Gunnar Heinsohn / 04.02.2015 / 14:50 / 3 / Seite ausdrucken

Ökonomie für Anfänger: Weichwährungen helfen niemand

Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel: Der eine Staat - hightech-ausgerichtet - hat ein Bruttoinlandsprodukt von 65.000 pro Kopf, ein anderer - Rohstoffexporeur - bringt es sogar auf 70.000, während ein dritter - agrarisch geprägt - bei 32.000 dümpelt. Geht es nach der Meinung von Experten, könnten drei so unterschiedliche Staaten nie und nimmer unter derselben Währung mit gleichhohen Zinsen überleben. Und doch arbeiten unsere drei Kandidaten – Alaska, Connecticut und Mississippi – alle mit dem US-Dollar (alle Zahlen für 2013 hier).

In Hamburg hat die Hafen-City (vor der Krise 2007) ein steuerpflichtiges Einkommen von 98.000 € pro Kopf, in Veddel sind es 15.000 (siehe hier) Würde die Weltmarkttauglichkeit der Veddeler - ein Viertel bezieht Hartz-IV - bei einer noch weicheren
Währung als dem Euro tatsächlich so nach oben drehen, wie Spitzenökonomen es einem eurobefreiten Griechenland verheißen?

Bewohner ökonomisch zweitklassiger Nationen sind keineswegs erpicht auf eine zweitklassige, also schlecht besicherte und deshalb im Preis (Wechselkurs) dauernd fallende Währung. Sie unterschieden sich von anderen Nationen dadurch, dass erstklassige Eigentumspositionen für das Besichern einer Währung und zum Verpfänden im Kredit dünner gesät sind. Wer solchen Regionen die notwendigen Vermögen nebst strikten Rechtsformen sowie die für ihre Verteidigung erforderlichen Könner liefert, der tut etwas für die Verbesserung ihrer Konkurrenzfähigkeit. Die erringen sie dann mit einer gut besicherten Währung viel leichter als mit einer schrottunterlegten, weil letztere niemanden dauerhaft im Lande hält.

Ein Griechenland mit eigener Währung, die hart wäre, aber nicht reichlich fließen könnte, solange allein die wenigen soliden Titel zum Einsatz kämen, würde nicht ärmer. Es verlöre lediglich die Transfers, die seine wahre Leistungsfähigkeit übertünchen. 

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Dieter Faulenbach / 04.02.2015

An Ihre Schlussfolgerung sind zu viele Bedingungen geknüpft um sie als erstrebenswerte Alternative zu betrachten. Ein Griechenland außerhalb des Euro verlöre mehr als “nur” die Transfers. Wie sollte Griechenland die in Euro aufgelaufenen und teuer gewordenen Schulden dann noch bedienen können?  Ein Konkurs und ein völliger Verzicht auf die Bezahlung der griechischen Schulden wäre unausweichlich. Was wäre dadurch gewonnen? Was spricht dagegen, da auch Deutschland keine Schulden tilgt, die Schulden durch eine etwas weichere Währung zu reduzieren? Würde auch für Deutschland nicht schlecht sein. Was spricht dagegen, wenn das Instrument der Abwertung durch einen gemeinsamen Währungsraum entfallen ist, dass die wirtschaftsstärkeren Länder und Länder mit Exportüberschüssen ihre Kosten anheben? Damit könnten die schwächeren Länder wieder konkurrenzfähig gemacht werden. Ihr Vorschlag ist eine Spirale nach unten. Irgendwann begegnen wir China.

Alexander May / 04.02.2015

Das Problem ist weniger ob eine gemeinsame, harte Währung möglich ist, sondern ob die Menschen bereit sind das nötige dafür zu tun. In den Süd-Ländern dachte man, man könne sich einfach in die harte deutsche Währung einklinken und die Vorteile genießen, also niedrige Zinsen und mehr Investitionen. Leider vergaß man dabei, dass eine solche Währung nicht vom Himmel fällt. Wie die Wahlen und Meinungsumfragen zeigen, wollen die Menschen in Griechenland oder Spanien nicht das nötige Verhalten an den Tag zeigen welches eine starke Währung erst ermöglicht, sondern weiter mit Schulden und Inflation hantieren. Anstatt diese Menschen zu ihrem Glück zu zwingen, sollte man ihnen die Möglichkeit geben so zu leben und so regiert zu werden wie sie das möchten. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass das selbe auch für Deutschland gelten muss und beides ist nicht unter einen Währungshut zu bekommen. Sprich, wenn wir die Demokratie nicht unterhöhlen möchten - mit allen negativen Konsequenzen, bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen - dann muss das Experiment Euro beendet werden, besser Heute als Morgen.

Petra Horn / 04.02.2015

Genau um die Transfers geht es den Griechen. Es wird kolportiert, daß die Griechen den Volkssport betreiben, wie die meisten Zuwendungen von der EU zu holen sind. Wenn man die Pro-Kopf-Netto-Transfers einschließlich der “Rettungen” oder auch Schuldenerlasse seit dem Eintritt Griechenlands in die EU zusammenzählt, kommt man auf gigantische Summen. Jeder Grieche weiß, daß er ohne eine gewaltige Erhöhung des eigenen Einsatzes nie so viel hätte erwirtshaften können, wie das, was er auf welchem Wege auch immer erhalten hatte. Die einen sehr viel mehr und die anderen sehr viel weniger, aber immerhin. Die Verlockung, wie in den reichen Ländern zu leben, ist noch immer zu süß, und den reichen Griechen erspart es die Steuern. Sonst müßten sie womöglich ganz ins kalte London fliehen. Zum Thema der unterschiedlichen Strukturen stellt sich mir die Frage, ob Missisippi dazu verdammt ist, ewig arm zu bleiben?    

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