Gastautor / 18.02.2024 / 16:00 / Foto: Elagamytarek / 19 / Seite ausdrucken

Muslimbrüder – die Dachorganisation der Hamas

Von Eric Angerer.

In Ägypten gegründet, wurde die Muslimbruderschaft von 1938 bis 1945 von den Nazis finanziert. Danach dehnte sie sich verstärkt in andere Länder aus und ist heute die internationale Hauptkraft des islamischen Extremismus.

Die Hamas wurde 1987 als Nachfolgeorganisation der palästinensischen Muslimbruderschaft in Gaza gegründet. Ihr Wurzeln reichen ins Ägypten der 1920er und 1930er Jahre zurück.

Der Arabischlehrer Hasan al-Bannā gründete die Muslimbruderschaft im März 1928 in Ismailia am Suezkanal zusammen mit sechs anderen Männern. Sie wandten sich gegen die Vorherrschaft der Briten in Ägypten und wollten für die Stärkung des Islams und der islamischen Umma (= Weltgemeinschaft) eintreten. Man leistete einen Treueid auf Gott und schwor, als Brüder leben und sich ganz in den Dienst des Islam stellen zu wollen.

Muslimbrüder und Briten

Ziel der neuen Gemeinschaft war die Verbreitung islamischer Moralvorstellungen und die Unterstützung wohltätiger Aktionen, aber auch die Befreiung des Landes von der fremden Okkupation sowie der Kampf gegen die britisch-westliche „Dekadenz“. Der Westen wolle die islamische Tradition in der arabischen Welt zerstören, sei aber dekadent, weshalb der Islam bald eine Führungsrolle übernehmen werde.

In den 1930er Jahren wurde die Bruderschaft immer politischer, man forderte eine Rückkehr zum ursprünglichen Islam und der Errichtung einer islamischen Ordnung ein. Anerkannt werden dürften nur Herrscher, die in Übereinstimmung mit der Scharia regierten. Al-Banna trat nun auch für den bewaffneten Dschihad gegen Nicht-Muslime und deren Helfer ein. 1938 führte die „Bruderschaft“, unter Parolen wie „Nieder mit den Juden“ und „Juden raus aus Ägypten“, gewalttätige Proteste gegen Juden durch.

1938 erschien al-Bannas Werk „Die Todesindustrie“, in welchem die Abwendung vom Leben und die Verherrlichung des Märtyrertums ausgeführt wird: „Derjenigen Nation, welche die Industrie des Todes perfektioniert und die weiß, wie man edel stirbt, gibt Gott ein stolzes Leben auf dieser Welt und ewige Gunst in dem Leben, das noch kommt. Die Illusion, die uns gedemütigt hatte, besteht in nichts anderem als der Liebe zum weltzugewandten Leben und dem Hass auf den Tod.“ (1) 

Und Al-Banna formulierte auch die prägnanten Grundsätze der Muslimbrüder: „Gott ist unser Ziel. Der Prophet ist unser Führer. Der Koran ist unsere Verfassung. Der Dschihad ist unser Weg. Der Tod für Gott ist unser nobelster Wunsch.“ (2) Diese Leitsätze verwenden die Muslimbrüder bis zum heutigen Tag als Motto. Der Unterwerfung der Mitglieder der Muslimbruderschaft unter diese Ziele entspricht, dass sie sich in absolutem Gehorsam der Führung der Bruderschaft unterwerfen.

Kooperation mit den Nazis

Al-Banna war von Anfang an ein Bewunderer von Benito Mussolini und Adolf Hitler. Aufgebaut wurde die Bruderschaft nach dem Vorbild der italienischen Faschisten, kooperiert haben sie auch mit der von Alfred Heß geführten NSDAP-Auslandssektion in Ägypten. In einem britischen Bericht hieß es, al-Banna habe „die nationalsozialistischen und faschistischen Organisationen sorgfältig studiert. Nach ihrem Vorbild bildete er Organisationen von speziell ausgebildeten und vertrauenswürdigen Männern, die den Braunhemden beziehungsweise den Schwarzhemden entsprechen.“

