Vera Lengsfeld / 24.03.2015 / 11:57 / 2 / Seite ausdrucken

Tendenzberichterstattung des MDR zugunsten von Putin

Eine Lettin, deren Namen ich zu ihrem Schutz nicht nennen will, war vom MDR beauftragt worden, bei einer Reportage über Lettland mit Kontakten behilflich zu sein. Als sie den Auftrag annahm, war ihr nicht klar, dass sie es mit Filmemachern zu tun hatte, die ein Tendenzstück über das ihrer Meinung nach russenunfreundliche Lettland zu machen entschlossen waren, das angeblich die russische Minderheit unterdrückt.

Mit der Behauptung des MDR der lettische Sprachdienst sei eine „Sprachpolizei“ wird Putin direkt in die Hände gearbeitet.  Der Sender vertritt auch Putins Auffassung, dass die “russischen Minderheit” kein Lettisch lernen sollte, sondern dass auch Russisch zur Staatssprache werden sollte.  Damit demonstriert der MDR, dass er keinerlei Verständnis der Geschichte des Baltikums hat.

Nachdem die baltischen Staaten nach dem Hitler- Stalin -Pakt von der Sowjetunion annektiert wurden, sind nicht nur große Teile der Bevölkerung in den Gulag deportiert worden, es wurde auch eine große Zahl Russen nach Lettland geschickt, um das Land zu sowjetisieren. Nun werden die Nachfahren dieser Kader als schützenswerte russische Minderheit bezeichnet, die angeblich diskriminiert würde.

Als Lettin, die für die Öffentlich- Rechtlichen arbeitet, gewinnt man schnell den Eindruck, dass Lettland von den Sendern als eine Art russische Provinz betrachtet wird.
So wurde zum Beispiel verlangt, dass Russen vor die Kamera geholt werden, die wegen ihres Nichtbeherrschens von Lettisch keinen Job bekommen hätten. Begehrt sind auch russisch-lettische Familien, in denen einer der Eheleute die Politik Russlands unterstützt.

Nicht gefragt sind lettlandloyale Russen selbst wenn sie verantwortungsvolle Posten, darunter auch bei der Regierung und im Parlament haben. Auch russisch- lettische Familien, die Putins Politik tadeln, sind beim MDR nicht gefragt. Für die Lettin, die sich erdreistet hatte, die falschen Vorschläge zu machen, hatte es zur Folge, dass ihr nach zwei Tagen der Auftrag entzogen wurde.  Stattdessen wurden von wurden von Deutschland aus Leute gesucht, die bereit waren, die lettische Integrationspolitik zu kritisieren und zu behaupten, dass die russische Minderheit in Lettland benachteiligt wird.

Als zwei Fischer interviewt wurden, sollte die Dolmetscherin nur die Meinung des pro-russischen Fischers übersetzen, die des Letten nicht. (Siehe die Reportage „Unterwegs bei Putins Nachbarn“). Die deutschen Medien brauchen noch viel Aufklärungsarbeit über die Absichten und die Methoden der Verbreitung von Putins Politik . Erinnert sei daran, dass es in der Ukraine ähnlich anfing - die “benachteiligten” Russen dort haben protestiert, dass sie Ukrainisch sprechen sollen…

Und so eine antilettische Sendung dreht man gerade jetzt, wo der Krieg in der Ukraine vor der Tür steht.  Anstatt Lettland-loyale Leute zu befragen hat man Elizabete Krivcova , eine auf der schwarzen Liste des Lettischen Sicherheitsdienstes stehende Juristin der Oppositionspartei Saskanja (Fördergelder aus Russland) interviewt und sie hat wieder die lettische Minderheitenpolitik kritisiert.  Wollen die Filmemacher ukrainische Verhältnisse in den baltischen Staaten oder sind sie wirklich so naiv? Der Westen scheint verurteilt, seine Fehler in einer Endlosschleife zu wiederholen. Das ist ein Spiel mit dem Feuer, denn wenn die baltischen Staaten destabilisiert werden, ist das der Anfang vom Ende der EU.

Wer das nicht glaubt, der sehe sich folgenden Bericht über eine Kundgebung mit Putin an, die kürzlich in Moskau stattfand:

“When it comes to Crimea it is not just about some territory, even a strategic one,” Putin said to cheers from the crowd. “It is about millions of Russian people, millions of our compatriots, who need our help and support. It is about something which makes us a united people and nation.” 

“Ole-ole-ole! Crimea is ours! Let’s go for Poland and Finland!“shouted the crowd.

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Leserpost

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Michael Bergmann / 24.03.2015

Die Sprachangelegenheit im ganzen Baltikum halte ich für ziemlich absurd. Es ist völlig gaga, Russisch nicht ein paar Jahre in der Schule zu unterrichten, die Potentiale sind viel zu gross. Direkt nebenan ist eine kulturell und wirtschaftlich interessante Millionenstadt und dahinter kommt ein Riesenland mit 100 Mio Einwohnern und einer fast unendlichen, mit Rohstoffen vollgepumpten Landmasse, bei der sogar dem größenwahnsinnigsten Landser Zweifel kommen mussten, ob man das wirklich alles braucht. Die Balten vergeben da EU Mitglieder zu viele Vorteile, die sie als Bindeglied zwischen Russland auf der einen und Skandinavien und Deutschland auf der anderen Seite ziehen könnten. Der Rest an Argumenten ist sentimentaler Quatsch und interessenpolitisch nur dann interessant, wenn man Unruhe schüren will. Nur, nüchtern betrachtet sollten alle Balten ausreichend Russisch können (und die Russen im Baltikum die jeweilige Sprache..). Dann wären auch die anderen Punkte kein Problem. Denn nicht nur an anderen Orten funktioniert es so, sondern auch in der Vergangenheit hat es dort so funktioniert. Wer Flüchtlinge aus Ostpreussen kennt/kannte, der weiss, dort sprach jeder neben Deutsch auch Russisch und teilweise noch Lettisch und Polnisch. Multisprachi war dort normal, wie es heute noch in Ecken wie etwa Gambia der Fall ist, wo der Durchschnittsmensch 1$ am Tag zur Verfügung hat, zu 30% lesen und schreiben kann, dafür aber 5 Sprachen fliessend spricht.

Waldemar Undig / 24.03.2015

Also bitte! Der MDR ist nicht naiv. Sondern dort haben postkommunistische Seilschaften die Fäden in der Hand.

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