Roger Letsch / 13.09.2023 / 12:00 / Foto: Pixabay / 27 / Seite ausdrucken

NYC: Gratismut und „Wir schaffen das!“

Der Bürgermeister von New York City wollte die Stadt zum Zufluchtsort für alle machen, aber jetzt kommt das Problem vor der Haustür der Scheinheiligen an und belastet den „Big Apple“ mit Milliarden Dollar.

Stellen Sie sich vor, Sie wären Wirt in einem Restaurant auf einem hohen Berg. Ihr Berg über den Wolken ist ein weltweiter Magnet, Sie verdienen gut an Touristen und Bergsteigern und gelten als wirtschaftlich extrem erfolgreich. Doch neben dem Erfolg würden Sie auch gern als großzügiger, selbstloser Mensch gelten, der ein Herz für alle Entrechteten und Enterbten hat. Kosten soll das freilich nichts, so weit geht Ihr Wunsch nach Moral-Lorbeeren nun auch wieder nicht. Da kommt Ihnen die Idee: Sie erklären ihre Bergidylle zur bedingungslosen All-Inclusive-Herberge für all jene, die es nicht per Snowmobil, Helikopter oder auf den modernsten Brettern zu Ihnen schaffen.

Das geht auch einige Zeit gut, Sie geben Zeitungen Interviews, in denen ihre Großherzigkeit gepriesen wird, und sie zeigen mit dem Finger und voller Entrüstung auf die Unwilligen in den Tälern, die ihre Häuser den hereinströmenden Massen frech und egoistisch verschließen. Bis eines schönen Tages eine Seilbahn gebaut wird, mit der jeder kostenlos auf Ihren Berg fahren kann, um Ihre freundliche Einladung anzunehmen.

So ähnlich muss sich derzeit Eric Adams, der Bürgermeister von New York City fühlen. Genau dort, in der wokesten und in der Selbstwahrnehmung fortschrittlichsten Stadt der Welt, bricht gerade eine politische Scheinwelt zusammen, werden Selbstbetrug und politisches Geschwätz offensichtlich und zerschellen an der Realität. Noch im Wahlkampf um die Nachfolge von Bill de Blasio saß die Willkommensmoral so bolzenfest wie beim Mittelmeertaxi deutscher Kirchen. New York werde auch unter seiner Führung eine sichere Zuflucht für alle sein.

Die massenhaften illegalen Grenzübertritte fanden weit weg im Süden, also in Texas, Arizona oder New Mexico statt. Was kümmerte das New York? Soll der Süden doch sehen, wie sie damit fertig werden. Nach den stetigen Rückgängen der illegalen Grenzübertritte unter der Ägide Trumps schnellten die Zahlen ab 2021 wieder nach oben. Einen kleinen „Knick“ sah man nur im Juni dieses Jahres, und die Biden-Administration wird nicht müde, dies als Erfolg zu feiern. Doch war dies nur einem statistischen Trick geschuldet und seit Juli steigen die Zahlen umso stärker weiter.

Billiger Dünkel: die „Sanctuary City“

Das Medienecho für Floridas Gouverneur DeSantis, der vor einem Jahr einige der Migranten ins Flugzeug setzte und ins Urlaubs- und Strandvillenparadies Martha‘s Vineyard schickte, währte jedoch nur kurz. Schnell wurden die Migranten weitergeschickt; jemand anderes sollte sich darum kümmern. Zwar erklärte sich Massachusetts einst gratismutig sogar zum „Sanctuary State“, aber Illegale – sofern sie nicht die Häuser putzen und die Wäsche waschen – sollten doch bitte in Texas, Arizona oder Florida bleiben.

Was mit einem Privatjet begann, wird mit Busreisen fortgesetzt. Texas ist dazu übergegangen, den Wechsel einzulösen, den die „Sanctuary States“ unterzeichnet hatten und verfrachtet Monat für Monat tausende illegale, aber freiwillige Migranten nach Norden. Das ist zwar nur ein Bruchteil der Massen, die zu bewältigen sind, aber so trägt man das Problem vor die Haustür der Scheinheiligen. Adams dazu in einem viral gegangen Video:

 „Die Kosten der Migranten werden New York zerstören“. Noch nie in seinem Leben habe er ein Problem gehabt, dessen Lösung nicht in Sicht war. Bei diesem Problem sei das anders. 15.000 Migranten 2022, 110.000 bisher schon in diesem Jahr, das Defizit der Stadt, die für Unterbringung, Verpflegung, medizinische Betreuung und vieles mehr aufkommen muss, ist auf 12 Milliarden Dollar angewachsen, davon allein 1,5 Milliarden für die Migration… Die Belastungen seien nicht zu bewältigen, die eigentlich zuständige Bundesregierung in Washington unternehme nichts und Texas schicke immer weiter Busse. Von dort kam gleich die Quittung.