Die NS-Regierung in Berlin subventionierte mehrere antibritische Gruppierungen in Ägypten, die höchsten Zahlungen erhielt aber die Muslimbruderschaft – was sicher auch an der ideologischen Nähe liegt, über die noch zu sprechen sein wird. Die Subventionierung durch die Nazis erfolgte ab 1938 insbesondere über Wilhelm Stellbogen, einen deutschen Agenten in Kairo. Die Bruderschaft verwendete die Mittel für Waffenkäufe und Propaganda, auch in Bezug auf den Konflikt im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina. (3)

Mit den deutschen Geldern wuchs die Bruderschaft nun rascher und breitete sich auch in Nachbarländern aus. Hatte sie Ende der 1930er Jahre noch wenige hundert Mitglieder, so waren es 1941 schon etwa 60.000 und 1948 dann 500.000 Mitglieder und hunderttausende Sympathisanten. Sie war streng hierarchisch organisiert, hatte eigene Moscheen, Firmen, Fabriken, Krankenhäuser und Schulen und besetzte wichtige Posten in Armee und Gewerkschaften. Sie legte viel Wert auf Bildung und Ausbildung im Sinne ihrer islamischen Gesellschaftsvision. 

Anfang der 1940er Jahre bildete die Bruderschaft einen geheimen militärischen Apparat. Sie beteiligte sich an antibritischen Aktionen. Nach Anschlägen von Muslimbrüdern und der Aufdeckung des Geheimbunds verbot der ägyptische Premier Mahmud an-Nukraschi Pascha im Dezember 1948 die Bruderschaft, woraufhin er selbst kurz darauf einem Anschlag der Bruderschaft zum Opfer fiel. Die Behörden reagierten ihrerseits mit verstärkter Verfolgung. Al-Banna wurde schließlich am 12. Februar 1949 in Kairo, wahrscheinlich im Auftrag des ägyptischen Königshauses, erschossen. 

Muslimbruderschaft und Nasserismus

1950 wurde die Bruderschaft rehabilitiert und die Gefangenen freigelassen. Anfang der 1950er Jahre führte der Widerstand der Bruderschaft gegen die Briten zu einem regelrechten Kleinkrieg. Ihre Angriffe, ihre Massenmobilsierungen auf den Straßen sowie die Zerstörungen von Kinos, Nachtlokalen und Theatern, die als westlich dekadent betrachtet wurden, waren eine wesentliche Voraussetzung für den Militärputsch der „Freien Offiziere“ unter Gamal Abdel Nasser im Juli 1952.

Der Staatsstreich wurde von den Muslimbrüdern unterstützt und einige der Offiziere, darunter Anwar al-Sadat, waren selbst Muslimbrüder. Nasser und Sadat waren im Sommer 1942 an Planungen beteiligt gewesen, die einen Einmarsch der Wehrmacht in Ägypten durch einen Aufstand unterstützen sollten; für den deutschen General Erwin Rommel hatten sie schon eine Residenz in der Nähe der Pyramiden vorbereitet.

Die Beziehung zwischen dem ägyptischen Militär und der Muslimbruderschaft war allerdings von Anfang an von Spannungen geprägt. Die interne Rivalität wurde erst mal in Gewalt gegen Nicht-Muslime umgelenkt. Sie richtete sich einerseits gegen Juden, andererseits gegen die griechische Minderheit, die in großer Zahl seit Jahrtausenden im Land gelebt hatte und nun fast vollständig vertrieben wurden. 1954 kam es aber dann dennoch zur Eskalation, und die Regierung verbot im Januar 1954 erneut die Bruderschaft, ließ sie jedoch schon im März wieder zu.

Trotzdem verübte die Bruderschaft am 26. Oktober 1954 ein Attentat auf Staatspräsident Nasser, das jedoch erfolglos blieb. Daraufhin folgten brutale Repressionen; viele Anhänger wurden verhaftet. Durch das Frauennetzwerk der Muslimbruderschaft, das von Zainab al-Ghazali angeführt wurde, wurden die Verbindung zu den Inhaftierten und insgesamt die Aktivität der Organisation aufrechterhalten. Nach der Niederlage des Nasserismus im Sechstagekrieg 1967 wurde die Muslimbruderschaft wieder gestärkt.

