Manfred Haferburg / 03.10.2018 / 06:00 / Foto: Pixabay / 109 / Seite ausdrucken

Umsturz im Medienstadel

Das Zeitunglesen wird wieder unterhaltsam. Die Leitmedien sorgten in den letzten Tagen mittels unfreiwilliger Komik für extrem viel Heiterkeit bei ihren Lesern. Erst fanden sie heraus, dass Angela Merkel die Person ist, die die Deutschen am meisten stolz macht. Sogar viel mehr als Andrea Nahles und Ralf Stegner. Dann wurden die Leser damit überrascht, dass Angela Merkel Donald Trump schlägt. Nein, jetzt nicht im Boxring, sondern in der Weltbeliebtheit. Und dann hat die Bertelsmann-Stiftung noch herausgefunden, dass immer mehr Deutsche sich dem Populismus hingeben. Soweit, so lustig. Doch seit gestern biegen sich die Leser der Leitmedien über einen Bericht vor Lachen: Rechtsterroristen haben in Deutschland für den Tag der Deutschen Einheit den Umsturz geplant.

Sensationelle 1.500 Leserkommentare, meist heiterer Art, gab es bis heute allein in der Welt dazu. Was gab es Gewaltiges zu melden? Acht Vollpfosten aus Chemnitz haben sich am 11. September als Gruppe „Revolution Chemnitz“ zum rechtsradikalen Umsturz verabredet. Die Umstürzler gehören der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an. Ihre Bewaffnung bestand aus Glasflaschen, Quarzhandschuhen, einem Elektroschocker, Knüppeln und einem Luftgewehr. Die Mitglieder der Gruppe wurden verhaftet, auch auf dem Weg zu ihren Arbeitsstätten.

Die Neonazis sollen für den dritten Oktober Angriffe auf Ausländer und politisch Andersdenkende geplant haben. „Zu den politisch Andersdenkenden zählen die Beschuldigten, den Erkenntnissen zufolge, auch Vertreter des politischen Parteienspektrums und Angehörige des gesellschaftlichen Establishments.“ Das Echo in Medien und Politik war überwältigend. Im Fernsehen rasten Polizeiwagen mit Blaulicht auf die Kameras zu. Sachsens Innenminister setzte im Fernsehen stolz ein klares Zeichen, dass solche rechtsterroristischen Strukturen bereits frühzeitig erkannt und zerschlagen werden. Acht auf einen Streich?

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warnte vor einer generell unverändert hohen Terrorgefahr. Zugleich begrüßte er die Festnahmen. „Das ist die Realisierung unseres Grundsatzes ‚Null Toleranz gegenüber Rechtsradikalen und Rechtsextremisten‘.“

 „Von rechtem Terror geht reale und große Gefahr aus“, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Hooligans, Skinheads und Neonazis schließen sich zu gefährlichen Gruppen zusammen, um mit schweren Gewalttaten Angst und Hass zu verbreiten.“

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einem entscheidenden Schlag im Kampf gegen Rechtsextremismus: „Wer aus niederen Motiven Anschläge auf Ausländer, Amtsträger, Politiker oder andere Menschen plant, dem begegnet das Gesetz zu Recht mit ganzer Härte.“

Die Linke im Sächsischen Landtag mahnte eine härtere Gangart gegen Rechtsextremisten an. „Dass die neue Zelle in Chemnitz entstanden ist, zeigt auch, welche Ausmaße die rassistische Radikalisierung vor Ort angenommen hat – und dass die Gefahr neonazistischer Gewalt hochpräsent ist“, betonte die Abgeordnete Kerstin Köditz.

Es lohnt, die 1.500 Leserkommentare zu lesen. Der Tenor ist:

Wenn es tatsächlich für möglich gehalten wird, mit sechs Mann, einem Luftgewehr und ein paar Knüppeln dieses Land "umzustürzen", dann sind die Probleme größer, als ich es bisher vermutet habe“. Ein anderer Leser schreibt: „Bei der enormen Truppenstärke und der Schwere der Bewaffnung solle wohl eher das örtliche Toilettenhäuschen gestürmt werden und selbst da wäre es wohl eng geworden.“ Wieder ein anderer Leser meint: „Da hätten sie mal lieber Nachhilfe bei der Volksfront von Judäa nehmen sollen. Nein ehrlich, die Aufbauschung dieser Sache wäre einfach nur zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre.“

Das Ganze erinnert zumindest im Moment peinlich an die Affäre Franco A., die sang- und klanglos unter dem Teppich gelandet ist. Mich wundert, wie Politiker und Staatsanwälte bei ihren Pressekonferenzen ernst bleiben können.  

Nun ja, die Wahlen in Bayern und Hessen stehen an. Und natürlich die kommende Europawahl. Nackte Angst geht um: Herr, die Not ist groß, die Teuflischen sind schon zweitstärkste Kraft in den Umfragen. Es würde wohl niemanden mehr wundern, wenn die böse Oppositionspartei noch rechtzeitig vor den Wahlen auf die Beobachtungsliste des Verfassungsschutzes gesetzt würde.

Biermann sang seinerzeit den revolutionären Zitterern ins Stammbuch: „Müder Klassenkämpferpose; Unsern Feind im Westen zeigen; Mit gestrichen voller Hose; Aber hier im Osten schweigen… Was hast du im Schädel? Dreck oder Stroh? Du, bist du so dumm? – Oder tust du nur so?“

Und Biermann hatte auch die Antwort: Sie haben im Schädel; sowohl Dreck als auch Stroh; Sie sind so dumm – und sie tun auch noch so.

