Wolfgang Röhl / 04.04.2014 / 10:41 / 11 / Seite ausdrucken

Was in Akif Pirinccis Buch fehlt

„Immer mehr Menschen wählen DKP!“ verkündete der Große Vorsitzende Herbert Mies in den 1970ern regelmäßig, hinsichtlich der Zukunft seiner Volkspartei. „Immer mehr Menschen wollen fleischlos glücklich sein“, schreibt „stern TV“, die Fernsehprogrammbeilage des Magazins, über eine Sendung zum Thema Veganismus. Beide Aussagen beziehen ihren Charme nicht etwa aus der Tatsache, dass sie die Realität leugnen. Sondern daraus, dass ihre Urheber Realität nicht einmal buchstabieren können. Wenn etwas fehlt in Akif Pirinccis Bestseller über das sinnbefreite Deutschland (Untertitel: „Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer“) dann ist es das anschwellende Gegacker um den Veganismus. Beim Veganismus handelt es sich um das psychopathologische Worst-Case-Szenario des Vegetariertums.

Da knabbern pappsatte Wohlstandsverwahrloste in westlichen Schlaraffenländern plötzlich nur mehr das, was ihnen die Natur freiwillig überlässt. Eine Nuss, die sich selber nonchalant vom Baum plumpsen lässt, mag als Futter gerade noch durchgehen. Doch schon Milch, die man dem Euter der bedauernswerten Sieglinde gewaltsam entrissen hat, ist ein No-Drink. Von dieser Position aus ist es nicht mehr weit bis zum finalen Stadium des Öko-Gagaismus, dem Liegeradeln.

Vegan ist in. Allerdings nur in den Medien. Die sollten sich gelegentlich fragen, wer außer dem Internet noch daran schuld sein könnte, dass ihre Auflagen und Reichweiten unaufhörlich sinken. Einem aus Zuschauergebühren alimentierten Sender wie ZDFneo kann es natürlich wurscht sein, ob seine Sendung über Veggiewürstchen, Soja-Tofubrei und den „Starkoch der Veganerszene Attila Hildmann“ mehr als drei oder vier Leute anschauen. Die letzthin schwer gebeutelten Printmedien müssten eigentlich anders ticken.

Einem jungen Mann, der für „stern.de“ einen tapferen, schier endlosen Selbstversuch in Sachen vegan unternommen hat, kamen beim Besuch der Lebensmittelmesse Internorga jedenfalls schon mal Bedenken: „Vegan soll ja Trend sein, sagt zumindest die Gastronomie-Trendforscherin Hanni Rützler. Am Eingang werde ich sehr freundlich begrüßt und habe Glück: Denn kurz vor mir war auch schon jemand da, der sich nach veganem Essen erkundigt hatte. So konnte der Mann mir gleich eine Liste aller Stände in die Hand drücken, die für mich in Frage kommen. Auf der Messe gibt es über 1200 Stände. Ohne seine Hilfe hätte ich die veganen Futterposten nie gefunden. Denn: Es waren genau zwei. Zwei von 1200 unter dem Schlagwort ‚vegan’. Das kann man wohl nicht Trend nennen.“

So ähnlich sieht es auch Wikipedia: „Nach der Nationalen Verzehrsstudie II von 2008 ernährten sich in Deutschland ca. 0,1 % der Bevölkerung vegan, insgesamt ca. 80.000 Menschen. Der Vegetarierbund Deutschlands (VEBU) schätzte im Jahr 2012 die Zahl der in Deutschland lebenden Veganer auf 600.000. Eine Studie der Universitäten Göttingen und Hohenheim zum Fleischkonsum in Deutschland kam 2013 zu dem Ergebnis, dass der Anteil vegan lebender Menschen in Deutschland unter 0,5% und damit vermutlich unter 400.000 liege.