Aufstieg der Muslimbrüder

Als der ehemalige Muslimbruder Sadat ägyptischer Präsident wurde, entließ er 1971 wichtige Anführer der Bruderschaft aus den Gefängnissen und duldete die Organisation wieder. An den Universitäten und unter den Binnenmigranten vom Land in die großen Städte hatten die Muslimbrüder massiven Zulauf. 1976 wurden ihre Zeitschriften wieder zugelassen und attackierten die verbesserten Beziehungen des Landes mit dem Westen. Gleichzeitig entstand eine Art friedliche Koexistenz zwischen dem Regime und der Bruderschaft. Die Scharia wurde als offizielles Strafrecht eingeführt.

Die Muslimbrüder schworen der Gewalt in Ägypten ab – nicht jedoch dem bewaffneten Dschihad gegen Israel. Das lag in der Logik der antisemitischen Tradition der Bruderschaft, sowohl ihrer Praxis als auch ihrer Theorie. Der Vordenker der Muslimbrüder, Sayyid Qutb, orientierte sich bereits in seinem antisemitischen Essay „Unser Kampf mit den Juden“ aus dem Jahr 1950 über weite Strecken am Textaufbau der berüchtigten „Protokolle der Weisen von Zion“ – also mit der antisemitischen Fälschung, die vermutlich vom zaristischen Geheimdienst stammt. Qutb zitiert sie mehrmals im Wortlaut und stellt die Juden als ewige Widersacher der Muslime seit den Tagen des Propheten dar.

Unter Husni Mubarak, ab 1982, wurde die Muslimbruderschaft auch zu einem Machtfaktor der ägyptischen Wirtschaft. Anhänger, die unter Nasser in die Golfstaaten geflohen und dort reich geworden waren, kehrten zurück und investierten ihr Kapital. Bereits Ende der 1980er Jahre verfügten Unternehmen, die von der Bruderschaft kontrolliert wurden, über geschätzte 15 Milliarden US-Dollar. 2010 sollen von den 18 Familien, die als die Herrscher über die ägyptische Wirtschaft gelten, acht Muslimbrüder gewesen sein.

Seit den 1980ern erzielten Kandidaten der Muslimbruderschaft auch einige Wahlerfolge. Um offen als Partei kandidieren zu können, bekannte man sich zu Demokratie und Pluralismus – und sogar zu Religionsfreiheit. Gleichzeitig ist klar, dass die ständigen gewaltsamen Übergriffe gegen die arabisierte Minderheit der koptischen Christen zumindest aus dem Milieu der Bruderschaft kamen. Und als das Parlament 2008 die Genitalverstümmelung von Mädchen und ihre Verheiratung unter 18 Jahren verbot, stieß das auf wütende Kritik der Muslimbrüder, die darin einen Angriff auf den Islam sahen.

Machtergreifung in Ägypten

Am so genannten „Arabischen Frühling“ ab 2010 beteiligten sich die Muslimbrüder in unterschiedlichem Ausmaß. Bei den Massenprotesten gegen das Regime kam es auf dem Tahir-Platz zu massenhaften Vergewaltigungen durch Männergruppen, die damit die traditionelle Auffassung zum Ausdruck brachten, dass Frauen in der Öffentlichkeit und erst recht in der Politik nichts zu suchen haben. Auch die gewaltsamen Übergriffe gegen die Kopten nahmen wieder zu. Bei der Präsidentschaftswahl 2012 siegte nach einem kapitalintensiven Wahlkampf mit Mohammed Mursi der Kandidat der Bruderschaft.

Ihr Erfolgsrezept war eine Kombination aus strenger Religiosität und demonstrativer Wohltätigkeit. Viele Ägypter hofften wohl auf ein großes Sozialprogramm der Regierung Mursi. Dazu kam es aber, auch aufgrund fehlender Mittel, nicht. Stattdessen befasste sich das erste Gesetz der neuen Regierung mit der Aufhebung des Verbots der Genitalverstümmelung von Frauen. Das Land schlitterte in eine schwere Wirtschaftskrise, die Armut stieg weiter an, betraf 40 Millionen Menschen.

