Wolfgang Röhl / 24.10.2018 / 06:13 / Foto: Pelz / 80 / Seite ausdrucken

SPD: Untergang spielt keine Rolex

Jung, hübsch und doof: Das war für frühere, zum Glück verblichene Männergenerationen der Goldstandard, wenn es um Frauen ging. Mit ihren vierzig Lenzen ist Sawsan Chebli so richtig blutjung nicht mehr. Ansonsten gibt sich Berlins „Bevollmächtigte beim Bund“ sowie „Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales“ viel Mühe.

Allerdings sollte man der Paris Hilton des rot-rot-grünen Miljöhs besser nicht bedeuten, dass sie echt gut aussieht, weil sie das als sexistische Anmache verstehen könnte. Womöglich würde sie über solche Attacken sogar in Tränen ausbrechen. Und welcher Mann von reaktionärem Schrot und Korn möchte eine schöne Frau weinen sehen?

Vor kurzem hat jemand ein vier Jahre altes Foto von Frau Chebli ausgegraben, welches sie mit einer etwas albern aussehenden Rolex (Zifferblatt in Mädchenrosa) am Handgelenk zeigt. Das Bild stellte der Kerl zusammen mit der Preisangabe für die Uhr – 7.300 Euro – nebst folgendem Kommentar ins Netz: „Alles was man zum Zustand der deutschen Sozialdemokratie 2018 wissen muss.“ Flugs war geboren, was gerade in Medienkreisen unter dem dämlichen Hashtag #rolexgate Furore macht. Also das übliche Geschnatter contra und pro Chebli in den üblichen Netzwerken; klammheimliche Freude bei den Oppositionsparteien und so weiter.

Häme gab es sogar in ansonsten regierungstreuen Medien. „Stern.de“ wollte gar ein „PR-Desaster für eine Partei im freuen (!) Fall“ ausgemacht haben, entschärfte sein Uhren-Stück aber wenig später. Und entschuldigte sich dafür, dass die Originalversion nicht „als Meinungsbeitrag gekennzeichnet war“. Wessen Beschwerden zu der ungewöhnlichen „Überarbeitung“ des Artikels geführt hatten (faktenmäßig war an der ersten Version nichts falsch gewesen), kann man sich nach Gusto ausmalen.

Vergrault Chebli den kleinen Mann mit ihrem Clockwork Orange?

Nun spielt Geld eigentlich keine so große Rolex, wenn man oder frau im höheren Berliner Politikbetrieb einen Posten mit irgendeinem fantastischen Titel ergattert hat. Chebli verdient als Staatssekretärin aktuell angeblich 9.400 Euro. In ihrer Zeit im Auswärtigen Amt, aus der das Foto stammt, dürfte sie nicht viel geringer entlohnt worden sein. Dass sich manche Frauen für Pressefotos ordentlich aufbrezeln, ist ebenfalls nicht extraordinär, in meinen sexistischen Augen sogar sympathisch. Und dass eine Frau mit Migrationshintergrund, die aus kleinsten Verhältnissen kommt, der Welt und wohl auch ihren Angehörigen gern mal zeigen wollte, wie weit sie es gebracht hatte – geschenkt. 

Erinnert sich noch jemand an Gerhard Schröder, der nach eigenen Worten der „Asozialität“ entstieg? Wie der als Kanzler mit Cohiba und Brioniklamotten auf dicken Max machte? Only human. An die Auftritte des ehemaligen Straßenschlägers Joseph Fischer als weiser Welterklärer? Wer hätte derlei Operette einem Parvenü, der ursprünglich nichts erlernt hatte außer Taxifahren und Randale machen, denn wohl verübeln können? 

Doch was ist mit dem Vorwurf, Chebli vergraule den kleinen Mann mit ihrem Clockwork Orange? Der gemeine Hartzer werde verprellt, für den eine Rolex den Inbegriff sündhaften Luxus darstellte? Die Alleinerziehende aus dem Plattenbau werde sich angewidert von einer Partei abwenden, in der politische It-Girls protzerische Posen einnehmen? 

Ach, welch ein Blödsinn! Jene Wähler, die der SPD nach wie vor Schröders Agenda 2010 als Todsünde verübeln, haben sich längst vom Acker gemacht, und zwar in Richtung Die Linke. Andere, deren protestantische Verzichtsethik durch den Anblick einer Rolex gekränkt werden könnte, sind zu den Grünen übergelaufen, wo ihnen Frau KGE die Messe liest. Die SPD kennt nichts Schöneres, als sich selbst bei jeder Gelegenheit als „älteste deutsche Partei“ zu bauchpinseln, ohne zu merken, wie vergiftet dieses Etikett ist. Wenn man nämlich alt mal mit gealtert, ausgezehrt, obsolet geworden übersetzt. 

Auch Fidel Castro und der Che sollen eine besessen haben

Die verbliebene Klientel der Sozen besteht laut einer Studie der „Bundeszentrale für politische Bildung“ aus der gewerkschaftsnahen Industriearbeiterschaft und den aufstiegsorientierten Angehörigen der neuen Mittelschichten.

