefert. Die Strompreisbildung
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 6. September ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 6.9.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Donnerstag, 7. September 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 45,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 58,3 Prozent, davon Windstrom 22,4 Prozent, PV-Strom 22,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,012,9 Prozent.
Donnerstag: Wieder viel PV-Strom und heute etwas mehr Windstrom. Über die Mittagsspitze wird kein Importstrom benötigt. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 7. September ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 7.9.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Freitag, 8. September 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 37,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 51,0 Prozent, davon Windstrom 13,5 Prozent, PV-Strom 23,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,7 Prozent.
Freitag: Der bereits zu Beginn besprochene Tag mit dem Stromhöchstpreis. Das Bild des Tages ähnelt den vorherigen. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 8. September ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 8.9.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Samstag, 9. September 2023 Anteil Wind- und PV-Strom 31,7 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 47,7 Prozent, davon Windstrom 4,5 Prozent, PV-Strom 27,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,0 Prozent.
Samstag: Starke regenerative Erzeugung über Tag plus Fossilstromerzeugung zwecks Netzstabilität erzeugen Strom über Bedarf, der nur zu niedrigen Preisen abgenommen wird und zur Vorabendlücke hochpreisig zurückverkauft wird. Die Schweiz beherrscht heute das Geschäft.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 9. September ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 9.9.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Sonntag, 10. September 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 30,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 47,4 Prozent, davon Windstrom 1,9 Prozent, PV-Strom 28,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,3 Prozent.
Sonntag: Die Windstromerzeugung geht gegen Null. Nur 1,9 Prozent Anteil hat der Windstrom an der Gesamtproduktion. An Land, auf See zusammen. Dafür schein die Sonne und produziert in den PV-Analgen eine Menge Strom. So viel, dass bei dem geringen Sonntagsbedarf nur geringe Preise erzielt werden. Da freuen sich die Nachbarn. Weil sie wieder teueren Strom nach Deutschland exportieren können. Wenn die Sonne untergegangen ist. Norwegen und Dänemark sind heute in Führung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 10. September ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 10.9.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Das Heizgesetz spart in einem Jahr, was China in 1,3 Tagen an CO2 produziert
„China pustet an einem Tag so viel CO₂ raus, wie das Heizgesetz in sechs Jahren spart“ – mit diesem Artikel will NIUS den Unfug der Heizungsgesetzes verdeutlichen. Die ermittelten Daten werden allerdings nicht korrekt verarbeitet. Das Heizgesetz spart in einem Jahr, was China in 1,3 Tagen an CO2 produziert. Es sind keine sechs Jahre, wie im Artikel oben behauptet wird.
Dem durchschnittlichen chinesischen Tagesausstoß von 34 Mio. t CO2 steht ein CO2-Ausstoß Deutschlands von 45 Mio t CO2 pro Jahr gegenüber, wenn 5 Mio. alte Gasheizungen bis 2030 durch modernste Wärmepumpen ausgetauscht wurden. In einem Artikel der Enexion-Kolumne „Energiewende“ wurde, weil keine anderen Zahlen vorlagen, die CO2-Ersparnis bereits Anfang Juni 2023 berechnet (Auszug). Gemäß dieser Kalkulation liegt die CO2-Ersparnis für Deutschland durch das Heizungsgesetz mit 45 Mio. t CO2 bei etwa dem 1,3-fachen pro Jahr von dem CO2, welches China an einem Tag ausstößt.
Hochgerechnet auf sechs Jahre ergeben sich: 45 X 6 = 270 Mio. t CO2, welche China aktuell in lockeren acht Tagen produziert. Der oben angedachte Tausch von 5 Mio. Gasheizungen in Wärmepumpen verursacht einen Gesamtaufwand von 250 Mrd. € bei angenommenen Kosten von durchschnittlich 50.000 € pro Austausch mit allen Nebengewerken.
Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.
Rüdiger Stobbe betreibt den Politikblog Mediagnose.