Mursi versuchte nun per Dekret, ohne Gesetze, zu regieren, was zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führte. Im Juli 2013 schritt schließlich die Armee ein und setzte die Regierung Mursi ab. Die Muslimbrüder wurden erneut verboten und wegen eines Anschlags auf ein Polizeigebäude mit 16 Toten als „Terrororganisation“ eingestuft. 2014 wurden über 1.200 Muslimbrüder zum Tode verurteilt, Mursi selbst starb 2019 in der Haft. 

Auch wenn die unmittelbare Macht der Bruderschaft damit gebrochen wurde, blieb sie in der Illegalität auch in Ägypten weiterhin eine Massenbewegung mit etlichen Millionen Anhängern, die auch weiterhin über Strukturen in Vereinen, Moscheen und Wohltätigkeitsinitiativen verfügt und die eine ständige Bedrohung für die ägyptische Regierung darstellt.

Muslimbrüder und Katar

Vor allem aber sind die Muslimbrüder seit 50 Jahren international aufgestellt und in der arabischen Welt und darüber hinaus ein echter Machtfaktor. An der Regierung sind ihre Gesinnungsgenossen in Katar, in der Türkei, mit den Taliban in Afghanistan und eben im Gazastreifen; in vielen anderen Ländern sind sie durch ihre Netzwerke ein wichtiger politischer Akteur.

Die internationale Expansion der Muslimbruderschaft begann mit dem Erdölboom in den frühen 1970er Jahren, als die arabischen Golfstaaten immer mehr Arbeitskräfte brauchten. Neben unqualifizierten Arbeitern aus Pakistan oder Bangladesch kamen auch zahlreiche ägyptischer Lehrer und Techniker auf die Arabische Halbinsel, von denen viele Mitglieder oder Anhänger der Bruderschaft waren. Sie bildeten nicht nur ihre eigenen Strukturen aus, sondern gewannen in den konservativ-religiösen Golfmonarchien auch politischen Einfluss.

Während sie in Saudi-Arabien als Gefahr für die alleinige Macht des Königshauses verstanden und teilweise auch bekämpft wurden, verbanden sich die Muslimbrüder in Katar erfolgreich mit der Herrscherfamilie Al-Thani. De facto ist die Bruderschaft in Katar die herrschende politische Kraft, und das Emirat ein Staat der Muslimbrüder. Sie können die staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen für ihre internationale Agenda benutzen, und Katar ist ihr Hauptfinancier.

Und Katar ist zwar ein kleines Land mit nur 2,7 Millionen Einwohnern, aber mittlerweile ein wichtiger Player im globalen Kapitalismus. Das Emirat ist über seine Dachgesellschaft Qatar Investment Authority (QIA) an zahlreichen internationalen Großkonzernen beteiligt, etwa an VW zu 14,6 Prozent, der Deutschen Bank, an Credit Suisse, an Total, Barclays, dem Flughafen Heathrow, der Reederei Hapag Lloyd, bei der russischen Ölgesellschaft Rosneft oder beim französischen Mischkonzern Lagardere. Weltweit hat QIA etwa 330 Milliarden US-Dollar angelegt und gehört damit zu den ganz großen Playern. Plakativ zum Ausdruck kommt die massive ökonomische Macht darin, dass das Emirat den führenden französischen Fußballklub Paris Saint-Germain (PSG) de facto kontrolliert und den FC Barcelona sponsert. Und dass Katar die Fußball-WM 2022 zugesprochen bekommen hat, brachte dessen Einfluss symbolträchtig ins Rampenlicht.

Muslimbrüder in Europa

2019 wurde ein Finanzierungsprogramm des Staates Katar öffentlich, das auf die Stärkung der Einflussnahme des konservativ-extremistischen Islam in ganz Europa abzielt und das unter anderem die Finanzierung von 140 Moscheebauten, Kulturzentren und Schulen, die alle mit der Muslimbruderschaft zusammenhängen, beinhaltete. 

