Sinn und Zweck der Rudelbildung ist das sich automatisch ergebende Ausgrenzen der Anderen. Das Gemeinschaftsgefühl erst verleiht Kraft. Unfug kann sich nur verbreiten, wenn viele dahinter stehen. Wer alleine an einer Straßenecke steht und etwas predigt, ist auf verlorenem Posten. Wer das als Parteiprogramm oder religiöse Glaubenswerte deklariert, findet Gehör. Besser noch: er kann alle Anderen ausgrenzen, bis hin zu Diskriminierung und Verfolgung.
Pardon, der Begriff Rudel trifft es einfach nicht. Ein Rudel ist ein gut organisierter Familienverband, eine Jagd-und Überlebensgemeinschaft, mit zum Teil sogar vorbildlichem Sozialverhalten. “Herdentrieb” ist weit passender für diese Menschenansammlungen. Schon in der Bibel wird der Mensch mit einem Schaf verglichen. Und wer sich mit Schafen etwas auskennt, weiß, dass es wenig schmeichelhaft ist. Schafe sind wirklich blöd. Sie sind orientierungslos. Sie brauchen einen Leithammel. Oder einen Hirten. Wo geblökt wird, da muss das Schaf hinrennen, ganz ohne zu fragen, ob die Richtung stimmt. So sind die Menschen auch strukturiert. Was die Mehrheit fühlt und meint oder gerade tut, wird schon richtig sein. Sei es Politik, Lebensstil, Mode oder Events. Das Kuriose daran ist, dass er das alles für “Selbstverwirklichung” und “Individualismus” hält. Die wirklich Unangepassten, das sind die “schwarzen Schafe”. Das sind z.B. die Autoren von AchGut. Und sicherlich auch ein Großteil der Leser hier. Nehmen Sie es als Kompliment. Ein “einsamer Wolf” ist entweder auf Rudelsuche oder ein Looser. In der Natur sowieso, da ist er nicht lange überlebensfähig. Und als Mensch eher suspekt. Denn Menschen interessieren sich normalerweise für ihresgleichen.
Der Adler fliegt allein, der Rabe scharenweise, Gesellschaft braucht der Tor und Einsamkeit der Weise. Infantiles Gruppenverhalten, Stigmatisierung des Individualisten als Sonderling, kurzum ein unmündiger Haufen Menschen, die leicht zu beeindrucken sind, bilden einen hervorragende Grundlage für eine paternalistische Regierungsform. Die kleine hinterfotzige Schwester der Diktatur. Willkommen in Deutschland.
@KarlaKuhn: “Ich habe mir mal ein Mehrgenerationenhaus angeschaut, ich finde so eine Einrichtung furchtbar. Wohnen die Erfinder dieses “Segens” selber in so einer Einrichtung?” - Natürlich nicht! Im linksgrünen Klerus gilt schließlich dasselbe Motto, wie auch im christlichen: “Wasser predigen und selbst Wein trinken!” Ich nenne hier stellvertretend nur mal Frau Schwesig, deren Kinder natürlich nicht in eine öffentliche Schule (mit hohem Ausländeranteil) gehen, sondern eine Privatschule besuchen! (Sollte mich wundern, wenn die ein Flüchtlingskind schon mal von innen gesehen hat)
Die Beobachtung ist klug: Wenn die demokratischen Institutionen, der Rechtsstaat bröckelt, wird er durch Netzwerke ersetzt. Das können in einfach strukturierten Gesellschaften Familienclans sein. In weniger kinderreichen Staaten ersetzt das Rudel (wie Sie es zutreffend nennen) diese Funktion. Typisch: Es gibt eine Hierarchie, eine Rangordnung - es sind keineswegs alle gleichberechtigt. Diese Phänomen, dass der Staat und seine Institutionen von Netzwerken gekapert (und letztlich ersetzt wird), ist Zeugnis eines degenerativen Prozesses.
Also ich habe früher gerne Western gelesen und von daher das Wort “Stampede”. Ja den Abgrund gab es auch.
Einsame, selbständige, selbst denkende und eigenverantwortliche Wölfe werden alle ausgemerkelt. Einer nach dem anderen. Systematisch. Radikal. La dictature oblige.
Vor vielen Jahrzehnten hat Elias Canetti «Masse und Macht» geschrieben. Das Rudel ist der Nukleus der Masse, und so lange eine Masse wächst, ist sie euphorisiert und berauscht und hat die Tendenz, alles zu vereinnahmen oder zu vernichten, was sich ihr in den Weg stellt. Eine wachsende Masse kann keine Abweichler gebrauchen, sie werden gnadenlos verfolgt. Alles wird dem Ziel der Allmacht untergeordnet, die Gehirne werden gleichgeschaltet und als Lohn für die Aufgabe der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit stellt sich ein Gefühl der Harmonie ein, des Aufgehobenseins in einer künstlichen Plazenta, in der man nichts mehr muss, in der man sich nur treiben lassen kann, in der alle einander lieb haben und alle so tun, als ob es wirklich so sei. Wie verlogen das ist, erkennt man spätestens dann, wenn die künstlich ausgeschalteten Parameter (Widerstand, Langeweile, Querdenker, die sich nie zur Gänze ausschalten lassen usw.) genügend Risse in das zunehmend wacklige Gebäude erodiert haben, was zur Folge hat, dass dieser Prozess in die immer inhärent schwelende Katastrophe einmündet, an deren Ende die Erde regelmässig mit Leichenbergen gepflastert ist.
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