Man darf getrost davon ausgehen, dass die Zahl 0,1 % der Sache am nächsten kommt. Denn Andersartiges, Sonderbares, Abweichlerisches stellt sich in Untersuchungen in Relation zum Stinknormalen meist um einiges vergrößert dar. Schon deshalb, weil es die Medien gibt, welche dem vermeintlichen Zeitgeist unbarmherzig die Sporen geben, sobald sie ihn einmal ausgeguckt haben. Dass „immer mehr Menschen“ etwas tun oder lassen, lieben oder hassen, gehört seit Ewigkeiten zu den Standardsprüchen, mit denen Ressortleiter in Themenkonferenzen ihre Stücke ins Blatt zu bringen versuchen.

In einem Printmedium, für das ich lange gearbeitet habe, pflegten wir in solchen Fällen zu witzeln: „Ein Fall ist eine Serie, zwei Fälle sind ein Trend, drei Fälle eine Massenhysterie.“ Leider sind die goldenen Zeiten vorbei, da Locken auf der Glatze drehen noch half.

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Falk Mrazek / 05.04.2014

Eine Türkei voller Akif Pirinccis’ - Willkommen in der EU! Solche unangepassten Menschen gibt es viel zu wenige…

Falk Mrazek / 05.04.2014

Ich esse nichts, was einen Schatten wirft. Macht mich das zu einem Veganer der obersten Kategorie; möglicherweise sogar zu einem Trendsetter neuen Irrsinns?

Michael Limburg / 04.04.2014

Lieber Herr Röhl, die von den Medien so hochgelobte Zahl von Veganern bei den Deutschen Essern, scheint mir ähnlich abstrus übertrieben wie die Zahl derer, die ihr Lohn und Brot bei der Schaffung von “Erneuerbaren Energien” verdienen”. Bund und Verbände sprechen von rd. 380.000. Und freuen sich über diese erkleckliche Zahl hoch subventionierter Jobs. Sucht man mal wo die Hunderttausende eigentlich arbeiten, und zählt akribisch nach, dann kommt man und mit Zudrücken aller Augen samt Hühneraugen, auf bestenfalls 50.000. Und das mit einer Unsicherheit von - 50%. Bei meinem Vortrag in Mannheim am 10.4.14 bei unserer 7. Internationalen Klima- und Energiekonferenz werde ich darauf eingehen. Im Gegensatz zu den Veganern kosten diese Leute uns Verbraucher aber ca. 400.000 €/Kopf/Jahr allein durch die EEG Umlage. mfG Michael Limburg EIKE

Stefan Neudorfer / 04.04.2014

Die meisten Vegetarier und Veganer sind Ex-Vegetarier. Auf die Dauer hält das niemand durch und spätestens wenn der Arzt eine Mangelernährung feststellt wird man zum Ex.

Jörg Franke / 04.04.2014

Sehr geehrter Herr Röhr, gegen den “Schwund” bei den Printmedien gäbe es doch eine einfache Lösung. Alle gleichgeschalteten Schaafsmedien wie Prantl-Prawda, Der Schmirgel, LüStern, Locus usw. bekommen den Status einer öffentlich-rechtlichen Institution. Zu deren Finanzierung wird dann von uns ein “Pressebeitrag” zwangsabgepresst! Ganz einfach, nihil novi.