Mit der in England ansässigen Stiftung „Europe Trust“ ET befasste sich eine österreichische Studie über die „Paneuropäische Struktur der Muslimbruderschaft“. Demnach werde ET von ranghöchsten Führungskräften der Bruderschaft in Europa kontrolliert. Das Unternehmen sei in einer Vielzahl von Finanzgeschäften tätig, hauptsächlich im Immobilienbereich, die ihrerseits verschiedene Einrichtungen des Milieus finanzieren. 

Der Ägypter Yusuf al-Qaradawi, Religionsprofessor in Katar und führender Ideologe der Muslimbruderschaft, der durch seine Predigten im katarischen Fernsehkanal al-Jazeera ein Millionenpublikum erreichte, sagte 2002 auf diesem Sender: „Nach Konstantinopel werden Rom und der Rest Europas folgen. Es gibt Zeichen, dass der Islam nach Europa als Eroberer zurückkehrt und triumphieren wird. Ich glaube, dieses Mal werden wir Europa erfolgreich erobern, nicht mit dem Schwert, sondern durch die Verbreitung islamischer Ideologie.“

Und al-Qaradawi machte auch in anderen Fragen deutlich, was die Muslimbruderschaft für die Gesellschaften auch in Europa im Sinn hat und in welchem Kontrast das zur aufgeklärten Moderne steht. 2004 bemerkte er zu von Muslimen durchgeführten Vergewaltigungen in England, dass nicht die Vergewaltiger, sondern die Vergewaltigungsopfer bestraft werden müssten, sofern sie sich nicht angemessen gekleidet hätten, denn wer ohne Kopftuch und islamisch korrekter Kleidung umhergehe, habe seine Vergewaltigung provoziert, wenn nicht sogar gewollt. 

Deutschland zum Teil der islamischen Umma machen

In Deutschland stehen wohl unter anderem das „Islamische Zentrum München“, der „Zentralrat der Muslime in Deutschland“ und die „Deutsche Muslimische Gemeinschaft“ unter Kontrolle der Muslimbrüder. Die „Muslimische Jugend in Deutschland e.V.“ ist ganz offen die Jugendorganisation der Bruderschaft.

Ibrahim El-Zayat, der langjährige Vorsitzende der „Islamischen Gemeinschaft“ in Deutschland, Betreiber einer Firma mit etwa 100 Moscheebauprojekten und zentrale Schnittstelle zwischen Muslimbrüdern, der türkischen Milli Görus und noch extremistischeren Gruppierungen, soll bezüglich Deutschland geschrieben haben:

„Dieses Land ist unser Land und es ist unsere Pflicht, es positiv zu verändern. Mit der Hilfe Allahs werden wir es zu unserem Paradies auf Erden machen, um es der islamischen Umma (= Gemeinschaft) und der Menschheit insgesamt zur Verfügung zu stellen.“ 

In Österreich steht die „Islamische Vereinigung“ den Muslimbrüdern nahe. In der Dachorganisation „Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ (IGGiÖ) haben sie großen Einfluss. Die Ausbildung von muslimischen Religionslehrern in Österreich sollen sie über die „Islamische Religionspädagogische Akademie“ de facto kontrollieren. In Wien dürften sie mit städtischer Förderung Kindergärten betreiben und über arabische Funktionäre auch Einfluss in der regierenden SPÖ haben. 

Bruderschaft im islamischen Raum

Während die Muslimbrüder seit Jahrzehnten in Europa systematische wirtschaftliche, religiöse und politische Netzwerke aufbauen und über Vereine und Parteien immer mehr Einfluss aufbauen, ist ihre Bedeutung in vielen islamischen Staaten noch weit größer, vor allem in Nordafrika. Ihr Ableger im Sudan, die „Nationale Islamische Front“, spielte bereits 1983 eine wesentliche Rolle bei der Einführung der Scharia.

