Peter Grimm / 08.11.2020 / 14:56 / Foto: P.Grimm/Achgut.com / 79 / Seite ausdrucken

Wo war ich gestern nur?

Wo bin ich gestern nur gewesen? Die Frage drängt sich beim Blick in die deutschen Medien auf, wenn sie über die gestrige Querdenken-Demonstration berichten. Diese Frage wird sich vielleicht die Mehrheit jener ungefähr 45.000 Menschen, die auf dem Augustusplatz und in den angrenzenden Straßen gegen die Grundrechtseinschränkungen im Corona-Ausnahmezustand demonstrierten, beim Blick in die Nachrichten stellen.

Politiker von SPD und Grünen, immerhin Regierungsparteien in Sachsen, fordern „Konsequenzen“, die der CDU-Innenminister ziehen müsse. Der Innenminister seinerseits greift das Oberverwaltungsgericht an, weil es die Querdenken-Demonstration in der Leipziger Innenstadt genehmigt hat und die Linke beklagt Staats- und Polizeiversagen. Womit allerdings nicht auf linksextreme Angriffe auf eine Polizeiwache und brennende Barrikaden im Stadtteil Connewitz reagiert wird, sondern darauf, dass es Zehntausenden Teilnehmern der Querdenken-Kundgebung gelungen ist, sich den eigentlich verbotenen Demonstrationszug durch die Stadt zu erzwingen, der – bis auf ein paar Ausnahmen – offenbar auch weitgehend friedlich verlief. Die Polizei ist bei ihrem Vorgehen einem Leitbild gefolgt, das gerade von jetzigen lautstarken Kritikern sonst eingefordert wird: Deeskalation.

Bei solcher Gemengelage ist klar, dass plötzlich – im Unterschied zur medialen Aufbereitung manch früherer Querdenken-Demonstration – nicht zuerst über die Zahl der Teilnehmer gestritten wird. In vielen Medienberichten wird die amtliche Zahl von 20.000 Teilnehmern angegeben. Aber auch die Forschungsgruppe „durchgezählt“, die mit ihrem Zählverfahren bekannt wurde, als sie in der Hochzeit von Pegida regelmäßig allseits anerkannte Teilnehmerzahlen ermittelte, war am Augustusplatz aktiv. Nach ihren Erkenntnissen waren es, wie oben erwähnt, 45.000 Menschen, die zur Querdenken-Demonstration kamen. Das erscheint sicher jedem, der vor Ort war, als die glaubwürdigere Angabe.

Die Masse mit "Sieg Heil"-Rufen?

Ich habe mir gestern die Querdenken-Demonstration auf dem Leipziger Augustusplatz angesehen. Der Unterschied des Erlebten zur Berichterstattung, die aus manchen großen Medienhäusern kommt, ist geradezu atemberaubend. „Die ‚Querdenken‘-Demonstration in Leipzig endete im Chaos“ oder „Die Masse zog mit ‚Merkel muss weg‘- und ‚Sieg-Heil‘-Rufen durch die Innenstadt“ teaserte das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) einen Bericht an. Die vollmundige Eröffnung schmolz im Text allerdings zu folgenden zwei Sätzen zusammen: „Laut dem Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek seien in der Innenstadt Linke von Rechten gejagt worden. Das schreibt der Politiker auf Twitter. Zudem sollen ‚Sieg-Heil-Rufe‘ zu hören gewesen sein.“

Man kann selbstverständlich nicht überall sein, aber ich habe keine „Sieg Heil“-Rufe gehört, dafür häufig und laut „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“. Auch jenen, die die Intentionen der Demonstranten nicht teilen, dürfte wohl klar sein, dass das mit „Sieg Heil“-Rufen nicht kompatibel ist.

Andere erschreckende Meldungen in der medialen Nachbereitung waren die 32 teils gewalttätigen Übergriffe auf Journalisten und an ein oder zwei Stellen gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei, wobei nicht klar ist, welche offensichtlich gewaltbereite Gruppe da zugeschlagen hat. Immerhin waren ja nicht nur Querdenken-Demonstranten in der Stadt unterwegs, sondern auch Teilnehmer von 26 weiteren kleineren Kundgebungen. Typisch für die Mehrheit der Querdenken-Demonstranten waren solche Übergriffe jedenfalls nicht.

