Günter Ederer / 12.10.2016 / 06:25 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 22 / Seite ausdrucken

Putins naive Helfer (Versteher)

Es war eine der größten Demonstrationen in der alten Bundesrepublik: der Protest gegen den NATO-Doppelbeschluss im Bonner Hofgarten. Alles was sich links und friedensbewegt einstufte, war dabei. 500 000 sollen es gewesen sein, die "für den Frieden, gegen Krieg" zusammengekommen waren. Sie demonstrierten gegen die Pershing-Mittelstreckenraketen der Nato. Die sollten den einen Einsatz der sowjetischen SS 20-Raketen zu einem unkalkulierbaren atomaren Risiko machen. Doch während im Westen 500 000 gegen dieses Gleichgewicht des Schreckens mobil machten, protestierte im Osten niemand gegen die atomaren Mittelstrecken-Raketen der Sowjetunion. Er wäre sofort verhaftet worden. Das wurde schon im Oktober 1983 von den 500 000  im Bonner Hofgarten gefälligst übersehen. Aber unterstellen wir den vielen Mitläufern aus den gerade sich formierenden Grünen und den idealistischen Jungsozialisten der SPD, dass sie wirklich glaubten, dass Gesten und Gebete die Moskauer beeindrucken würden. Sie müssen so naiv gewesen sein, denn sie haben dann ja sogar ihren eigenen Kanzler, Helmut Schmidt,  nicht zuletzt wegen des NATO-Doppelbeschlusses geopfert.

Demonstrieren für den Frieden. Demonstrieren gegen Waffen. Demonstrieren gegen den Krieg. Die Friedensbewegten treffen sich regelmäßig vor dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel, wo Atomwaffen der USA lagern, sie marschieren jedes Jahr zu Ostern in zunehmend kleinen Gruppen und lassen sich dabei als die großen Friedensfreunde feiern. Damit schaffen sie es immer noch in Hauptnachrichten. Gegen den Kriegstreiber USA, gegen die NATO, natürlich gegen deutsche Waffenexporte, gegen den Einsatz der Bundeswehr außerhalb der deutschen Grenzen - das sind vor allem die Parolen der Linken, die sich so als Friedenspartei positioniert. Es sind Parolen, die früher auch einmal zur Rhetorik der Grünen und heute noch vom linken Flügel der SPD mitgetragen werden.

Wo sind die demonstrierenden Massen  vor der russischen Botschaft?

Während Sie das hier lesen, wird die syrische Stadt Aleppo vernichtet, mit Phosphor-, Giftgas- und Bunker brechenden Bomben in einen Trümmerhaufen mit knapp 300 000 Einwohnern verwandelt. Bevorzugtes Ziel: Krankenhäuser. Selbst der zurückhaltende UN-Generalsekretär Ban Ki-moon spricht von Kriegsverbrechen. Es gibt auch keinen Zweifel daran, wer die Kriegsverbrechen begeht: Es ist der Killer Bascher al-Assad mit tatkräftiger Unterstützung Russlands. Aber wo sind die Friedensfreunde, die Ostermarschierer, die Gegner vom Waffenexporten, die selbsternannte Friedenspartei der Linken? Vor der russischen Botschaft Unter den Linden in Berlin bleibt es leer und ruhig. Den "Friedensaktivisten" sind im Moment die Parolen ausgegangen, müssten sie doch gegen das Regime des Autokraten Putins demonstrieren, der für sie Schutzpatron und Vorbild gleichermaßen ist.

Das Mantra, nicht nur der angeblichen Friedensparteien, sondern fast aller politischen Verantwortlichen in Europa lautet: "Gewalt ist keine Lösung." Mit dieser sympathischen Formel begründen sie ihre schier endlose Geduld mit mörderischen Diktatoren, wie Libyens Gaddafi und Syriens Assad. Der eine wurde mit Hilfe eines UN-Mandates gestürzt, die Region aber, die er mit brutaler Macht zusammengehalten hat, ist in einem blutigen Bürgerkrieg versunken. Der andere konnte sich mit Hilfe der schiitischen Milizen aus dem ganzen mittleren Osten retten, sein Land aber hat sich in einen Flickenteppich von Mordbanden, religiösen Fanatikern und Spielplatz machtsüchtiger Autokraten, wie dem Russen Putin und dem Türken Erdogan verwandelt. Einen dritten Massenmörder, den Iraker Saddam Hussein haben die Amerikaner und Briten mit falschen Unterstellungen beseitigt. Auch dieser Landstrich des Mittleren Ostens ist seither in einer Orgie von vor allem religiöser Gewalt versunken.

