Man muss Facebook verstehen: Mit der MaaSi im Nacken sperrt man lieber einen oder hundert User mehr, als es gesetzlich – am Recht der Meinungsfreiheit gemessen – zulässig wäre. Oder der Kunstfreiheit.
Seit Monaten sperrt Facebook Konten nach Gutsherrenart. Oder muss man sagen „nach Kalifenart“? Vor allem kritische Stimmen zum Islam und dessen Auswirkungen auf die demokratische Gesellschaft werden zuverlässig stumm geschaltet. Dies geschieht entweder mit Komplettsperrungen zwischen 24 Stunden und 30 Tagen oder anderen Maßnahmen. Mal kann der Delinquent nicht mehr einen anderen Beitrag liken oder teilen, mal werden Profile quasi unsichtbar, so dass Kontakte aus dem persönlichen Umfeld nicht mehr angezeigt bekommen, was ihre Verknüpfungen schreiben. Auch verschwinden immer wieder Links zu externen Quellen, aktuell zur kritischen Berichterstattung über die Freiburger Antifa-Krawalle.
Auch ich wurde neulich mal wieder gesperrt, gleich für 30 Tage. Ich hatte ein Gedicht in meiner Chronik gepostet, das auf ironische Weise mit Klischees spielt. Beispiel:
Weiße Männer protestieren
geh'n in Dresden demonstrieren.
Tragen Hütchen, meistens Cord,
schreien "Asylanten fort!"
Es gab sehr schnell Kommentare von befreundeten Usern, denen das Ironische nicht entgangen war: „Was ist dagegen Goethe?“ fragte einer, ansonsten gab es etliche belustigte Likes. Auch wurde das Poem von einigen geteilt. Mit großem Erstaunen stellte ich dann wenig später fest, dass ich von Facebook wegen Hassrede für einen ganzen Monat gesperrt worden war.
Ich regte mich nicht auf. Das Gedicht enthielt vermutlich das eine oder andere Triggerwort, auf das Facebooks automatische Zensur-Algorithmen angesprungen waren, zum Beispiel in der Strophe
Alte Männer, diese Ferkel
mögen Künast nicht, noch Merkel.
hassen Roth und noch mehr Beck
stoßen alle in den Dreck.
Auch Zeilen wie „Weiße Männer sind die Pest / Seht nur aufs Oktoberfest!“ konnten vermutlich bei einem strunzdoofen Algorithmus, der einzig auf bestimmte Wörter trainiert ist und für Ironie so wenig Sinn wie ein Schimpanse besitzt, für Alarm sorgen. In der Annahme, bei einer – von Facebook selber angebotenen – Nachprüfung werde wohl ein nicht ganz so unterbelichteter, lebendiger Mensch die Ironie des Gedichts erkennen und die Sperre wieder aufheben, legte ich Einspruch ein. Entgegen jedem gesunden Menschenverstand kam am nächsten Tag die Antwort: die Sperrung bleibe aufrecht erhalten. Ich sah es als Chance, mich von Facebook erst zu entwöhnen und dann vollkommen abzumelden.
Nicht fähig gereimte Ironie als solche zu erkennen
Facebook Deutschland sperrt Mitglieder ohne jede rechtliche Basis. Facebook Deutschland hat zur Sperrung von Mitgliedern Mitarbeiter eingestellt, die nicht fähig sind, gereimte Ironie als solche zu erkennen. Facebook Deutschland erlaubt sich im Übrigen, selbst Mitglieder, die außerhalb Deutschlands leben, nach deutschen Vorgaben zu zensieren. Von Facebooks Wesen soll die Welt genesen.
Ich hätte juristisch dagegen angehen können. Anwälte wie der Achse-Kollege Joachim Steinhöfel und der Freiburger Jurist Christian Stahl sind inzwischen für solche Fälle bestens gerüstet. Doch ich wollte allgemeiner der Sache auf den Grund gehen und bot Facebook über seine Pressestelle die Gelegenheit zu einer Stellungnahme an. Eine Antwort auf die Frage, was FB zu meiner konkreten Sperrung sage, interessierte mich natürlich. Aber auch, woher Facebook Deutschland sich das Recht nehme, außerhalb Deutschlands wohnende User zu sperren und welche Qualifikationen die mit den Sperrungen beauftragten Mitarbeiter aufweisen, hatte ich aufgelistet. Eine Antwort auf diese Fragen gab es bis heute nicht.
Und so habe ich mein dortiges Konto geschlossen. Man kann zweierlei dazu sagen: „Genau das wollen sie!“ und „Wer sich bei Facebook aufhält, ist selber schuld.“ Beides ist so richtig wie unpassend. Ich sehe Facebook weiterhin als wertvolle Informationsquelle. Nicht Facebook selber, aber die Beiträge ausgewählter Kontakte. Zugleich möchte ich aber auch nicht mehr der Willkür von Leuten ausgesetzt sein, die offensichtlich intellektuell völlig überfordert sind. Wer bei Facebook über sperren / nicht sperren entscheidet, hat ganz offensichtlich keinen anspruchsvolleren Job gefunden. Ich gebe zu: Von so jemandem in seiner Meinungsfreiheit beeinträchtigt zu werden, geht mir gegen meine Ehre.
