Dirk Maxeiner / 27.04.2021 / 14:17 / Foto: Pixabay / 112 / Seite ausdrucken

Vermisst: Prof. Dr. Harbarth, Präsident des Bundesverfassungs-Gerichts

Im Juni vergangenen Jahres wurde Professor Doktor Stephan Harbarth zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Zuvor war der Jurist, der mit einer Arbeit über „Anlegerschutz in öffentlichen Unternehmen“ promovierte, 11 Jahre im Bundestag als Mitglied der CDU-CSU-Fraktion. Dort muss er das Wohlwollen der Bundeskanzlerin erlangt haben, denn im November 2018 einigten sich die Fraktionsführungen von Union, SPD, Grünen und FDP zunächst darauf, Harbarth als Richter für das Bundesverfassungsgericht zu nominieren, am 15. Mai 2020 wurde Harbarth dann vom Bundesrat einstimmig zum Präsidenten gewählt. Seitdem befindet sich die Bundesrepublik aufgrund der Corona-Politik in der wohl größten Verfassungskrise dieses Landes. Und Stephan Harbarth ist verschwunden. Einfach weg.

Während die Grundrechte der Bürger schneller abgeräumt werden, als Lewis Hamilton eine Runde um den Nürburgring drehen kann, ist Stephan Harbarth auf Tauchstation. Schnorchelt er auf den Spuren von Jacques Cousteau in der Südsee oder befindet er sich mit Jules Verne auf dem Weg zum Erdmittelpunkt? In Karlsruhe kann er sich nicht aufhalten, denn dort müssten ihm die Stapel auffallen, die sich inzwischen aus Verfassungsbeschwerden und sonstigen Begehren zur Causa Corona auftürmen. Wenn es so weitergeht, werden sie bald fossilieren und dem Matterhorn Konkurrenz machen. 

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts sieht in der Corona-Pandemie eine Belastungsprobe für den Rechtsstaat. "Diese Pandemie ist in allen freiheitlichen Ordnungen ein Stresstest für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, auch in Deutschland", sagte er den Zeitungen der „Funke Mediengruppe" und meldete sich vorsichthalber ab. Nein, Stress geht gar nicht, denn das Thema werde die Gerichte vermutlich "auf Jahre hinaus" beschäftigen." Also nix wie weg. Für die Anwesenden hat er aber durchaus Trost parat: Die Bekämpfung des Coronavirus vollziehe sich in den Bahnen des Rechts, lässt der Tiefseetaucher ausrichten: „Die Justiz kommt ihrer Aufgabe uneingeschränkt nach." Und wenn nicht heute, dann eben morgen. Oder auch übermorgen. Von "alarmistischen Abgesängen auf den Rechtsstaat" halte er jedenfalls nichts. 

Sie lauern wie das Ungeheuer von Loch Ness auf Stephan Harbarth

Nun kann man den Rechtshütern in Karlsruhe keine Faulheit unterstellen. Am Fließband würden sie eine gute Figur abgeben. Von über 800 einstweiligen Anträgen zu verschiedenen Bereichen der virologischen Freiheitsberaubung wurden die meisten aberflotti geschreddert, wie die Küken auf dem Eierhof. Der Infektionsschutz sei nun mal dringlicher. Doch bedauerlicherweise häufen sich auch Verfassungsbeschwerden in der Hauptsache. Laut Paragraph 93 a muss ein solcher Antrag vom Verfassungsgericht jedoch nicht angenommen werden. Die Nichtannahme bedarf keiner Begründung. Auch von dieser Regelung machen die Karlsruher derzeit gerne Gebrauch. Dennoch liegen noch zahlreiche derartige Verfassungsbeschwerden auf Reede wie die Tanker vor Saudi-Arabien. Einige haben eine unangenehme Komponente: Sie wurden von Parteien eingereicht, müssen also früher oder später tatsächlich behandelt werden. 

Und nun lauern sie wie das Ungeheuer von Loch Ness auf Stephan Harbarth, der irgendwann ja wieder auftauchen muss, weil die Luft da unten dünn wird. Die Hoffnung bestand wohl darin, dass der Corona-Sturm vorüber sein möge, bevor Karlsruhe zum Urteil schreitet. Ein solches Urteil ist sehr viel bequemer zu fällen, wenn es zu einem Zeitpunkt das Licht der Welt erblickt, in dem es zwar juristisch interessant aber politisch unschädlich ist, weil längst irreversible Fakten geschaffen wurden und die Verantwortlichen obendrein keine Konsequenzen mehr befürchten müssen. Doch dummerweise zieht der Sturm nicht vorüber, ganz im Gegenteil er nimmt an Kraft zu. Und dies nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Justiz selbst. So wurde gestern ein unbotmäßiger Richter am Amtsgericht Weimar von der Staatsanwaltschaft mit einer Hausdurchsuchung beglückt, aufgrund eines „Anfangsverdachts“ auf Rechtsbeugung. Der Familienrichter entschied im konkreten Fall gegen einen Maskenzwang für Schüler mit dem Blick auf das Kindeswohl. (Achgut.com berichtete unter anderem hier und hier und hier).

