Der rätselhafte Unterschied zwischen Millionen und Milliarden beschäftigt viele Menschen auf unterschiedliche Weise. Die meisten Journalisten beispielsweise verwechseln grundsätzlich beides und kommen damit gut durchs Leben, weil die meisten ihrer Leser das Geschreibsel sowieso nicht für bare Münze nehmen. Banken hingegen, bei denen bare Münzen besser aufgehoben sind, haben ein deutlich größeres Interesse daran, den Millionen-Milliarden-Verwechslungskoeffizienten gering zu halten. Bei ihrem Geschreibsel kommt es also auf drei Nullen durchaus an, beziehungsweise im angelsächsischen Sprachraum auf einen Buchstaben – million oder billion.
Aber auch im Bankgeschäft passiert es, daß jemand sich verschreibt, ein New Yorker Börsenhändler etwa, der 16 Millionen Aktien verkaufen will und plötzlich eine Transaktion über 16 Milliarden am Hals hat. Das führt dann dazu, daß die Kurse an der Wall Street stärker stürzen als jemals zuvor in der Geschichte. Man kann von Glück reden, daß nicht auch noch der europäische Luftraum geschlossen wurde, denn Tippfehler und Aschewolken haben auf Computer eine gleichermaßen allergene Wirkung.
Die Computer sind seit einiger Zeit sowieso gereizt. Sie registrieren mit Sorge die Zunahme der Staatsverschuldung und die Abnahme der Rechtschreibung. Die Computer tragen schließlich die Verantwortung für das Funktionieren der Welt, da können sie stümperhafte Eingaben von in der Regel verblendeten Menschen nicht leiden. Die Computer verlassen sich deswegen schon lange nicht mehr auf uns. Sie haben neue Freunde gefunden, die Algorithmen.
Bis vor ein paar Jahren kannte sie fast niemand. Jetzt sind die Algorithmen in aller Munde, weil sie alles wissen und alles bestimmen. Sie passen auf, daß genügend Strom und Wasser vorhanden ist, sie überwachen den Fluß der Finanzen und die Wüsten des Behrens, wenn wir im Internet nach Pornoseiten suchen. Algorithmen sorgen dafür, daß ein Vulkanausbruch in die Flugroutenplanung eingearbeitet wird und ein Kursverfall an der Börse weitere Verkäufe auslöst.
Nun zeigt sich, daß dieser Automatismus im Falle eines Tippfehlers verheerende Folgen haben kann. Daraus lassen zwei entgegengesetzte Folgerungen ziehen. Entweder man beschneidet die Macht der Computer oder man stärkt sie. Denn bitteschön: den fatalen Tippfehler hat ja wohl ein Mensch gemacht, also sollte man diesen Versager vielleicht besser gleich durch einen Computer ersetzen. Vielleicht haben wir nicht zuviel Algorithmen um uns, sondern immer noch zuwenig!
Andererseits müßten dann Tippfehler unter Artenschutz gestellt werden. Wie arm und traurig wäre eine Welt, in der die kreative Kraft des falschen Zeichens fehlen würde. Dann bräuchte man noch viel mehr Journalisten, um den Mangel zu beheben.