Laut Freunden, die einst die DDR miterlebten, wusste man dort zumeist, bis wohin man sich offen äußern konnte und ab wann nicht mehr. Da ist Facebook doch um einiges dreister, was die Unterdrückung von Meinungsfreiheit angeht. Und ehe der Einwand kommt: Nein, Facebook kann sich auch als Privatunternehmen nicht einfach die Welt so drehen, wie es ihm gefällt. Das Geschäftsmodell Facebook lebt vom Content der Mitglieder; der Content hat also einen ganz anderen Stellenwert als beispielsweise ein Leserbrief an eine Zeitung, der nach Belieben gedruckt wird oder nicht. Vor allem muss sich Facebook an Gesetze halten, und zu denen gehört auch das Recht auf Meinungsfreiheit.
Das Geld wird mit Werbung gemacht
Und nun zum eigentlichen Punkt: Facebook ernährt sich vom Content der User, doch eben nicht nur. Das Geld wird mit Werbung gemacht. Jeder gesperrte Teilnehmer bedeutet: ein potenzieller Kunde für angebotene Produkte weniger. Ob Facebook das egal sein kann? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Es kommt auf die Masse an. Daher haben sich nun Mitglieder zusammengetan und schreiben jedes Unternehmen, das bei Facebook Werbung schaltet, an. Was nicht schwer ist, sie alle haben auf ihren Webseiten Kontaktformulare und Mailadressen.
Einer der Initiatoren schreibt dazu: „Die Social Media Manager sind sehr darauf erpicht, dass ihre Channels laufen und die flankierenden Sponsorings Wirkung erzielen. Und jeder gute Marketingleiter weiß – auch wenn nur wenige solcher Zuschriften eintrudeln –, dass die Dunkelziffer dahinter unangenehm sein kann. Über kurz oder lang landet diese Info dann bei FB...“
Eine mögliche Zuschrift kann zum Beispiel so aussehen:
Guten Tag,
ich habe heute bei Facebok ihre Werbung gesehen und dachte spontan: „Das könnte etwas Nützliches für mich sein.“ Aber ich werde es nicht bestellen. Facebook respektiert nicht das Recht auf Meinungsfreiheit in Deutschland. Sobald jemand etwas Kritisches über politische Fragen postet, ist er in Gefahr, bis zu 30 Tage lang gesperrt zu werden. Das Posting muss nicht einmal gegen das Recht auf Meinungsfreiheit verstoßen, es genügt, dass es einem Mitarbeiter bei Facebook nicht gefällt. Ich werde diese undemokratische Praxis nicht unterstützen, und das würde ich, wenn ich etwas kaufe, das über Facebook angeboten wurde.
Seit einiger Zeit beschäftigen sich Rechtsanwälte und Gerichte mit diesen Fällen. Ergebnis: Facebook muss immer wieder Sperrungen zurücknehmen.
Ich kann mir vorstellen, dass das nicht in Ihrem geschäftlichen Interesse ist. Denn ich bin nicht der Einzige, der aus diesem Grund Facebook-Inserate ignoriert. Und daher ist es sicher in Ihrem Interesse, Facebook darauf hinzuweisen, dass Ihnen diese Art der Zensur nicht passt.
Mit freundlichen Grüßen
Dear Sir or Madam,
just noticed your nice promotion on Facebook and thought spontaneous „not bad, this is an useful offer“. But I will not order. Because Facebook does not respect the right of free speech in Germany. As soon as someone posts something critical about politics, he is in danger to be excluded from Facebook up to 30 days. This happens more and more often, even if you don't write something rude and remain within the guaranteed right to speak free. Never I will support Facebook's undemocratic suppression of free speech! What I would do, if I would buy something, that was advertised there.
Lawyers and courts are more and more involved in these cases. It is obvious, that Facebook goes much too far with exclusions.
I can imagine you let Facebook know that their suppression of free speech is against your business. At least it could be a good idea cause we’re in the same boat.
Kind regards,
(...)
Wie ich anfangs sagte, man muss Facebook verstehen: mit der MaaSi im Nacken sperrt man lieber einen oder hundert User mehr, als es gesetzlich – am Recht der Meinungsfreiheit oder der Kunstfreiheit.gemessen – zulässig wäre. Man muss aber auch die Mitglieder verstehen, die sich nicht mit willkürlicher Sperrung abfinden wollen und dagegen etwas unternehmen. Und wenn das so wenig Mühe macht wie das Schicken einer Nachricht an Werbekunden, spricht nichts dagegen, sich daran zu beteiligen. Vorausgesetzt, Meinungsfreiheit ist einem nicht egal.