Die klassische Hungersnot ist selten geworden. Sie tritt ein, wo es eine Wirtschaft mit Eigentum, Zins und Geld nicht gibt, sondern lediglich ein statisches Besitzsystem für Produktion und Verteilung landwirtschaftlicher Güter. Bei Ernterückschlägen kann – mangels verpfändbaren Eigentums – weder der Einzelne noch die Nation Schulden aufnehmen, um mit der geborgten Summe Lebensmittel zu kaufen. Heute gibt es nur noch sehr wenige solche Gemeinwesen. Zu ihnen gehören viele Regionen Nigers, wo zwischen 1970 und 2015 das jährliche Prokopfeinkommen unverändert zwischen 700 und 800 Dollar (Kaufkraft) schwankt.
In den Zeiten vor der Welthungerhilfe wurde gelitten und gestorben, bis zwischen einheimischer Nahrungserzeugung und Bevölkerung ein Gleichgewicht erreicht war. Niger ist jetzt modern nicht nur durch den Hilfebezug für seine Gefährdeten, sondern auch bei der medizinischen Versorgung. Durch Einsatz der besten Medikamente aus den führenden Ökonomien steigert das zu 80% muslimische und entsprechend verhütungskritische Land seine Bevölkerung in nur 65 Jahren (1950-2015) von 2,5 auf 19 Millionen Menschen. All das beschert dem Land natürlich keine Wirtschaft, endlich aber steigende Lebenserwartung.
Auch 2015 kann Niger den Weltrekord bei Kindern pro Frauenleben (total fertility von 6,89) lässig verteidigen. Selbst Mali und Burundi schaffen nur 6,10er Werte (https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2127rank.html). Die EU-27 liegen – einschließlich ihrer Migranten – bei 1,6. Deshalb kann Niger zuversichtlich sein, in den kommenden 35 Jahren 55 (Geoba) bis 70 (UNO) Millionen Einwohner zu erreichen und global vom 60. auf den 34. oder 25. Platz vorzurücken.
Nigers Bürgerkriegsindex (Relation von 15-19- zu 55-59-jährigen Männern) soll gleichzeitig von 4,1 auf 5,8 zulegen. 5.800 Jünglinge werden 2050 auf 1000 rentennahe Männer folgen. Heute sind es nur 4.100. Wie schnell der passende Vorwand ihren vagen Zorn zu zielgerichtetem Töten treiben kann, zeigt am 16. Januar 2015 die Mordbrennerei, die nach dem Freitagsgebet die Christen in Zinder trifft - mit 170.000 Einwohnern Nigers zweite Stadt nach Niamey (700.000). Die Ermahnungen gegen solches Rasen werden in Zukunft hörbarer ausfallen. Das auf seine Wiederholung drängende Potential aber wird lange noch stärker bleiben.