Peter Grimm / 18.10.2023 / 12:00 / Foto: Silar / 10 / Seite ausdrucken

Kein deutsches Wärmen an der polnischen Wahl?

Polen hat gewählt und nicht nur die dortigen Liberalen feiern. Für Polen ist das innenpolitisch sicher eine Zäsur. Doch wenn sich die Anhänger deutscher Regierungspolitik am polnischen Wahlergebnis politisch wärmen wollen, könnten sie enttäuscht werden, denn auch eine neue Warschauer Regierung wird etwas tun, was deutschen Regierenden fremd ist.

Kurzzeitig waren die Parlamentswahlen in Polen, die die politische Landschaft bei unseren Nachbarn deutlich verändert haben, auch in deutschen Medien angemessen präsent, um jetzt bereits wieder in unserer Wahrnehmung hinter den Kriegsberichten aus dem Nahen Osten zu verschwinden. Vielleicht hat sich die deutsche Politik auch ganz schnell von ein paar Illusionen verabschiedet.

Polnische Liberale haben gefeiert, auch wenn sich zumindest die hiesige Berichterstattung zunächst eher vorsichtig dem Umstand näherte, dass die polnischen Wähler die amtierende Regierung ziemlich deutlich abgewählt haben. Die polnischen Wahlgepflogenheiten sind einer hierzulande üblichen Wahlberichterstattungsdramaturgie wenig zuträglich. Nach der Schließung der Wahllokale gibt es eine Prognose, ein Ergebnis einer Nachwahlbefragung und das war's dann für viele, viele Stunden. Keine Hochrechnungen, deren Veränderungen man noch gespannt verfolgen könnte – das Publikum musste warten, bis am Folgetag Ergebnisse verkündet wurden.

Da hatte man sich an die neue Lage schon fast gewöhnt. Die alte Regierung ist abgewählt, auch wenn es sicher eine Weile dauern wird, bis eine neue gebildet worden ist. In den Stunden, in denen sich das deutsche Spitzenpersonal aus Politik und Medien mit Polen beschäftigte, herrschte bei ebendiesem anscheinend auch große Freude. Endlich werde der Ton aus Warschau ein anderer, endlich werde es nicht mehr diese entschiedene Abwehr gegen wohlmeinende Politik-Ideen aus Berlin und Brüssel geben – egal ob beim „Klimaschutz“ oder der Migration. Wirklich?

Polen nimmt uns die Probleme nicht ab

Der Ton wird sich natürlich gewaltig ändern. Von Donald Tusk ist ein spürbar freundlicheres und konzilianteres Auftreten gegenüber der EU zu erwarten. Auch das Spiel mit antideutschen Ressentiments und neuen Reparationsforderungen dürfte ein Ende haben. Darüber kann man sich durchaus freuen. Doch in manchen deutschen Kommentaren konnte man den Eindruck gewinnen, als würde sich Polen mit neuer Regierung alsbald den hiesigen Regierungspositionen annähern und das dürfte vielleicht zu einigen Enttäuschungen führen.

Ich vermag nicht hinreichend kompetent zu spekulieren, welche Schwierigkeiten es bei der Regierungsbildung geben wird und wie kompliziert sich das Verhältnis vom alten Präsidenten zum neuen Kabinett gestalten könnte. Aber wenn dann die neue Regierung in Warschau steht, wird auch sie selbstverständlich etwas tun, was unsere Regierenden für eher anrüchig halten, nämlich zuerst die nationalen Interessen des eigenen Landes vertreten. Auch die neue Regierung in Warschau dürfte beispielsweise die irrlichternde deutsche Migrationspolitik ablehnen und einer sogenannten Klima-Politik kaum in einer Weise folgen, die die Polen mit übermäßig hohen Energiepreisen bezahlen müssten und die die eigene Wirtschaft in den Niedergang treibt.

