Felix Schnoor
Groß war die Aufregung, als bekannt wurde, dass die Sparer mit ihren Einlagen am Rettungspaket für Zypern beteiligt werden sollen. Darauf hatten sich die EU-Finanzminister nämlich am Samstagmorgen geeinigt. Diese Regelung sieht vor, dass die EU zehn Milliarden Euro bereitstellt, unter der Bedingung, dass alle Bankeinlagen des Landes mit einer Sondersteuer belegt werden.
Mittlerweile gibt es Überlegungen, die Bedingungen aufzuweichen und beispielsweise einen Freibetrag einzuführen, da das zypriotische Parlament andernfalls seine Zustimmung verweigern könnte.
Was am Ende jetzt allerdings für ein Deal dabei genau herausspringt, ist garnicht mehr das Entscheidene. Den Menschen in den Krisenstaaten Europas wurde schlagartig vor Augen geführt, dass die Regierungen vor keinerlei Rechtsbrüchen mehr zurückschrecken und sie somit permanent Angst um ihr Erspartes haben müssen. In abgeschwächter Weise trifft dies auch auf die Bevölkerung in stabileren Ländern wie Deutschland zu, schließlich gab und gibt es auch hier Banken, die alles andere als auf einem soliden Fundament stehen. Überraschend war diese Entwicklung angesichts der vorherigen Vertragsbrüche der Politik allerdings kaum.
Das Argument, dieses mal nicht mehr die Steuerzahler, sondern die Sparer zur Kasse zubitten, ist in doppelter Hinsicht falsch: Erstens, weil der europäische Steuerzahler natürlich immernoch den Großteil der Maßnahme bezahlt und zweitens, weil auch die Sparer in Zypern in der Regel nichts anderes als Steuerzahler sind, die eben nur den “Fehler” gemacht haben, einen Teil ihrer Einkünfte der letzten Jahre beiseite zulegen. Die Euro-Retter entgegnen dann, dass man so auch viele russische Geldwäscher zur Kasse bitten würde. Das stimmt zwar, nur machen diese gerade einmal ein Drittel der gesamten Einlagen aus. Die Politiker gehen mit Kanonen auf Spatzenjagd!
Auch das Versprechen der europäischen Politiker und Bürokraten, Einlagen bis zu 100 000€ nicht anzutasten, wurde jetzt also über den Haufen geworfen. Auch dem letzten europhilen Träumer sollte an diesem Wochenende klar geworden sein, dass die EU kein Raum der Rechtssicherheit mehr ist.
Dies ist für sich genommen schon schlimm genug, hat aber noch viel verheerende Folgen: Seit längerer Zeit macht ein negativer Realzins das Sparen für die Europäer schlichtweg unrentabel (die Sparer werden enteignet, um Banken und Hedgefonds zu retten), jetzt kommt auch noch hinzu, dass die Menschen, die trotzdem noch Sparen, stetig mit Enteignung rechnen müssen. Dies wird die Sparquote weiter sinken lassen bzw. dazu führen, dass die Menschen ihr Geld in Ländern anlegen, die ihnen eine größere Sicherheit versprechen.
Eine Volkswirtschaft aber, in der sich Sparen nicht mehr lohnt, hat ihre Blütezeit überschritten. Wenn wir unser Saatgut verspeisen (=konsumieren), anstatt einen Teil davon wieder einzupflanzen (=investieren), kommen wir zwar im Hier und Jetzt gut über die Runden, doch in der Zukunft werden wir vor großen, kaum lösbaren Problemen stehen. Die Politik verfährt weiter nach dem Prinzip, ein Problem zu lösen, indem sie mindestens zwei neue schafft. Noch hat sie erstaunlicher Weise zumindest in Deutschland das Vertrauen der meisten Menschen. Diese Menschen glauben Angela Merkel, wenn ihr Sprecher sie mit den Worten “Es ist das Merkmal einer Garantie, dass sie gilt” zitiert. Aber es werden jeden Tag mehr, die realisieren, dass diese kurzsichtige und vollkommen undurchdachte Politik unseren Wohlstand akut gefährdet.
Und die sich ein Lachen nicht mehr verkneifen können, wenn die EU-Vertreter über ihre Weltmachtspläne fantasieren, aber im gleichen Augenblick eine Staatspleite Zyperns (zur Erinnerung: ein Land mit einem BIP, welches kleiner als das des Saarlandes ist), als systemgefährdend einstufen.
Felix Schnoor, 22, Student der Wirtschaftswissenschaften