Die nützlichen Massenmörder

Die Debatten gehen allen Ernstes darum, ob es für uns besser wäre, wenn wir die Massenmörder in ihren Ländern wüten lassen, weil wir dadurch von Flüchtlingsströmen verschont bleiben oder ob wir mit "Mördern mit der Lizenz zu töten", weil sie die Regierungsmacht an sich gerissen haben, auch noch gute Geschäfte machen sollten. Wir müssten uns dann auch nicht entscheiden, wen wir mit Milliarden für humanitäre Hilfen oder militärischem Gerät zur Selbstverteidigung unterstützen. Die Debatte ermöglicht es, in wohl temperierten Konferenzsälen über sinnlose Waffenstillstandsabkommen zu parlieren, und sich gegenseitig zu bestätigen, dass es vor allem gilt, die Ursachen der Massenflucht zu beseitigen, ohne sich wirklich engagieren zu müssen. Mit "uns" sind vor allem wir Deutsche, aber auch die meisten Europäer und die US-Administration des Friedensnobelpreisträgers Barack Obama gemeint.

Sie alle setzen sich an die Verhandlungstische mit ihrem Mantra: "Gewalt ist keine Lösung" und auf der anderen Seite sitzt die Schutzmacht des als Staatschef legitimierten Mörders Assad, das Russland Putins, der ununterbrochen beweist, dass für ihn Gewalt die Lösung ist. Die Liste seiner Trophäen ist mittlerweile beachtlich. An Transniestrien, jenem Keil zwischen Moldawien und der Ukraine hat sich Europa schon so gewöhnt, dass es noch nicht einmal mehr als russisches Besatzungsgebiet erwähnt wird. Wie Aleppo heute, wurde von Putin Grosny, die Hauptstadt Tschetcheniens brutal zerbombt. Doch das galt als innerrussische Angelegenheit und wurde deshalb kommentarlos hingenommen.

Bei der Besetzung von Südossetien und Abchasien gelang es den friedensseligen Europäern eine Mitschuld Georgiens einzureden. Die dreisten Lügen über die staatenlosen grünen Männer, die die Besetzung der Ukraine für Putin vorbereiteten, wurden ihm als eine Art Notlüge verziehen. Die massive Unterstützung der ostukrainischen Milizen streitet er bis heute ab. Die mittlerweile detaillierte Beweisaufnahme, dass es eine russische BUK M1 Rakete war, die die malaysische Passagiermaschine MH 17 traf und 283 Menschen tötete, werden angezweifelt und als westliche Propaganda abgetan. Ein Kollateralschaden halt!

Gewalt ist keine Lösung? Für Putin durchaus

Seit dem massiven Eingreifen in den Syrien-Konflikt werden alle Assad-Gegner von den Russen als Terroristen bezeichnet, die es zu bekämpfen gilt. Selbst offensichtliche Kriegsverbrechen, wie die Bombardierung des UN-Hilfskonvois, den Abwurf bunkerbrechender Bomben und die gezielte Zerstörung aus der Luft von Krankenhäusern wird solange angezweifelt und verdreht, bis es dem russischen Botschafter in der ARD bei Anne Will möglich ist, die Amerikaner für das Elend in Syrien verantwortlich machen zu können. Das ist schon die hohe Kunst der Propaganda.

Gewalt hat sich bisher in der Strategie Putins ausgezahlt. "Wer verstehen will, wie der Holocaust geschehen konnte, schaue heute nach Aleppo", so zitierte Anne Will am 8. Oktober am Ende ihrer ansonsten völlig verunglückten Sendung, die israelische Zeitung Haaretz. Jeder Vergleich mit dem Nationalsozialismus ist gefährlich. Aber erinnert das Vorgehen von Machthabern, die keine Hemmungen haben, brutale Gewalt einzusetzen, nicht irgendwie doch auch die Taktik Hitlers? Stück für Stück zerstörte er die zivile deutsche Gesellschaft im Namen Deutschlands und nutzte den Friedenswillen der Welt, seine Expansion voranzutreiben. Die Vernichtung der Juden konnte er so nebenbei mit erledigen. Ihre Rettung stand auf keinem Kriegsziel der Alliierten. Kollateralschäden halt.