Ob auch der Flaschenwurf auf den Journalisten Boris Reitschuster während dessen Liveübertragung der Demonstration Eingang in die gemeldeten 32 Fälle von Übergriffen auf Journalisten gefunden hat, ist ungewiss. Gewiss ist, das Reitschuster das eindeutig nicht für einen Angriff aus den Reihen der Querdenken-Demonstranten hält. Die meisten Meldungen über Angriffe auf Journalisten insinuieren genau das. Leider war nicht zu erfahren, auf welchen Teil des Demonstrationsgeschehens sich diese Meldungen bezogen haben, denn dieses war durchaus vielschichtig. (Wer die Zeit für einen Gang durch den Leipziger Demo-Tag hat, dem sei hier die Aufzeichnung von Reitschusters Livestream empfohlen.)

Ein bisschen wie früher die Friedensbewegung

Zunächst gab es die vom Oberverwaltungsgericht Bautzen auf dem Augustusplatz genehmigte Kundgebung. Eigentlich sollten nur 16.000 Menschen auf den Platz kommen, sollten es mehr werden, hätten sie in die umliegenden Straßen ausweichen sollen. Immer wieder haben die Organisatoren eine Entzerrung angemahnt. Und verglichen mit Massenveranstaltungen zu normalen Zeiten stand man auf dem Platz auch recht aufgelockert. In eine Seitenstraße Richtung Osten, konnte allerdings niemand ausweichen, denn dort hatte sich eine Gegendemonstration bis an den Platz herangeschoben.

Die Atmosphäre auf dem Platz war, soweit ich es beobachten konnte, ausgesprochen friedlich und entspannt. Nicht wenige der aus dem Westen angereisten Teilnehmer machten ein wenig den Eindruck, als würden sie – neben dem ernsten Anliegen – auch ein wenig in den Erinnerungen an die Friedensbewegungs-Demonstrationen ihrer Jugendzeit in den achtziger Jahren schwelgen. Mithin eine Klientel, die sich selbst bei schlechtestem Willen nicht in die rechte Ecke definieren ließe.

Nun hatte ich gestern ja auch geschrieben, dass es bei Großdemonstrationen beinahe unvermeidlich sei, auch auf Menschen zu treffen, mit denen man eigentlich nicht zusammen sein möchte. Deren Anteil war aber augenscheinlich verschwindend gering.

Es waren ein paar Reichsfahnenträger dabei und ein paar Gruppen von sportlich-schwarz gekleideten Männern, bei denen ich wegen mangelnder Szenekenntnis nicht einschätzen kann, ob es sich nun um Neonazis, Hooligans oder was auch immer handelte. Aber sie machten deutlich den Eindruck, als sei der Schutz von Grundrechten und Demokratie nicht unbedingt das Motiv für ihr Erscheinen auf dem Augustusplatz gewesen.

Doch die verloren sich in den 45.000 Kundgebungsteilnehmern. Die Polizeibeamten hielten sich zurück und schienen nur an der Grenzlinie zur linken Gegendemonstration etwas angespannter. Wie gesagt, das sind natürlich nur Momentaufnahmen vom Gang durch ein großes Demonstrationsgeschehen.

Bilder der Gewalt

Auch das Bühnenprogramm enthielt nichts, was in normaleren Zeiten irgendwie Anstoß erregt hätte. Zumindest soweit ich es vernehmen konnte, denn nicht überall auf dem Platz waren die Redebeiträge klar verständlich.

Erwartungsgemäß waren Maskenträger unter den Kundgebungsteilnehmern eher selten. Und – ganz im Sinne der Deeskalation – versuchte die Polizei offenbar auch nicht, die Maskenpflicht durchzusetzen oder Bußgelder zu verhängen. Allerdings musste sie zweieinhalb Stunden nach Beginn der Kundgebung die Auflösung der selbigen bekannt geben. So habe es die Versammlungsbehörde verfügt. Eine gewaltsame Durchsetzung dieser Verfügung hat sich die Leipziger Polizeiführung allerdings erspart. Warum hätte sie es auch tun sollen? Es handelte sich bei den meisten Menschen auf dem Platz ja um Zeitgenossen, die keinen weiteren Schaden anrichten.

