Gastautor / 16.07.2019 / 06:00 / Foto: Mary / 132 / Seite ausdrucken

Mein Lehrerstudium: Haltung, Haltung über alles

Von Luise Witt.

Noch immer ist das herausragende Wahlergebnis der Grünen in Deutschland besonders bei der jungen Generation unter 30 in aller Munde. Die Ursachen hierfür mögen schon anderweitig diskutiert worden sein. Als angehende Lehrerin erlebe ich jedoch die Auswirkungen der Biotope Schule und Uni als Mitverursacher eines solchen Wahlergebnisses. Täglich erlebe ich die Ausbildung des neuen pädagogischen Nachwuchses hautnah und wie Indoktrination aufgezogen wird. 

Haben Sie sich einmal die Zeit genommen, um über Ihre Demokratiekompetenz nachzudenken? Und dabei nicht vergessen, Ihre weiße, privilegierte Sichtweise zu reflektieren? Bisher bewegten mich diese und viele weitere äußerst progressive Fragen nicht im Geringsten. Ich hoffte, die Beantwortung solcher Fragen den Politik- und Genderstudenten überlassen zu können. Leider weit gefehlt: Heutzutage sind solche Fragen auch in einem Lehramtsstudium omnipräsent. Als Lehrer soll ich im Unterricht nicht nur fachliches und methodisches Wissen und Können vermitteln, sondern – zumindest in Berlin und Brandenburg – auch Kompetenzen, die angeblich für die Lebensgestaltung in einer diskriminierungsfreien, demokratischen und vielfältigen Gesellschaft unabdingbar sind. Module wie „Demokratiepädagogik“ sind somit selbstverständlicher Bestandteil meines Studiums. Schließlich soll sichergestellt werden, dass die Schüler von heute und morgen die Fragen der Zeit „demokratisch kompetent“ beantworten können. 

Haltung aufbauen und festigen – so könnte kurz und knapp das Ziel der Lehrveranstaltung „Demokratiepädagogik“ und vieler weiterer lauten. Für uns Lehrer leitet sich daraus die Aufgabe ab, demokratische Werte sowie politische Urteilsfähigkeit zu vermitteln sowie die Widerstandskraft und Zivilcourage der Schüler in Hinblick auf antidemokratische Tendenzen in der Gesellschaft zu stärken. Die Schüler sollen eine Meinung entwickeln und diese auch vertreten, sollen Partizipation erlernen und einüben. Doch was hinter dieser breitgelatschten Phrase verborgen bleibt, ist der Zusatz: „die richtige Meinung und Partizipation“. Blicke ich hinter die Fassade, ist es meine Aufgabe, die Schüler anzuleiten, „politisch korrekt“ zu denken und zu handeln. Deutlich wird für mich, dass sich diese Partizipation nicht nur auf Events wie „Fridays for Future“ beschränken soll, sondern die Ermutigung mit einschließt, sich als „ehrenamtliche Helfer“ in diversen Organisationen mit den „richtigen“ Zielen zu betätigen. Die erschreckenden Auswirkungen dieser „Handlungskompetenz“, mitbedingt durch äußere Ermutigung und fehlende Maßregelung, werden wir noch verstärkt beobachten können. 

Zu einem Softwareingenieur dressiert

Unbestritten ist es wichtig, dass junge Menschen dazu angeregt werden, sich mit großen und kleinen Fragen ihrer Zeit zu befassen. Jedoch sind die Methoden und versteckten Ziele dieses Unterfangens sehr fraglich. Willige Hilfe zur Umsetzung der politischen Agenda – so könnte ich das Ziel knapp zusammenfassen. Metaphorisch gesprochen werde ich das Gefühl nicht los, zu einem Softwareingenieur dressiert zu werden, der den Kindern später das allgemeine, gleiche und politisch korrekte Betriebssystem aufspielen soll. 

Ausführlich werden uns die Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses zur Politischen Bildung an Schulen – wie etwa das Neutralitätsgebot – von 1976 näher gebracht. Selbstverständlich wird heutzutage nicht vergessen zu erwähnen, dass dies alles nur für demokratische Meinungen gilt. Kurz gesagt sollen wir so lange neutral sein, wie der Rahmen des politisch Korrekten nicht gesprengt wird. Darüber hinaus ist die Meinungsfreiheit, ein demokratisches Grundrecht, ein Menschenrecht, offensichtlich nicht mehr zu schützen.