Die Putin-Versteher verweisen gerne daraufhin, dass wir diesem ehemaligen KGB-Offizier nur jede Aufmerksamkeit und Anerkennung entgegenbringen müssten, um seine Minderwertigkeitsgefühle zu befrieden, dann würde er mit seinen Gewaltexzessen schon aufhören. Da werden nicht nur die Menschenrechte in Russland sukzessive eingeschränkt, da werden Gebietsteile von Nachbarstaaten einverleibt, da wird die Ukraine dauerhaft destabilisiert, da wird Syrien als Geisel genommen, um seinen Weltmachtstatus zurück zu erobern - und die zivilisierte Welt sieht tatenlos zu.

Im klebrigen Netz von Moskaus Propaganda

"Gewalt ist keine Lösung" - aber wie macht dies der Westen auch dem Kremlherrscher klar? Indem wir alle Provokationen, Lügen und militärischen Spielchen übergehen? Einen Tag nach dem Angriff auf den UN-Hilfskonvoi reist unser Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach Moskau und macht seine Aufwartung. Das Bombardement von Aleppo beantworten führende Sozialdemokraten mit Unterwerfungsphrasen. Jetzt helfe Säbelrasseln nicht weiter, bietet sich der mecklenburg -vorpommersche Ministerpräsident Erwin Sellering an, der gerade mit 6% die höchsten Verluste in der Landtagswahl hinnehmen musste. Es gelte jetzt die guten Beziehungen zu Russland zu verstärken, meint der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümpel und übersieht Kriegsverbrechen und Völkerrechtsverletzungen. Ist es Angst vor der Rache des Potentaten Putin, die diese Prinzipienlosigkeit ermöglicht, oder sind die Moskau Bewunderer  fasziniert von einem starken Mann, von einem Macher?

Im ZDF lief am 4. Oktober ein Meisterwerk investigativen Journalismus im öffentlich-rechtlichen Fernsehens mit dem Titel: "Putins geheimes Netzwerk - wie Russland den Westen spaltet." Es zeigte, wer und wie vom Kreml, also Putin, gesteuert die Desinformation über die wahren Absichten der russischen Regierung verbreitet und die Fäden zieht. Und der Film zeigte, welche Politiker sich vom Kreml einspannen lassen oder aus politischer Nähe zu antiliberalen und antidemokratischen politischen und wirtschaftlichen Gruppierungen bereit sind, ihren Herrn und Meister der Verschleierung und Machtausübung zu verherrlichen. Das sind vor allem die beiden Parteien an den politischen Rändern der Bundesrepublik, die AfD und die Linken und ihre Sympathisanten und zusätzlich einzelne Friedensträumer oder russophile Sozialdemokraten und prinzipienlose Wirtschaftsbosse, die zusätzlich von einem antiamerikanischen Gen gelenkt werden. Eine Nebenbemerkung: Die ZDF- Sendung, die in der Sendezeit von Frontal 21 lief, zeigte auch, wie wichtig solche journalistischen Arbeiten sind und wie inhaltslos und sinnlos dagegen die Talkshows zu solchen Themen sind.

Namentlich tauchten in dem Beitrag die beiden ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck auf, die nicht müde werden, russische Übergriffe klein zu reden. Als eine der effektivsten Propagandaorganisationen des Kremls, die vom Putin Vertrauten Wladimir Jakunin gesteuert wird, zählt die Gesellschaft mit dem harmlosen Namen: "Dialog der Zivilisation." In deren Aufsichtsrat sitzt Harald Kujat, der Ex-Generalsekretär der Bundeswehr und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses. Kujats Karriere verdankte er seiner SPD-Nähe, auf deren Ticket hievten ihn SPD-Minister nach oben. Jetzt ist er einer der peinlichsten Russland-Versteher und Putin - Propagandisten, der wegen seinem angeblichen militärischen Hintergrundwissen und seinen einseitigen Beurteilungen in kaum einer Talkshow fehlt.