In Algerien stand ihre Tochterorganisation „Islamische Heilsfront“ 1991 nach einem Wahlsieg kurz vor der Machtergreifung und führte danach einen jahrelangen Bürgerkrieg. In Tunesien stellte ihre Schwesterorganisation, die „Bewegung für Erneuerung“ ab 2011 für zwei Jahre die Regierung. Der 2012 gegründete libysche Ableger der Muslimbruderschaft, die „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung“, ist ein Hauptfaktor im dortigen Bürgerkrieg. In Marokko ist die „Partei die für Gerechtigkeit und Entwicklung“ aus der dortigen Muslimbruderschaft hervorgegangen und stellte von 2011 bis 2021 als stimmenstärkste Partei den Regierungschef.

Außerhalb von Nordafrika ist das Gewicht der Muslimbrüder in islamischen Staaten nicht dermaßen groß. Sie verfügt aber nach eigenen Angaben über Strukturen in über 70 Staaten. Das reicht bis Malaysia und Indonesien. Die türkische Regierungspartei AKP ist ein enger Verbündeter und eine Art Schwesterpartei. Ableger gibt es auch in Israels Nachbarstaaten Syrien, Libanon und Jordanien – und natürlich die Hamas im Gazastreifen und im Westjordanland.

Bedeutung der Muslimbruderschaft

Insgesamt ist die Muslimbruderschaft global gesehen die vermutlich einflussreichste islamische Organisation. Mit Katar kontrolliert sie einen bedeutenden Player des Weltkapitalismus. Mit weiteren Staaten, nämlich der Türkei und den Taliban in Afghanistan, ist sie verbündet. Ihr weltweites Netzwerk durchdringt die meisten islamischen Staaten und auch in Europa nicht nur die muslimischen Gemeinschaften, sondern längst auch staatliche Institutionen.

Die Muslimbrüder werden von vielen naiven politischen Kommentatoren als – im Vergleich zu Al-Qaida oder dem Islamischen Staat – gemäßigte Islamisten eingeschätzt. In Wahrheit verfolgt die Bruderschaft lediglich eine andere Strategie, nämlich auf ein eher kluges, längerfristiges Konzept. Al-Qaida oder IS setzen voller religiös-politischem Eifer auf eine frühzeitige militärische Konfrontation, in der sie zwar viele Menschen töten, aber letztlich scheitern.

Die Muslimbruderschaft hingegen agiert wesentlich geduldiger. Sie baut über viele Jahrzehnte ihre ökonomischen, religiösen, politischen und militärischen Strukturen sowie ihre Verankerung in Institutionen und in der Bevölkerung auf. Sie arbeitet dabei, etwa in dem palästinensischen Autonomiegebieten oder in europäischen Staaten, auch mit der demografischen Entwicklung, einer Art Geburtendschihad.

Erst dann, aus einer Position der Stärke, sucht die Muslimbruderschaft die Konfrontation und ist dann – ganz in der Tradition der islamischen Expansion – um nichts besser als Al-Qaida oder IS. Aktuell bewiesen hat das die Hamas, ihre palästinensische Zweigstelle. Aufgrund ihrer überlegten und geduldigen Strategie und ihrer Verbreitung ist die Muslimbruderschaft letztlich global gesehen die deutlich größere Gefahr als Al-Qaida oder der IS.

(1) Dunja Larise und Thomas Schmidinger: Zwischen Gottesstaat und Islam - Handbuch des politischen Islam. Wien 2008

(2) Muhammad Murtaza: Die ägyptische Muslimbruderschaft – Geschichte und Ideologie. Berlin 2011

(3) Brynjar Lia: The Society of the Muslim Brother in Egypt - The Rise of an Islamic Mass Movement 1928–1942, Reading, 1998

Eric Angerer, Jahrgang 1974, ist Historiker, Sportlehrer und freier Journalist. Sein politisches Engagement bezog sich lange Zeit vor allem auf die Unterstützung der Selbstorganisation von Beschäftigten in Großbetrieben. Zuletzt war er in der Bewegung gegen das Corona-Regime aktiv.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes konnte der Eindruck entstehen, eine britische Studie habe aufgedeckt, dass von einer in England ansässigen Stiftung „Europe Trust“ (ET) Millionenbeträge unter anderem an die Deutsche Muslimische Gesellschaft (DMG) fließen. Dieser Eindruck war falsch. Es gibt keine britische Studie, der zufolge Millionenbeträge von der in England ansässigen Stiftung „Euro Trust“ an die DMG fließen. Die entsprechende Passage haben wir daher entfernt. Wir bitten, dieses Versehen zu entschuldigen.

