Importe signalisieren Bedarf, der Preis steigt. Überproduktion signalisiert, dass der Strom nicht benötigt wird, dass er überflüssig ist, der Preis sinkt. Die konkreten Werte der 27. Analysewoche belegen den Sachverhalt eindrucksvoll.
Die 27. Analysewoche war an den ersten drei Tagen stark von Wind -und PV-Strom geprägt. Die regenerative Erzeugung erreichte über die Mittagsspitze fast die Bedarfslinie. Hinzu kommt selbstverständlich aus Gründen der Netzstabilität eine konventionelle Stromerzeugung, die über Mittag zu einer erheblichen Strom-Übererzeugung führt. Weil der konventionell erzeugte Strom nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird eine Menge Importstrom notwendig. Der Strompreis schwankt von negativ über Mittag bis hin zu gut 180 €/MWh, welche dann anfallen, wenn Importstrom benötigt wird. Das gilt für die hohen Strompreise der Woche generell. Import = hochpreisig, Export = niedrigpreisig.
In der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag wird eine Windflaute eingeläutet. Die hält bis Freitagabend an. Die Strom-Überproduktion hält sich in Grenzen, sodass die Preisschwankungen nicht so massiv sind. Der Stromimport ist erheblich.
Zum Wochenende sieht die Stromerzeugung so aus: Über die Mittagsspitze werden wieder niedrige Strompreise aufgerufen. Und wieder ist der Import von Strom aus dem benachbarten Ausland notwendig.
Die Betrachtung der 27. Strom-Handelswoche belegt das Kaufverhalten unserer Nachbarn. Vor- und nachmittags wird Strom nach Deutschland exportiert. Über die Mittagszeit wird Strom gekauft. Das entspricht der alten Kaufmannsregel: billig einkaufen, teuer verkaufen. Die eingeblendete Preiskurve veranschaulicht das Prinzip.
Warum erzeugt Deutschland den Strom, der importiert wird, nicht selbst?
Ein Blick auf konkrete Zahlen des Im- und Exportgeschäftes. 1.093 GWh wurden zum Gesamtpreis von 116 Mio. € (106 €/MWh) importiert (Werte gerundet). Hätten die konventionellen Stromproduzenten den Strom selbst erzeugt, wäre es wahrscheinlich erheblich günstiger geworden. Die Rechnung: Der mittlere Strompreis über alles beträgt 84 €/MWh. Macht für die 1.093 GWh 92 Mio €. Wahrscheinlich wäre der Preis noch niedriger, weil der preistreibende Stromimport nicht wäre. Importe signalisieren Bedarf, der Preis steigt. Überproduktion signalisiert, dass der Strom nicht benötigt wird, dass er überflüssig ist, der Preis sinkt. Die konkreten Werte der 27. Analysewoche belegen den Sachverhalt eindrucksvoll. Der mittlere Importstrompreis liegt bei 106 €/MWh. Der Exportstrompreis beträgt 55 €/MWh. Deshalb bringen die 717 GWh Stromexport nur einen Ertrag von knapp 40 Mio. € Quelle mit exakten Werten.
Warum erzeugt Deutschland den Strom, der importiert wird, nicht selbst? Das hat vier Gründe:
- Die Stromerzeuger hätten viel mehr Anpassungsschwierigkeiten an den regenerativen Erzeugungsverlauf, was unter dem Strich den Preis senkt.
- Es müssten mehr Ressourcen (Brennstoffe) eingesetzt werden.
- Der Ertrag pro MWh würde sinken.
- Der CO2-Ausstoß Deutschlands würde erheblich steigen. Denn das ausgestoßene CO2 bleibt rechnerisch immer im Erzeugerland.
Deshalb wird im Sommer Strom importiert. Da halten unsere Nachbarn die entsprechenden Kapazitäten vor, die sie im Winter selbst benötigen. Im Winter ist der Stromimport wesentlich geringer. Lesen Sie in diesem Zusammenhang diesen Artikel: Deutschland wird Stromimporteur. Hören Sie auch das Kontrafunk aktuell-Interview vom 10.7.2023 des Autors zu Deutschlands Stromimporten.
Wochenanalyse KW 27/2023
Montag, 3.7.2023 bis Sonntag, 9.7.2023: Anteil Wind- und PV-Strom 51,2 Prozent. Anteil regenerativer Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,6 Prozent, davon Windstrom 26,9 Prozent, PV-Strom 24,3 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,5 Prozent.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Wochenvergleich zur 27. Analysewoche ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zur 27. KW 2023: Factsheet KW 27/2023 – Chart, Produktion, Handelswoche, Import/Export/Preise, CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040.