Ein deutscher General als Russland Propagandist

Auf dem Höhepunkt der Ukrainekrise verwies er auf die hoffnungslose Unterlegenheit der ukrainischen Armee, woraus er schloss, dass nur durch ein Arrangement mit Moskau - also eine Anerkennung der Krim-Annexion und der Abtrennung der Ostukraine, das Problem gelöst werden kann. Jetzt erzählt er, dass die russische Luftüberlegenheit in Syrien so groß ist, dass es keine Alternative gibt, als mit Russland (zu russischen Bedingungen) zu verhandeln. Ob Kujat noch merkt, dass er bereit ist, die Aussage: "Gewalt ist keine Lösung", gerade umzukehren in die Handlungsanweisung: "Wer mit Gewalt zuerst Fakten schafft, bekommt Recht"?

Zumindest bis zur Präsidentschaftswahl in den USA kann sich Putin sicher sein, dass der Westen sein Mantra: "Gewalt ist keine Lösung" nicht ändert. Er kann auch sicher sein, dass sich genügend Politiker und Kapitalisten finden, die in seinem Propagandanetzwerk kleben bleiben und ihm im wahrsten Sinne des Wortes auf den Leim gehen. Aber er kann sich nicht sicher sein, dass sich in den demokratischen Industriestaaten Widerstand jener Bürgerinnen und Bürger finden, die sich von seinem brutalen Einsatz für Killertypen wie Assad, für eine undisziplinierte Bande in der Ostukraine und Allianzen mit schiitischen Fanatikern so angewidert finden, dass sie sich der westlichen Werte einer freiheitlichen, demokratischen Wertegemeinschaft besinnen. Und er sollte sich nicht sicher sein, dass  sich doch noch eine Mehrheit im Westen findet, die sich dazu aufrafft, ihn und seine Vasallen zu isolieren, mit und ohne staatliche Sanktionen.

Ein erster Schritt in Deutschland wäre, jene Parteien und Politiker nicht mehr zu wählen, die in einem von seiner Minderwertigkeit getriebenen Potentaten ein Vorbild sehen und dafür bereit sind, die Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung von Millionen Menschen zu opfern.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Oliver Förstl / 12.10.2016

Ein wichtiger Beitrag, der längst überfällig war. Man sollte sich auch an den zweiten Tschetschenienkrieg erinnern, den Putin führte. Das war das größte Massaker an Zivilisten, seit dem Vietnamkrieg. Zur angeblich ur-russischen Krim sollte man wissen, dass diese erst ca. 1770 erobert wurde, also fast 800 Jahre nach der Gründung Russlands. Die einheimische Bevölkerung wurde damals ermordet, vertrieben und unterdrückt. Russland ist und bleibt eine imperiale Macht. Solche Großreiche werden Schwäche ihrer Nachbarn immer als Einladung zum Einmarsch sehen.

Werner Liebisch / 12.10.2016

Die Vergangenheit hat mich gelehrt dass der sogenannte Westen auch immer wieder Massenmörder unterstützte sei es in Chile, Spanien, in vielen afrikanischen Ländern, in Asien und und und. Es wurden legitim gewählte Machthaber beseitigt wenn es für die eigenen Interessen und Geschäfte förderlich war, ohne Rücksicht auf die Bevölkerung. In Syrien geht es auch wieder um Pipelines, Geschäfte und geostrategische Vormachtstellung aber sicher nicht um die Bevölkerung. Auch die Amerikaner haben Krankenhäuser in die Luft gejagt neben Hochzeitsgesellschaften etc..  Alles Kollateralschäden. Ich glaube schon dass viele Menschen intelligent genug sind um zu kapieren daß nicht nur Putin Propaganda betreibt sondern auch der liebe Westen. Und es gibt und gab in der Vergangenheit immer wieder false Flag Operationen wo nur die tatsächlichen Beteiligten wirklich wissen was vor sich ging. An Bilder, Videos und einseitige Aussagen glaube ich schon lange nicht mehr.

