Anabel Schunke / 23.07.2019 / 10:42 / Foto: Achgut.com / 103 / Seite ausdrucken

Kant und das Schweinefleisch

In Leipzig müssen die Kinder zweier Kitas ab sofort auf Schweinefleisch verzichten. Nicht einmal das obligatorische Verteilen von Gummibärchen an Geburtstagen sei künftig erlaubt. Begründet wird das von Seiten der Kita-Leitung mit „Respekt gegenüber einer sich verändernden Welt“. Angesichts solcher Entscheidungen offensichtlich eine Welt, die die Werte der Aufklärung mit Füßen tritt. 

Insgesamt besuchen 300 Kinder die beiden Einrichtungen. Mit dem Verbot wird laut BILD-Information Rücksicht auf zwei muslimische Mädchen genommen. Kita-Leiter Wolfgang Schäfer verteidigt die Essensumstellung. „Auch wenn es nur eine Familie wäre, die das Seelenheil ihres Kindes aus religiösen Gründen durch unreines Schweinefleisch beeinträchtigt sieht, setze ich diese Neuerung jetzt durch“. 

Unweigerlich fragt man sich als Außenstehender, ob die muslimischen Mädchen zuvor gezwungen worden sind, Schweinefleisch zu essen, oder warum sonst so getan wird, als wenn allein das Servieren von Schweinefleisch oder Gummibärchen schon eine Traumatisierung der muslimischen Kinder auslöst. 

Was hier passiert, hat weder etwas mit Minderheitenschutz, noch mit Toleranz oder Religionsfreiheit zu tun. Es ist die Unterwerfung einer Mehrheit unter ein religiöses Diktat. Darüber hinaus wird die Trennung von Religion und Staat faktisch aufgelöst. Dass eine Anpassung bzw. Integration in unser hiesiges Wertesystem nicht stattfindet, in dem man sich als Mehrheit den religiösen Geboten der Heimatländer der Eltern dieser Kinder unterwirft, erscheint da fast wie eine Randbemerkung. 

 Mehr Kant als Kulturrelativismus

„Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“ In Zeiten linker Deutungshoheit scheinen die Worte Kants nicht mehr viel wert zu sein. Dabei sind sie konstitutiv für den liberalen Rechtsstaat. Genauso wenig wie man die muslimischen Mädchen zwingen darf, Schweinefleisch zu essen, weil es gegen ihre persönliche Freiheit geht, darf man die anderen aus denselben Gründen zum Verzicht nötigen. 

Das Seelenheil der anderen Kinder hängt nicht an Buletten und Schnitzel, aber über kurz oder lang sehr wohl an den Werten der Aufklärung und der mit ihnen verbundenen Freiheit, Sicherheit und Frieden. Kindern im 21. Jahrhundert in einer westlichen Demokratie zu erklären, dass sie aufgrund der religiösen Gebote anderer in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt werden, ist eine Bankrotterklärung gegenüber diesen Werten zugunsten einer Ideologie, die überall dort, wo sie den Ton angibt, zu Intoleranz und Unterdrückung führt. Dies auch noch als tolerant und weltoffen zu verkaufen, ist der eigentliche Hohn. 

Es wird klar: In Zeiten, in denen nicht der als „Hardliner“ tituliert wird, der einer Mehrheit seine religiösen Gebote aufzwingt, sondern derjenige, der sich dagegen zur Wehr setzt (der Kita-Leiter hatte Eltern, denen das Verbot nicht passte, als „Hardliner“ bezeichnet), sollte in Schulen wohl dringend wieder mehr Kant als Kulturrelativismus und linker Aktionismus gelehrt werden. Dem Kita-Chef hätte es sicher gut getan. 

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Leserpost

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Marten Kleihauer / 23.07.2019

Liebe Anabel, wieder ein gut beobachtetes Beispiel dafür, was ich schon seit über zehn Jahren beklage: In diesem, unserem Lande haben viel zu viele Minderheiten viel zuviel Macht!

Tilman Simeoni / 23.07.2019

Warum wird dieser kita-chef nicht rausgeschmissen?

Dr. Wolfgang Schäfer / 23.07.2019

Noch eine ähnliche Anekdote. Obwohl ich von Anfang an Kritiker der Merkelschen Migration war, wollte ich Weihnachten 2015 den Kindern eine kleine Freude machen.  Sie können ja nichts dafür. Unsere lokale ev. Kirchengemeinde hatte dazu eine Päckchen-Aktion gestartet. Als ich aber las (in diesen Worten) “Gummibärchen sind VERBOTEN, weil sie Schweinegelatine enthalten” habe ich es gelassen.

Dr. Wolfgang Schäfer / 23.07.2019

Mich würde interessieren, ob die Eltern der beiden Mädchen das verlangt haben, oder ob es vorauseilende Unterwerfung des Kita-Leiters (Namensgleichheit ist Zufall) war. Vielleicht weiß das jemand.

Otto Nagel / 23.07.2019

Nicht auf halbem Wege stehen bleiben, Herr Schäfer ! Jetzt noch unbedingt Kopftuchzwang für alle Mädchen durchsetzen ! Ist ja nur wegen der Akteptanz der Kulturen. Und vergessen Sie nicht eine ordentliche Geschlechtertrennung, wie sonst sollen die Jungen ihre Rolle in der neuen Multigesellschaft ausfüllen können.

D. Wolters / 23.07.2019

„Auch wenn es nur eine Familie wäre, die das Seelenheil ihres Kindes aus religiösen Gründen durch unreines Schweinefleisch beeinträchtigt sieht, setze ich diese Neuerung jetzt durch“. Sure 5, Vers 51: „Ihr, die ihr glaubt! Nehmt euch die Juden und Christen nicht zu Freunden! Sie sind einander Freunde. Wer von euch sich ihnen anschließt, der gehört zu ihnen. Siehe, Gott leitet die Frevler nicht recht.“ Müsste demnach die Kita nicht den beiden Auserwählten alleine zur Verfügung stehen?

Martin Landner / 23.07.2019

Nö, es ist einfach Rassismus. Denn es geht ja eben nicht darum, zu erlauben, dass die beiden Mädchen kein Schweinefleisch essen müssen - das mussten sie ja auch vorher nicht. Nein, es geht vielmehr darum, gegen die Deutschen vorzugehen, die vielleicht mal ein Gummibärchen essen wollen. Diese müssen aktiv bekämpft werden. Das interessante dabei ist, dass Linke dabei an vorderster Front mitmachen - die Feindbilder stimmen einfach überein & das ergibt Anknüpfungspunkte zwischen Linksextremen und Islamisten.

Dieter Rohrlack / 23.07.2019

Bei 300 Kindern dürfte doch auch sicher ein laktoseunverträgliches und eines mit Glutenallergie dabei sein. Damit sollte der Leitung auch klar sein, was noch alles vom Speiseplan gestrichen werden muss.

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