Dirk Maxeiner / 09.01.2009 / 13:39 / 0 / Seite ausdrucken

Verdammt, jetzt grinst er

Von Maxeiner und Miersch erschienen in DIE WELT vom 9.1.2009

Deutschland erwache! Unter dieser Parole demonstrierten linke Friedensfreunde zusammen mit arabischen und islamischen Aktivisten am 3. Januar in Berlin gegen Israel. Auf einem anderen Schild stand: Tod den Zionisten. Da fragt man sich, wann Rechts- und Linksradikale ihr Demo-und-Gegendemo-Ritual begraben und die Friedenspfeife kreisen lassen. Das Aufeinandertreffen Neonazis und Antifa trägt ja schon länger folkloristisch-rituelle Züge. Den Polizisten, die dazwischen stehen müssen, ist oftmals nicht ganz klar, wen sie eigentlich vor was und warum beschützen sollen.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es gibt vorbildliche Anti-Neonazi-Initiativen, die sich um die Demokratie verdient machen, besonders in den „National Befreiten Zonen“ Ostdeutschlands, wo sehr viel Mut dazu gehört, den Dumpfbacken Paroli zu bieten. Auch blieben bisher manche besonders miesen Formen von Gewalt kennzeichnend für Rechtsradikale. Zum Beispiel mit Fäusten, Stiefeln und Messern über wehrlose Ausländer herzufallen.

Doch zumindest Teile beider Extremisten-Milieus sind nicht nur für Polizisten immer schwerer zu unterscheiden. Die Schwierigkeiten fangen schon damit an, dass man die Kombattanten äußerlich immer weniger auseinander halten kann. Der moderne Neonazi unterscheidet sich heutzutage im Outfit und Habitus kaum noch von seinem linksautonomen Pendant. Er trägt Palästinensertuch und T-Shirts mit Aufdrucken wie „Fight the System“ und „Gemeinsam gegen den Kapitalismus.“

Sie sehen nicht nur gleich aus, sie denken und reden vielfach auch genau das Gleiche, wie sich in diesen Tagen bei Demonstrationen gegen das Vorgehen Israels in Gaza wieder beobachten lässt. In Frankfurt demonstrierten linke Gruppen Seit an Seit mit Hamas-Sympathisanten, wobei einer der Teilnehmer deutlich sichtbar ein Plakat in die Fernsehkameras hielt: Darauf wird Israel vorgeworfen sich als - in dicke Anführungszeichen gesetzt -  „ewiges Opfer“ zu stilisieren. Das Plakat - von einem linken Demonstranten getragen - könnte genau so gut auf einer NPD-Kundgebung hochgehalten werden.

Doch solche Gedanken lässt man gar nicht erst an sich herankommen. Stattdessen sind die Linken aufrecht beleidigt, dass die rechte Konkurrenz ihnen die Symbole klaut. „Die radikalen Rechten kopieren alles was dem schwarzen Block mal hoch und heilig war“, schreibt Spiegel-Online, „sie waschen die linken Kleidungsstücke solange auf rechts, bis es ihre sind.“ Doch das gilt eben nicht nur für die Kleidung sondern auch für die Parolen. Vielleicht müsste man sich mal fragen, warum das so einfach geworden ist. Irgendwie erinnert uns das an einen alten Witz. Ein Jesus-Schnitzer in Oberammergau muss auf Geheiß eines Kunden immer mehr Schmerz ins Gesicht seines Heilands schnitzen. Bis er zuviel des Guten getan hat und flucht: „Verdammt jetzt grinst er.“

 

 

 

 

 

 

 

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Dirk Maxeiner / 19.05.2024 / 06:15 / 0

Der Sonntagsfahrer: Strom aus dem Speicher, Hirn vom Himmel

Da an diesem Wochenende allenthalben der Heilige Geist herabweht, hier drei E-Auto-Andachten für den kleinen Denk-Stau zwischendurch. An Pfingsten kommt üblicherweise der heilige Geist über…/ mehr

Dirk Maxeiner / 12.05.2024 / 06:15 / 47

Der Sonntagsfahrer: Denkmalschützer, rettet die Atomkraft!

Windrad-Betreiber können den „Rückbau" ihres Elektroschrotts vermeiden, wenn sie schlau sind und den Propeller zum Denkmal erklären lassen. Eine echte Steilvorlage für die AKW-Branche! Windmüller ist…/ mehr

Dirk Maxeiner / 05.05.2024 / 06:15 / 128

Der Sonntagsfahrer: Schiffbruch im Oderbruch

Katrin Göring-Eckardt wurde mit ihrem Dienstwagen von der Landbevölkerung stillgelegt. Das findet sie prinzipiell gut, nur nicht bei sich selbst. Im Deutschen gibt es so…/ mehr

Dirk Maxeiner / 28.04.2024 / 06:15 / 84

Der Sonntagsfahrer: Ich sage nur China, China, China

Der chinesische Geheimdienst weiß in jedem Fall besser Bescheid über deutsche Regierungsvorlagen als der von der Berliner Falun-Gaga-Sekte informierte Wirtschaftsminister.  In Deutschland leben etwa 150.000 chinesische…/ mehr

Dirk Maxeiner / 21.04.2024 / 06:15 / 121

Der Sonntagsfahrer: Fahrverbote und Gesetze, die niemand einhalten kann

EU und Bundesregierung verabschieden immer weltfremdere Gesetze und schreiben Lösungen vor, die es schlicht nicht gibt.  Der sogenannte Klimaschutz wird dabei immer menschenfeindlicher, der Bürger willkürlich…/ mehr

Dirk Maxeiner / 14.04.2024 / 06:15 / 62

Der Sonntagsfahrer: Der Augsburger Gasballon

Augsburg ist eine Stadt von Friedensfreunden. Die schritten vergangene Woche aber zur Generalmobilmachung. Grund: Das Gasnetz soll früher oder später weg. Wenn es um Friede,…/ mehr

Dirk Maxeiner / 07.04.2024 / 06:00 / 119

Der Sonntagsfahrer: Betteln um die Pleite

Trotz der gescheiterten E-Auto-Wende betteln einflussreiche Autohersteller darum, das Verbrennerverbot nicht infrage zu stellen. Die Wünsche der Kunden sind längst egal. Wer hält länger durch? Die…/ mehr

Dirk Maxeiner / 31.03.2024 / 06:15 / 58

Der Sonntagsfahrer: Ich will nachhause telefonieren

Der erhobene Zeigefinger liegt schon länger voll im Trend. Nationalspieler Antonio Rüdiger machte den ET und auch allerhand weitere Berühmtheiten gestikulieren, bis der Arzt kommt.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com