Felix Schnoor, Gastautor / 24.06.2014 / 11:08 / 3 / Seite ausdrucken

Arme Hillary

Felix Schnoor

Die ehemalige US-Außenministerin und potenzielle Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Hillary Clinton, hat ein Buch geschrieben. “Hard Choices” heißt es, ist über 600 Seiten lang und handelt von ihrer Zeit im Harry S. Truman Gebäude zwischen 2009 und 2013. Dieses Buch darf getrost verstanden werden als eine Art Bewerbung für das mächtigste Amt der Welt.

Die Kritik an ihrer Rolle bei der Ermordung des amerikanischen Botschafters Christopher Stevens in Benghazi im Jahr 2012 dürfte durch diese Memoiren aber kaum verstummen. Stattdessen wurde einmal mehr die sehr negative Haltung der Obama-Administration gegenüber Israel deutlich: http://www.tabletmag.com/jewish-news-and-politics/176266/clinton-israel-peace-talks.

Aktuell tourt Hillary Clinton von Interview zu Interview, von Vortrag zu Vortrag. So ein Buch muss schließlich promotet werden. Nun sagte sie in einem Gespräch mit dem Guardian folgendes über die finanzielle Situation ihrer Familie: “We pay ordinary income tax, unlike a lot of people who are truly well off (...) and we’ve done it through dint of hard work.”

Diesen Satz sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: “unlike a lot of people who are truly well off” – Seit Bill das Weiße Haus verlassen hat, sollen die Clintons über 100Mio.$ verdient haben. Den überwiegenden Anteil mit dem Halten von Reden. Hillary lässt sich einen Auftritt aktuell mit ca. 200 000 $ vergüten, ihr Mann nimmt sogar um die 300 000 $. Zusätzliche acht Millionen soll der neueste Buch-Deal den Clintons eingebracht haben. Diesen Vertrag zu unterschreiben, dürfte wohl kaum eine “harte Entscheidung” gewesen sein. Trotz dieser Zahlen sehen sich die Clintons offenbar nicht als “wirklich reich” an.

Noch bemerkenswerter ist allerdings der zweite Teil des Satzes: “we’ve done it through dint of hard work” – wir haben es durch harte Arbeit erreicht. Diese Aussage muss dem Average Joe, dem Durchschnitts-Amerikaner, eigentlich im Halse stecken bleiben. Die Löhne in Amerika stagnieren, das Platzen der Immobilienblase hat die Mittelschicht hart getroffen, die Erholung der Wirtschaft verläuft schleppend, College-Absolventen haben zehntausende Dollar an Schulden angehäuft und finden keinen Job. Und dann bekommen diese Leute von einer Frau, die mit einer 60minütigen Rede vier mal so viel Geld verdient wie der Durchschnittshaushalt in den USA in einem Jahr, gesagt, dass sie hart arbeite und nichtmal richtig reich sei.

Zuvor sagte Hillary bereits, dass sie das letzte mal im Jahre 1996 ein Auto selbst gefahren sei und sie und ihr Mann “dead broke”, also völlig pleite, das Weiße Haus verließen.

Gegenüber Hillary Clinton ist Peer Steinbrück ein wahnsinnig geerdeter Mann. Man erinnere sich auch, wie Demokraten und deren Unterstützer versucht haben, Mitt Romney als abgehoben und arrogant zu brandmarken. Es dürfte sehr interessant werden, zu sehen, wie diese Leute bei Hillary plötzlich um derartige Themen Bögen schlagen.

Ob die Clintons 2017 wieder ins Weiße Haus einziehen, ist völlig offen. Wenn sie es tun, dann jedenfalls nicht, weil sie ihren Gegnern keine Angriffsflächen geboten hätten.

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Leserpost

netiquette:

Chris Deister / 26.06.2014

Wahrscheinlich vergleicht sie sich mit den reichen Gönnern aus ihrem New Yorker Wahldistrikt. Die Wirklichkeit ist manchmal besser als jede Satire.

Kurt Rosshirt / 25.06.2014

Mir kommen die Tränen, Hillary, “truly”! Und die lausigen Honorare auch noch zu versteuern. Das hat Größe! Das ist Moral! Man könnte ja auch anders, wie die Rechten…

Waldemar Undig / 24.06.2014

Man sollte mit dem Hut rumgehen und Hillary einen 14-tägigen Aufenthalt im Obdachlosenasyl finanzieren. Danach wäre sie geheilt.

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