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Helge-Rainer Decke / 03.10.2018

Es war nach den Erkenntnissen der Staatsschutzbehörden, von einem rechtsterroristischen Angriff während der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit auszugehen. Geprobt wurde dieser Angriff nach bebilderten Recherchen durch Behörden offensichtlich in Chemnitz. Auch Aussagen eines Festgenommenen sollen das bestätigt haben. Somit war Gefahr im Verzug. Dies zu veralbern ist grenzwertig. Zu den Feierlichkeiten kommen Menschen, kein Rotwild.☝️

Ralf Pöhling / 03.10.2018

Volltreffer, Herr Haferburg. Die Etablierten haben so große Angst davor dass wir sie auf die Hinterbänke versetzen, dass nun eine groteske Räuberpistole nach der anderen aufgefahren wird, um uns davon abzuhalten. Jahrzehntelanges Theater um den NSU, die Lachnummer um Franco A., angebliche Pogrome in Chemnitz durch eine einzige Person, die einer anderen nachläuft und nun eine 7 Mann “starke” Truppe “rechtsradikaler Staatsfeinde”, bis an die Zähne “bewaffnet” mit hochgefährlichen Waffen, die in diesem Land jeder Bengel überall ab 18 frei erwerben kann. Das ganze ist an Jämmerlichkeit nicht mehr zu überbieten und erzeugt fast schon Mitleid.

Brigitte Mittelsdorf / 03.10.2018

Auf dem Weg zur Arbeit verhaftet? Dann können das keine Linken sein…

Gabriele Schulze / 03.10.2018

Nur die Ruhe, ohne Feldherrnhalle wär das sowieso nix geworden.

Reinhold Wechsel / 03.10.2018

Wenn sie jetzt noch einen Flyer von der AfD in deren Waffenarsenal finden, dann wäre das doch die Gelegenheit, diese Partei gleich mit zu verbieten.  Dass auf diese Gelegenheit noch kein V-Mann vom Verfassungsschutz gekommen ist…

armin wacker / 03.10.2018

Wenn die Polizei jetzt jeden Vollpfosten in Deutschland MIT diesem Aufwand verfolgt ist es eine Frage der Zeit bis denen wieder mal der Treibstoff ausgeht.

Uta Buhr / 03.10.2018

Diese Republik verwandelt sich mehr und mehr in ein Absurdistan, in welchem die Schildbürger das Sagen haben. Tja, Ihr Lieben, mit einem Luftgewehr kann man schon großen Schaden anrichten, wo es doch manchem noch nicht einmal gelungen ist, mit so einem Teil lästige Krähen zu vertreiben. Es wird immer irrer in diesem unserem Lande. Und dass DIE WELT nun in diesen Chorus der Idioten mit einstimmt, spricht nicht unbedingt für das “Flaggschiff der Springer Presse.”  Wann endlich schlägt das Pendel zurück und macht den Weg frei für jene Vernunft, die benötigt wird, um einen Staat zu lenken. Unter uns: Solange die Raute des Schreckens das Sagen hat, gelingt dies nicht. Wer schmeißt diese destruktive Person endlich aus dem Amt!

Jochen Brühl / 03.10.2018

Die Verdrehung der Problemlage bei Franco A. (weg von einem Asylskandal, hin zu einem terroristischem Hirngespinst) zeigte mir erst auf, welches Glück ich vor 25 Jahren hatte, die gleiche Idee des Franco A. nicht weiter zu verfolgen. Ich war auf einem Flohmarkt in Berlin und sah iranische Pässe im Angebot für 25 Mark. Ich, dunkelhaarig und an dem Tag mit Drei-Tagesbart, war verblüfft über die Ähnlichkeit mancher Passbilder, die ich im ebenfalls dabeistehenden Spiegel abgleichen konnte. Da kam mir bereits damals die Idee des Franco A., obgleich es damals mit den Anhörungen beim BAFl (heute BAMF) noch etwas schwieriger gewesen wäre. Ich habe davon abgelassen, aus anderen Gründen als die des Rechtsterrorismusses. Auf so eine wahnsinnige Idee wäre damals im Vormerkelzeitalter keiner gekommen. Aber das würde mich natürlich heute nicht mehr vor einer Terrorismussermittlung der Bundesstaatsanwalt schützen, die auch heute noch vom Bundesjustizministerium angeordnet werden könnte, wie mutmaßlich jetzt in Chemnitz aus offenkundigen politischen Gründen geschehen. Da habe ich noch mal Glück gehabt. Jetzt soll das in Chemnitz lt. SPD der Beweis dafür sein, wie richtig die Absetzung von Maaßen war. Maaßen äußerte sich zu einer imaginären Hetzjagd Ende August 2018, die es nicht gab und bezweifelte in diesem Zusammenhang, ob es sich überhaupt um ein authentisches Video handelte. Die neue Terrortruppe soll sich am 11.09.2018 zum Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung neu gegründet haben und einen Anschlag zum 03.10. mit einem Luftgewehr und Schlagstöcken geplant haben, da es an Schusswaffen - die man bei Razzien in Araberclans im durchgeladenen Zustand am Bett liegend findet - mangelte. Alles klar.

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