Oliver Zimski / 14.06.2016 / 18:00 / 3 / Seite ausdrucken

Politische Inzucht

„Die Abschottung ist doch das, was uns kaputt machen würde, was uns in Inzucht degenerieren ließe. Für uns sind Muslime in Deutschland eine Bereicherung unserer Offenheit und unserer Vielfalt. Schauen Sie sich doch mal die dritte Generation der Türken an, gerade auch die Frauen! Das ist doch ein enormes innovatorisches Potenzial!“

Als ich das (inzwischen auch auf der Achse viel besprochene) Schäuble-Interview in der „Zeit“ las, musste ich zuerst an „Willkommen Mr. Chance“ denken. In diesem satirischen Roman des polnischen Autors Jerzy Kosinskis gerät ein geistig beschränkter alter Gärtner durch eine Reihe kurioser Zufälle in einflussreiche US-Kreise, in denen man seine schlichten Bemerkungen über Pflanzenzucht für höhere Philosophie hält. Der Gärtner tingelt durch die Talkshows, macht überall großen Eindruck und wird schließlich sogar als Präsidentschaftskandidat gehandelt.

Der zweite Gedanke war: Da hat der Schäuble nebenbei (unabsichtlich?) verraten, was viele längst geahnt haben: dass es nämlich bei dem faulen Zauber mit den „Flüchtlingen“ und „Schutzbedürftigen“ eigentlich um etwas ganz Anderes geht, nämlich um eine wie auch immer geartete „Bereicherung“ oder sogar biologische „Umformung“ der seiner Meinung nach offenbar völlig unzulänglichen europäischen Gesellschaften.

Darf man als zweitmächtigster Politiker des wichtigsten EU-Landes auf einem Niveau reden, wie man dies selbst immer böswillig den „Stammtischen“ unterstellt? Es sind schon deutsche Politiker wegen harmloseren Unsinns zurückgetreten. Der eigentliche Skandal besteht aber in der fehlenden Reaktion durch die meisten deutschen Qualitätsmedien (rühmliche Ausnahme: Tagesspiegel). Was haben sie sich über Sarrazins „Kopftuchmädchen“ und jetzt über Gaulands dümmliche Boateng-Bemerkungen die Kommentarspalten zerrissen: „Rassismus“, „Biologismus“, „NS-Terminologie“! Wo diese hingegen „Öl ins Feuer“ gossen, gibt es bei Schäuble überwiegend kommentarloses Zitieren, eingeleitet durch servile Überschriften: „Schäubles klare Worte“ (Welt), „Flammendes Plädoyer“ (Focus).

Die Kommentierung übernahmen daraufhin einmal mehr die User in den Onlineforen der Tages- und Wochenzeitungen. Sie wiesen darauf hin, dass

  • von Abschottung nicht die Rede sein kann, wenn dank der Politik der Bundesregierung, der Schäuble angehört, die deutschen Grenzen für Einwanderer aus aller Welt sperrangelweit offen stehen,
  • tatsächliche Inzucht infolge von Verwandtenehen speziell unter muslimischen Einwandern leider ein nicht unbeträchtliches Problem darstellt, auch für die deutschen Sozialsysteme,
  • muslimische Frauen in Deutschland in ihrer überwältigenden Mehrheit aus religiös-kulturellen Gründen keine „Ungläubigen“ heiraten, so dass auf eine dem Bundesfinanzminister offenbar aus dieser Richtung vorschwebende Anreicherung des biodeutschen Genpools gar keine Chance besteht,
  • Schäubles Pauschalaussagen über religiöse („die Muslime“) und ethnische („die Türkinnen“) Gruppen „positiven Rassismus“ darstellen und eine Abwertung der alteingesessenen deutschen und europäischen Bevölkerung implizieren.

Es ist ein Armutszeugnis für unsere Eliten, wenn die Masse der Hobbykommentatoren im Internet informierter, differenzierter und problembewusster argumentiert als der Bundesfinanzminister oder – um es auf den Punkt zu bringen – wenn der „Stammtisch“ klüger ist als die Regierung. Politische Korrektheit und ideologische Scheuklappen machen eben dumm, und wenn sich die Herrschenden und ihre Meinungsmacher nur noch unter ihresgleichen bewegen, darf man wohl mit Fug und Recht von „politischer Inzucht“ sprechen. Übrigens verbreitet Schäubles Schwiegersohn, der baden-württembergische CDU-Chef Thomas Strobl, ähnlich ignoranten Unsinn wie sein Schwiegervater. Und das hat garantiert keine genetischen Gründe.

Oliver Zimski ist Übersetzer, Sozialarbeiter und Autor. 2015 erschien sein Kriminalroman „Wiosna – tödlicher Frühling“.

