Rüdiger Stobbe / 01.08.2023 / 11:00 / Foto: Doenertier82 / 2 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? 29. Analysewoche 2023

Starke – zuweilen zu starke – regenerative Stromerzeugung, dennoch muss immer noch konventioneller Strom hinzuerzeugt und eine Menge importiert werden. Umgekehrt muss den Abnehmern überflüssigen Wind-oder Solarstroms  auch noch Geld mitgegeben werden.

Am Montag und am Sonntag der 29. KW 2023 gab es recht viel Windstrom. Das führte zu einer Strom-Übererzeugung, was einen erheblichen Preisverfall zur Folge hatte. Am Sonntag war der Strompreis für einige Stunden sogar negativ. Es musste dem Abnehmer neben dem geschenkten Strom auch noch Geld mitgegeben werden. Dass eine Menge Strom importiert wurde, ist für den regelmäßigen Leser dieser Kolumne nichts Neues. Hier kann es noch mal nachgelesen werden. Auch dass zusätzlich zur starken regenerativen Erzeugung immer noch konventioneller Strom hinzuerzeugt werden muss, damit das Stromnetz stabil bleibt, ist bekannt. Nur große mechanische Strom-Generatoren konventioneller Kraftwerke können die unabdingbaren 50 Hz mit 3.000 Umdrehungen/Minute nachhaltig sicherstellen.

Mit dem Agora-Zukunftsmeter ist es möglich, für das Jahr 2030 eine Prognose zu erstellen. Es wird noch mit dem Wert 68 Prozent (Neues Ziel der Bundesregierung = 80 Prozent Ausbau) gerechnet. Klar zu erkennen: 68 Prozent Ausbaugrad reichen nicht, um auch nur einen Tag die Stromnachfrage Deutschlands regenerativ abzudecken. Wie sieht es bei einem Ausbau der Regenerativen von 86 Prozent aus? Die Menge fehlenden Stroms ist auch hier groß. Nur über Mittag ist viel zu viel regenativ erzeugter Strom vorhanden. Entweder werden PV-Anlagen abgeregelt oder der Strom wird – wie bereits heute, siehe oben – mit Bonus verschenkt.

Beides ist nicht zielführend. Man kann es allerdings nicht ändern. Auch in 10, 20 oder mehr Jahren wird es keine Stromspeicher geben, die die überschüssigen Mengen Strom aufnehmen können. Es sei denn, es gibt genügend Elektrolyseure, die den Strom in Wasserstoff umwandeln. Dieser kann bei Bedarf wieder in Strom zurück gewandelt werden. Der komplette Prozess kostet um die 75 Prozent der anfangs eingesetzten Energie. Auch braucht es Elektrolyseure/Elektrolyseanlagen, die mit stark schwankenden Strommengen arbeiten können. Bis es so weit ist, müssen zusätzlich zur installierten Leistung Gas noch viele weitere Backup-Gaskraftwerke gebaut werden. Robert Habeck liegt auch hier weit hinter dem Zeitplan zurück.

Wochenanalyse KW 29/2023

Montag, 17.7.2023 bis Sonntag, 23.7.2023Anteil Wind- und PV-Strom 42,8 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 57,3 Prozent, davon Windstrom 20,7 Prozent, PV-Strom 22,1 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,5 Prozent.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 29. Analysewoche ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 29. KW 2023: Factsheet KW 29/2023 – ChartProduktionHandelswocheImport/Export/Preise, CO2Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040.

Jahresüberblick 2023 bis zum 23. Juli 2023

Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2023Chart 1Chart 2ProduktionStromhandelImport/Export/Preise/CO2Agora 2030Stromdateninfo Jahresvergleich ab 2016

Tagesanalysen

Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2023 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.

Eine große Menge Strom wird im Sommer über Tag mit PV-Anlagen erzeugt. Das führt regelmäßig zu hohen Durchschnittswerten regenerativ erzeugten Stroms. Was allerdings irreführend ist, denn der erzeugte Strom ist ungleichmäßig verteilt.

Montag, 17. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 52,2 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,9 Prozent, davon Windstrom 30,4 Prozent, PV-Strom 21,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,7 Prozent.