Beide Gruppen setzen sich keineswegs überwiegend aus Geringverdienern zusammen, die eine Rolex am Genossenarm in Neidkrämpfe stürzen würde. Zumal das Image der Marke durchaus changiert. Nicht nur Luden oder Fotomodelle tragen die Oyster, auch Fidel Castro und der Che sollen eine besessen haben. Ferner – festhalten! – der Dalai Lama. Nein, es muss nicht immer Swatch sein.

Wenn also die älteste aller Parteien nach der Hessenwahl noch ein bisschen älter aussieht, dann hat das sicher nichts mit Frau Cheblis Chronometer zu tun. Eher mit der Tatsache, dass die SPD auch an eine weitere Partei massiv Stimmen abgegeben hat und fürderhin abgeben wird. Manche Wähler zieht es ausweislich der Wählerwanderungsforschung von ihrer ehemals angestammten Seite des politischen Spektrums ins Lager der Rechtspopulisten.

Auch deshalb, weil Sozialdemokrat*innen wie Chebli sich unablässig einen Wolf twittern gegen Leute, die sie mal als „rechten Mob“ bezeichnen, der nicht „die Zukunft des Landes bestimmen“ dürfe, mal als „die Rechten“ umschreiben, welche „nicht noch stärker werden“ sollen. Insinuiert wird auf diese Weise: Wer nicht mit der Massenmigration einverstanden ist, wer gar von deren Risiken und Nebenwirkungen spricht, ist „rechts“ und „hetzt“. Das mag im Kuckucksnest Berlin noch leidlich funktionieren. Anderenorts nicht mehr so gut.  

Kurz, der Aderlass der SPD ist selbstinduziert. Er läuft prächtig. Auch ohne Rolex.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Martin Wessner / 24.10.2018

Mal generell: Die Causa Rolex mit Frau Chebli als Problembärin ist definitiv KEINE Neiddebatte, wie es von manchen Linken, die gerne von sich selbst auf andere Menschen schließen, als Entlastungsangriff bzw. Retourkutsche behauptet wird! Psychologische (Be-)Deutung: ROLEX am Arm von Frau Chebli=> Distinktions- und Statussymbol, das sagt: „Ich will mit den SPD-wählenden Arbeitern nichts zu tun haben, denn ich, Sawsan Chebli, bin etwas besseres als das „Pack“. Meint: „ROLEX tragen keine Proleten, sondern ihre Chefs.“ Frau Chebli sah sich jetzt wohl unfreiwillig genötigt eilig und überstürzt ihr Facebook-Konto bis auf weiteres dicht zu machen, weil man bei der SPD im Willi Brandt-Haus\Berlin offenbar befürchtet, dass die “ROLEX-Affäre” die Sozialdemokraten so kurz vor der Wahl in Hessen arg in die Bredouillie bringen und die angeschlagene Partei viele Stimmen aus dem (noch!) treuen (Fach-)Arbeitermilieu kosten könnte, das im industriell geprägten Rhein-Main Wirtschaftsraum zwischen Offenbach und Mannheim zahlreich vorhanden ist. Ist jedenfalls meine Vermutung. Ps. Übrigens. Schon gesehen? Frau Chebli trägt auf dem Photo an der rechten Hand einen dicken Goldring mit mehreren Diamanten. Die Schere zwischen Arm und Reich besteht bei dem Postergirl der SPD augenscheinlich zwischen der 7000 Euro teuren Rolex am linken Arm und dem gemutmaßt 14000 Euro teuren Bvlgari-Schmuckstück an der rechten Hand.

Brigitte Brils / 24.10.2018

Die SPD wird auch Frau Chebli nicht mehr retten können, nicht mal mit Rolex.

J.P.Neumann / 24.10.2018

Die Großfamilie Chebli dürfte den deutschen Steuerzahler sicher tausende Rolex’ gekostet haben, seit sie uns geschenkt wurde.  Da fällt eine Rolex mehr oder weniger auch nicht ins Gewicht.

Thomas Bonin / 24.10.2018

... wobei erst der prüfende Blick auf den Kassenzettel verrät (falls nicht lediglich per Handschlag auf dem Parkstreifen an der Autobahn besiegelt), ob das Blingling-Dingens in Thailand oder bei einem zertifizierten Fachhändler innerhalb des Schengenraumes erstanden wurde. Aber egal, wer es sich pekuniär leisten kann, so what. Ungeachtet dessen gebührt dieser, von Amts wegen installierten, Sprechpuppe immerhin das Verdienst, dass Blondinenwitze nunmehr ihr Alleinstellungsmerkmal verloren haben. Herr Röhl, Ihre schmissigen Texte sind der Sahne-Schwapps auf den morgendlichen Kaffee ;-)

Christoph Kaiser / 24.10.2018

Kann man in einem Land mit solchen Gestalten in höchsten Ämtern von “failed state” sprechen?

