Peter Grimm / 06.08.2021 / 06:10 / Foto: Randy43/Bearbeitung / 228 / Seite ausdrucken

Mehrheit der Deutschen für Diskriminierung?

Eine satte Mehrheit der Deutschen ist gegen gleiche Rechte für alle Bürger? Stimmen die Zahlen nicht oder hat die politische Bildung versagt?

Wenn man eine problematische politische Entscheidung mit einem Anschein von Legitimierung aufhübschen möchte, dann wird in der Regel gern ein passendes Umfrageergebnis genommen. Insofern müsste die am Mittwoch veröffentlichte Forsa-Umfrage, erstellt im Auftrag von RTL und n-tv, in bestimmten Politiker-Kreisen heiß begehrt sein. Behauptet sie doch, eine übergroße Mehrheit der Deutschen würde es befürworten, Ungeimpften weniger Rechte zuzugestehen.

Das passt zu einer Politik, die vom CDU-Gesundheitsminister Spahn bis zum grünen Ministerpräsidenten Kretschmann gerade von den Liebhabern des autoritären Staats überparteilich vertreten wird. Wer so individualistisch ist, dass er seinen eigenen Körper nicht widerspruchslos politischen Entscheidungen unterwerfen will, der soll zum Zwecke der Umerziehung besonders gegängelt werden. Eine „breite Mehrheit der Bundesbürger will laut einer Umfrage besondere Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte“, hieß es nun in einer Nachrichtenmeldung:

„69 Prozent unterstützen einen entsprechenden Vorschlag, nur 28 Prozent fänden das nicht richtig, so eine Forsa-Umfrage für RTL/ntv“.

Wer will bei einer so satten Mehrheit zweifeln, dass die Politik auf dem richtigen Weg ist? Meine Frau beispielsweise zweifelte sofort am Umfrageergebnis, also an den Zahlen. Kann es denn sein, so ihre Frage, dass mehr Menschen die Ungeimpften schlechter behandeln wollen, als bislang geimpft wurden? Stimmt. Das klingt nicht logisch. Wer stimmt schon für die eigene Diskriminierung? Aber das ist ja nicht die einzige Zahl in der Umfrage, die man zur Politik-Legitimation heranziehen könnte, denn weiter heißt es:

„55 Prozent fänden es richtig, wenn in Restaurants, Kinos, Theatern oder anderen Freizeiteinrichtungen künftig nur noch vollständig Geimpfte und Genesene Zutritt hätten. 41 Prozent fänden das nicht richtig.“

Hier sind immerhin weniger Menschen für speziellen Rechteentzug für Ungeimpfte als sich haben impfen lassen. Und dennoch könnte man sagen: „Die Mehrheit will es so“.

Ein vernichtendes Zeugnis

Nehmen wir einmal an, das stimmt tatsächlich und Forsa hätte anhand der Datenbasis von 1.009 Befragten das realistische Bild des Volksempfindens geliefert. Dann ist das ein vernichtendes Zeugnis für die mit Steuergeldern finanzierte politische Bildung der letzten Jahrzehnte. Denn was sagt es aus, wenn tatsächlich eine Mehrheit der Bundesbürger bereit ist, einer Gruppe von Bürgern die Grundrechte stärker einzuschränken als anderen? Was ist davon zu halten, wenn es eine Mehrheit akzeptiert, dass der Staat Bürger so zu einer bestimmten Handlung nötigen will, ohne dass eine existenzielle Notlage dies erfordert? Wer dem Staat zugesteht, seinen Bürgern die Grundrechte nach Wohlverhalten zuzugestehen oder zu entziehen, hat den hohen Wert einer freiheitlich-demokratischen Ordnung offenbar nicht erkannt. Diesen konnten all die Institutionen, die sich politischer Bildung verschrieben haben, dann offenbar nicht vermitteln. Manche haben das vielleicht auch gar nicht vermitteln wollen.

