Fritz Vahrenholt, Gastautor / 26.10.2015 / 07:34 / 2 / Seite ausdrucken

Klima: Die Dogmen sind richtig – die Realität falsch

Von Fritz Vahrenholt

Obwohl es im Vorfeld der Pariser Klimakonferenz neue wissenschaftliche Erkenntnisse gegeben hat, die den Einfluß des Kohlendioxid (CO2) auf das Klimageschehen deutlich reduzieren, kehrt der tradierte Wissenschaftsbetrieb dies unter den Teppich. Ganz im Gegenteil: Kaum ein Klima-Wissenschaftler in Deutschland widersteht der Verlockung, alarmistisch zu übertreiben, um gehört zu werden oder die Politik beeinflussen zu können.

Wir haben uns die Mühe gemacht, die Rechenschritte des IPCC im letzten Klimabericht von 2013 nachzubilden und mit den Antriebskräften, die im Bericht dokumentiert sind, zu rechnen. Allerdings haben wir die Wirkung der Aerosole auf Grund der Arbeit von Prof. Björn Stevens, einer der drei Direktoren des Max-Planck-Institutes für Meteorologie in Hamburg, auf 50 Prozent des im IPCC-Dokument angegebenen Wertes reduziert. Die Arbeit erschien im Journal of Climate und belegt die um 50 Prozent reduzierte, abkühlende Wirkung des Faktors der Aerosole.

Wenn man dies berücktsichtigt, wir im Verlaufe dieses Jahrhunderts das Zweigrad-Ziel nicht überschritten, selbst dann nicht, wenn der jährliche Zuwachs von CO2 in der Luft weitergeht und bis 2100 sich bei 600 ppm einpendelt. Genaugenommen landen wir sogar unter 1,75 Grad, weil wir noch Puffer für die natürliche Variabilität und die bereits verminderte Wärmeaufnahmefähigkeit der Weltmeere berücksichtigt haben.

Kurz gesagt, wir hätten sogar in der Logik des IPCC - die wir ausdrücklich nicht teilen, da sie die natürlichen Einflüsse von Sonne und den atlantischen Oszillationen nicht berücksichtigt - keinen Handlungsbedarfs zu einer Reduktion des Kohlendioxid-Anstiegs.

Schon gar nicht erforderlich wäre eine häufig zu hörende Forderung nach einer 50 - oder gar 80 prozentigen Reduktion des CO2 Ausstoßes. Er könnte Jahr für Jahr weiter um etwas mehr als die heutigen 2 ppm pro Jahr steigen. Wir müssten - in der Logik des IPCC - lediglich bis zum Ende des Jahrhunderts sicherstellen, dass CO2 nicht 600 ppm übersteigt - das doppelte des Wertes von 1900. Das ist aber technologisch wie auch wirtschaftlich völlig unproblematisch zu erreichen.

Das ist schon bemerkenswert: Da publiziert der Direktor des MPI für Meteorologie in Hamburg eine für die Weltpolitik ungemein wichtige Erkenntnis und seine Kollegen machen einfach so weiter. Es wäre ja auch sehr unangenehm den weltpolitischen Tross vor Paris aufzuhalten mit der guten Nachricht: Wir können uns ein sehr viel mehr Zeit lassen. Wir brauchen hier und heute nicht hunderte Milliarden zu verpulvern oder einem wirtschaftlichen Kamikaze-Programm das Wort zu reden.
Doch das Gegenteil passiert.

Jochem Marotzke, ebenfalls Direktor des Hamburger MPI für Meteorologie, erklärte auf der 10. Deutschen Klimatagung im September diesen Jahres, dass es ganz egal wäre, wie weit Realität und modellierte Temperaturkurven aueinanderklaffen. Dies würde nichts über die vorhandene oder fehlende Qualität der Modelle aussagen. Dass seit 15 Jahren die Temperaturen nicht mehr ansteigen, ist nichts als Zufall. Die Modelle seien richtig. Das ist bei Ideologien häufig so: die Dogmen sind richtig, die Realität ist falsch.

Jochem Marotzke, der noch vor Jahren durch sein abwägendes Urteil im Kreise der Klimaalarmisten auffiel, begibt sich nun auf Schellnhuber-Niveau. Doch so schnell holt den keiner ein. Schellnhuber erklärte im Oktober, dass durch die Verfeuerung fossiler Brennstoff bereits schon soviel CO2 ausgestoßen worden sei, dass die nächste Eiszeit, die er in 60.000 Jahren kommen sieht, ausfallen würde.