Einen Eindruck, wie uns die Notwendigkeit von „Demokratiepädagogik“ näher gebracht wird, können Sie beim Lesen des folgenden Auszugs aus dem Manifest „Haltung zählt“ des Bayrischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes erhalten:

Wir beobachten, wie unsere Gesellschaft gespalten und Menschen emotional aufgehetzt werden sollen. Extreme Gruppierungen und Personen, insbesondere Repräsentanten der Rechtspopulisten und Rechtsextremen, tragen zu dieser Verrohung des Umgangs maßgeblich bei. Damit wird der Boden bereitet für Zwietracht, Verfolgung und physische Gewalt. […] Wir wollen, dass unsere Kinder in einer weltoffenen Gesellschaft leben. Unsere Kinder sollen Respekt, Wertschätzung und Interesse für die anderen Menschen erleben und leben – unabhängig davon, welcher Religion sie angehören, welche Hautfarbe sie haben, welche Muttersprache sie sprechen und welche Meinung sie vertreten. Als besorgte Lehrerinnen und Lehrer appellieren wir deshalb an alle, unsere Gesellschaft vor Spaltung, Brutalität, Rücksichtslosigkeit und Radikalisierung zu schützen und so unsere Demokratie zu bewahren. Lassen wir uns nicht einschüchtern und setzen wir uns selbstbewusst und kompromisslos ein.“ (Hervorhebungen von Luise Witt)

Sammelpass für mehr Vielfalt

Und damit sichergestellt wird, dass wir bereits über die richtige Haltung verfügen und diese „selbstbewusst und kompromisslos“ umsetzen, wenn wir an die Schule kommen, wird an der Uni nichts dem Zufall überlassen. 

Projektwochen gegen Rassismus und für die Seenotrettung, Plakatausstellungen für die Demokratie und die Vielfalt auf Arabisch, Vorlesungsabende mit allseits politisch korrekten Themen von der interkulturellen Kommunikation bis hin zur Polyamorie und „sexuellen Vielfalt“ – das alles ist mittlerweile Alltag. „Extremismusprävention“, Flucht, Migration, Islam und Inklusion sind einige der häufigsten Schlagwörter der Zeit. Thematisch und didaktisch bereichernde Veranstaltungen muss ich suchen, es sei denn ich möchte mich in „irgendwas mit Diversity“ weiterbilden. Ganz spitzfindig wurde ein Sammelpass eingeführt, mit dem ich mich zu dem Besuch der politisch korrekten Veranstaltung beglückwünschen lassen kann. Noch ist der Fakt, dass ich keinen Sticker in diesem Heftchen besitze, nur stigmatisierend, nicht studienentscheidend. Doch wer weiß, wie lange noch? 

Während oberflächlich alle in Buntheit und Vielfalt schwelgen, wacht über allem die Erinnerung an die dunkle Geschichte Deutschlands. Indem zu jedem Thema, das nicht diskutiert werden soll, eine totschlagende Verbindung zur Zeit des Nationalsozialismus oder Kolonialismus gezogen wird, ist jeder kritischen Auseinandersetzung ein Riegel vorgeschoben, sei es in der Demokratiepädagogik oder der Inklusionsvorlesung. Während uns NS-Propagandavideos gezeigt werden, wird gleichzeitig unterstrichen, dass sich unser heutiges Demokratie-, Inklusions-, Etcetera-Verständnis als Lehre aus diesen schrecklichen Zeiten entwickelt hat. Und sofort wird jegliche Kritik an Themen wie grenzenloser Inklusion unmöglich, wenn man nicht öffentlich auf die Stufe mit „unmoralischen Populisten“ gestellt werden möchte. Wir Lehramtsstudenten argumentieren mittlerweile nur noch entsprechend der politisch korrekten Vorgaben. Die Phrasen kenne ich mittlerweile auswendig:

Sind alle gleich hübsch, friedlich und talentiert?

