Wolfgang Röhl / 10.03.2014 / 00:03 / 8 / Seite ausdrucken

MH 370: Jetzt hat der Leser das Wort!

Übers Wochenende surfen sie wie blöd. Pupsen dann in ihren Rollensessel und ab geht’s. Wenn etwas noch völlig Ungeklärtes geschieht, wie das Verschwinden eines Flugzeuges vom Himmel, dann zeigt die Gemeinde der anonymen Internetjunkies ihre dämlichste Visage. Habe just eine gute Hundertschaft von „Forenbeiträgen“ auf „Zeit online“ über ein Stück zum Fall MH 370 überflogen. Bin von den letzten Illusionen abgefallen, die mir bezüglich der Leser dieser Publikation möglicherweise noch geblieben waren. Ein solches Inferno von Verschwörungstheoriekacke jeder nur denkbaren Art, von sinnfreiem Gelaber und gegenseitigen Beleidigungen der über die Ursachen des mutmaßlichen Absturzes verzankten Foristen, all dies auf der Basis selbstredend überhaupt nicht belastbarer Informationen irgendwelcher Medien – ist es das, was man unter Internetdemokratie versteht? Dass jeder Depp seine Textwürfel ins Netz kotzen darf?

Leid tun mir die Administratoren des Zeit online-Forums. Was haben die verbrochen, den unfassbaren Mist freistellen zu müssen? Wurden sie strafversetzt, wegen irgendwelcher redaktioneller Missetaten? Lässt man den Job Studenten oder andere Bedürftige verrichten, die auf jeden Euro angewiesen sind? Den einen oder anderen offenbar besonders krachenden Irrsinn haben die Admins tapfer gelöscht („Bitte verzichten Sie auf Spekulationen“). Doch ist nahezu alles, was in den Kommentaren aufscheint, gar nichts anderes – strunzdummes Zeug von Lehnstuhl-Schlaumeiern, die wahlweise Islamisten, Russen, Chinesen, Amerikaner, unfähige Piloten, schon mal reparierte Tragflächen oder besser noch „Geheimdienste“ verdächtigen, die Triple Seven gekillt zu haben.

Es verhält sich ja nun mal so: Der Online-Auftritt eines Blattes verrät auch ein bisschen was über das wahre Gesicht der Marke. Über das seiner Leserschaft nämlich. Wäre ich am Image der „Zeit“ interessiert, ich würde ihr raten: Den Käse unverzüglich abschalten. Stinkt zum Himmel.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-03/vietnam-malaysia-flugzeug-verschollen?commentstart=89#comments

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Leserpost

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Caroline Neufert / 12.03.2014

Und wo ist nun das Flugzeug ? Ein Flugzeug mit 240 Menschen seit mehr als 5 Tagen verschollen. Spurlos. Wo sind die Journalisten, die fragen ? Dagegen zur Minute WO- Unfallmeldung. 1 Toter bei Wohnhausexplosion in NY.

Boris Grzésik / 11.03.2014

Tja: »Web 2.0«! – User generated content und so, die Sogwirkung des ziemlich Bescheidenen, dafür aber ganz viel davon und immer raus mit den Gefühlen, total offen und direkt. Manche nennen das auch gleichsam revolutionär: »Demokratie im Netz!« Als sei es eine besonders edle Form der Vergesellschaftung, sich folgenlos rundherum auskotzen zu dürfen. Und alle kriegen was ab. So, wie Wikipedia ein ganz taugliches Online-Lexikon sein könnte, wäre so etwas wie eine kompetente Redaktion mit im Spiel und nicht ein Haufen sendungsüberbewusster Webfanatiker, so könnten Internet-Foren eigentlich eine prima Form sein, erbaulichen Meinungsabgleich zu betreiben – wäre der Zugang zu ihnen irgendwie nach zivilisiertem menschlichem Ermessen steuerbar, was er nicht ist. Nirgends. Und was er wohl nie sein wird. Ich habe auch in ganz privaten Foren (die sich eigens in der idealistischen Absicht gründeten, den sonst üblichen, primitiven öffentlichen Furor zu umgehen) nicht lange warten müssen, bis die Foristen sehr persönlich wurden und verbal aufeinander einprügelten, wie kein Stammtisch in der einfachsten Kneipe es sich jemals erlauben würde. Es sind – meine Wahrnehmung – das mit Gestik, Mimik und vielleicht einem versöhnlichen Augenaufschlag vermittelnde echte Gegenüber, das in Internet-Foren fehlt, sowie das das öde, alte, geduldige Papier, welches keine Freischaltung braucht, die zu einem ordentlichen, halbwegs erbaulichen Meinungsabgleich fehlen. Das ist vielleicht ein Hauptproblem von Internet-Foren: Einerseits versuchen sie, spontanen, gesprächsnahen Austausch zu ermöglichen, andererseits sind sie an das geschriebene Wort gebunden. Wie es scheint, produziert diese Parallelität der Ebenen ein Grundrauschen ärgerlichen Schwachsinns, hanebüchener Ungezogenheit und im Ergebnis strahlende Inkompetenz hier wie dort. Und vor allem: Immer feste drauf! (Jedoch nicht bei den digitalen Ablegern von Frauenzeitschriften: Da geht es meist irritierend versöhnlich zu.) Aber eigentlich ist der Nukleus dieses Phänomens in »Godwins’s Law« schon ausreichend beschrieben. Die logische Folge wäre eigentlich: Let it be. Macht aber keiner ...