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Magdalena Schubert / 15.06.2016

Sehr geehrter Herr Zimski, diese Erkenntnis habe ich im Laufe der letzten Monate ebenfalls gewonnen! Wie sachlich, wie logisch, wie analytisch und in der Regel gut formuliert die zahlreichen Kommentare im Netz sind, vor allem die regierungskritischen! Ich habe bisher noch keinen einzigen Hasskommentar dieser Menschen entdeckt - die wenigen wirklich primitiven und fast schon bösartigen kamen ausnahmslos von links! Immer wieder stelle ich beim begeisterten Lesen der Kommentare fest, dass die Schreiber offensichtlich ihre fünf Sinne noch beieinander haben, was man leider von den Leuten, die momentan in unserem Land den Ton angeben, überhaupt nicht mehr behaupten kann. Egal, welch hanebüchene und erschreckende Aussagen von unseren Politikern (s. Maas, Schäuble etc) getroffen werden - die Öffentlichkeit wird im Grunde nur noch im Netz umfassend darüber informiert und nur noch im Netz finden sich kritische und zu Recht warnende Stimmen. Es macht jeden Tag aufs Neue fassungslos, wie massiv und intensiv wir von der Elite gelenkt und manipuliert werden, wie schamlos die Richtung und Ideologie vorgegeben wird, der wir gefälligst zu folgen haben und wie die Gewalt vor allem von links hoffähig geworden ist. Gäbe es die Netzgemeinschaft nicht, die immer wieder zeigt, dass sie noch zum eigenständigen Denken und Schreiben in der Lage ist, könnte man vollends verzweifeln. Hier, bei den Kommentatoren, fühlt man sich noch verstanden, spürt man Vernunft und Verstand, den uns Kirche, Politik und Medien jedoch absprechen und austreiben wollen…. Herr Zimski, ich bin sehr dankbar für die Achsebeiträge und die dazugehörigen Kommentare und hoffe, dass uns diese demokratische Form der Meinungsäußerung noch lange möglich sein wird. Mit besten Grüßen, Magdalena Schubert

Horst Jungsbluth / 15.06.2016

Dass nun ausgerechnet Wolfgang Schäuble, den ich eigentlich immer geschätzt habe, diese unsäglichen Aussagen von sich gegeben hat, macht mich fassungslos, da es wohl in dieser Regierung (von der Opposition ganz zu schweigen) niemanden gibt, der die teilweise absurden Realitäten im Land, den Unmut der Bürger und auch die klaren Gesetze überhaupt zur Kenntnis nehmen will. Natürlich wissen Millionen von Bürgern, wo die Defizite liegen und wo die Verantwortlichen dafür zu verorten sind, aber sie werden nicht gehört, da in diesem Land nur Politiker, Leitartikler, Interessenvertreter und “Promis”  das große Wort führen und schell dabei sind, verantwortungsbewusste Bürger diffamierend in das “rechte Abseits” zu stellen, wenn die nicht auf Linie sind. Dabei haben die Historiker Armin Mitter und Stefan Wolle bereits in ihrem 1993 erschienenden Buch   “Abstieg auf Raten”, das auf Stasi-Akten beruht, ganz verdattert festgestellt, dass viele Bürger in der DDR trotz der Propaganda, der verzerrten Berichterstattung und der drakonischen Strafen genau wussten, was in derSED-Diktatur ablief und darüber im Familien- oder Freundeskreis ganz offen diskutiert. Als der Dichter Günter Grass in den neunziger Jahren politischen Schwachsinn von sich gab, der wie üblich natürlich kritiklos von den Medien hingenommen wurde, da empörte sich in der Berliner Morgenpost zu Recht ein Leser und schrieb, dass es “Millionen von Deutschen besser wüssten”. aber was nutzt das alles, wenn man diese nicht zu Worte kommen lässt?

Markus Unkhoff / 14.06.2016

Seit wann gehören denn Politiker zur Elite? Ich kenne kein Land, in dem die “Eliten” im Parlament sitzen. Die geistig intellektuelle Elite eines Landes findet man an Forschungsinstitut oder Universitäten aber ganz sicher nicht in Parlamenten. In Parlamenten findet man in der Regel nur Verwaltungsleute, die höchstens in der Lage sind zu erklären, warum man dieses oder jene Formular links unten bzw. Rechts unten unterschreibt. Ich bin der festen Überzeugung, dass kein Bundestagsabgeordneter auch nur ansatzweise den Aufnahmetest zum Mensaklub schaffen würde. Wer wirklich was zwischen den Ohren hat, setzt sich ganz bestimmt nicht in Berlin unter diese hässliche Glaskuppel, um sich das dumme Geschwafel irgendwelcher Politkollegen anzuhören.

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