@Michael Sander Genau so ist es. Alles im unerschütterlichen Glauben mit einer 180° Wende Lehren aus der Geschichte gezogen zu haben. In hundert Jahren vom “Volk ohne Raum” zu Habecks “Raum ohne Volk” mit den gleichen fatalen Eigenschaften.
Das heutige chaotisch, von blindem Aktionismus geprägte selbstschädigende Verhalten der Politik und des “Mainstreams” (in Ermangelung eines besseren Wortes) in Deutschland mit einer Kontinuität eines negativ konotierten deutschen “Nationalcharacters” seit 1890 (oder gar 1871) zu begründen, leuchtet, wie im Artikel erwähnt, nicht so recht ein. Es düften sich schwerlich Belege dafür finden lassen, genau so, wie das Gegenteil. Hier wird versucht so etwas wie die psychologische Verfasstheit von Individuen über Generationen zusammenzufassen und in eine Art “Nationalcharacter” zu deuten. Diese Liste der (negativen) deutschen Eigenschaften der Chequers Affäre hat, da es sich zum Teil um emotionale Kriterien, die das Resultat von Bewertungen sind handelt, wohl mehr mit britischen Resentiments als mit rational objektiven Analysen zu tun. (Diese Ressentiments und das Erforschen ihrer Entstehung führen wohl auch auf ein weites Feld voller Morast eines “britischen Nationalcharacters”). Die Liste der angeblichen Eigenschaften eines deutschen Nationalcharacters, nimmt man Selbstmitleid und Minderwertigkeit weg, passt so, nach Meinung so mancher Nichtbriten auch auf die Engländer selbst, hier könnte man auch nach Belieben etwa “Arroganz” hinzufügen und Belege in der britischen Geschichte finden, wenn man denn will. Auch für Frankreich würde die Liste fast vollständig gelten. Also was soll der Unsinn? Das Umerziehen Falschmeinender und das Vorangehen auf dem vermeintlich richtigen (linken) Weg ist nicht typisch deutsch, sondern, wenn man schon in eine solche Richtung gehen will, eher das Resultat einer tiefen Unsicherheit, in extremfällen “Selbsthass”, einer Generation Deutscher die sich selbst einer fehlgeleiteten Umerziehung unterzogen hat.
Liebe Frau Kaus. Lehnen Sie sich zurück und atmen Sie tief durch. Entspannen Sie sich, werden Sie gelassener.
Wir werden wohl unausweichlich erneut im Faschismus enden, mit all seinen elenden Folgen, und um die Erfahrung reicher sein, wie Gleiches im letzten Jahrtausend geschehen konnte.
Guter Arrikel und längst überfällig! Ich habe mich auch oft gefragt, warum der Hang zum Exzess so stark bei Deutschen verwurzelt ist. Ich weiß nicht, ob es kulturell bedingt ist. Was ich weiß ist, dass die Deutschen starke, kollektivistische Züge tragen. Sie tendieren dazu vermeintlich großen Zielen alles unterzuordnen. Das Prinzip der individuellen Demokratie, einer Basisdemokratie ist ihnen fremd. Kritische Auseinandersetzungen mögen sie nicht. Deshalb wird Streit in der Regierung oder der Gelbwesten-Protest als negativ angesehen. Der Deutsche ist harmoniebddürftig und obrigkeitshörig. Das ist seine Stärke und gleichzeitig seine größte Schwäche!