Viel Windstrom, sehr viel PV-Strom plus konventionelle Erzeugung: Es ist zu viel Strom im Markt. Der Preis fällt über die Mittagszeit auf und die 0 €/MWh. 

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 17. Juli ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 17.7.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Dienstag, 18. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 38,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,3 Prozent, davon Windstrom 12,4 Prozent, PV-Strom 25,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,2 Prozent.

Die Windstromerzeugung lässt massiv nach. Trotz guter PV-Stromerzeugung muss ab 12:00 Uhr Strom importiert werden. Bis 11:00 wurde ohnehin importiert. Der Preis schwankt um die 100 €/MWh. Zur (Vor-) Abendlücke werden in der Spitze 188 €/MWh erreicht.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 18. Juli ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 18.7.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Mittwoch, 19. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 32,4 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 47,4 Prozent, davon Windstrom 10,6 Prozent, PV-Strom 21,8 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,9 Prozent.

Am Vormittag zieht die Windstromerzeugung leicht an. Dennoch wird den ganzen Tag Strom importiert. Die PV-Stromerzeugung lässt mit gerade mal 30,2 GW in der Spitze etwas zu wünschen übrig. Die Strompreisbildung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 19. Juli ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 19.7.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Donnerstag, 20. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 39,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 53,6 Prozent, davon Windstrom 16,3 Prozent, PV-Strom 23,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,2 Prozent.

Zum Abend lässt die Windstromerzeugung nach. Es werden – wie praktisch immer – die höchsten Preise aufgerufen, wenn Deutschland Strom importiert. Die niedrigsten Preise fallen an, wenn Deutschland Strom exportiert. Die Werte seit dem 16.4. bis zum 23.7. eines Jahres seit 2016.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 20. Juli ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 20.7.2023: ChartProduktion, HandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Freitag, 21. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 28,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 44,5 Prozent, davon Windstrom 9,3 Prozent, PV-Strom 19,0 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,2 Prozent.

Der Tag vor dem Wochenende ist ein sehr schwacher regenerativer Stromerzeugungstag. Über den ganzen Tag wird Strom importiert. Die Strom-Preisbildung.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 21. Juli ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 21.7.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Samstag, 22. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 48,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 63,3 Prozent, davon Windstrom 22,6 Prozent, PV-Strom 25,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,2 Prozent.

Die regenerative Stromerzeugung ist bezogen auf den Samstag-Minderbedarf recht hoch. Der Preis fällt über Mittag auf 19,50 €/MWh. Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 22. Juli ab 2016.Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 22.7.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030Agora-Chart 2040

Sonntag, 23. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 58,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 72,3 Prozent, davon Windstrom 41,2 Prozent, PV-Strom 17,6 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,5 Prozent.

Heute wird der Bedarf für einige Stunden regenerativ mehr als gedeckt. Die gepunktete Linie zeigt die konventionelle Erzeugung an. Über Mittag wird die Stromerzeugung nochmals erhöht (Netzstabilisierung). Das führt zum massiven Preisverfall. Wegen der Vierstundenregel erhalten die regenerativen Stromerzeuger keinerlei Vergütung für die Zeit der Negativpreise.

Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 23. Juli ab 2016.

Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 23.7.2023: ChartProduktionHandelstagImport/Export/Preise/CO2 inkl. Importabhängigkeiten, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einem kurzen Inhaltsstichwort finden Sie hier. Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.

 

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Leserpost

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Klaus Keller / 02.08.2023

Der Darmstädter Stadtkonzern Heag ist besser durch das Krisenjahr 2022 gekommen als gedacht, schreibt begeistert die FAZ. Vermutlich auch durch Erträge aus dem Stromgeschäft. Man investiert u.a. auch in Offshore-Windanlagen. Die Küste ist ja auch nicht weit,

Sam Lowry / 01.08.2023

Seltsam, dass der Mainstream nichts darüber bringt. Wir verschenken den grünen Strom und zahlen teuer bei Flaute… und werden von den Versorgern noch zusätzlich abgezockt.

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