Eine deutsche Kultur gibt es nicht mehr, wir sind alle bunt, wir „Weißen“ sind privilegiert, egozentrisch und uns unserer ehemaligen historischen und kolonialen Rolle zu wenig bewusst. Warum sind in unseren Hausarbeiten immer nur hauptsächlich weiße Männer im Literaturverzeichnis? Da brauchen wir unbedingt eine Frauen- und Diversity-Quote! Warum thematisieren wir vor allem die europäische Kunstgeschichte und nicht die Afrikanische? Wäre es da nicht leichter, sämtliche Kategorien abzuschaffen? Am besten nennen wir alles Kunst, was jemand als solche ansieht. Schön, dass wir dadurch keine Bezeichnungen mehr brauchen. Weg mit den diskriminierenden Wertungen und Kategorisierungen! In jedem Fall ist es die Entscheidung meines Gegenüber, sich subjektiv einer Kategorie zuzuordnen oder Dinge zu klassifizieren. Ich bin diskriminierend und verletzend, wenn ich seine Klassifikationen nicht anerkenne. Alles ist gleichwertig; alle Menschen gleich begabt, nur vielleicht etwas anders begabt. Aber darüber sprechen wir nicht, sondern nennen es „nicht durchschnittlich“. Schließlich sind Behinderungen sozial konstruiert. Sind nicht alle Menschen gleich hübsch, friedlich und talentiert?

Es sind diese dekadenten Wohlstandsdiskussionen, genährt durch eine moralische und persönliche Hypersensitivität, die zunehmend den universitären Diskurs erobern. Die subjektive und moralische Sichtweise wird über wissenschaftliche Erkenntnisse gestellt. Wichtig ist, dass keine Gefühle verletzt werden und die politische Korrektheit stimmt. Objektive Realitäten werden sprachlich bis zur Unverständlichkeit verklausuliert oder gleich verschwiegen. Begriffe wie schwere geistige Behinderung sollen nicht mehr verwendet werden. Stattdessen soll der Begriff „(weit) unter dem Durchschnitt“ verwendet werden. Was auch immer dies heißen mag. Jegliche Ausarbeitungen lesen meine Kommilitonen und ich nun nicht mehr nur wegen der Rechtschreibung Korrektur, sondern auch wegen der politisch korrekten Wortwahl. Wer nicht gendert, verstößt gegen das Gesetz (der rechtlich bindende „Leitfaden für die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Amts- und Rechtssprache in Mecklenburg-Vorpommern“), wer die „falschen“ Begriffe benutzt, wird zurechtgewiesen, dessen Vorträge werden unterbrochen. Uns fehle die nötige „Problematisierungskompetenz“. 

Auch Mitteilungen und Gruppenchats werden fleißig in drei Geschlechtsformen geschrieben. Natürlich ist dies nicht in allen Seminaren gang und gäbe, doch gerade geisteswissenschaftliche Domänen sind dafür prädestiniert, Gefühle und Rollenbilder über den thematischen Inhalt zu stellen. Bei Gruppenarbeiten werde ich dort zunächst gefragt, wie ich mich gefühlt habe und wie ich die Ausprägung der sexuellen Rollenbilder empfunden habe. 

Unser diskriminierendes Verhalten im Sitzkreis reflektieren

Doch wozu führt all dies? Früher dachte ich noch, dass die Uni ein Ort sei, an dem wir uns mit fachlichen, theoretischen und wissenschaftlichen Aspekten eines Thema KONTROVERS beschäftigen könnten. Wo, wenn nicht an der Uni, sollten wir als Studenten die Möglichkeit bekommen, die verschiedenen Ansichten zu diskutieren, mögliche Probleme herauszuarbeiten und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen?