Armin Hoffmann / 24.10.2018

es sei erinnert, was Frau Ch. zu den Drohnen wüst und dreist nachplapperte, daß “von Ramstein aus weder Drohnen gesteuert, noch gestartet werden, sondern die Übermittlung von Signalen über Ramstein erfolgt.” ... was übermittelt Frau Ch. eigentlich außer einer fetten Portion Arroganz - ? Es ist das gleiche nasale Geschnatter wie bei Katharina Schulze, zu laut, naiv, arrogant ... Ska Keller ist noch schlimmer ... nasaler Terror !

Jörg Themlitz / 24.10.2018

Über die kindische Bärbel Patzig, Name aus einem DDR Kinderbuch entliehen, zu sinnieren, ist so wie Herr Röhl anmerkt nicht das eigentliche Thema. Die Frau ist so wie ist, ob von Natur aus oder durch Allah kann ich nicht beurteilen. Der Punkt, ein zentralistisches System wie die reformunwillige SPD tendiert mit den Jahren zur strukturellen Verblödung. Jeder DDR Bürger hat das bei der SED kennengelernt. Diese Verblödung kann sicher durch medial wirkmächtige Führer (Gerhard Schröder) eine gewisse Zeit überspielt werden. Solche sind bei der SPD nun seit Jahren nicht mehr gesehen worden. In einem strukturell verblödeten System engagieren sich keine Bürger aus der ersten bzw. zweiten Reihe. Die Natur hat es nun mal so geregelt, dass die in der Sonne so schön, in diesem Fall grün, schillernden Fliegen ihrem Instinkt folgen. Dafür kann man die Fliegen nicht kritisieren.

Frank Dieckmann / 24.10.2018

Mir ist ein gravierender Fehler in dem Beitrag aufgefallen. Das Weib “verdient” keineswegs 9400 Euro im Monat. Sie BEKOMMT 9400 Euro. Das ist ein großer Unterschied, denn verdient hätte sie was ganz anderes.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Wolfgang Röhl / 19.04.2024 / 06:00 / 72

Künstliche Intelligenz vs natürliche Dummheit: Wer siegt?

Mainstream-Journalisten fürchten, dass ihre Jobs durch KI entbehrlich werden. Zu Recht. Die herrschende Meinungseinfalt können auch Maschinen bewerkstelligen. Doch ein paar Journos werden an Medienbord…/ mehr

Wolfgang Röhl / 03.03.2024 / 10:00 / 68

Ist Peak Woke schon erreicht?

Zeitgeist-Buster Alexander Wendt (Foto oben) untersucht, wie es zum Aufstieg der Moralbourgeoisie und ihrer Glaubenssätze kommen konnte. Und ob der Scheitel der Erwecktenschwemme mittlerweile überschritten ist. Wer…/ mehr

Wolfgang Röhl / 08.02.2024 / 06:00 / 119

Anständigenaufstände: Zwischen Sebnitz und Potsdam

Kampagnen von Medien und Parteien gab es schon immer. Gerne gegen Rechts. Aber manche Kreuzzüge entpuppten sich rasch als haltlose Flops. Eine Blütenlese im Dschungel der Empörungskulturen. „Eine…/ mehr

Wolfgang Röhl / 26.01.2024 / 06:15 / 53

Der „Putin-Schleimer“ und andere lupenreine Experten

Ein von der ARD gepriesener „Russland-Experte“ hat von dort viel Geld kassiert. Auch bei anderen Themen und Medien werden lupenreine Lobbyisten als „unabhängige Fachleute“ präsentiert.…/ mehr

Wolfgang Röhl / 17.12.2023 / 10:00 / 56

„Mikroaggression“: 50 Jahre Bullshit-Bingo

Während auf Straßen und in Schulen reale Gewalt explodiert, gehen akademische Linksradikale mit einem verstaubten Gewaltkonstrukt auf Weißen-Bashing. Mittels sogenannter Mikroaggressionen würden angeblich Marginalisierte ausgegrenzt,…/ mehr

Wolfgang Röhl / 02.12.2023 / 06:15 / 81

Den Schuss nicht gehört. Deutschland im Krimiwahn

Ohne Krimi geht der Deutsche nie ins Bett. Verrückt: Je stärker die reale Kriminalität steigt, desto lieber lassen sich Menschen von fiktiven Krimistoffen oder Podcasts…/ mehr

Wolfgang Röhl / 30.10.2023 / 06:00 / 61

Umfrage: Glanz und Elend der deutschen Journos

Endlich durch eine Studie bewiesen: Journalisten sind viel besser als ihr Ruf. Sie vermitteln das Geschehen unparteiisch anhand verlässlicher Quellen, befähigen Menschen zur Meinungsbildung, beleuchten…/ mehr

Wolfgang Röhl / 09.10.2023 / 06:00 / 49

Fernsehen: Wenn die Weltrettung zum Flop wird

Der Bundesverdienstkreuzträger, Planetensanierer und Corona-Fanatiker Dirk Steffens verwurstet bei RTL die einstige Edelmarke GEO zu einem albernen Öko-Brei. Die gute Nachricht: Seine Show geht geradewegs den Quotenbach…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com