Joachim Nikolaus Steinhöfel / 27.10.2015 / 19:10 / 9 / Seite ausdrucken

Vorfall in Flüchtlingsheim: NRW-Polizeibürokratie verhöhnt Vergewaltigungsopfer

George Orwell ist nicht verstorben, er lebt in Herford. Orwell heißt jetzt Michael Albrecht und arbeitet im Leitungsstab der Pressestelle der dortigen Kreispolizeibehörde. Unser Mann hat eine Pressemitteilung (PM) zu verantworten, die am Vormittag des Montag, 26.10.2015, veröffentlicht wurde und in der Folge zu gleichlautenden Presseveröffentlichungen führte.

Die PM soll die Öffentlichkeit über eine schwere Sexualstraftat täuschen, weil diese von einem Flüchtling begangen wurde. Unter der Überschrift „Sexuelle Nötigung in einer kommunalen Unterbringungseinrichtung“ heißt es in der Pressemitteilung weiter:

„In der Nacht zu Sonntag, gegen 01:30 Uhr, wurde eine Mitarbeiterin einer karitativen Einrichtung in einer Unterkunft für jugendliche Flüchtlinge in Herford von einem 15-jährigen Bewohner sexuell bedrängt. Die junge Frau setzte sich erfolgreich zur Wehr und verständigte die Polizei.“

Siehe Screenshot hier.

Das ist ja nochmal glimpflich abgegangen, denkt der Leser und dabei vielleicht an Rainer Brüderles anzügliche Bemerkung über eine ausgefüllte Bluse. Und: Tapfere Frau, gut gemacht! Nicht wissend, was sich wirklich abgespielt hat.

Tatsächlich wurde eine Sozialarbeiterin des Roten Kreuzes in einer ehemaligen Kaserne in Herford von einem 15jährigen Iraker vergewaltigt und noch in der Nacht in die Notaufnahme des Krankenhauses von Bad Oeynhausen gebracht.

Auf meine mail an die zuständige Dienststelle mit der Frage, ob es sich hier nicht um eine vorsätzliche Falschinformation handele, meldete sich Herr Albrecht nach weniger als 15 Minuten telefonisch und versucht etwas schönzureden, was nicht schönzureden ist.

Die Überschrift der Pressemitteilung spreche von „Sexueller Nötigung“. Diese Vorschrift, § 177 des Strafgesetzbuches (StGB), behandele auch die Vergewaltigung. Die Überschrift der Norm lautet aber tatsächlich „Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung“. Albrecht unterschlägt genau den Teil des Straftatbestandes, der der Tat entspricht. Warum er dies getan hat, ist für jedermann sofort erkennbar.

Weiter versuchte Herr Albrecht mit dem Argument zu reüssieren, „der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen“ würden es verbieten, die Vergewaltigung zu erwähnen. Es dauert keine zehn Sekunden um auch dies als Unsinn zu entlarven. Man gibt „Polizei – Pressemitteilung – Vergewaltigung“ in das Suchfenster einer Suchmaschine ein und erhält bei google über eine Million Treffer. Auch aus NRW.

Zu der Passage „Die junge Frau setzte sich erfolgreich zur Wehr“ konnte Herr Albrecht dann nichts mehr sagen. Und er weigerte sich auch ausdrücklich, seine Einlassungen noch einmal schriftlich zur Verfügung zu stellen („bekommen Sie von mir nicht“).

Die Beamten der (Bundes-) Polizei, die zahllosen ehrenamtlichen Helfer sind tagein tagaus mit den Folgen der aktuellen Krise konfrontiert und werden von einer irrlichternden Kanzlerin und einer wie sediert wirkenden und planlos agierenden politischen Klasse im Stich gelassen.

In den Bürokratien der Innenbehörden und auch der Polizei sitzen aber auch Menschen wie Herr Albrecht an ihren Schreibtischen. Mitläufer im System, die die Wahrheit vorsätzlich verfälschen um die Öffentlichkeit zu täuschen und in Sicherheit zu wiegen. Und die dann noch die Stirn besitzen, ihre Märchengeschichten wie oben beschrieben zu rechtfertigen. Ich will Herrn Albrecht gerne zu Gute halten, dass er glaubt, das Richtige zu tun. Aus Angst die Stimmung könnte kippen. Die Angst mag nicht unbegründet sein, sie rechtfertigt sein Tun aber in keinen Fall. Es ist verwerflich!

Wer nun allerdings annimmt, dies sei ein Einzelfall, glaubt auch der Pressemitteilung von Herrn Albrecht.

 

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siering christian / 27.10.2015

Leider schreiben Sie nicht, wie Sie zu dieser Information gekommen sind. So sind Sie nicht zitierfähig, da der ungläubige Zuhörer sofort mutmaßen würde, es handele sich bei dem Geschehen um eine typische Räuberpistole rechter Gesinnung. Wenn dieser Vorfall aber tatsächlich der Wahrheit entsprechen sollte, dann muss man erschaudern über die unbegreiflichen Kräfte, die in dieser Gesellschaft den Ton angeben. Gab es denn nicht inzwischen genug Vorfälle und Erfahrungen, dass endlich wenigstens ein Umdenken stattfinden müsste? Berichtete nicht sogar “Der Spiegel” selbst vor nicht allzu langer Zeit von einem Ereignis in Rotherham/England, wo über zehn Jahre minderjährige Mädchen von Männern pakistanischer Herkunft mißbraucht wurden und die Behörden plus Polizei trotz zahlreicher Hinweise wegschauten, aus Angst unter Rassismusverdacht zu geraten? Unter welchen Bedingungen kann man denn eigentlich damit rechnen, dass Realität Geist erreicht? Es fehlt doch nicht an Informationen. Vielleicht ist es nun doch endlich soweit, dass Panik und Hysterie eine angemessene Reaktion auf die real gegebenen Zuständen sind.

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