Thomas Sott / 04.04.2014

Also ich habe eher das Gefühl dass vegan eher in der Linken Szene zuhause ist,einen Rückschlag erlitt die Szene als das Vorhängeschild Kim bekannt aus dem TV auf einem Rechten Konzert gesichtet wurde.Ob dann aus Protest wieder Fleisch gegessen wurde ist allerdings nicht bekannt. Außerdem gibt es bei den Linken auch eine Antispeziesistische Aktion - für diese Menschen ist nicht nur Frau und Mann ein soziales Konstrukt sondern auch Tier und Mensch. “Es wird davon ausgegangen, dass die Unterteilung in Spezies ein soziales Konstrukt sei. Dabei wird Speziesismus als Unterdrückungsform mit Parallelen zum Rassismus oder Sexismus unter Menschen gesehen. Die ausgesprochenen Gegner des Speziesismus bezeichnen sich selbst als Antispeziesisten.” “Ähnlich den feministischen Versuchen, eine nicht-sexistische Sprache etwa unter Verzicht auf generische Maskulina zu etablieren, verweisen manche Antispeziesisten darauf, dass die allgemeine Sprache speziesistisch sei, und propagieren einen nicht-speziesistischen Sprachgebrauch. Als Beispiel speziesistischer Sprache wird etwa die Abwertung von Tieren im Zuge der Beschimpfung anderer Menschen als „dumme Kuh“, „blöde Ziege“, oder „faule Sau“ angeführt oder die Tatsache, dass etwas als „affig“ bezeichnet wird. Zudem wird kritisiert, dass auch dort, wo sich Menschen nicht von den übrigen Tieren unterscheiden, also sachlich die gleichen Vorgänge oder Zustände vorlägen, sprachliche Unterschiede gemacht werden, wenn etwa von „essen“ versus „fressen“, „sterben“ versus „verenden“ oder „gebären“ versus „werfen“ die Rede sei” Zuweilen wird auch kritisiert, dem Begriff „tierisch“ hafte eine abwertende Konnotation an. Aus diesem Grunde soll stattdessen die Bezeichnung „tierlich“ verwendet werden. Erinnert mich an Hermann Göring der für Tierversuche KZ Haft forderte. Ich wette, es wird irgendwann Mordanschläge auf Metzger und Tierhalter geben. Diesen kranken Leuten wünsche ich einen Aufenthalt in der Arktis, mal sehen von was sie sich ernähren…

Olaf Steinbrenner / 04.04.2014

Auch immer wieder gern genommen: „Für immer weniger (vor allem junge) Leute ist das eigene Auto wichtig, schon gar nicht als automobiles Statussymbol“ Erst gestern Abend gab‘s wieder mal eine drollig anmutende Diskussion in „Servus-TV“ mit allerlei strammen Ökologen und Verkehrsplanern, einem Vertreter der miesen Autolobby, dem offenbar unvermeidlichen Auto-“Fachmann“ Ferdinand Dudenhöfer, der - quasi als Kronzeuge - mal wieder so richtig aus dem Nähkästchen der verbrecherischen Autoindustrie plaudern durfte und einer auf Linie grün gebürsteten Moderatorin, die bemüht war die Diskussion an obiger Behauptung hoch und runter zu drehen. (Da das Ganze aber mitten in der Flugzeugsammlung von „Red Bull“ Mateschitz stattfand, hatte man immer das Gefühl, dass Servus-TV sich da doch irgendwie einen Spaß mit den Müslis im „Hangar“ und an der Glotze erlaubt hatte.) Nun wird, um wieder aufs Thema zu kommen,  auch hier aus meiner Sicht ein Trend herbeigeredet und geschrieben, den es in Wirklichkeit so nicht gibt. Meine persönlichen Beobachtungen jedenfalls sehen da ganz anders aus. Aber womöglich habe ich als Land-Ei sowieso den falschen Blickwinkel auf die Dinge. Schon als Kind konnte ich diese neurotischen Stadtkinder aus der „Rappelkiste“ nie verstehen…

Matthias Gerhardt / 04.04.2014

Kurz bevor ich mich auf dem Weg zur Kantine mache (heute gibt es Spaghetti Pesto - hoffentlich mit leckerer Butter) lese ich Ihren köstlichen Artikel. Aber Halt: Herr Röhl, mit Ihrer Bemerkung zum Nüsslein rücken Sie den Veganisten in die Nähe des Fruganisten - dabei sind diese ideologiegetriebenen Idealisten in aller Regel bei solchen Feinheiten sehr sensibel und empfindlich! Mahlzeit und guten Appetit.

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