Während ein Teil der Kundgebungsteilnehmer trotzig auf dem Platz blieb, wollten andere nun den verbotenen Demonstrationszug auf der Protest-Route von 1989 durchführen. Eine Machtprobe bahnte sich an. Dass diese Situation auch solche Gruppen auf den Plan ruft, die auf Randale aus sind, ist nicht überraschend. Und in solchen Lagen spielt es auch keine Rolle, dass die Gewalttäter in einer verschwindenden Minderheit sind. Sie können trotzdem für Bilder der Gewalt sorgen.

Die Polizei wollte die ungenehmigte Demonstration an manchen Stellen stoppen, es gab Auseinandersetzungen, die ich selbst nicht vor Ort erlebt habe. Die Journalisten berichten höchst unterschiedlich. In einer Twitterbotschaft von Olaf Sundermeyer heißt es knapp und prägnant:

„Die rechtsextreme Szene ist mit sämtlichen relevanten Gruppen inzwischen fester Bestandteil der Protestbewegung von #Querdenken Hooligans setzen Demonstrationsziele gegen die #Polizei durch.

Boris Reitschuster schreibt hingegen:

„Nach der Auflösung der Demo ging eine große Menge von Teilnehmern vom Augustusplatz den Georgiring hinunter Richtung Hauptbahnhof. Vorne in dem Zug waren Trommler. Sie näherten sich einer Polizeiabsperrung am Ende der Straße. Als es so schien, als komme es zum Zusammenstoß, drehten die Trommler um, und mit ihnen der ganze Zug – man ging der Polizei friedlich aus dem Weg. Plötzlich erschienen an dieser neuralgischen Stelle ein paar Dutzend junger Männer, völlig in Schwarz und voll vermummt, die durch ihr ganzes Auftreten Gewaltbereitschaft signalisierten und wie absolute Fremdkörper wirkten.

Ich hielt sie zunächst spontan für Antifa-Gegendemonstranten, die es „hinter die Fronten“ geschafft hatten. In dieser Situation waren auch „Nazi“-Rufe zu hören. Ich habe in 16 Jahren in Moskau unzählige Demonstrationen erlebt und habe ein recht feines Gespür dafür, Teilnehmer und Provokateure zu unterscheiden, die nur mit einem Ziel unterwegs sind: Es eskalieren zu lassen. Die Truppe am Ende der Goethestraße roch hundert Meter gegen den Wind nach Provokation. Das waren Schlägertypen. Woher und aus welcher Richtung auch immer. Plötzlich kamen auch zwei merkwürdige Gestalten mit Lautsprechern. Wiegelten die Menge auf. Ein Mann, der im Livestream neben mir stand, hatte genau das gleiche Gefühl wie ich: „Das sind Provokateure“.

Die Polizei hingegen hatte offenbar kein Interesse an einer Eskalation und wird nun von Linken, Grünen und SPD dafür kritisiert. Polizeisprecher Olaf Hoppe rechtfertigte die Entscheidung: Man habe die Masse über den Ring ziehen lassen, weil man sie nur unter Einsatz massiver Gewalt hätte zurückhalten können.

Brennende Barrikaden in Connewitz

Vielleicht wurden die Polizeibeamten aber zu dieser Zeit auch an anderer Stelle gebraucht. Während der Zug der Querdenker auf der alten Demonstrationsroute keinen Schaden verursacht hat, brannten im Stadtteil Connewitz die Barrikaden. Und wenn es in Connewitz aufgrund linksextremer Brandstiftungen brennt, dann braucht die Leipziger Feuerwehr erfahrungsgemäß Polizeischutz, weil die Feuerwehrleute sonst angegriffen werden, um sie am Löschen zu hindern.

In den Meldungen aus Connewitz hieß es jetzt, dass gestern Abend eine Polizei-Außenstelle angegriffen wurde und in etlichen Straßen Barrikaden brannten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, auch um die brennenden Barrikaden zu löschen. Manche Kollegen haben in ihrer Berichterstattung aus Leipzig eine Verbindung dieser Zustände zu den Querdenker-Demonstrationen herstellen wollen, doch die gab es nicht. Anlass dieser Angriffe war die kürzliche Verhaftung der Führerin einer gewalttätigen linksextremen Gruppe.

Eine Rednerin auf dem Augustusplatz fragte, warum sie denn beinahe zum Nazi erklärt werde, wenn sie auf einer Querdenken-Demonstration auftritt, während Linksextreme, die in Leipzig Baukräne anzündeten, als Aktivisten bezeichnet wurden. Das könnte man natürlich als eine Verbindung zwischen Connewitz und Querdenken verstehen.