Jahresüberblick 2023 bis zum 9. Juli 2023
Daten, Charts, Tabellen & Prognose zum bisherigen Jahr 2023: Chart 1, Chart 2, Produktion, Stromhandel, Import/Export/Preise/CO2, Agora 2030, Stromdateninfo Jahresvergleich ab 2016
Tagesanalysen
Was man wissen muss: Die Wind- und PV-Stromerzeugung wird in unseren Charts fast immer „oben“, oft auch über der Bedarfslinie angezeigt. Das suggeriert dem Betrachter, dass dieser Strom exportiert wird. Faktisch geht immer konventionell erzeugter Strom in den Export. Die Chartstruktur zum Beispiel mit dem bisherigen Jahresverlauf 2023 bildet den Sachverhalt korrekt ab. Die konventionelle Stromerzeugung folgt der regenerativen, sie ergänzt diese. Falls diese Ergänzung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, wird der fehlende Strom, der die elektrische Energie transportiert, aus dem benachbarten Ausland importiert.
Montag, 3. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 59,0 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 71,0 Prozent, davon Windstrom 41,5 Prozent, PV-Strom 17,5 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,0 Prozent.
Der Montag ist von einer Wind- und PV-Stromerzeugung gekennzeichnet, die fast zusammen mit Laufwasser- und Biomassestrom den Bedarf deckt. Die zwecks Netzstabilisierung unabdingbare konventionelle Stromerzeugung – neben der Speicherfrage die größte technische Herausforderung der sogenannten Energiewende – lässt die Gesamtstromerzeugung weit über Bedarf steigen. Das führt über die Mittagsspitze zu negativen Strompreisen.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 3. Juli ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 3.7.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Dienstag, 4. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 54,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 67,0 Prozent, davon Windstrom 33,7 Prozent, PV-Strom 21,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,2 Prozent.
Ein ähnliches Bild wie gestern. Allerdings ohne negative Strompreise.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 4. Juli ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 4.7.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Mittwoch, 5. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 60,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 72,1 Prozent, davon Windstrom 44,6 Prozent, PV-Strom 16,2 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,4 Prozent.
Die Bedarfslinie wird heute regenerativ „gescratcht“. Der Strompreis ist wieder negativ. Natürlich nur über die Mittagsspitze.
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Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 5.7. 2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Donnerstag, 6. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 42,3 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,3 Prozent, davon Windstrom 16,5 Prozent, PV-Strom 25,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,1 Prozent.
In der Nacht zum Donnerstag hat die Windstromerzeugung nachgelassen. Die Flaute dauert bis Freitagabend. Die Strompreisbildung
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 6. Juli ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 6.7.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Freitag, 7. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 39,8 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 54,9 Prozent, davon Windstrom 6,8 Prozent, PV-Strom 32,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,2 Prozent.
Kaum Windstrom. Erst zu Abend steigt die Windstromerzeugung wieder an. Die Strompreisbildung.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 7. Juli ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 7.7.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Samstag, 8. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 50,1 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 65,2 Prozent, davon Windstrom 19,2 Prozent, PV-Strom 30,9 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,1 Prozent.
Wochenende. Wenig Bedarf. Eine Winddelle über Tag verhindert, dass konventionell erheblich über Bedarf Strom produziert werden muss. Das hätte den Strompreis erfahrungsgemäß in den negativen Bereich gedrückt.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 8. Juli ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 8.7.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
Sonntag, 9. Juli 2023: Anteil Wind- und PV-Strom 46,2 Prozent. Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 61,7 Prozent, davon Windstrom 15,5 Prozent, PV-Strom 30,7 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 15,5 Prozent.
Wieder „rettet“ eine Winddelle den Strompreis vor dem negativen Bereich.
Belege für Werte und Aussagen im Text oben, viele weitere Werte sowie Analyse- und Vergleichsmöglichkeiten bietet der Stromdateninfo-Tagesvergleich zum 9. Juli ab 2016.
Daten, Charts, Tabellen & Prognosen zum 9.7.2023: Chart, Produktion, Handelstag, Import/Export/Preise/CO2, Agora-Chart 2030, Agora-Chart 2040
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Rüdiger Stobbe betreibt den Politikblog Mediagnose.