Felix Schnoor, Gastautor / 03.10.2013 / 07:55 / 1 / Seite ausdrucken

Uncle Sam’s wirkliches Problem

Felix Schnoor

Eine Last-Minute-Einigung im US-Haushaltsstreit blieb dieses Mal aus. Dies hat nun einen sogenannten Government Shutdown zur Folge.

Glaubt man den Medien des Okzidents und vielen US-Demokraten und nicht wenigen US-Republikanern, so ist der Unterschied zwischen einem Weltuntergang und eben einer solchen Stilllegung der Regierung durchaus vernachlässigbar.

Obama wies darauf hin, dass die Zentralregierung in Washington D.C der mit Abstand größte Arbeitgeber in Amerika sei [3,4Mio.], was ihn aber nicht dazu veranlasste, mit den Republikanern in Verhandlungen zu treten. Verständnis brachte Obama in diesen Tagen lediglich für Irans neuen Präsidenten Rohani auf, John Boehner, dem Sprecher des Repräsentantenhauses, machte er stattdessen am Telefon deutlich, dass Verhandlungen über das Schuldenlimit für ihn nicht in Frage kämen.

Harry Reid, Majority Leader der Demokraten im Senat, bezeichnete den Shutdown als “verheerend” und Debbie Wasserman Schultz, Vorsitzende der Demokraten Partei, ist sich sicher, dass mit diesem Shutdown die amerikanische Wirtschaft aufs Spiel gesetzt werde.

Gern machen die Demokraten die “Radikalen” der Tea-Party-Bewegung für die jüngsten Ereignisse verantwortlich, sie werfen ihnen vor, nicht an die (bzw. irgendeine) Regierung zu glauben. Auch in der Republikanischen Partei gibt es Stimmen, die die aktuelle Politik ihrer Partei und vor allem den Einfluss der Tea-Party kritisieren. Der Kalifornische Abgeordnete Devon Nunes etwa nannte seine Parteifreunde “Lemminge mit Sprengstoffwesten”.

Spiegel online hingegen blickt schon die nächste Schuldengrenze, die am 17. Oktober erreicht wird. Spon schreibt: “Blockieren die Republikaner erneut und verweigern neue Schulden, wäre das Land zahlungsunfähig - zum ersten Mal in der Geschichte.”

Damit reiht sich dieses Medium in den allgemeinen Tenor ein: Schuld am ganzen Schlamassel sind – wie eigentlich immer – (die) Republikaner. Kein Wort darüber, dass eben diese einen großen Schritt auf Obama zugegangen sind, indem sie statt die komplette Streichung Obamacares mittlerweile nur noch die Aufschiebung um ein Jahr fordern. Kein Wort über Studien, die von deutlichen Mehrkosten (anstatt von sinkenden Kosten, wie 2008 von Obama versprochen) für den Durchschnittsamerikaner ausgehen, kein Wort darüber, dass die Mehrheit der Amerikaner gegen Obamacare ist (57% laut einer CNN-Umfrage).

Und was heißt eigentlich zahlungsunfähig? Aktuell kann Amerika seine alten Schulden (bzw. lediglich die Zinsen für diese) nur durch neue Schulden zurückzahlen, wobei die eigene Zentralbank der mit Abstand größte Abnehmer dieser Anleihen ist. Die FED besitzt aktuell bereits über 30% aller US-Staatsanleihen, Tendenz steigend. Amerika also eine Zahlungsfähigkeit zu unterstellen, wäre doch arg weit her geholt.

Man kann von der Tea-Party halten was man möchte, aber sie ist momentan die einzige Gruppierung, die gewisse Dinge hinterfragt. Wie kann es sein, dass im “land of the free” der größte Arbeitgeber der Staat ist? Wie kann es sein, dass die Wirtschaft so extrem abhängig von Regierungsausgaben ist?

Der aktuelle Shutdown und die Debatte um ihn herum, sagt mehr über den kaputten Zustand Amerikas aus als irgendwelche Zahlen. Wie kann es sein, dass der Staat 800 000 (!) Angestellte in den Zwangsurlaub schicken kann, gleichzeitig aber betont, alles, was mit Gesundheit und Sicherheit zu tun habe, bleibe unberührt?

Auf ein weiteres Scheinproblem weist die Süddeutsche hin: “Dem Wirtschaftskreislauf dürfte Geld entzogen werden, weil kleinere Unternehmen und Hauskäufer jetzt auf staatliche Kreditgarantien warten müssen.” Das heißt übersetzt nichts anderes, als dass Menschen und Unternehmen mit einer zu geringen Bonität aktuell keine Kredite erhalten. Darüber sollten wir alle froh sein, zumindest wenn unser Langzeitgedächtnis bis zu sechs Jahre zurückreicht.

Amerika steht zweifellos vor großen Problemen. Diese Probleme sind aber nicht dem Shutdown oder einer zu niedrigen Schuldenobergrenze geschuldet. Diese sind lediglich Symptome. Amerika muss zu der Einsicht gelangen, dass die Zeit des Wohlstands auf Pump entgültig vorbei ist, dass man durch Betätigung der Notenpresse Probleme lediglich hinausschiebt und das ein Leben ohne Regierung (oder zumindest mit einer schlanken Regierung) nicht nur möglich, sondern auch angenehmer ist. Das wussten schließlich schon die Gründerväter.

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Leserpost

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Christopher Reiss / 03.10.2013

“Obamacare” wurde vor vielen Monaten als Gesetz beschlossen, danach vom amerikanischen Verfassungsgericht als verfassungskonform anerkannt. Da gibt es nichts mehr zu verhandeln. Das eine - in diesem Fall echte - Jahrhundertreform kurzfristig vielleicht erst mal mehr kostet als ursprünglich veranschlagt, sollte einen politischen Beobachter eigentlich nicht verwundern. Das ist Business as usual und muss in der langfristigen Perspektive auch nichts bedeuten. Und das in UMFRAGEN die Mehrheit der Amerikaner gegen Obamacare votiert, ist politisch ebenso nebensächlich. 80 % der Amerikaner wollen in Umfragen z.B. ein verschärftes Waffenrecht. Setzt das die Republikaner in Bewegung, dies alsbald umzusetzen ? Wenn Obama mit totalitären BrutaloRegimen wie Syrien oder demnächst vielleicht dem Iran verhandeln kann, nicht aber mit den Republikanern incl. Tea Party-Bewegung - dann scheint nicht zwingend Obama das Problem zu sein. Sarah Palin und Co. mögen gewisse Dinge hinterfragen, bei sich selbst halten sie sich diesbezüglich aber zurück. Das der Staat der grösste Arbeitgeber ist und die Wirtschaft möglicherweise am Tropf des Staates hängt, ist das Ergebnis amerikanischer Politik der letzten 60 Jahre. Und in diesem Zeitraum waren beide Lager zu etwa gleichen Anteilen an der Macht.

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