Innenpolitisch ist der Regierungswechsel für Polen bedeutsam, doch außenpolitisch dürfte er weniger stark spürbar sein, als es manch Möchtegern-Weltvorbilder in Berlin erhoffen. Sicher ist es eine Erleichterung, wenn die schrillen Töne verklingen. Es wird sich aber beispielsweise kaum etwas daran ändern, dass Polen nicht geneigt ist, uns eine nennenswerte Zahl arabischer, afghanischer oder afrikanischer Zuwanderer abzunehmen. Polen hat ukrainische Flüchtlinge in großer Zahl aufgenommen, denn im Nachbarland herrscht Krieg. Diese Notwendigkeit ist für Polen nachvollziehbar. Aber die irrationale deutsche Zuwanderungspolitik, die Armen dieser Welt mit reizvollen Sozialleistungen ins Land zu locken und diese Migration dann auch noch ungebremst und kaum kontrolliert zuzulassen, findet sicher keine Unterstützung. Allen Sprechblasen von „europäischen Lösungen“ zum Trotz muss die deutsche Regierung die selbstgeschaffenen Probleme auch selbst lösen. Da hilft es nicht, sich an einem kommoderen Wahlergebnis beim östlichen Nachbarn zu wärmen.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei achgut.com

Foto: Silar CC BY-SA 4.0, Link

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Leserpost

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Uwe Schäfer / 18.10.2023

Ich finde es immer äußerst “lustig”, wenn ich hier die gleiche Wortwahl vorfinde, wie in den gutmenschlichen Qualitätsmedien. Wenn man die Invasoren Europas und vor allem Deutschlands als “Zuwanderer” bezeichnet, so ist das für die ideologisch verblendeten linksgrünen Gutmenschen natürlich genau die richtige Wortwahl. Aber hier ist es ein nicht zu überbietender Euphemismus. Man denke nur daran, wie viele Europäer von diesen “Zuwanderern” in den letzten Jahren unter Aloha Nacktbar Geplärr abgeschlachtet wurden. Man sollte also solche Worte wenigstens mit Gänsefüßchen oder dem vorgeschalteten Wort SOGENANNTE kennzeichnen. Vielen Dank für Ihr zukünftiges Bemühen! Es erspart Brechreiz. (weitere Beispiele: Klimaschutz, erneuerbare Energien, Energiewende…)

Thomas Szabó / 18.10.2023

Die Nationalsozialisten & Kommunisten wollten die durch die Jahrhunderte natürlich gewachsenen europäischen Nationalstaaten, nationalen Kulturen, völkischen Identitäten zerstören und sie in einem rot-braunen Einheitsbrei einstampfen. Den roten & braunen Bataillonen folgen heute die bunten Bataillone des EU-Imperialismus. Wenn man alle Farben in einen Topf schüttet und umrührt entsteht ein grau, heute genannt bunt. Die kollektivistische Ideologie des Einheitsbreis wird heute noch als progressiv geframt. Nein, die Nationalstaaten sind kein veraltetes Konzept! Die kackbraune kollektivistische Brühe ist die antiquierte Utopie aller Ideologen seit Jahrhunderten. Von Plato über den Sonnenstaat von Campanella (1568-1639) bis Marx. Der Marxismus ist etwas für Bienen & Ameisen. Philosophen, Theologen, Ideologen neigen zu kollektivistischen Utopien wo alle Menschen über einen Kamm geschert werden. Die kollektivistische Zwangsbeglückung ist die ärgste geistige Erkrankung aller Philosophen, Theologen, Ideologen. Sie ist eine ebensolche intellektuelle Torheit wie die unnatürliche gnostische Trennung von Seele & Materie im Sinne von hoch & niedrig. Diese Torheit starb mit der Gnosis nicht aus. Wir sollten diese größte Torheit aller Philosophen endlich aufarbeiten. Nein, progressiv heißt nicht aller kurz & klein zu schlagen und zu einer kackbraunen Brühe namens bunt & vielfältig verrühren! Ideologen, Ignoranten, Idioten!

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