Aber es gibt die Hoffnung, dass diese Zahlen gar nicht stimmen. Ich unterstelle Forsa jetzt keine Manipulation oder Manipulationsabsicht. Aber allein der Umstand, dass in der Zeit des Corona-Ausnahmezustands bei einer repräsentativen Auswahl der Befragten vielleicht viel mehr neue Kategorien hätten berücksichtigt werden müssen, als es möglich war, gibt Grund zum Zweifel.

Und die Ungeimpften könnten zudem nach der Legitimation fragen, mit der der Staat, von jenen, denen er den Zutritt zu steuerfinanzierten Kultureinrichtungen verbietet, noch den vollen Steuersatz beanspruchen will?

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

H.-J. Ewers / 06.08.2021

Das BVG hat 2015 entschieden, dass Muslimische Lehrerinnen künftig in der Regel ein Kopftuch tragen dürfen. Ein Verbot sei nur dann gerechtfertigt, wenn durch das Tragen eine „hinreichend konkrete Gefahr” für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität ausgehe. Eine abstrakte Gefahr reiche nicht aus. Ich denke, dass von einem sogenannten „Ungeimpften“ auch keine „hinreichend konkrete Gefahr“ ausgeht, dass er mit Corona infiziert sein und seine Mitmenschen damit anstecken könnte. Auch ein „Ungeimpfter“ stellt bestenfalls eine abstrakte Gefahr für seine Mitmenschen dar. Somit müsste analog auch bei einem „Ungeimpften“ eine abstrakte Gefahr nicht ausreichen, um ihn in der Art und Weise zu diskriminieren, wie man es offenbar vor hat zu tun.

Sabine Heinrich / 06.08.2021

Nachtrag: Seit der erschütternden Erfahrung mit einem Rudolstädter Ehepaar, mit dem ich fast 7 Jahre befreundet war, das mir die Freundschaft Ende 2020 abrupt gekündigt hat und nichts mehr mit mir zu tun haben will, glaube ich dem Ergebnis dieser Umfrage erst recht uneingeschränkt. Diese beiden alten Leute wollten die Querdenkerdemonstranten gern zu einem Corona-Hotspot umgeleitet und dort “schmoren” sehen. Mein sachlich, aber freundlich geäußertes Befremden führte dazu, dass dieses nette, freundliche Paar sogar unsere Freundschaft in der letzen Mail nur als lose Bekanntschaft herabwürdigte.  Ich bin sicher - Leute wie diese gibt es Hunderttausende (Millionen?) - freundliche, nette Menschen, die all die geplanten Maßnahmen, Impfverweigerer zu isolieren und am besten noch in Lager zu stecken, begrüßen würden. - Noch ein kleines Schmankerl, das impfungswerbende Doodle von Google betreffend, wo es auch hieß “Leben retten” (wenn man sich impfen lässt): In meinem Bekanntenkreis haben sich - von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen - alle die Brühe wiederholt spritzen lassen - aber keiner - KEINER - war und ist bereit (Ich rede von Jahrzehnten), Blutspender zu werden - und damit wirklich Lebensretter zu sein. Es ist zum bösen Lachen: Die würden es wohl noch begrüßen, wenn man mich, die im Laufe der Jahre ein paar 5-Liter- Gießkannen von Blut gespendet hat, behandelt wie eine Aussätzige, weil ich mir den Chemiecocktail nicht spritzen lasse. Schade, dass das Rote Kreuz nicht ähnlich aggressiv um Blutspender wirbt, deren Zahl zurückgeht wie die Pro-Impf-Mafia nach dem Motto: Wer kein Blut spendet, macht sich der unterlassenen Hilfsbereitschaft schuldig! Und darf weder Konzerte , Ausstellungen, Restaurants besuchen, geschweige denn in Hotels übernachten (was für mich einem Reiseverbot gleichkommt). Als potentielle Lebensretterin habe weder ich noch andere irgendwelche Vergünstigungen - die wir auch gar nicht wollen. Aber dann - wenn man wohl x Leben gerettet hat…  

