So sind unsere Leser und Gastautoren. Gleich drei Übersetzungen (und ein Übersetzungsangebot) des Artikels von Claude Allègre waren heute Morgen in meiner Mailbox. Vielen Dank an Thomas P. Reitz, Andreas Kroschel, Markus Pape und Marek Möhling. Letzterer war am schnellsten, deshalb stelle ich seine Übersetzungsversion hier ein. Und jetzt ein erstaunlicher Linker auf deutsch:
“L’écologie est le moteur de la croissance”
Claude Allègre, 28 Januar 2007, Le Figaro
Claude Allègre ist Emeritus der Universität Denis-Diderot und des Pariser l’Institut de physique du globe (IPG) sowie ehemaliger französischer Erziehungsminister.
Was die ökologische correctness betrifft, haben wir das Stadium der Raserei erreicht. Je mehr die Ökologen bei den Wahlen versagen, Opfer ihres Selbstbildes als Politikaster, das sie bei jeder Gelegenheit zur Schau stellen, desto mehr verstehen sich die Bürger als Ökologen. Da es sich aber um eine Bewegung handelt, die endzeitliche Ängste bedient, denkt man nicht mehr nach, man schluckt alles! So haben zahlreiche Kandidaten der Präsidentschaftswahl das Programm der Herrn Hulot unterzeichnet, ohne auch nur den Inhalt zu analysieren. „Die Ökologie? Den Planeten retten? Na klar!“
Wenn man allerdings das Programm liest und etwas darüber nachdenkt, ist der Schluß zwingend, dass dieses Programm gefährlich ist. Es basiert auf der Vorstellung des wirtschaftlichen Rückbaus, es pervertiert den Begriff der nachhaltigen Entwicklung, dabei die Anti-Entwicklung verherrlichend, es wendet sich vom wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt ab. Es stützt sich auf die Angst, auf die Vorstellungen der Schuldhaftigkeit des Menschen und, als Ausgleich, auf die Bestrafung.
Ich werde andernorts eine detaillierte Analyse dieses Programms vornehmen, in einem Buch das veröffentlicht werden wird; ich werde hier lediglich einige wichtige Punkte unterstreichen. Der Pakt des Herrn Hulot stützt sich auf drei Säulen: der Kampf gegen die Klimaerwärmung, die Ablehnung der Gentechnik und die Ablehnung der Atomkraft zur Elektrizitätserzeugung. Was die Klimaerwärmung betrifft, ein zur Zeit gängiges Thema, sollte man aufhören, in Panik zu geraten: Die Katastrophenszenarios, wie der Film Al Gores oder einige Zeitungsartikel, verschleiern das Ausmaß und die tatsächlich Unsicherheiten.
Der Klimawandel ist eine Tatsache. Seine Ursache kann menschlichen oder natürlichen Ursprungs sein, aber das ist hier nicht der Streitpunkt, denn selbst den „Experten“ zufolge, werden die heute getroffenen Maßnahmen erst in fünfzig Jahren oder später Wirkung zeigen, während es sich um eine mögliche Erwärmung um 2 bis 3° Grad und einer Erhöhung des Meeresspiegels von 30 bis 40 Zentimeter in einem Jahrhundert handelt!
Allerdings schlägt man angesichts dessen so schnell wie möglich eine Verringerung des Ausstoß von Treibhausgasen um drei Viertel vor. Die Umsetzung einer derartigen Maßnahme wird automatisch zu jährlich 200 Tausend Arbeitslosen in Frankreich führen. Gerade wo man unter Schwierigkeiten mit der Arbeitslosigkeit fertig wird, provoziert man den Rückfall. Man müsste also eine Rationierungspolitik einführen, wie einige sie heraufbeschwören. Jeder Franzose würde pro Jahr das Recht auf eine Flugreise und 2000 Kilometer mit dem PKW bei 40 Stundenkilometern haben! Dazu das Verbot von Gas- und Ölheizung, usw…
Da, einige Jahre später, der Rückzug aus der Kernenergie erfolgen müsste, würden sich die Energieeinschränkung ausweiten. Der TGV müsste mit Windenergie betrieben werden! Was werden China und Indien währenddessen tun? Man müsste sie davon überzeugen, dass sie ihr Wachstum zu drosseln hätten. Also wirklich! Man glaubt zu träumen.
Wenn die Vereinigten Staaten das Kyoto Protokoll nicht unterzeichnet haben, dann nicht, weil Georg Bush ein Zyniker wäre, sondern weil dieses Protokoll einer Bestrafung der amerikanischen Wirtschaft ist - schätzungsweise 370 Milliarden Dollar und eine Million Arbeitlose, wie es eine Konferenz nachwies, die 1999 an der Universität Stanford stattgefunden hat; und dies,um bestenfalls 0.5 Grad weniger pro Jahrhundert zu erreichen. Deswegen hat Bill Clinton es nicht unterzeichnet: damals war er der Präsident und Al Gore der Vizepräsident.
