Den Kindern obliegt die Zukunft. Deshalb wollen die Berliner Unterhändler für eine neue Regierung ihre Maßnahmen für die „umfassende Erneuerung unseres Landes” so zielgenau in die Spur bringen, dass Entgleisungen praktisch auszuschließen sind. Friedrich Merz aus der zukünftigen Opposition spendet ebenfalls Beifall für das „Ergebnis der Sondierungen zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP.“
Der hiesige Nachwuchs darf höchste Sorgfalt bei der Planung verlangen, weil er seine knappen Kräfte genau einteilen muss. Schließlich wachsen von weltweit tausend Kindern unter 15 Jahren nur sechs zwischen Rhein und Oder auf. Zwei von ihnen benötigen selbst Hilfe, weil Krippen, Kindergärten und Schulen ihnen die erforderliche Leistungsfähigkeit nicht vermitteln. Damit bleibt es bei vier Musketieren.
Man strengt sich schon an, fällt international aber zurück. Kulturell am ehesten mit der Schweiz dürfte man bis in die 1960er Jahre auch gleichwertige Zensuren erreicht haben. Aber 2018 haben die Eidgenossen unter tausend PISA-getesteten Kindern 49 Mathe-Asse, die Bundesrepublik hingegen nur 28. Dabei beherbergt die Alpenrepublik relativ mehr Migranten als die Bundesrepublik. Unterschiede gibt es allerdings beim Auswählen der Neubürger. Deshalb will Berlin „qualifizierte Einwanderung stärken”, äußert sich aber nicht zu ihrer Herkunft.
Übermächtige Konkurrenz in der Hightech-Ökonomie
Gleichwohl halten sich deutsche Schüler keineswegs schlecht. Aber es reicht halt nur für ein „befriedigend.” Die Stufe „sehr gut” besetzen die Musterschüler Ostasiens mit rund 150 der 1.000 Weltkinder. Ein halbes Dutzend Nationen mit zusammen 10 von den 1.000 Kindern schaffen immerhin ein „gut” (neben CH Polen, Niederlande, Kanada, Estland etc.).
Selbstverständlich können unsere vier Passablen mit den 160 Guten und sehr Guten in der Hightech-Ökonomie nicht konkurrieren. 1994 führt Deutschland gegen Südkorea bei den streng gesiebten PCT-Patentanmeldungen üppig mit 22:1. Doch 2020 ziehen die Koreaner – bei nur 60 Prozent der hiesigen Bevölkerung – auf 11:10 davon. Wohl auch deshalb will man eher weg von Wirtschaft, dafür aber moralisch nach vorne kommen, also mehr tun für die Bedauernswerten, die immer weiter zurückfallen. Die leben in den rund 150 Ländern, deren Nachwuchs mangelhaft oder ungenügend abschneidet und momentan 760, aber in der nächsten Generation schon 800 von global 1.000 Kindern stellt.
Um diese 800 können sich von unseren sechs wiederum nur die vier kümmern, die nebenher ihre zwei prekären Gleichaltrigen versorgen wollen. So ergibt sich pro Kopf eine stattliche Zielgruppe von 200 Hilfsbedürftigen. Ihnen sind Gelder zu überweisen und Experten zu schicken, die auch bisher nichts ändern konnten.
Friedensbringer, Versorger und Klimaretter
Wenn sich die 800 in – aktuell über 50 – tödlichen Konflikten an den Kragen gehen, schreiten unsere vier als Friedensbringer ein, um „das Leid an den europäischen Außengrenzen zu beenden.” Zugleich will ihre „abrüstungspolitische Offensive” den Tötenden die Waffen vorenthalten.
Nach den von Gallup 2017 ermittelten Auswanderungswünschen wollen rund 300 der 800 alsbald direkt bei unseren vier Aufrechten einziehen. Einmal dort, will man sie für den Rest ihres Daseins auch dann anständig versorgen, wenn ihnen minimale Kulturtechniken fehlen. Deshalb soll das neue „Bürgergeld die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein.”
Natürlich wollen und sollen unsere vier sich vor allem um die Erde kümmern. Diese Präferenz dokumentieren die Koalitionäre dadurch, dass die Termini „Klima” und „digital” mit je 22 Erwähnungen gleichauf liegen. Nun wird auch bei ihnen geahnt, dass die Abkühlung des Planeten selbst alle 1.000 Kinder zusammen nicht schaffen. Immerhin lenken die stetig prächtigeren Klimaparaden rund um den Globus ein wenig davon ab, dass auch die ganz weltlichen Vorhaben im Sande verlaufen werden.
Gunnar Heinsohn (*1943) lehrte von 2011 bis 2020 Kriegsdemografie am NATO Defense College (NDC) in Rom.