Foto: Elagamytarek CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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N. Schneider / 18.02.2024

Der Islam ist genozidal. Menschen die nicht dem Islam angehören spricht er das Existenzrecht ab. Ausnahme: Den Anhängern der Buchreligionen – Juden und Christen die er als minderwertige Wesen betrachtet – gesteht er ein Leben als ‘Dhimmi’ zu, sofern diese ihre Unterwerfung und ständige Erniedrigung akzeptieren.

Charlene Riske / 18.02.2024

“Man leistete einen Treueid auf Gott” - Was hat Gott mit dem Islam zu schaffen? Der Autor meinte wohl “Allah”, also eher das Gegenteil von Gott.

Klaus Keller / 18.02.2024

An Thomas Szabó: Menschen sind wie andere Raubtiere nicht böse nur weil sie töten. In entwickelten Kulturen wurde das töten nur unnötig. Ein Schwert führen zu können brachte nichts als man die Armbrust und die Pistole erfunden hatte. Auch Deutsche lernten französisch und übten sich in Diplomatie. Das sich das christliche Abendland heute nicht besser verhält sieht man in der Ukraine. Die SPD Politikerin Barley wünscht sich europäische Atomwaffen. Hat also eine gewisse Neigung zum Massenmord. Im Moment ist Olaf Scholz noch auf die nukleare Teilhabe an den Waffen der USA über die NATO angewiesen. Vor 2000 hatte ein Aktivist in Judäa andere Konfliktlösungsstrategien vorgeschlagen und viele Anhänger gewonnen. Rom befürchtete einen Aufstand, wie so oft und lies in kreuzigen. Aufstände gab es weiterhin. Um 70 Zerstörung des Tempels usw. 4 v Chr Varus war Statthalter in Judäa und lies bei Jerusalem 2.000 Juden kreuzigen. Bei der Befriedung Germaniens hat er sich um 9 n.Chr eine blutige Nase geholt und 3 Legionen verloren. Er hat es wohl vorgezogen sich selbst zu töten. +++ Es gibt nichts neues unter der Sonne.

Ralf Pöhling / 18.02.2024

Ein absolut fantastischer Artikel, Chapeau! Sollte jeder(!) als verifizierte Informationsquelle ernst nehmen. Zitat 1.:„Nach Konstantinopel werden Rom und der Rest Europas folgen. Es gibt Zeichen, dass der Islam nach Europa als Eroberer zurückkehrt und triumphieren wird. Ich glaube, dieses Mal werden wir Europa erfolgreich erobern, nicht mit dem Schwert, sondern durch die Verbreitung islamischer Ideologie.“” Zitat 2.:„Dieses Land ist unser Land und es ist unsere Pflicht, es positiv zu verändern. Mit der Hilfe Allahs werden wir es zu unserem Paradies auf Erden machen, um es der islamischen Umma (= Gemeinschaft) und der Menschheit insgesamt zur Verfügung zu stellen.“  DAS ist genau was hier läuft. Nichts anderes. Die Muslimbrüder sind im Westen in Tarnung. In Europa, auch hier in Deutschland und sogar den USA. Die treten auf als das, was der Verfassungsschutz als “legalistische Islamisten” bezeichnet. Die geben sich liberal, sind es aber nicht. In diese Kategorie fällt auch Khashoggi. Und man darf einen Fehler nicht machen: Nur weil die Muslimbruderschaft ihren Ursprung in Ägypten hat, sind das nicht alles Ägypter. Im Gegenteil, die verbreiten ihre Ideologie mittels Gehirnwäsche in den Moscheen und kaufen sich derweil unter Mithilfe von Katar bei uns ein. In der Türkei waren sie damit bereits erfolgreich und haben nahezu die gesamte Türkei okkupiert und gegen den Willen Atatürks umgedreht. Um das vor dem türkischen Volk zu rechtfertigen, haben Sie Atatürk mal eben zum “Juden” umdefiniert, was natürlich eine Propagandalüge ist. Ich bin damit selbst in Berührung gekommen. Die sind hier in Deutschland. Schon lange. Die Grenzöffnung 2015 war bereits direkte Folge von deren Einfluss auf unsere Politik. Und seitdem, ist deren Anzahl gigantisch gestiegen. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, wie man das abwehrt. Wir brauchen eine zahlenmäßig starke bewaffnete(!) Defensive. Sonst wird das unglaubliche Kollateralschäden nach sich ziehen. Ihr kennt meine Forderungen…