Thomas Robert Rausch / 12.10.2016

Ich glaube nicht dem suggerierten Bild folgen zu sollen, jemand der die USA kritisiert sei automatisch ein Putin Versteher oder Russland Propagandist. Es gibt tatsächlich Menschen die sich bemühen, Europäische Interessen zu definieren und zu verteidigen. Die wissen auch genau wer Putin ist, wissen aber ebenso was in den USA vor sich geht. Besagter General hat ausgleichend die Fehler beider Seiten dargestellt, die den Frieden behindern. Genau das sollte EU Position sein. Denn weder die USA noch Russland werden gegenüber der EU auf ihre Vorteile verzichten. Und es kann nicht im EU Interesse sein, zwischen beiden zerrieben zu werden. Wir erleben jetzt, wie die Europäer die Hinterlassenschaften der USA im Irak zu beseitigen helfen. Hier lässt sich die Regierung Merkel für US Interessen einspannen, schickt Bundeswehr in den Irak. Da gibt es nun die Konstellation, dass die Verbündete Türkei sich von der Irak Regierung absetzt, weil sie ohne deren Willen Türkische Truppen im Land hält. Deutschland bildet aber gerade diese Irak Armee aus für den Sturm auf Mossul. Erdogan will sich beteiligen, wünscht aber keine Schiiten als Partner? Wo führt uns Merkel da hin??Was haben wir im Irak zu suchen? Das ist ein Problem der USA!!

Ward, Anett / 12.10.2016

Ich würde vorsichtig sein, nun wieder in einem Pawlowschen Reflex die Russen zu Schuldigen zu erklären. Kennen Sie “Weapons of Mass Migration: Forced Displacement, Coercion, and Foreign Policy (Cornell Studies in Security Affairs)” und wie man das verhindern kann? Regimechange heisst das Zaubertwort. Und diese Ablösung wurde weder in Libyen noch Syrien von den Russen angestossen! Clinton hat damit im Übrigen auch Ihre Probleme, da sie nicht recht erklären kann, wieso sie den Botschafter in Bengasi schutzlos zurück gelassen hat. Sowie der Herkunft der ersten, in Syrien eingesetzten C-Waffen. Beide Staaten sehen sich als Großmächte, die bei Gelegenheit eigene Einflußphären vergrößern wollen. Mittlerweile wird wieder vom kalten Krieg gesprochen. Und von den anderen Regionalmächten wie Saudi-Arabien oder Iran ganz zu schweigen. Die Situation ist verfahren. Es wäre an der Zeit, dass europäische Aussenpolitik vermittelt. Schon, um die Flüchtlinge auch wieder zurückschicken zu können, und beim Aufbau zu helfen. Die UNO ist dazu nicht in der Lage. Leider sehe ich das im Moment nicht.