Martin Wessner / 10.03.2014

ZITAT: “Habe just eine gute Hundertschaft von „Forenbeiträgen“ auf „Zeit online“ über ein Stück zum Fall MH 370 überflogen. Bin von den letzten Illusionen abgefallen, die mir bezüglich der Leser dieser Publikation möglicherweise noch geblieben waren. Ein solches Inferno von Verschwörungstheoriekacke jeder nur denkbaren Art, von sinnfreiem Gelaber und gegenseitigen Beleidigungen der über die Ursachen des mutmaßlichen Absturzes verzankten Foristen, all dies auf der Basis selbstredend überhaupt nicht belastbarer Informationen irgendwelcher Medien – ist es das, was man unter Internetdemokratie versteht? Dass jeder Depp seine Textwürfel ins Netz kotzen darf?” @W. Röhl Überall, aber gewiss nicht bei der “Die Zeit” kann man seinen “Textwürfel abkotzen”, Herr Röhl. Dafür sorgt schon allzeit wachsame “Die Redaktion/DD”, die mit dem gestrengen Blick eines Oberstudienrats bei einer katholischen Bildungseinrichtung die Texte liest, diese auf ihre Tugendhaftigkeit und Wohlanständigkeit hin überprüft, dann editiert(löscht) und abschließend noch moralische Fingerzeige a’la, “Gekürzt. Bitte achten Sie auf einen sachlichen Tonfall und beachten Sie, dass beleidigende Äußerungen hier nicht erwünscht sind. Vielen Dank, die Redaktion/dd” vergibt, damit sich der Schreiber daran ein Beispiel nehmen und sich sittlich läutern kann. Und was die “Verschwörungstheoriekacke” betrifft: Ja, da haben sie zu 100% Recht. Und es ist sogar noch schlimmer, denn diese finden sie nicht nur in den Kommentaren zu diesem Artikel, sondern, zumeist noch gemischt mit einer ebenso deftigen Portion “Antikapitalismustheoriekacke”, “Antizionismuskacke” und Antiimperialismuskacke” auch in allen anderen Kommentarbeiträgen, die zu den Artikeln der “Die Zeit” von der “Die Redaktion/DD” freigeschaltet werden. Was ja impliziert, bzw. was zumindest den Verdacht nahelegt, dass die Zeit-Administratoren, diesen “unfassbaren Mist” nicht mit unter Zuhilfenahme von Valium und Magesäureblockern freistellen “müssen”, sondern vielmehr freistellen WOLLEN, weil es nämlich in ihnen genauso “denkt” wie in den Köpfen all jener, die derartig “strunzdummes Zeugs” in die Welt setzen.

Claus Schwarz / 10.03.2014

Aus der Seele gesprochen - Ihr Beitrag gilt für viele Foren, in denen Spambotrentner und andere Öchsperten heutzutage permanent ihre mentale Diarrhöe absondern. Oder wie es mal ein Bekannter von mir formuliert hat: nichts ist nerviger als Ökoaktivisten, Universalexperten und Expertinnen und Rentner mit Flatrate, Internetanschluss und mailadresse….

Peter Schaefer / 10.03.2014

Werter Herr Röhl, als langjähriger Forenadministrator möchte ich Ihnen frühlich zurufen - Willkommen im Real Life! Schon Anfang dieses Jahrtausends oder gegen Ende des letzten Jahrtausends beschrieb Dirk Burchard das Wesen der neuen Kommunikation im Internet mit folgendem Gleichnis: “Das ist halt der Effekt des usenets, daß man auch mitbekommt, was andere so “denken”, die an einem sonst allenfalls im Supermarkt ihren Einkaufswagen mit Dosenbier vorbeischieben.” Wenn Sie sich also nun wundern, was da so alles an Meinungen und Schwurbeleien auftauchen, dann liegt das nicht an der Zeitung, nicht am Internet und nicht an irgendwas anderem, sondern schlicht daran, wie Menschen in der großen Breite sind und kommunizieren. Das Internet ist nichts als ein verlängerter Stammtisch - deutlich länger übrigens als die Theken Düsseldorfs zusammen. Man kann sich über den Blödsinn der da geäußert wird nun ärgern oder einfach nur wundern. Es hilft auf jedem Fall einen Blick aus dem eigenen Elfenbeinturm zu werfen, damit man sich nicht selber zu weit vom realen Leben und seinen Menschen entfernt. mit herzlichen Grüßen Peter Schaefer

Martin Lahnstein / 10.03.2014

Online sehen doch alle Zeitungen gleich aus. (Dabei gäbe es fürs Design unendliche Möglichkeiten). Also sind auch die Beiträge alle von derselben Art. Ein Fremdschamblocker wäre denkbar, müsste aber für jeden individuell entwickelt werden. Einen freundlichen Gruß an alle gestressten Moderatoren.

Jakob Geest / 10.03.2014

Ja, auch das ist Demokratie. Und das beste: man muss es nicht lesen :-)

Caroline Neufert / 10.03.2014

Meine Meinung: Am 8.3.14 um 2.40 MYT (am Freitag kurz vor der Tagesschau in D) gab es den letzten Funkkontakt mit MH370. Heute, fast 58 Std später, können die Medien noch immer nichts über den Verbleib der Maschine berichten. In Zeiten von Satellitenüberwachung, globaler Vernetzung und immenser technologischer Möglichkeiten verwundert es, dass ein Flugzeug, nicht eine einmotorige Cessna Typ 152, nein, eines mit mehr als 200 Menschen an Bord, einfach nicht auffindbar ist ... Können wir uns jetzt beruhigt zurücklehnen ... Überwachung ist eine Farce ? PS Das Leid der Fliegenden und deren Angehörigen ist nicht vergessen.

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