Stanley Milgram / 06.08.2021

Der entscheidende Satz in dieser Umfrage lautet: “Gegen eine solche Zutrittsbeschränkungen sprechen sich MEHRHEITLICH (von mir hervorgehoben) die Unter-30-Jährigen, die Ungeimpften und die Anhänger der AfD aus.” Somit gilt: “Repräsentativ” werden vermutlich die Befragten nach Parteizugehörigkeit und/oder Impfstatus vertreten sein. Und das dann ein solches Ergebnis dabei herauskommt, verwundert mich absolut nicht. Im Jahre 1500 hätte es bei einer Umfrage sicher auch eine große Mehrheit “Flacherdler” gegeben. Die irgendwann eines Besseren belehrt wurden. Abwarten und Tee trinken.

H.-J. Ewers / 06.08.2021

Durch eine unbekannte Anzahl der „Liebhaber“ der islamischen Ideologie sehen sich die Bürger unseres Landes und anderer Länder leider ständig der Gefahr ausgesetzt, in die Luft gesprengt, erschossen, erstochen oder mit einem Lkw oder Pkw überfahren zu werden. Jedes Mal, wenn solche Gräueltat geschehen war, wurden die Bürger von solchen „Autoritäten“, die sich dazu berufen fühlten, dazu aufgefordert, nicht alle Muslime unter Generalverdacht zu stellen. Wenn es nicht geduldet werden darf, Muslime, also Menschen unter Generalverdacht zu stellen, wieso machen es dann aber viele Mitglieder der Regierungen, der Politik und der Medien mit sogenannten „Ungeimpften“ ? Auch „Ungeimpfte“ haben Gefühle, die man möglichst genauso wenig verletzten darf, wie die Gefühle von Muslimen !

Uta Buhr / 06.08.2021

Aber, aber, lieber Wolfg@ng Nirada, wie können Sie diese über jeden Zweifel erhabene “Heil"sbringerin nur als ekelhaft bezeichnen! Giorgio Armani,  der offenbar erblindet ist und/oder unter einer toxischen Geschmacksverirrung leidet, hat gerade festgestellt, dass IM Erikas Kleidungsstil einfach toll ist und ihre “maßgeschneiderten” Blazer - also die schlecht sitzenden Lappen - und die ihr voluminöses Hinterteil umspannenden Schlapperhosen gut zu ihrem “Stil” passen. Der Mann erhofft sich offenbar lukrative Aufträge der adipösen Trulla im Kanzleramt. Mein Gott, der italienischen Modeindustrie muss es ja richtig schlecht gehen. Im Übrigen, lieber Mitforist,  bin ich 100 pro bei Ihnen. Die Zukunft unserer Kinder,  Enkel und Urenkel ist längst durchs Klo gespült worden und in der Kanalisation verschwunden. Aber die Mehrheit der von Ihnen erwähnten Dumpfbacken will es offenbar so. Mir tönt von allen Seiten entgegen, man könne ja doch nichts machen und alles würde nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. In nicht allzu ferner Zukunft werden diese Leute erfahren, dass alles kochend heiß ihren Schlund hinunter geht. Aber dann ist es leider zu spät.

Angelika Meier / 06.08.2021

“für die mit Steuergeldern finanzierte politische Bildung”: Wieso geben wir nicht die “10 Gebote dieses Siedlungsgebiets” heraus? Damit jeder ganz einfach weiß, was er zu meinen hat und was nicht. “Politische Bildung” ist doch double binding: Der Staat will, dass ich freiwillig will, was er von mir will, das ich will. Ich bin gespannt, ob das durchkommt. Aber wie wäre es damit: 1949, das war ja nett gemein. Aber in der Realität ... Die allerlängste Zeit gab es in Europa eine sehr stabile Königs-/Adelsherrschaft.