Klaus Peter / 12.10.2016

Sehr geehrter Herr Ederer, Sie machen es sich zu leicht und wollen nur die halbe Wahrheit sehen und hätten daher sehr gut zur Talkrunde am letzten Sonntag bei Anne Will gepasst, in welcher das Meinungsbild zu diesem Thema jedem neutralen Interessierten wiedermal klar indoktriniert wurde: Russland = böse, “Westen” = gut. Die Syrische Stadt Aleppo wird NICHT vernichtet. Ein kurzer Blick auf den Stadtplan bzw. die aktuelle militärische Situation dort verrät, dass einige wenige östliche Stadtbezirke eingekesselt sind, ebenso wie der Westen Alleppos durch “Oppositionelle”, “Rebellen”, etc. teilweise umgeben ist und auch, zugegebenermassen jedoch wesentlich minder, aber dennoch regelmässig aus dem Ostteil beschossen wird, was allerdings in unseren Medien kaum Beachtung findet. Man muss sich auch so langsam fragen, ob dieses “Ost-Aleppo” die höchste Krankenhausdichte der Welt aufweist, bei den vielen Krankenhäusern, die die Russen ständig “platt machen” sollen. Auch die Tatsache, dass zahlreiche islamistische Gruppierungen die Zivilisten Ost-Aleppos quasi als menschliche Schutzschilder missbrauchen und an der Flucht hindern, dass vereinbarte Passagen für Hilfslieferungen für Umgruppierungen von Kämpfern und Kriegsgerät durch Islamisten genutzt werden, blenden Sie aus, obwohl dies durch zahlreiche unabhängige Stellen, ja sogar durch diese ominöse eigentlich pro-opositionelle “Syrische Beobachtungsstelle” bestätigt wird. Wir wissen doch alle, wieso dieser Krieg in und um Syrien geführt wird: es geht um den Bau von sichern Transportwegen für fossile, kohlenstoffhaltig Vorkommen aus dem Orient zum Endverbraucher in Europa, denn ohne Endverbraucher und die dazugehörenden Transportwege kann man diese Vorkommen nicht zu Geld machen, sie wären völlig nutzlos. Es ging daher niemals um “Demokratie”, “Menschenrechte”, Abschaffung von Diktaturen, was Syrien unter Assad zweifellos war und auch noch immer ist, in dieser Region, sonst hätte “der Westen” schon längst ein Land wie zum Bsp. Saudi-Arabien ebenfalls auf die Liste der sog. “Schurken-Staaten” (Syrien gehört ja spätestens seit 9/11 mit dazu) gesetzt und versuchen müssen, auch dort die Demokratie zu “importieren”. Der zur syrisch-alawitischen Minderheit gehörende Assad hatte 2009 den Plänen zum Bau einer Gas-Pipeline aus dem sunnitischen Katar, über Saudi-Arabien, Syrien und die Türkei nach Europa nicht zugestimmt. Es muss nicht zusätzlich erwähnt werden, dass sich die USA für eben diese Pipeline eingesetzt haben. Katar sitzt im Persischen Golf zusammen mit dem Iran auf der weltweit grössten Gasblase (Iran “South Pars”, Katar “North Dome”), muss jedoch sein Gas mittles Flüssiggastanker nach Europa transportieren lassen, was sehr aufwendig ist. Der Iran ist sanktionert gewesen und exportierte weder Erdöl noch Erdgas nach Europa, was sich jedoch nach Lockerung der Sanktionen ändern sollte. Stattdessen hatte Assad 2011 einer Pipeline aus dem schiitischen Iran, über den Irak, Syrien, Mittelmeer und Griechenland zugestimmt, was natürlich durch die Russen initiiert wurde. Seitdem bilden genau diejenigen Staaten, die die Erdgas-Pipeline von Katar aus über das syrische Aleppo, um wieder zum Thema zurück zu kommen, in die Türkei legen wollen, eine Allianz gegen Assad. Eine Allianz für Assad bilden jedoch Russland und Iran. Was für ein Zufall, nicht wahr? Syrien war übrigens für Deutschland bis 2009 auch die absolute Nr.1 unter den Erdöllieferanten aus dem Orient, noch vor Saudi-Arabien. Auf wessen Seite Saudi-Arabien im syrischen Krieg heute steht, wissen wir. Unberücksichtig darf auch nicht bleiben, dass bei Probebohrungen vor der syrischen Mittelmeerküste Ende 2012 hat die norwegische Gesellschaft ANCIS in nur 250 Metern nun 14 weitere ergiebige Erdöl- und Erdgasvorkommen gefunden. Mit dem entdeckten Erdgas, würde es denn mal gefördert, könnte Syrien an die weltweit 4.Stelle (1. RUS, 2. Katar, 3. Iran) aller Erdgas-Exporteure treten. “Könnte” wohl gemerkt. In Syrien herrscht daher kein Bürgerkrieg zum Sturz eines ungeliebten Diktators, sondern ein purer Stellvertreterkrieg aus geostrtategischen und vor allem wirtschaftlichen Interessen zwischen zwei Lagern: Team A: Die USA, mitgefangen und mitgehangen auch die EU und Deutschland, die sunnitischen Länder Katar, Saudi-Arabien und Türkei unterstütz(t)en Anti-Assad-Rebellen aller Couleur. Die sunnitischen Dschihadisten der Al-Nusra-Front und Mordbrenner des „Islamischen Staats“ sind auch Geister, die sie riefen und jetzt nicht mehr unter Kontrolle kriegen. Mit den Kurden in Syrien und dem Irak werden teamzersetzende Süppchen gekocht bzw.alte Blutfehden ausgefochten. Team-Zerwürfnisse tun sich jedoch immer mehr auf, das zeigt das Verhalten der Türkei, die eventuell auch eine iranisch-syrische Pipeline akzeptieren könnten, weil sie damit den “Gasschlüssel” für einen Teil Europas in den Händen halten und somit ihren EU-Beitritt vorantreiben könnten. Team B: das alawitisch-schiitische Assad-Regime unterstützt von Russland, dem schiitischen Iran, der schiitischen Hisbollah und schiitischen Kräften im Irak. Hier sind die Fronten zum Gegner deutlicher. Das gegnerische Team A versucht deshalb abzuwerben und zu intrigieren: Anfang 2016 hob zum Bsp. die EU die Finanz- und Wirtschaftssanktionen gegen den Iran auf. Zufall? Und NEIN, ich bin “KEIN-Putinversteher”, sondern einfach nur ein “Versteher”. Wird Zeit, dass wir immer mehr werden und erkennen, was hier eigentlich “gespielt” wird, sonst können wir das weitere Morden der unbeteiligten und Zivilbevölkerung auf BEIDEN Seiten nicht beenden.