Vielmehr ist es das Ziel, dass wir uns eine „professionelle Haltung“ erarbeiten sowie die herrschenden ideologischen Narrative schlucken und nicht aufmucken. Ist das Erarbeiten dieser Haltung mehr als ein Adaptieren der „richtigen, demokratischen“ Werte, das Bekennen zu der „richtigen“ Ideologie, die ja keine fundamentale Kritik übt? Sollen wir die Fehler nicht im System suchen, sondern bei uns selbst, in der eigenen professionellen Haltung? Uns wird eine Ideologie eingeimpft, die es uns verbieten möchte, die Geschehnisse um uns herum beim Namen zu nennen, einzuordnen und zu bewerten. Nicht das System macht Fehler, nein unsere professionelle Haltung ist mangelhaft. Inklusion beispielsweise sei eine Frage der persönlichen Haltung. Dann werde es schon klappen. Wir sind diejenigen, die sich diskriminierend und nicht kultursensibel verhalten. Wir müssen einfach nur mehr Workshops besuchen, in denen wir unsere fehlende interkulturelle Kompetenz aufarbeiten und unser diskriminierendes Verhalten im Sitzkreis reflektieren. 

Die Uni wird zu einem Biotop, das sich zunehmend von der lebensweltlichen Realität entfernt. Was wird passieren, wenn Haltung auf pädagogische Realität trifft? Wird die nächste Schülergeneration ihre Aufsätze dreifach gendern? Werden die Schüler lernen, dass alles Kunst ist und man nicht klassifizieren und werten sollte? Werden sie zu allem ja sagen, weil sie gelernt haben, jegliche kritische Argumentation mit Diskriminierung und Hetze gleichzusetzten? Werden sie nur noch moralisieren, weil sie darin bestärkt wurden, dass ihre Ansichten die einzig richtigen sind? Werden sie im Religionsunterricht das islamische Glaubensbekenntnis sprechen und in Richtung Mekka beten? Etwaige Materialvorschläge sind bereits erhältlich. 

In einigen Jahren werde ich diese Fragen beantworten können. Bis dahin bleibt nur die intuitive Stimme in meinem Kopf, die sagt: Verwundern würde es mich nicht.

Luise Witt ist 20 Jahre alt und studiert Grundschullehramt. Sie ist Autorin des Schülerblogs Apollo News.

Leserpost

netiquette:

Ralf Pöhling / 16.07.2019

Danke für diesen überaus informativen Einblick, Frau Witt. Danke! Was man als Außenstehender bisher nur geahnt hat, haben Sie nun vollauf bestätigt. Unsere Bildungseinrichtungen verkommen immer mehr zu Indoktrinationsanstalten, deren Insassen nicht etwa zum freien Denken angehalten, sondern zur Gleichschaltung programmiert werden. Gerade im Falle von angehenden Lehrkräften dürfte klar werden, wohin dies führt: Sie geben ihre Programmierung an ihre Schüler weiter. Im Dritten Reich lief es genauso.

Leo Hohensee / 16.07.2019

Hallo Fräulein Witt, ich bin stolz darauf, dass es überhaupt noch junge Menschen gibt, die, wie Sie, diesem “Einsumpfen” in Kritikunfähigkeit widerstehen konnten. Alle Achtung für Sie!  Ich habe in der Schule noch gelernt, gibt es eine These, dann suche die Antethese und bilde daraus eine Synthese - eine erarbeitete Einsicht! Insbesondere bei Aufsätzen fand ich es manchmal blödsinnig zu der gesetzten These eine Antiposition suchen zu müssen - weil ich fand, diese These stellt ein Faktum dar! Als dann später andere Aufsätze vorgelesen wurden, habe ich manches Mal erkennen müssen, ich hatte vorher nichts als eine Meinung. - Später nach dem Studium glaubte ich, einfachere Menschen mit meinem Wissen beglücken zu müssen; ich habe vielfach Bescheidenheit lernen müssen: es gibt viel Möglichkeiten, Dinge zu sehen oftmals selbst technische Dinge zu sehen! Meine Erkenntnis daraus ist diese: nicht was alt ist muss geändert werden sondern das, was falsch ist; es ist einfach zu zerstören und es ist mühselig besseres aufzubauen; eine Bilanz - also eine Gegenrechnung -  ist schlicht unverzichtbar! Achgut com hat mich überdies ein wenig gelehrt, auch geschichtliches Wissen - kein oberflächliches - ist mehr als wichtig! Alles Gute Ihnen, Fräulein Witt.