Dass die augenblickliche Warmzeit wesentlich eher beendet sein wird - sie dauert schon 10 000 Jahre und Warmzeiten dauern in der Regel zwischen 10.000 und 25.000 Jahren, mag man Schellnhuber noch nachsehen. Dass aber Kohlendioxid in 60.000 Jahren bei einer Halbwertszeit von 5 ( Murry Salby) oder 100 (IPCC) Jahren noch irgendeinen Einfluß haben wird, könnte ein Taschenrechner widerlegen.

Vor dem Klimagipfel von Paris im November wird so vieles aufgeblasen, Panik ausgelöst, Angst erzeugt. Das hat nun auch die Wirtschaft erreicht. So war sich nicht einmal Nikolaus vom Bomhard, Chef der Münchner Rückversicherung, zu schade, das Flüchtlingsthema mit dem Klimaalarm zu verknüpfen. Die Zahl der Flüchtlinge wird nach Erwartung des Managers noch steigen. “Wir sehen bislang lediglich die Spitze des Eisbergs”, sagt Bomhard.

In Zukunft würden immer mehr Menschen ihre Heimat auch wegen des Klimawandels verlassen, er werde zum “Haupttreiber künftiger Wanderbewegungen”. Die Politik müsse “endlich die Ursachen der Migration angehen, und der Klimawandel gehört dazu”, so Bomhard. Die Versicherungsbranche, die von der Angst um Klima- und Wetterkatastrophen profitiert, biegt gerne mal die Realität so hin, wie es für ihr Geschäft am besten ist. Nicht Assad, IS, Taliban oder Boko Haram treiben vornehmlich die Flüchtlinge in den kalten Norden treiben, sondern der Klimawandel.
Da fehlen einem die Worte.

Professor Dr. Fritz Vahrenholt ist ehemaliger Hamburger Umweltsenator und unter anderem Autor ders Buches Die Kalte Sonne.

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Leserpost

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Ralf Pöhling / 28.10.2015

Der “Klimaflüchtling” ist zweifellos das Konstrukt einer PR Abteilung. Anders lässt sich die gezielte, zeitgleiche und flächendeckende Platzierung dieses Schlagwortes nicht erklären. Man kann sich des Eindrucks nicht mehr erwehren, (Pseudo)Wissenschaft soll hier in der gleichen Art verkauft werden, wie eine Packung Waschpulver oder Bohnensuppe in Dosen. Hier wird ertragsorientierte Lobbyarbeit betrieben, die den Grundsatz und die Wahrhaftigkeit wissenschaftlicher Tätigkeit vollkommen in den Dreck zieht.

Harry Reinhold / 26.10.2015

Am Sonntag morgen, was macht man da? Keine Ahnung! Aber ich dope mich mit Kaffee und glotze TV - genauer gesagt ich “switche” zwischen dem “Doppelpass” (der “Gottesdienst” für alle Fußballgläubigen wie mich) und dem “Sonntagsstammtisch” im Bayerischen Rundfunk (Gastgeber: Focus-Boss Helmut Markwort) Dort brachte Wolfgang Heckl, studierter Biophysiker und Direktor des Deutschen Museums in München, das gleiche Argument wie es Herr Bomhard von der der Münchner Rück laut Herrn Vahrenholt anbringt: Die Flüchtlingskrise wird in Zusammenhang mit dem Klimawandel - kein Wort vom Versagen der staatlichen Systeme und deren Ursachen. Heckls Glaube: Der böse Europäer hat jahrelang so gut gelebt und sich so sehr versündigt, dass er nun bezahlen muß! Sünde! Was ist los mit Leuten wie Herrn Heckl? Große Teile der Elite haben wohl verlernt, dass man sich selbst eine Meinung bilden muß - wenn man sich einen aufgeklärten Menschen nennen will. Er könnte sich doch ruhig mal eine Vorlesung anhören von Murry Salby. Er würde sie doch eher verstehen können als jemand ohne naturwissenschaftliche Ausbildung? Trink weiter Dein Bier und ermahne die anderen! Weise sie ruhig zu Recht… Meinen Respekt hast Du verspielt…. und all jene Fürsprecher einer guten Sache, die sie selbst nie verstanden haben…

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