Ernst-Fr. Siebert / 12.10.2016

Wie auch immer…. Putin vertritt die Interessen seines Volkes. Jedenfalls glaubt das “sein” Volk. Hier in der Bundesrepublik “Deutschland” glauben, daß das die Kanzlerin tut, wie man liest, etwa 80 % der Bürger, äh ... Verzeihung, der Menschen nicht. Und welche “Millionen Menschen” meinen Sie, denen durch unsere Zurückhaltung das Recht auf Selbstbestimmung vorenthalten wird? Den Russen sicherlich nicht und, ich wiederhole mich, denen und nur denen ist Putin verantwortlich. Wir sollten uns mit unserem MORALIMPERIALISMUS zurückhalten und vor der eigenen Türe kehren. Nein, im eigenen Haus!

Max Anders / 12.10.2016

Lieber Herr Ederer, Sie haben ja prinzipiell Recht, was Gebaren, Praktiken und Propaganda des “neuen” Russland unter seinem autokratischen Führer Wladimir Putin betrifft. Als einer, der im Gegensatz zu Ihnen in einer ähnlichen Autokratie, andere nennen das Diktatur, groß geworden ist, kann ich Ihnen im Rahmen meines persönlichen Erkenntnisprozesses mit dem Abstand von gut 25 Jahren sagen, daß man auf Länder wie Russland wahrscheinlich niemals den Maßstab unseres “geordneten” westlichen Demokratieverständnisses anlegen kann. Das funktioniert ja schon in Dresden und Bautzen nicht richtig. Nachdem die Nato und die USA die Schwächephase des russischen Bären unter Wodka Jelzin gandenlos ausgenutzt hatte, um militärisch und wirtschaftlich in diese Richtung zu expandieren, ist es schwer - das klare und selbstbewußte STOP, bis hierhin und nicht weiter, kampflos zu akzeptieren. Die Sowjetunion ist als multiethnischer Konstrukt in wirtschaftliche und infrastrukturelle Abhängigkeiten untereinander so verkettet worden, daß die zwar patriotischen Unanbhängigkeitsbestrebungen löblich und heroisch sind, hintenraus aber schwersten wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben. So ist es also kein Wunder, daß Russland versucht, einen Status Quo im Konglomerat der ehemaligen Sowjetrepubliken zu erhalten und zurück zu erlangen. Mit gleicher Philosophie geht Pution dann auch in Sysrien vor. Assad als kleineres Übel, um aus einem dann dort erreichten Status Quo heraus wieder politisch-diplomatisch agieren zu können. “Wir Westler” als kritiklose Hofschranzen einer kriegstreibenden imperialen Weltmacht namens USA sollten einfach mal die Fresse halten, wenn noch Staatsmänner den Ar*** in der Hose haben, ein Gegengewicht zur Monopolisierung und Militarisierung aufrecht zu erhalten. Vielleicht habe ich aber auch nur ein anderes Verständnis von der Achse, die ich als intellektuell-intelligenten und mutigen Gegenpol zum Staatsjournalismus betrachte, deswegen bin ich etwas über diese Zungenschläge (besonders die Betonung von Putins “Minderwertigkeit”) und Stoßrichtung hier auf dieser Plattform irritiert. Dieserart Ergüsse sind ja vordergründig der “Bildungsauftrag” der Presse im öffentlich rechtlichen Raum, der Familienverlage sowie Instrumente der Atlantikbrücke.

hasenauer max / 12.10.2016

nach diesem langen text weiß ich immer noch nicht,ob putin das absolut böse darstellt und obama,merkel ,claus kleber das absolut gute. bitte klären sie mich auf. danke.

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