Gastautor / 14.05.2018 / 08:08 / Foto: Monster4711 / 50 / Seite ausdrucken

Jerusalem: Deutschlands besonderer Boykott

Von Roger Letsch und Gunter Weißgerber.

Liebe Bundesregierung,

wir sind bitter enttäuscht. Sicher, das sind wir nicht zum ersten Mal. Im Grunde sind wir das seit einigen Jahren andauernd. Aber wir wollen nicht abschweifen und uns heute nicht mit den Schneisen der Verwüstung in unserer Demokratie befassen, welche die letzten beiden Legislaturperioden hinterlassen haben. Unsere aktuelle Enttäuschung hat einen konkreten Anlass, nämlich das Fehlen eines offiziellen Vertreters der Bundesrepublik bei der Eröffnung der amerikanischen Botschaft in Jerusalem. Die EU wird somit durch die Vertreter Österreichs, der Tschechischen Republik, Rumäniens und Ungarns vertreten sein, während unser Land, dessen Kanzlerin bei jeder Gelegenheit die besonderen Beziehungen zu Israel betont, den Boykott derjenigen anführt, die der Meinung sind, Israel habe kein Recht, seine Hauptstadt frei zu wählen, und die USA hätten nicht das Recht, diese Wahl zu akzeptieren.

Wir empfinden es als Schande für die Bundesrepublik Deutschland, sich den Drohungen derjenigen Kräfte im Nahen Osten zu beugen, die sich bei jeder Gelegenheit mit der Feindschaft zu Israel brüsten und die all ihr Streben auf die Vernichtung des einzigen jüdischen Staates auf dieser Erde richten. 

Frau Bundeskanzlerin Merkel, Sie sind bekennende Christin und sollten schon in der Bibel sehr leicht jene Stellen finden können, in denen von Jerusalem und seiner Bedeutung für das Judentum die Rede ist. Sie sollten auch die jüngere Geschichte gut genug kennen um zu wissen, dass die Teilung der Stadt im Jahr 1948 eine ebenso unnatürliche war, wie die Teilung Berlins nach dem Krieg. Sie sollten wissen, dass Städte, egal wie alt oder groß sie sind, nur als Ganzes funktionieren können. Schließlich betonen Sie dies in Bezug auf Städte in Deutschland bei jeder Gelegenheit, wenn sie fordern, No-Go-Zones dürfe es nirgends geben.

So unteilbar Berlin heute ist, so unteilbar muss auch Jerusalem sein. Ebenso klar ist auch, dass die Menschen in Israel diese Stadt zu ihrer Hauptstadt gewählt haben. Sie ist die Hauptstadt aller Israelis, ganz gleich, ob sie Araber, Christen, Bahai, Atheisten oder Juden sind. Die Entscheidung für Jerusalem als Hauptstadt ist bereits vor langer Zeit durch einen Parlamentsbeschluss der Knesset gefallen. Sitz des Parlaments ist Jerusalem. Sitz des Präsidenten ist Jerusalem. Regierungssitz ist Jerusalem. Der Oberste Gerichtshof Israels sitzt in Jerusalem. Die Regierung der USA hat dem bereits 1995 durch den Beschluss Rechnung getragen, den Sitz ihrer Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, auch wenn es noch sehr lange dauerte, dieses Gesetz zu ratifizieren. Gerade Deutschland sollte nicht 20 Jahre damit warten. 

Herr Vizekanzler Scholz, Sie stehen in den Fußstapfen von großen sozialdemokratischen Politikern, und es ist noch nicht ausgemacht, ob Sie in diese Formen passen. Der Übervater der SPD, Willy Brandt war es, der als Bürgermeister des Westteils der geteilten Stadt Berlin erleben musste, wie es sich anfühlt, wenn die Solidarität der Weltgemeinschaft auf der Kippe der Opportunität steht und was es für die Menschen in einer solchen Stadt bedeuten kann, wenn die Solidaritätsadresse eines Politikers von Einfluss nur vier Worte in der Landessprache zu deren Bewohnern spricht.

Von Helmut Schmidt sollten Sie gelernt haben, dass man sich den Forderungen von Terroristen und Erpressern unter keinen Umständen beugen darf, dass jedes Zögern und jedes Zugeständnis nicht als Zeichen des Friedens, sondern der Schwäche interpretiert wird. Im Übrigen war es der Sozialdemokrat Moshe Dajan, der an der Wiedervereinigung der Stadt Jerusalem im Jahr 1967 entscheidenden Anteil hatte. Man kann nicht einerseits das Glück feiern, dass Berlin wieder die ungeteilte Hauptstadt Deutschlands ist und andererseits von den Israelis verlangen, ihre historische Hauptstadt aufzugeben oder sich mit einem Stückchen davon zu begnügen, zumal deren Gegner nicht einmal dies akzeptieren. 

Sehen Sie beide sich an, welchen Charakter die „Proteste“ der Fatah und Hamas gegen die Entscheidung der Vereinigten Staaten haben, ihre Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und überlegen Sie gut, ob Sie sich mit deren Zielen gemein machen wollen, indem Sie dem Terror durch feiges Wegducken Legitimität verschaffen. Die ständige Beteuerung, Israels Existenz sei Staatsraison für die Bundesrepublik Deutschland, wird durch die bloße Anerkennung eines Fakts kaum gefordert. Sie müssen keine Sorge haben, dass die israelische Regierung eines Tages beschließen könnte, die deutschen Lippenbekenntnisse im Ernstfall in klirrende militärische Münze zu verwandeln. Die Israelis passen auf sich selbst auf.

Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt des jüdischen Staates wäre im Vergleich zu deutschen U-Booten jedoch nur ein kleiner Preis, dazu muss nicht einmal die deutsche Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt werden. Vermutlich fühlt sich das deutsche Botschaftspersonal in Strandnähe ohnehin wohler, auch wenn die Sommerluft in Jerusalem stets etwas angenehmer ist als am Mittelmeer. Einen Botschafter oder Staatssekretär zur Eröffnung der amerikanischen Botschaft zu schicken, wäre jedoch ein wichtiger Schritt, den Kontakt zur Realität im Nahen Osten nicht ganz zu verlieren. 

Wir möchten deshalb betonen, dass wir die Entscheidung der Bundesregierung, zur Eröffnung der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Jerusalem keinen offiziellen und hochrangigen Vertreter zu entsenden, für grundlegend falsch halten. Wir entziehen Ihnen deshalb in dieser Angelegenheit das Mandat, für uns zu sprechen und beauftragen würdigere Vertreter damit. Wir bitten hiermit die Abgesandten Österreichs, der Tschechischen Republik, Rumäniens und Ungarns, dem israelischen Volk unsere besten Wünsche zu überbringen und bitten sie weiterhin, im Namen von sehr vielen Deutschen unseren Hoffnungen auf die erfolgreiche Arbeit der Botschaft der Vereinigten Staaten in Jerusalem, der Hauptstadt Israels, Ausdruck zu verleihen.

Mit freundlichen Grüßen

Roger Letsch und Gunter Weißgerber

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K.Glanz / 14.05.2018

Sehr geehrte Herren Letsch und Weißgerber, Ich schließe mich zu 100% an. Grüsse

Margarete Weiß / 14.05.2018

Sehr geehrte Herren, ich danke für Ihren Artikel, dessen Inhalt ich mich voll und ganz anschließe.  Unter Bezugnahme auf den letzten Absatz fühle ich mich eingeschlossen in der Bitte, dass die genannten Botschafter auch in meinem Namen die allerbesten Wünsche überbringen werden. Margarete Weiß

Marcel Seiler / 14.05.2018

Auch wenn sie offiziell laut das Gegenteil behauptet, arbeitet die deutsche Bundesregierung offenbar an der Delegitimierung Israels. Das zur gleichen Zeit, da sie die Hamas, die Organisation mit holocaust-gleichen Absichten, finanziell unterstützt. Die Bundesregierung tut dies vermutlich in der Annahme, dass es hauptsächlich Israels Politik ist, die Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn verhindert. Das ist ideologische Verblendung.

Lothar Kempf / 14.05.2018

BRAVO!!!

Ivan de Grisogono / 14.05.2018

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert! Als Motto der Regierung Merkel ist dieser Spruch heute passender denn je. Dilettantismus, Inkonsistenz, Doppelzüngigkeit und Ratlosigkeit fallen schon nicht mehr auf, weder dem Bundespräsidenten noch der Kanzlerin!

Hermann Neuburg / 14.05.2018

Gottes Segen und Kraft, Ausdauer, Mut und auch Glück wünsche ich dem Staat Israel und den Juden im Besonderen zum 70. Geburtstag. Möge der Staat mindestens so lange bestehen und gefeiert werden, wie gestern der Hamburger Hafen: 829 Jahre. Ich schäme mich für meine Regierung und schließe mich den Autoren an. Auch den US-Amerikanern , vertreten durch ihren Präsidenten Trump gilt mein Dank und Gruß.

C. J. Schwede / 14.05.2018

Jedes einzelne Wort möchte ich genau so aus tiefstem Herzen unterschreiben. Danke!

Dr. Daniel Brauer / 14.05.2018

Vielen Dank für ihre Protestnote, der ich mich voll anschließe. Gerade in diesen Tagen, in denen der Staat Israel seinen 70. Geburtstag feiert, hatte ich in meiner Naivität erwartet, vor jedem Amtshaus die Flagge mit dem Davidstern zu sehen. Leider ist dies nirgends der Fall. Stattdessen hängt die Flagge in groß in der Eingangstür unseres Hauses und in klein in meinem Arbeitszimmer. Was ich wieder nicht erwartet hätte, ist der Hass den diese Fahne auslöst. Praktisch jeder Radfahrer und Spaziergänger der an unserem Grundstück vorbeigeht, bleibt entweder kopfschüttelnd stehen oder fängt lautstark an sich über die - dreckige Judenfahne-  aufzuregen. Patienten die mein Zimmer betreten, fragen selten nach, warum die Fahne da hängt. Wenn ich dann antworte, Israel feiere Geburtstag und ich unterstütze damit meinen Cousin Dror- John und seine Familie, steht ihnen das Unverständnis ins Gesicht geschrieben. Was Dror noch in diesem Land hält, weiß ich nicht. Denn das ist Deutschland, ein Land in dem wir laut BK Merkel gerne leben und in dem wieder Juden, Homosexuelle und andere Abweichler durch die Straßen getrieben werden. Auch Bücher- harmlose Katzenkrimis- werden ja wieder, sogar von Buchhändlern, verbrannt und Lokalpolitiker fordern die Bürger auf, denen es hier nicht passt, sozusagen ins Exil zu gehen. Kirchen und Presse machen sich wieder mit den Herrschenden gemein. Kommt einem alles bekannt vor. Man schämt sich Deutscher zu sein, weil es unserem Land anscheinend wirklich unmöglich ist, aus seiner Geschichte zu lernen.

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