Gregor Waldersee / 18.02.2024

>>>T. Szabo: “Der Islam ist ein Fall für die Psychologen….Ich kann mir nicht erklären, wie es möglich ist, ab einem gewissen IQ noch ein Muslim zu sein.” Sie kennen das Buch von Burkhard Hofmann, einem Psychotherapeuten, bestimmt,Titel: “Und Gott schuf die Angst”. Er therapierte eine Sache, die dem Menschen den Verstand und die Humanität raubt. Muslime tun mir leid, sie frönen einem irren, frauenverachtenden, völlig absurden Kult, der bei uns nichts zu suchen hat. Die angebliche Unreinheit der Frauen (dürfen während der Menstruation keine religiöse Kulte ausüben) veranlasste Mohammed auch dazu, den gläubigen Männern zu verbieten, den Frauen bei der Begrüßung die Hand zu geben. Er selbst berührte die Hände der Frauen bei der Begrüßung auf keinen Fall: “Ich gebe Frauen niemals die Hand.” Frauen müssen Henna auf ihren Händen tragen, dann könne man sie ab und zu berühren, nach Mohammed.  Die Henna-Nacht, “Kina“ genannt, ist heute ein unter Muslimen verbreiteter Brauch. In der Türkei treffen sich am Vortag der Hochzeit die engsten Verwandten und Freundinnen der Braut, um ihre Handflächen und Finger mit „Henna“ zu bemalen. Die konzeptionellen, frauenfeindlichen Fallstricke des Islam sind für jeden Mensch mit einem IQ ab 80 aufwärts schnell zu begreifen. Mir unverständlich, dass die Grünen, Linken, FDP und SPD dies nicht in ihre Köpfe bekommen. Der Islam ist ihr Untergang. Die Niederländer machen mir Hoffnung, sie scheinen inzwischen begriffen zu haben.

Jochen Lindt / 18.02.2024

Der Autor hat den wichtigsten Unterstützer ausgelassen: Die CIA.  Muslimbruder Mursi war lange in USA, bzw. dort tätig im Exil. Promoviert an der U Southern California, sowie Professor an der California State U. Ob er CIA Agent war, lässt sich selbstverständlich nicht klären, allerdings sind alle seine Familienangehörigen amerikanische Staatsbürger.  Auch die Taliban und verschiedene andere islamische Lieblinge sind Produkte der CIA.  Auf das Konto der Europäer gehen auch einige, zu nennen sei hier Khomeini(-> Frankreich) und nicht zu vergessen Erdogan (-> Deutschland).

Ralf Leistner / 18.02.2024

Muslimbruderschaft - Dachorganisation der Hamas - von 1938 bis 1945 von den Nazis finanziert. Also A***fs letzte Rache. Oder anders: die letzten echten Nazis, und sie arbeiten nach wie vor an der Endlösung.

HHolger Kammel / 18.02.2024

Hass und Hetze sollen doch verboten werden. Dann sollte doch die Haßbibel, namens Koran als erstes verboten werden. Wie oft wird in diesem Buch zur Ermordung von Ungläubigen und zur Vergewaltigung aufgerufen? Die Kriminalstatistik spricht Sprache.

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