K.Pape / 16.07.2019

Ich habe in den 80er Jahren an der Pädagogischen Hochschule Dresden Kunsterziehung studiert, alternativ, denn an Archäologie war absolut nicht ranzukommen. Mein Ziel war es, einmal in einem Museum oder in einer Galerie zu arbeiten. Wenn ich lese, wie heute wieder Pädagogikstudenten mit staatlich vorgegebener und allein gültiger Meinung traktiert werden, macht mich das fassungslos. Damals hiess es, “Marxismus/Leninismus ist unser Studienfach Nummer Eins!” Wir waren angehalten, sämtliche schriftliche Arbeiten “vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus” abzuliefern. Nach Besuchen in der evangelischen Studentengemeinde wurde ich vor die FDJ Leitung der Sektion zur Befragung zitiert, wie ich als angehende Pädagogin zu “Denen” gehen könne. In der Schule sollten wir die Schüler in der “Politinformation”  mit der richtigen “Haltung” zu politischen Ereignissen versorgen. Einmal im Monat war für alle Lehrer “Parteilehrjahr”, ob Mitgleid in der SED oder nicht. Da ich nicht spurte wie gewünscht, war ich in jeder Versammlung “dran”.  Die Direktorin der 2. Schule war Unterstufenlehrerin, die Stellvertreterin hatte Pionierleiterin studiert. Nach der Wende brachten sie ihre “Kompetenzen” ganz schnell in eine SPD Bildungskommission ein.  Das war Alles unerträglich.Den Beruf habe ich drei Jahre ausgeübt, dann kam zum Glück die Wende und neue Möglichkeiten.

Werner Rosenthal / 16.07.2019

Vielleicht müsste man die Ursachen für diese in der Breite so plötzliche Veränderung gesellschaftlicher Strukturen tiefer untersuchen. Angesichts der großen Anzahl von Menschen mit formal hochwertigen Bildungsabschlüssen auch in den MINT-Fächern stehe ich etwas fassungslos vor diesem kollektiven Wahnsinn, wie er im Beitrag zur Lehrerausbildung beschrieben wird. Irgendwie erinnert es auch an die NS-Zeit und die so rasante Anpassung der allermeisten Deutschen an die ideologischen Vorgaben. Nicht selten haben 150%ige das noch überboten und trieben voller Eifer sogar Vorgesetzte vor sich her, die aus Angst vor einem Karriereende diese Leute gewähren ließen. In der DDR setzten gerade Leute mit braver NS-Vita diesen Weg fort und drangsalierten und quälten Andere meist aus purer Bösartigkeit. Für einige Euro kann man Brechts Furcht und Elend des Dritten Reiches erwerben. Er beschrieb meisterhaft, wie Richter, Physiker oder Eltern pure Angst hatten wegen der kleinsten Dinge. Heutige Vorkommnisse erinnern fatal an dieses Büchlein. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie verzweifelt teilweise heute Journalisten, Lehrer, Studenten oder Polizisten sein müssen, wenn sie ihrem Gewissen folgen wollen und das dumpfe Nachplappern hohler Phrasen ablehnen, oder gar eine begründete, abweichende Meinung zum Ausdruck bringen möchten. Es gab auch in dunklen Zeiten anständige Lehrer, die den Schülern zwischen den Zeilen so manchen klugen Rat mitgaben. Mit der hier beschriebene Lehrerausbildung ist in der Breite Duckmäusertum, die Bereitschaft zum Denunzieren und die Förderung angepasster Dummschwätzer angelegt. Ich hätte nie gedacht, daß es so etwas 2019 in Deutschland geben würde.