Was die Gentechnik betrifft, verweise ich auf das exzellente Buch von Sophie Lepault. Dort ist alles erklärt. Wie es der Philosoph Dominique Lecourt sehr treffend sagt, ist es das Sinnbild eines sich ausbreitenden Sentiments. „Die technikfeindliche Panikmache und ihr Nebenprodukt, der Katastrophenjournalismus.“ Bei der Gentechnik hat man nicht nur keinen Unfall oder Vorkommnis beobachten können, sie stellt vielmehr eine immense Hoffnung für die Landwirtschaft, aber auch für die Medizin, für unser Land wie auch für die unterentwickelten Länder dar.
Man bedenke, dass man in einigen Jahren ohne Pestizide, Insektizide und eines Teils der Düngemittel auskommen werden kann, man wird weniger Wasser benötigen und Nahrungsmittel herstellen können, um die Epidemien (und den Hunger) in den Ländern der dritten Welt zu bekämpfen. Die ganze Welt hat das wohl verstanden und entwickelt seine gentechnischen Züchtungen. Währendessen zerstört oder verbietet sie Frankreich, aber ...man importiert sie, wie das transgene Soja aus Argentinien.
Ich unterstreiche, dass die Agrar- und Lebensmittelindustrie der zweitgrößte Exportposten für Frankreich ist. Will man den zerstören? Was die Ökologie betrifft, sei nebenbei gesagt, dass Herr Hulot weder das Wasser, den Stadtmüll, noch das Meer zu seinen Prioritäten zählt, welche zur Zeit die größten Dringlichkeiten sind. 50 Tausend Personen sterben jede Woche wegen Trinkwassermangels! 7 Milliarden Menschen werden 2030 in den Städten leben, von denen jeder 1.5 Kilogramm Müll pro Tag verursachen wird!
Die Philosophie des Herrn Hulot ist die gleiche, die 1970 der Club of Rome mit dem Slogan „Stop dem Wachstum“ ausdrückte. Man weiß, was aus den Vorhersagen geworden ist. Mehr noch aber ist diese Strategie eine Gefahr für die Demokratie. Eine Gesellschaft der Rationierung und des Rückschritts wird von den Bürgern abgelehnt werden, man müsste sie erzwingen, und man weiß, wie die sich Gesellschaften aufführten, die den Menschen ihr Glück aufzwingen wollten!
Diese ganze Strategie ist das Gegenteil dessen, was gemacht werden muss. Selbstverständlich gibt es ökologische Probleme, die gelöst werden müssen. Man muss sie frontal angehen und aus ihnen im Gegenteil die Elemente eines neuen Wachstums machen. Denn indem man die Ökologie in die Wirtschaft einbringt, wird man den Planeten und die Menschen, die auf ihm leben, retten.
Die CO2-Emissionen begrenzen? Lasst uns Techniken der CO2-Einlagerung entwickeln (die kurz vor der Marktreife sind), lasst uns das Hybrid- oder Elektroauto in den Städten zur Pflicht machen, lasst uns den Gebrauch von Wasserstoffbatterien beschleunigt fördern.
Die Kernenergie ist nicht ausreichend sicher, was den Atommüll betrifft? Lasst uns Reaktoren der vierten Generation entwickeln. Lasst uns die Gentechnik entwickeln, die es den Pflanzen ermöglicht, mit dem Wasser zu haushalten und ohne Düngermittel auszukommen. Lasst uns lernen, das Wasser des Winter zu speichern, um es im Frühling zu verwenden, die Flussläufe zu managen, während wir die Schäden durch Überschwemmungen minimieren. Lasst uns die Artenvielfalt in unseren Flüssen und unseren Wäldern wiedererlangen.
Anstatt die städtischen Abfälle zu verbrennen oder zu vergraben, lasst uns mit aller Kraft die Recyclingindustrie entwickeln. Wir sollten eine energiesparende Architektur ermutigen, durch die Kombination von Solarenergie, automatisierter Wärmepumpen für das Haus der Zukunft, usw…Selbstverständlich müssen die erneuerbaren Energien entwickelt werden, aber zu Bedingungen, die ökonomisch, gesellschaftlich und für die Umwelt akzeptabel sind. Schon in der Vergangenheit haben wir gut ökologische Probleme gelöst.
Wir wussten das Blei im Benzin durch ein ungiftiges Mittel zu ersetzen, wir haben die FCKWs verboten, um die Ozonschicht zu schützen, indem wir sie durch ein anderes Produkt ersetzten, wir haben den sauren Regen um 70% vermindert! In all diesen Fällen haben wir Arbeitsplätze geschaffen und die Wirtschaft angeregt. Das sind die Beispiele, denen man folgen sollte!
Es lebe die Ökologie als Wachstumsmotor! Nieder mit der Ökologie des Niedergangs!
Die Republik gründet auf das Vertrauen in den wissenschaftlichen Fortschritt, den Motor des wirtschaftlichen Fortschritts und der sozialen Gerechtigkeit. Ohne diese Philosophie kann sich niemand zur Linken zählen!