Sabine Schönfelder / 06.08.2021

Peter@Holschke habe auch noch etwas zur „ vielbeachteten Äußerung von @Frances Johnson“ beizutragen, - über die Freude an Impftoten seitens Ungeimpfter. Habe gerade mit der Mutter des Mittwoch verstorbenen jungen Mannes gesprochen. Nein, nicht gesprochen, eher kommuniziert, denn sie weint, ununterbrochen. Es schüttelt sie geradezu im Schmerz. Sie ist außer sich und spricht von der Todesspritze. Und es macht keine Freude. Wahrlich nicht. Eher betroffen und wütend. Es verschnürt die Kehle und man fühlt sich hilflos und ohnmächtig. Von Freude, weit entfernt. Interessanterweise wurde das Zimmer des Opfers von der Staatsanwaltschaft versiegelt.

Silvia Schultheis / 06.08.2021

Ich kann nicht schlafen, las gestern Nacht die Tagebücher von Viktor Klemperer. Darin folgende Fundstücke:“„es ist nicht der Fausthieb an den Kopf, es sind die täglichen 1000 Mückenstiche ( Unfreundlichkeiten, Gemeinheiten) die so mürbe machen.“  Oder: „ der anzubringende Judenstern kostet den Träger 65 Pfennig.“ Unbedingt lesen! Ersetzt 10 Semester Psychologie!

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Peter Grimm / 02.05.2024 / 12:00 / 29

Rauchfreie Wahlhilfe vom Tabakkonzern

Rauchfrei Rauchen mit Tabak-Lobbyisten, die mit dem Aufruf zum „richtigen“ Wählen die Demokratie retten wollen. Wenn man in den letzten Jahrzehnten Medien konsumierte, so gab…/ mehr

Peter Grimm / 01.05.2024 / 06:00 / 52

Durchsicht: Grenzen der Ausgrenzung

Die AfD solle nicht mehr zum städtischen Gedenken an NS-Verbrechen eingeladen werden, forderten die Grünen im Leipziger Stadtrat, und sorgten für eine interessante Debatte. / mehr

Peter Grimm / 26.04.2024 / 12:00 / 37

Keine Kästner-Lesung für „Freie Wähler“

Zweimal wollten die Freien Wähler in Dresden eine Lesung aus Erich Kästners „Die Schule der Diktatoren“ veranstalten. Beide Male wurde sie untersagt. Eine bittere Realsatire.…/ mehr

Peter Grimm / 23.04.2024 / 06:05 / 94

Anleitung zum vorbeugenden Machtentzug

Was tun, wenn die AfD Wahlen gewinnt? Das Votum des Wählers akzeptieren? Oder vielleicht doch schnell noch mit ein paar Gesetzen dafür sorgen, dass sie…/ mehr

Peter Grimm / 12.04.2024 / 06:15 / 136

Kein Drama beim Höcke-Duell

Dass Thüringens CDU-Chef Mario Voigt mit seinem AfD-Pendant Björn Höcke in ein TV-Duell ging, sorgte für Aufsehen und Protest. Heraus kam eine ganz normale Fernsehsendung,…/ mehr

Peter Grimm / 11.04.2024 / 12:45 / 50

Die Rundfahrt eines Polizeibekannten

Der Irrwitz deutscher Asylpolitik zeigt sich zuweilen auch in absurden Geschichten aus dem Polizeibericht. Bei zu vielen Asylbewerbern drückt sich das Verhältnis zur Gesellschaft im…/ mehr

Peter Grimm / 09.04.2024 / 06:15 / 140

Droht eine Landesregierungs-Entmachtung nach AfD-Sieg?

Fünf Jahre nach dem „Rückgängigmachen“ einer Ministerpräsidentenwahl überlegen Juristen jetzt, wie man missliebige Landesregierungen mittels „Bundeszwang“ entmachten und zeitweise durch einen Staatskommissar ersetzen könnte. Sie…/ mehr

Peter Grimm / 03.04.2024 / 13:00 / 33

Wer darf Feindsender verbieten?

Wenn Israel das Gleiche tut wie EU und deutsche Bundesregierung zwei Jahre zuvor, dann ist selbige Bundesregierung plötzlich besorgt. Bei Doppelstandards ist Deutschland immer noch…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com