Ohne das hier näher ausführen zu können, scheint mir ein wesentlicher Aspekt bei der “Ursachenforschung” vernachlässigt zu sein: der deutsche Protestantismus, v.a. sein Dualismus und die sich daraus ableitende Notwendigkeit, die Dinge bis zu “ihrem Ende” zu durchdenken und dann konsequent zu handeln. Also am Beispiel der Praktikantin vom NF: Wenn ich zu der Überzeugung gekommen bin, dass es Gut und Böse in Reinkultur gibt (und nicht nur als philosophisches Konstrukt) und dann dahin, dass der NF das Böse in Reinkultur vertritt, dann muss ich mit allen Mitteln daran arbeiten, das Böse am Wirken zu hindern, notfalls es gar physisch vernichten. Das wiedervereinigte Deutschland ist eindeutig protestantischer geworden, allerdings gab es die Ansätze dazu auch schon in der alten Bundesrepublik. Der deutsche Protestantismus ist als Religion und Glaube fast tot, aber seine geistesgeschichtlichen und psychologischen Folgen werden noch lange nachwirken, möglicherweise erst nach einer neuen Katastrophe hinter uns gelassen werden können. Ich sage das als jemand, der tief vom preußischen Protestantismus geprägt wurde, der nur schwarz und weiß, aber kein grau kennt. Wenn dann noch die Obrigkeitshörigkeit dazu kommt (cuis regio eius religio), fehlt nicht mehr viel, um den effektiven Wahnsinn, den wir gerade wieder sehen, erklären zu können. Der heutige Protestant sieht sich de facto nicht “in der Sünde” lebend, sondern nur die Anderen. In einem ev. Gottesdienst von heute wird viel von den Sünden der Anderen oder der “Menschheit” gesprochen, aber fast nie von den Sünden derer, die da sitzen.
Sehr geehrte Frau Kaus, vielen Dank für diesen Artikel. Ich kann mich nur den Kommentaren der meisten Foristen anschließen und verzichte deshalb auf eigene Anmerkungen.
Ein nach meiner Ansicht entscheidender Aspekt fehlt in diesem Artikel. Ein “Deutschland” hat es von ca 1024 (Ende der Ottonen) bis 1871 nicht gegeben. Das so genannte Heilige Römische Reich Deutscher Nation war ein Konglomerat von eigenständigen Fürstentümern und Städten, der jeweilige Kaiser angewiesen auf Wohlwollen der Fürsten und Geld der Kaufleute. Die einzige deutsche Macht im Mittelalter war die Hanse. Protestantismus und dreissigjähriger Krieg haben zur weiteren Zersplitterung beigetragen. Ein Nationalgefühl hat sich, im Gegensatz zu den anderen Staaten Europas, nie entwickelt. Das hat sich erst unter den Preußen mit dem Aufstieg zur europäischen Großmacht und dem Ende der Kleinstaaterei geändert. Das Bündnis gegen Napoleon schlossen England nicht mit irgendeinem “Deutschland”, sondern mit Preußen. Die Preußen zwangen ihre Untertanen in ein Korsett aus Pflicht, Fleiss und Gehorsam. Dafür erhielten sie Sicherheit. Ich denke, es gibt keine “Deutschen” und keine typisch deutschen Eigenschaften, immer noch nicht. Die Menschen in “Dunkeldeutschland” haben z.B. ein erheblich größeres Zusammengehörigkeitsgefühl als die Wessis (bin selbst Wessi), sie spüren deutlicher, wie und dass der Staat sie belügt und betrügt, sie sind konsequenter gegen Überfremdung, sie stehen ein für ihre Heimat. In Wessiland ist man schon Nazi, wenn man das Wort Heimat oder Volk in den Mund nimmt. Das gemeinsame Nationalgefühl, das sich 1989 zart aus dem Asphalt politischer Unterdrückung hervorwagte, wurde von Kanzlern und Präsidenten dieses Landes mit dem Absatz zertreten - finale Zertreter sind Merkel und Steinmeier. Einer der Gründe, weshalb es die Nazis so leicht hatten, war, dass sie ein deutsches Nationalbewusstsein stärkten, wenn auch auf völlig falscher Basis, was die Menschen 1933 nicht sahen oder sehen wollten. Noch verstehe ich allerdings nicht, was die Menschen heute dazu bewegt, Merkel oder Grüne zu wählen, diese Wähler sind blind und taub. Sie müssten es besser wissen.
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