Josef Auenhammer / 16.07.2019

Sehr geehrte Frau Witt, ich möchte mit diesem Leserbrief meine Hochachtung vor Ihnen zu Ausdruck bringen. Es wäre überaus schade, wenn Sie den eingeschlagenen Weg verließen. Die kommenden Schülergenerationen brauchen Menschen mit Ihren Einstellungen. Damit Sie jedoch das in einigen Zuschriften angesprochene Horrorszenario der Lehramtsausbildung überstehen können, benötigen Sie etwas, das Ihnen die psychische Kraft dafür vermittelt: Zuerst einmal Eltern, die Ihnen den Rücken stärken, eventuell einen Freund, der zu Ihnen hält, vor allem aber die Freude auf den Tag, an dem Sie die Urkunde Ihrer Verbeamtung in Händen halten und auf die Zeit danach, in der Sie den Kindern das beibringen können, was sie für ein selbstbewuß(!)tes Leben brauchen. Dazu müssen Sie an der Uni das tun, was von Ihnen verlangt wird, auch wenn es Ihnen schwer fällt. Im Referendariat müssen Sie sich nach den Vorgaben Ihres Schulleiters und vor allem Ihres Seminarleiters richten, danach nur noch nach denen des Schulleiters, bis Sie verbeamtet sind. Gehen Sie kein Risiko ein, auch wenn Sie sich verbiegen müssen, sodaß(!) sie daran fast zerbrechen. Aber das werden sie nicht, dafür sind Sie eine viel zu starke Persönlichkeit. Ich wünsche Ihnen viel Mut, geistige Stärke und großes Selbstvertrauen für die kommenden acht oder neun Jahre. Herzliche Grüße Auenhammer Josef

Alexander Mazurek / 16.07.2019

Unterrichtet werden ja immer nur die jeweils staatstragenden und zeitgemäßen Mythen und Legenden, Bildung findet seit dem Marsch der 68er durch die Institutionen nicht mehr statt. Hermann Rauschning, von 1932-1934 NSDAP Mitglied und zuletzt Senatspräsident von Danzig, 1935 aus DEU geflüchtet, hat 1938 “Die Revolution des Nihilismus” geschrieben. Viele sehen darin nur den Versuch einer Analyse des Nationalsozialismus. Ich sehe darin eine gelungene Analyse aller “Bewegungen” der Moderne, ob rot, ob braun oder heute grün - sie haben alle den jeweiligen Zeitgeist in den Segeln und nutzen die verführte Jugend als Hebel, Kanonenfutter und Täter, so sieht “Fortschritt” aus …

Martin Landvoigt / 16.07.2019

Wenn man das ganze nur als skurrile Satire halten könnte! Die aktuelle Variante sollten wir doch als krasse Verbesserung gegenüber einem möglichen 1984 verstehen und dankbar sein. Denn vor physischen Repressionen sind wir doch weitgehend geschützt. Der Versuch der Ausgrenzung und Gleichschaltung jenseits jeder Vernunft ist auch so nur schwer erträglich.

Sabine Heinrich / 16.07.2019

Nachtrag: Nach etwa 30 Jahren im Schuldienst fiel mir - den Lehrernachwuchs betreffend - auf, dass es immer weniger LehrerPERSÖNLICHKEITEN gibt. Mein Spruch - natürlich nur unter Freunden geäußert: ” Ich hab’ das Gefühl, die kommen alle aus Schubladen” - womit ich meinte, austauschbar, ohne besonderes Profil, unkritisch und naiv - sich aber durchaus aufopfernd für Schwache und Benachteiligte (Für die guten Schüler war dann nicht so viel Zeit - wie auch? War ja “von oben” auch nicht gewollt). Dass leider einige der Frauen* in der nachwachsenden Lehrergeneration , die auf die Kinder losgelassen werden,  weder selbständig denken, richtig schreiben oder rechnen können und kaum soziale Kompetenzen besitzen - was sich im direkten Umfeld zeigt und nicht in deren Auslassungen bei Konferenzen oder Fortbildungen - möchte ich nicht weiter thematisieren. Es gibt wirklich tolle Lehrerinnen/Schulleiterinnen, die ich bewundere - und bei denen ich mich frage, wie sie es anstellen, diesen EINSTMALS schönen - oft sehr fordernden Beruf - Jahrzehnte auszuüben, ohne sich total zu verändern. Natürlich in negativer Richtung. *Ein Spruch während der letzten Jahre meiner Dienstzeit lautete:” Woran erkennt man, dass Männer doch intelligenter sind als Frauen?” PAUSE. Fragezeichen im Gesicht. “Nun - sie werden keine Lehrer.” Kam oft nicht so gut bei Frauen an. Übrigens: Ich bin keine verhärmte, frühzeitig gealterte Pädagogin mit abschreckender Ausstrahlung (freud- und humorlos, grau, fahl, zynisch). Vielleicht würde ich dazu werden, wenn ich heutzutage in diesem Beruf jahrzehntelang arbeiten müsste.

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