Entgegen der medialen Wahrnehmung habe ich mich gestern nach meiner Wahrnehmung auf einer großen Demonstration befunden, wie sie eigentlich zum freiheitlich-demokratischen Alltag gehört. Dass eine relevante Zahl von Bürgern bereit ist, für Freiheit und Grundrechte auf die Straße zu gehen, ist ein ermutigendes Zeichen. Dass einem bei einer solchen Großdemonstration auch manches nicht passt, ist auch normal, aber ein anderes Thema. Ich nutze das allerdings für eine persönliche Schlussbemerkung.

Mein Artikel, der gestern Morgen vor der Demonstration erschien, hat offenbar manch einen Leser verärgert, der eine journalistisch kritische Distanz als vorgefasste Ablehnung missversteht. In diesen Zeiten, in denen auch leitende Redakteure von Leitmedien erklären, dass „Haltung zeigen“ wichtiger sei, als kritische Distanz und Recherche, kann man natürlich leicht vergessen, dass es im publizistischen Gewerk so etwas wie eine professionelle Distanz geben sollte und missversteht sie deshalb reflexartig als Positionsbeschreibung.

Es mag vollkommen aus der Mode gekommen sein, aber ich halte in der journalistischen Arbeit immer noch den alten Leitsatz von Hanns-Joachim Friedrichs in Ehren:

„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“

Foto: P.Grimm/Achgut.com

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Paul Siemons / 08.11.2020

Das Widerlichste aller deutschen Drecksblätter, der BILD-Stürmer, faselt von “Ausschreitung bei der „Querdenken“-Demo”, dabei wohlwissend, dass diese “Ausschreitungen” nicht von den Querdenkern ausging, sondern von den Linksterroristen der Antifa. Und weiter: “Schwere Krawalle von Neonazis und Hooliogans”. Jeder Satz ist so konstruiert, dass man beim Lesen davon ausgehen muss, dass Gewalt von den “Querdenkern” ausgeht. “Noch immer sind 10.000 Protestler auf dem Augustusplatz. Zehntausende ziehen durch die City. Vor allem am Hauptbahnhof kommt es zu Gewalt. Polizisten werden mit Leuchtraketen beschossen, Journalisten attackiert, mit dem Tode bedroht.” Ebenso verlogen der Sprecher der GdP: „Der auf rechtsextreme Gruppierungen und Hooligans wirkende Sog der Corona-Leugner besorgt mich zutiefst.” Wohl wissend, dass es in Connewitz keine rechtsextremen Gruppierungen gibt, nur Linksradikale. Da man aber offenbar nicht aussprechen kann oder darf, dass es Linke sind, die der Polizei mit entgrenzter Gewalt begegnen, muss ein Kontext konstruiert werden, der mit der Wirklichkeit wirklich überhaupt nichts zu tun hat. Ich habe gestern drei Livestreams aus Leipzig verfolgt, darunter den von Boris Reitschuster, den aus den Reihen der Antifa mit einem Wurfgeschoss verletzt wurde. Aus Reihen der Querdenkerdemonstranten habe ich nicht eine einzige Aggression gesehen; sollte es so etwas gegeben haben, dürfte es sich um Aktionen von Agents Provocateurs gehandelt haben; deren Gewerbe ist nichts neues, auch die damaligen SED Behörden bedienten sich vor 35 Jahren dieser Taktik. Ekeln sich die Polizisten eigentlich nicht vor sich selber, wenn sie täglich von linken Terroristen attackiert werden, dies aber dann in der Öffentlichkeit völlig verdreht darstellen müssen? Ich könnte an keinem Spiegel mehr vorbei gehen, wenn ich moralisch derart heruntergekommen wäre.

F.Auerbacher / 08.11.2020

Ich habe gerade in den Mediatheken von ARD und ZDF nachgesehen. Meiner Einschätzung nach berichtete das ZDF zwar unfreundlich aber sachlich. Den Beitrag der ARD in den Tagesthemen kann man nicht als sachlich bezeichnen. Er beginnt mit Berichten über Randale, es wird sogar erwähnt, dass dies in Connewitz stattfindet. Doch dann wird suggeriert - in Frageform - dass es “etwas mit der Querdenkerdemo” zu tun haben könnte. Übles Framing, völlig unter der Gürtellinie. Meiner Ansicht nach ein glatter Verstoß gegen die Pflichten, die ein Öffentlich Rechtlicher Sender hat. Ich will meine GEZ Gebühren zurück haben!

