Alexander Wendt / 23.09.2013 / 07:27 / 8 / Seite ausdrucken

Wahlnacht: Die Relativitätstheorie des ZDF

Zu den denkwürdigsten Fernsehsentenzen des Wahlabends gehörte der Satz von Bettina Schausten um 20.08 Uhr: „Gehen wir jetzt zu den Linken, die heute Abend auch zu den Wahlgewinnern gehören.“ Dass eine Partei mit einem Minus von 3,4 Prozentpunkten Verlust zu den Gewinnern zählen soll, weil die anderen so genannten kleinen Parteien noch schlechter abgeschnitten haben, erinnert ein wenig an den alten sowjetischen Parodie einer TASS-Meldung über ein Wettrennen, in dem China Erster, die USA Zweiter und die Sowjetunion Letzter wurden: „Die USA mussten sich klar geschlagen geben, während die UdSSR einen hervorragenden Dritten Platz belegte.“

Ein paar Stunden später erklärte Sascha Lobo Bettina Schausten das - aus ZDF-Sicht – Neuland des Wahlabends, nämlich die so genannten sozialen Medien: AfD-Chef Lucke habe dort irgendwo von „bürokratischen Entartungen“ gesprochen. Horribile dictu. Lobo: „DasWort ‚Entartungen’ hat man eher von 1933 bis 45 benutzt.“ Außerdem habe Lucke auf einem Netzfoto seinen Arm in einem 45-Grad-Winkel gehoben – das sehe schon sehr verdächtig sehr nach einem Hitlergruß aus.
Fassen wir den Ertrag so zusammen: Die Linke ist der relative Wahlsieger, die AfD die relative NSDAP.

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Leserpost

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Walter Heisenberg / 24.09.2013

Jetzt weiß ich, was ich von Sascha Lobo zu halten habe, dieser ist mir bisher nur durch seinen Haarschnitt aufgefallen. Die Ton/Aus Taste ist übrigens die Wichtigste auf der TV- Fernbedieung, gesundheitserhaltend wenn Lobo, Schausten, Schönenborn oder Miosga auf dem Bildschirm auftauchen.

Reimund Weismar / 24.09.2013

Habe gerade den besagten Sascha Lobo in der S.P.O.N-Elefantenrunde (SpOn Mediathek) seine “große Sorge” über das Abschneiden der AfD (“halte ich persönlich für eine Katastrophe”) äußern hören. Sein Entsetzen begründet er u.a. damit, dass Lucke über eine “Entartung der Demokratie” gesprochen habe und “dieses Vokabular zeige eine Anschlussfähigkeit nach Rechts”. Der Auftritt von Sascha Lobo zeigt beispielhaft, wie die AfD von den politischen Gesinnungsakteuren unserer Republik in Zukunft behandelt werden wird: theatralisch und mit bedeutungsgeschwängerter Stimme tiefe Betroffenheit zeigen, dabei gleichzeitig aber auch feste Entschlossenheit ausstrahlen, dass der hehre “Kampf gegen Rechts” auf solche pseudo-demokratischen AfD-Elemente ausgeweitet werden muß. Und für Herrn Sascha Lobo selber hat diese schöne Show noch einen kleinen (lukrativen) Nebeneffekt: nachdem sein wochenlanges Gejammere über den schrecklichen NSA-Abhörskandal keine Sau mehr interessiert hat, doggt er nun an den deutschen Dauerrenner “Kampf gegen Rechts” an, bei dem man hierzulande Alles und Jeden verleumden und niedermachen darf, während man sich selber an den entsprechenden Töpfen der medialen Betroffenheitsindustrie vollfrißt - es dient ja dem “Guten”! Na wenn das man mal nicht die große Erfolgsstory 2.0 des Herrn Sascha Lobo werden wird ...

Peter Wörmer / 23.09.2013

Typisch. Aber was kann man schon von ZDF und auch ARD erwarten, die doch von Funktionären der Altparteien dominiert werden? Und die Bürger müssen für ihre eigene Manipulation auch noch üppig bezahlen. Auch so sieht Demokratie bei uns aus.

Rudolf Stein / 23.09.2013

“„Gehen wir jetzt zu den Linken, die heute Abend auch zu den Wahlgewinnern gehören.“ “ Die Dame hat sich lediglich vertan. Sie meinte die Umschaltung zur CDU/CSU/und deren Generalsekretärin.

Thomas Bonin / 23.09.2013

Ggf. noch treffender diese Variante aus der Abteilung Höher-Weiter-Schneller: Bei einem Sprint zwischen den Genossen Honecker und Brandt (jeweils seligen Angedenkens) spurtete letzterer als erster durch die Zielgerade. Woraufhin “Neues Deutschland” & “Junge Welt” vermeldeten: “Erich Honecker erkämpfte einen hervorragenden zweiten Platz, Brandt wurde nur Vorletzter!”  Tja, der Graben war durchschnittlich nur 1 Meter tief, trotzdem ist die Kuh ersoffen. (O-Ton eines geschätzten Mathe-Paukers während meiner Penne-Zeit). Als Klassensprecher bei S.P.O.N. genügt es offenbar, redaktionellen Vorgaben linientreu zu folgen.

Klaus Griesbach / 23.09.2013

Stimme mit Ihnen überein, aber es hieß, dass Lucke von “demokratischen Entartungen” gesprochen hatte.

Michael Geier / 23.09.2013

...und die SPD, ob des besseren Ergebnisses von 2009, deutlich im Aufwind!

Roland Mertens / 23.09.2013

Aber die CDU hat doch auch im ZDF gewonnen, oder? Bei uns gab’s gestern die ARD und alles war fein.

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