Von Thomas Eisinger.
Das Grundübel der politischen Situation in Deutschland besteht darin, dass es keine rechte Partei geben darf. Anders als in allen westlichen Demokratien, wo es immer Rechts, Mitte und Links gibt (außer in den USA, wo es kein „Links“ geben darf, denn das wäre Kommunismus und ist des Teufels), wurde in Deutschland spätestens seit dem „Kampf gegen Rechts“ eine komplette politische Richtung quasi verboten. Wer nun denkt, dies hätte primär mit der deutschen Vergangenheit zu tun, der irrt.
Es ist vielmehr eine äußerst erfolgreiche Machterhaltungsstrategie der CDU: Während Merkel ein linkes Thema nach dem anderen für sich vereinnahmt und damit ihre Wählerschaft in dieser Richtung ausdehnt, sollte die Dämonisierung „rechter“ Parteien verhindern, dass die rechte Flanke der CDU angegriffen werden kann. Eine wunderbare Strategie: Gewinne auf der linken Seite ohne Verluste auf der rechten Seite, so geschehen bei der Wahl 2013 als CDU/CSU fast die absolute Mehrheit erreicht hat.
Nun konnte sich die AfD trotz vier Jahre langer Dämonisierung durch Parteien und Medien spätestens mit diesem Wahlergebnis tatsächlich etablieren. Wie war das möglich? Zu Beginn muss verstanden werden, dass es – wie in allen westlichen Demokratien – auch in Deutschland ein gesundes und berechtigtes „Rechts“ gibt. Dies beinhaltet die Pflege traditioneller Werte, die Liebe zu Familie, Land und Heimat, das Bedürfnis nach Sicherheit und Planbarkeit - gerade auch fürs Alter – und die Überzeugung, dass Gesetze eingehalten werden müssen.
Wer sich diese Punkte ansieht, wird feststellen, dass nichts Verwerfliches darunter ist. Es ist die Idee, Bewahrenswertes zu bewahren und in Sicherheit leben zu wollen, und zwar am besten aus eigener Kraft und Verantwortung und nicht unter Zuhilfenahme des wohltätigen Staates. Wenn dieses „Rechts“ Raum bekäme in Deutschland, dann bräuchte es eine AfD in dieser Form sicher nicht. Denn in Wahrheit gelingt unsere Gesellschaft nur durch eine Kombination von Rechts und Links: durch Stärkung der Selbstverantwortung des Einzelnen („rechts“), Bewahren von erfolgreichen Traditionen („rechts“) und gleichzeitig Modernisierung überholter Traditionen („links“) sowie der Solidarität der Gemeinschaft für alle, denen ein gutes Leben nicht ganz aus eigener Kraft gelingt („links“).
Auch wenn es viele Gründe gibt, so sind es im Wesentlichen zwei entscheidende Fehler, die die real existierende Linke (SPD, die Linke) gemacht hat und beständig wiederholt: die Idee, die Solidargemeinschaft auf ganz Europa und sogar die ganze Welt auszudehnen ist für alle, die wirklich auf die Solidarität des deutschen Sozialstaates angewiesen sind, gnadenloser Hohn. Jeder kann sich einfach ausrechnen, dass es faktisch nicht möglich ist, das deutsche soziale Netz in ganz Europa oder sogar noch weiter aufzuspannen. Die offenen Grenzen sind also in Wahrheit ein fundamentaler Widerspruch zum Solidaritätsgedanken, der zentralen Idee der Linken. Denn Solidarität kann es nur in abgegrenzten Gebieten geben. Eine weltweite – finanzielle – Solidarität, nur von Deutschland getragen, ist faktisch unmöglich.
Wieviel proaktive Gestaltungskraft liegt vor uns?
Der zweite Kardinalfehler der Linken ist es, die „Rechten“ pauschal zu verteufeln und jede inhaltliche Diskussion abzulehnen. Denn die Menschen, die der Solidarität der Gemeinschaft bedürfen, merken sehr wohl, dass die Rechten (und hier gibt es in Deutschland nur die AfD) mittlerweile viel eher ihre ureigenen Interessen vertreten. Die praktizierte Diskussionsverweigerung über „rechte“ Themen ist wie Hohn für alle Menschen, die genau in diesen Themenfeldern den größten gesellschaftlichen Diskussionsbedarf sehen.
Die Linke hatte bisher die Hoheit darüber, was in Deutschland diskutiert werden darf und was nicht. Der AfD ist es in den letzten Jahren gelungen, dieses Themenspektrum berechtigterweise zu erweitern: EU, Euro, Einwanderungsrecht, Abschiebepraxis für illegale Einwanderer, Anwendung des Asylrechts… Alles äußerst relevante Themen für eine Gesellschaft, deren inhaltliche Diskussion aber durch die bestehenden Parteien und große Medien weitgehend unterbunden wurde beziehungsweise stets in Kategorien wie „rassistisch“, „nationalistisch“ oder „Nazi“ „entsorgt“ wurde. So entstand der Eindruck, es gäbe in Deutschland keine Opposition mehr. Und wie nennt man eine Demokratie ohne Opposition?
Wie wird alles wieder gut? Nie wird es wieder so werden, wie es einmal war. Dieser Satz gilt immer seit es Menschen gibt. Die Frage ist vielmehr, wieviel proaktive Gestaltungskraft liegt vor uns respektive wieviel plumpe Reaktion auf äußere Ereignisse müssen wir noch erdulden. Mit der reinen Machtpolitikerin Merkel an der Spitze wird es keine längerfristigen Konzepte geben, zumindest keine, die sie uns mitteilen würde. Und so lange gerade die linke Seite sich verschleißt im „Kampf gegen Rechts“, kann der Merkelismus weiter unangetastet reine Machtpolitik betreiben.
Wenn Rechts und Links erkennen würden, dass sie vielfach dieselben Ziele verfolgen, nur unterschiedliche Lösungswege vorschlagen, dann könnte man auf der Sachebene zu einem echten Diskurs finden. Denn de facto braucht es beide Richtungen, um den Menschen zu dienen.
Thomas Eisinger ist strategischer Berater, Coach und politisch interessierter Bürger.