Fritz kolb / 08.11.2020

Das ist schon eine richtig große Nummer, die ca. 45.000 Demonstranten. Hut ab vor diesem couragierten Menschen. Ortswechsel, heute am Ammersee-Westufer: alle Gaststätten sind geschlossen, trotzdem sämtliche Parkplätze belegt, nur Stop and Go auf der Uferstraße. Die MenschenScharen spazieren dicht an dicht, Maske nur bei wenigen Alten. Auf den Kinderspielplätzen spielten alle Kids eng beieinander.  Bei meinen Gaststättenbesuchen der letzten Wochen war deutlich mehr Distanz, alle Menschen trugen Masken. Im Angesicht dieses „normalen Lebens“ sind die Anordnungen der Politgruppierung um die Kanzlerin ein Witz, Dilettantismus vereint mit reinstem Machtmissbrauch. Alle Amtsträger sonnen sich in ihrer neuen Bedeutungsschwere, all die sonst eher bedeutungsschwachen Lauterbachs, Söders, Drostens und Konsorten. Machtmissbrauch ist scheinbar hoffähig geworden. Die Gastronomen verrecken wirtschaftlich reihenweise, Künstler und Hoteliers ebenso. Ich verstehe deshalb sehr gut, daß nun viele Menschen allen Mut zusammen nehmen und protestieren. Es ist Bürgerpflicht, sich der Machtgeilheit der Politelite entgegen zu stellen. Deshalb mein Kompliment an jeden, der an der Leipziger Corona-Demo teilgenommen hat. Danke dafür. Und bitte nicht nachlassen.

Martin Stumpp / 08.11.2020

Herr Grimm, ich kann ihr Einschätzung nur bestätigen. Ich hatte noch ein paar Einkäufe in der Stadt zu erledigen und habe die Gelegenheit genutzt mir alles anzuschauen, zumal ich meine Sympathie für viele der Ziele von Querdenken nicht verhehlen kann, Auch Ich habe schwarz gekleideten Typen gesehen, denen man lieber nicht im Mondschein begegnet. Das waren aber nur ein paar wenige. Der Rest alles normale Bürger, bis auf einen Aluhutträger, entweder ein Idiot, vom Verfassungsschutz oder von jemand angeheuert. Meine Schätzung 40-50 Tsd. Teilnehmer scheint ja sehr präzise gewesen zu sein. Natürlich konnte bei dieser Zahl der Abstand nicht eingehalten werden und die Leute hatten keine Lust auf Masken, warum sollten sie auch welche tragen, deshalb haben sie ja u.a. demonstriert. Und bei den BLM Demos war es bekanntlich auch in Ordnung ohne Abstand und Masken zu demonstrieren. Damit hatte der Staat sein Recht endgültig verwirkt auf Einhaltung seiner m.E. rechtlich ohnehin zweifelhaften Verordnung zu pochen. Die Anordnung zur Auflösung musste von den Teilnehmern insofern als Provokation verstanden werden. Ich habe mich verzogen als die Polizei ihre Helme aufgesetzt hat. Auf anderen Seite habe ich genauso wenig Verständnis für den Durchbruch auf den Ring wie für die Auflösung der Demonstration. Aber das eine hat wohl das andere bedingt. Immerhin hat die Polizei darauf verzichtet mit massiver Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten vorzugehen. Das größte Problem dieses Landes sind die zunehmend doppelten Standards, die ein Beleg dafür sind, dass Demokratie und Rechtsstaat den Rückzug angetreten haben.