Demokraten nun für verändertes Grenzregime

Adams sei ein Heuchler, schließlich habe Texas seit Jahren viel größere Zahlen zu bewältigen und bekäme auch keine Hilfe. Seit letztem August habe Texas 35.000 Migranten mit Bussen zu den selbsternannten Zufluchtsorten geschickt, davon nur 13.000 nach New York, und solange die zuständige Bundesregierung sich weigere, Grenzsicherungsmaßnahmen zu ergreifen, werde man so weitermachen müssen. Mit dem Migrationsproblem etwas unmittelbarer konfrontiert, beginnen selbst viele Demokraten nach einem veränderten Grenzregime zu rufen. Sogar von der Wiedereinführung der „Bleib in Mexiko“-Regel der Gott-sei-bei-uns-Regierung unter Trump ist die Rede, bei der Migranten bis zum Entscheid über ihr Asylverfahren die USA nicht betreten durften.

Doch die Erkenntnis, einer gescheiterten Migrationspolitik das Wort zu reden, währte bei Adams nur kurz. Noch am selben Tag fand er zu seiner alten Form zurück und erklärte: „There’s not one day that I don’t wake up and say, ‚We got this.‘“ Oder wie unsere ewige Kanzlerin es einst ausdrückte: Wir schaffen das!

Und der Meinung bin ich natürlich auch! New York kann sich doch nicht schon so kurz nach der Wahl ihres neuen Bürgermeisters von dessen Versprechen verabschieden! Die New Yorker haben genau diese Versprechen Adams’ gewählt und sollten nun auch bekommen, was sie wollten. Was sind schon 1,5 Milliarden gegen die Gewissheit, der gastfreundlichste Berghüttenwirt mit Vollpension zu sein!

 

Roger Letsch, Baujahr 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgtwo auch dieser Beitrag zuerst erschien.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Moritz Ramtal / 13.09.2023

Überall das Gleiche, ich will gut aussehen, zahlen und leiden sollen aber andere. Sitzt das Problem vor der eigenen Haustür wird geschrien. Ich habe null Verständnis für Arnsberg und weitere Orte, deren Bürger haben SPD, CDU,FDP,Grüne und Linke mit absoluter Mehrheit auf allen Ebenen gewählt. Jetzt sollen sie das Ergebnis auch ertragen.

Marcel Seiler / 13.09.2023

Volle Schadenfreude meinerseits!

gerhard giesemann / 13.09.2023

Zum Glück sagt das nicht einer vom Supremat ... . Dem weißen. Dem zahlenden.  Aber er rudert wohl schon wieder zurück. Bis es kracht, das Ruderbötchen. Und auf Schiet sitzt.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Roger Letsch / 02.05.2024 / 06:10 / 64

USA: Ein Trump-Attentat-Förderungsgesetz

In ihrem Furor gegen den amerikanischen Ex- und möglicherweise Zukunfts-Präsidenten Donald Trump ziehen seine politischen Gegner mittlerweile sämtliche Register – bis dahin, seine körperliche Unversehrtheit…/ mehr

Roger Letsch / 24.04.2024 / 12:00 / 58

Meuterer auf der Energiewende-Bounty

Es wird viel über den Rückbau der Gasnetze diskutiert. Bei den Kostenbetrachtungen wird aber meist vergessen: Wenn die eine Infrastruktur rückgebaut wird, muss eine andere her,…/ mehr

Roger Letsch / 01.04.2024 / 12:00 / 58

Der große Lastenfahrrad-Test

Der Versuch einer Jugendgruppe, die nachhaltige Kaffeeversorgung der Kreisstadt Eberswalde per Lastenfahrrad-Ferntransport sicherzustellen, führte zu aufschlussreichen Erkenntnissen. Wir leben in aufregenden Zeiten, denn dank unserer…/ mehr

Roger Letsch / 27.03.2024 / 06:00 / 81

Die „Young Leaders“ werden vom Himmel geholt

In den letzten Jahren brillierten im Westen junge, aktivistische Politiker mit woker Superkraft. Nun disqualifiziert sich einer nach dem anderen selbst. In vielen westlichen Staaten…/ mehr

Roger Letsch / 11.03.2024 / 06:00 / 89

Das Phänomen Trump und die deutsche Angst

Er ist wieder da! Und in Deutschland zittern die Medienschaffenden beim Gedanken an Donald Trumps Rückkehr an die Macht. Das Grinsen von Heusgen und Maas bei der…/ mehr

Roger Letsch / 07.03.2024 / 06:00 / 55

Wer die Demokratie wirklich rettet

Demokraten-Darsteller versuchen, die Demokratie mit undemokratischen Mitteln zu retten. Doch Gerichte und Institutionen wachen langsam auf – vom Supreme Court in USA bis zum Wissenschaftlichen Dienst des…/ mehr

Roger Letsch / 05.03.2024 / 16:00 / 7

Die schiefe Verachtung nach unten

Alexander Wendt analysiert in seinem neuen Buch die Entwicklung des Kulturkampfes und zeigt auf, wie man sich dagegen wehren kann. Das macht fast ein bisschen optimistisch.…/ mehr

Roger Letsch / 20.02.2024 / 14:00 / 33

Die Risiken und Nebenwirkungen des Trump-Urteils

In New York ist Donald Trump zu einer bemerkenswert hohen Strafzahlung verurteilt worden. In dem Eifer, Trump zu schaden, riskieren die Akteure eine verhängnisvolle Entwicklung.…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com