Die Rechtsbeugung soll im Wesentlichen darin bestanden haben, dass er als Familienrichter ein Verfahren zur Maskenpflicht an Schulen annahm, das angeblich nur Verwaltungsgerichten zusteht. Wie auch immer die Sachlage sich herausstellt, das Vorgehen deutet eher darauf hin, dass das Ziel die Einschüchterung der Justiz ist, um unabhängig denkende Richter abzuschrecken. Ein Vorgang, der eines Rechtsstaates unwürdig ist. So wird die Gewaltenteilung sturmreif geschossen. Das müsste eigentlich auch den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts interessieren. Vielleicht setzen die Kollegen ja einen kleinen Notruf an ihren Präsidenten ab. Dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz. Vielleicht fängt Stephan Harbarth die Morsezeichen mit seinem Echolot auf, wo immer er auch abgetaucht ist.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Paul Siemons / 27.04.2021

„Die Justiz kommt ihrer Aufgabe uneingeschränkt nach.” Tut sie doch, ihre Aufgabe hat sich halt nur geändert. Genauer gesagt, sie wurde geändert. Und Herr Harbarth sitzt irgendwo in Habachtstellung, um sich zu Wort zu melden, falls in der Justiz demokratische Werte und Aufgaben noch einmal von jemandem hervor geholt werden sollten. Dann ist aber was los!

Michael Schroeder, FernAkademie Touristik / 27.04.2021

Also, wenn ich er wäre, würde ich auch abhauen. Am besten für immer, ganz weit weg, und, Hauptsache die Pension ist sicher…

Martin Bingel / 27.04.2021

ist es verboten darüber nachzudenken, ob Gewalt nicht doch das Mittel ist, dem Regime ein Ende zu setzen ?

Christoph Kaiser / 27.04.2021

“Ein Vorgang, der eines Rechtsstaates unwürdig ist. So wird die Gewaltenteilung sturmreif geschossen. ”  Da unterliegt der Autor mehreren Fehlannahmen: Einen Rechtsstaat gibts hier nicht und Gewaltenteilung ebenso keine wirkungsvolle…....... alles schon längst abgeräumt!

Tobias Kramer / 27.04.2021

Deutschland 2030: “Das haben wir nicht gewollt. Das konnte doch keiner ahnen.”

Markus Hahn / 27.04.2021

@ M. Brüggemann Nun, ich finde Merkel betreibt eine, in ihrem Sinne, perfekte Personalpolitik! Hausinterner Kadavergehorsam durch eine Menagerie schwacher Persönlichkeiten, “Befreundung” mit wichtigen Persönlichkeiten der Verlags- und Medienszene, zielgerichtete Auswahl der entscheidenden Richterberufungen, ein sicheres Händchen bei der Auswahl zuverlässig akklamierender “Experten” bei allen heiklen Fragen des Politikerlebens (Klimaerwärmung, AKW-Ausstieg, Braunkohleausstieg, Crönchen etc.etc.),  politisch opportune Besetzung der höheren Polizeibürokratieposten mit fachfremdem Publikum und nicht zuletzt die Dekonstruktion der Bundeswehr durch zwei erratische Karrierefrauen ohne einen Schimmer von diesbezüglicher Kompetenz. Das passt schon.

Paul Greenwood / 27.04.2021

Die Witwe von Roland Freisler hat nach 1945 eine Rente erhalten. Die Rechtsanwälte wurden nie zur Rechenschaft gezogen und Etliche - wie Hans Globke hatten ganz oben gesessen - daher musste in Jerusalem 1961 seinen “Ruf” auf Kosten der deutschen Steuerzähler geschont bleiben - auch Fritz Bauer musste stigmatisiert werden, um Globke zu schützen. Der Amtsrichter in Weimar wurde durch den Oberstaatsanwalt in Erfurt an den Pranger gestellt. Ich stelle an meinen Deutschen Forumsmitgliedern mein Erstaunen, dass ein Staatsanwalt der Weisungspflicht durch die Politik unterstellt sei, einen Richter untersuchen darf und sein Haus durchsuchen und Handy (und sicher sein Laptop) beschlagnahmen konnte. Ich kenne ein Land wo nur der Lord Chief Justice selbst einen solchen Eingriff in die Richterschaft gestatten mag. Es ist bedauerlich in einem Land wo die Justiz von der Politik nicht unabhängig ist - und so hat das EuGH entschieden - das einen Richter angezeigt werden kann und sein Haus durchsucht. Anderseits in England gibt’s keine Trennung von Verwaltungsgericht und Familiengericht - Alles liegt in The High Court und wenn ein Richter in einem subsidiaren Gericht fehlerhaft entscheidet wurde den Urteil einfach durch ein höheres Instanz ausser Kraft gesetzt. Was hier lauft ist störend - in einem Land im Ausnahmezustand - brandgefährlich

Walter Weimar / 27.04.2021

Ich finde die Handlungsweisen gar nicht ungewöhnlich, sondern der gesamten Politik noch milde angepaßt. Es widerspiegelt nur das Wesen und Charakter der Bundesregierung, oder muß ich sagen die Bundesregierung, ist ja schließlich eine (einzelne) Frau. Und das diese Netzseite , wie einige andere überhaupt noch erreichbar sind, ist bestimmt ein Mißgeschick und war nicht Absicht. Wo Richter schnell zu Terroristen werden, ist für den querolanten Bürger schon lange die Fahnenstange zu Ende.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com