T. Schneegaß / 08.11.2020

Lieber Herr Grimm, diesem im Nachgang zu gestern veröffentlichen Beitrag kann ich, im Gegensatz zu Ihrem im Vorfeld erschienenen, vollkommen zustimmen. Ich habe alles genau so erlebt, wie sie es beschreiben. Ich möchte aber hier vordringlich Ihnen, Herr Tobias Kramer auf Ihre Antwort an mich von gestern antworten, weil dazu gestern keine Zeit mehr war. Sie fragten mich, ob ich brutale Polizeibilder sehen wöllte? Sie können ganz sicher sein, dass Gewalt das Letzte ist, was ich je befürwortete, in meinem erreichten Alter (Mitte 70) schon mal völlig absurd. Da ich sie am eigenen Leib nicht erfahren möchte, “gönne” ich sie auch keinem anderen Menschen. Die Frage für mich ist, rufe ich als Veranstalter zu einer Massendemo, obwohl ich sicher weiß, dass es das Ziel derer ist, gegen die sie gerichtet ist, diese VORSÄTZLICH abzubrechen, ich die Argumente dafür schon im Vorfeld kenne und damit eine für deren Absichten nützliche Eskalation provoziere? Cui bono? Die Reaktionen der Herrschenden heute beweisen: nicht die abgebrochene Kundgebung hat sie in irgendeiner Weise beunruhigt, sondern, wie Sie auch erlebt haben, die zig-tausende friedliche Menschen, die SPONTAN den Weg von 89 gingen. Schon der Sprachgebrauch entlarvt das System, indem es beklagt, dass diese Menschen UNKONTROLLIERT demonstrierten. Übersetzt: die Schafe brachen SPONTAN aus ihrer kontrollierten Koppel aus und die Hunde verloren die Kontrolle. Das ist das Schockierende für die Macht und das war es schon immer. Hier hätte jetzt tatsächlich nur noch Gewalt der Polizei geholfen, die zum Glück dieser Erwartung nicht nachkam und sich jetzt, wie sogar der sächsische IM und die Gerichtsbarkeit, massiver und demaskierender Angriffe ausgesetzt sieht. Mich erinnerten die Szenen am Ring an 89, als wir mit Kerzen liefen und unsere Frauen den bereitstehenden “bewaffneten Organen” entweder Blumen, die damals nicht leicht beschaffbar waren, oder an deren Stelle kleine selbstgebastelte Geschenke überreichten. Teil 2 folgt.

Gudrun Dietzel / 08.11.2020

Lieber Herr Grimm, den persönlichen Schlußgedanken hätten Sie nicht nötig gehabt, da Ihre sehr ausführliche Vor-Ort-Recherche für sich spricht. Sehr guter Leipzig-Bericht, Bravo! Ihre Distanz gestern war künstlich herbeigeschrieben, denn Sie haben als Autor der Achse ja mehr als ein Mal schon „Haltung“ bewiesen. Deshalb schreiben Sie doch hier. Sie verweisen eingangs auf die Berichterstattung des Mainstreams. Kennen wir doch. Im Herbst 1989 zog auch nach Meinung der Mächtigen das „Gesocks“ durch Berlin, Leipzig, Dresden, Karl-Marx-Stadt usw. Solange, bis sie merkten, Verächtlichmachung führt nicht mehr zum Ziel, sondern in die Katastrophe. Das müssen die heutigen Mächtigen und ihre Steigbügelhalter in den Mainstreammedien auch erst noch kapieren.

Juliane Mertz / 08.11.2020

Exakte Beschreibung. Danke. War selber Zeuge. Das ist ordentlicher Journalismus. Allein für die Provokation des bundesrepublikanischen Mainstreams lohnt es sich, auf die Straße zu gehen. Wir sind an der frischen Luft, und die ärgern sich mächtig über ihre “offene” Gesellschaft.

Peter Ackermann / 08.11.2020

Man kann diesen in den letzten Jahren immer öfter zitierten Satz von Friedrichs aber auch dahingehend pervertieren, dass man, ohne auch nur annähernd Gefahr gelaufen zu sein, die kritische journalistische Distanz nicht zu wahren, jedem tendenziellen Ereignis obligatorisch so viel „Gegenmittel“ hinzu träufelt, bis eine „neutrale Suppe“ daraus geworden ist. Das ist dann aber die eigentliche Relativierung einer Information, die es dem Empfänger erschwert, den Kern zu erfassen. Die Leser, auch ich, die mit Ihrem Bericht nicht besonders glücklich waren, wünschten sich vermutlich etwas mehr substantielle Information über Anliegen, Hintergrund und Möglichkeiten dieser Demonstration, als den überflüssigen, weil bekannten Hinweis, dass sich am Rande(!) solcher Veranstaltungen auch immer Trittbrettfahrer, Provokateure und Spinner sammeln.

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