Im Frankreich Macrons werden Mediziner, die alternative Behandlungsmethoden anbieten, als Sekten-Gurus verfolgt – jetzt drohen ihnen sogar Gefängnisstrafen.
Französische Ärzte, die von gängigen, weil durch Standesorganisationen und Staatsbürokratie als „Stand der Wissenschaft“ erklärten Therapien abraten, riskieren demnächst Gefängnisstrafen. Die dafür notwendige gesetzliche Grundlage wurde, obgleich heftig umstritten, in der vergangenen Woche mithilfe eines Geschäftsordnungs-Tricks von der Pariser Nationalversammlung verabschiedet, in der die Anhänger von Staatspräsident Emmanuel Macron nicht die Mehrheit haben.
Das neue Gesetz wendet sich bei oberflächlicher Betrachtung nicht gegen bestimmte medizinische Schulen oder Heilungsmethoden, sondern allgemein gegen sektiererische Abweichungen vom (angeblichen) wissenschaftlichen Konsens. Unter Berufung auf die in Frankreich aufgekommene Strömung der kontinentalen Aufklärung wurden in unserem Nachbarland schon früher bedenkliche Gruppen und Bewegungen wie etwa „Scientology“, die sich anderswo unbehelligt ausbreiten konnten, verboten. Nun benutzt die Regierung Macron/Attal offenbar ähnliche Argumente, um Mediziner, die in der künstlich herbeigeführten Corona-Krise von 2020 bis 2022 Rückgrat gezeigt haben, auszugrenzen und wirtschaftlich zu ruinieren. Es geht dabei vor allem um die bislang sehr populären Virologen beziehungsweise Infektiologen Didier Raoult und Christian Peronne.
Der weltweit bekannte Virologe Didier Raoult, der einige Viren als erster entdeckt und benannt hat, wird in Marseille und Umgebung noch immer wie ein Heiliger verehrt, nachdem er zu Beginn der Covid-„Plandemie“, das heißt, noch vor der Verfügbarkeit eines vermeintlichen Impfstoffs oder einer anerkannten Therapie, tausenden von Patienten durch die Verschreibung des von BAYER schon in den 1930er Jahren entwickelten preiswerten Anti-Malaria- und Anti-Rheuma-Medikaments Hydroxychloroquin (HCQ) in Kombination mit dem Standard-Antibiotikum Azithromycin (AZ) Erleichterung verschaffte. Kaum irgendwo starben so wenige Patienten an Covid-19 wie in Marseille.
Am Anfang kam Macron noch zu Besuch
Als Ton-Figur mit einem weißen Kittel gehört Prof. Raoult inzwischen zum Standard-Inventar gut bestückter provenzalischer Weihnachtskrippen. Staatspräsident Macron konnte das im fernen Paris nicht ignorieren. Auf Betreiben seiner Frau Brigitte machte er sich auf den Weg nach Marseille, um Professor Raoult in seinem Labor im Institut Hospitalier Universitaire (IHU) im Großhospital „La Timone“ zu besuchen. Für Raoult bedeutete das eine große Ehre, denn den Gepflogenheiten der französischen Wahl-Monarchie hätte es eher entsprochen, wenn Raoult nach Paris zitiert worden wäre.
Als überaus erfolgreicher Forscher und Arzt begründete Didier Raoult sein eigenmächtiges Vorgehen mit dem Hilfegebot des Hippokratischen Eids und mit dem ihm als erfahrenen Arzt bislang wie selbstverständlich eingeräumten Recht, in Absprache mit den Patienten auch unkonventionelle Therapien beziehungsweise den „Off Label“-Einsatz von Medikamenten ausprobieren zu dürfen. Als Anhänger der anarchistischen Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie Paul Feyerabends lag Raoult eine Verabsolutierung der wissenschaftlichen Methode fern. Neben kontrollierten Beobachtungen und Experimenten vertraut er auch seiner auf langjähriger Erfahrung beruhenden Intuition und dem gesunden Menschenverstand. Die Heilkunde bleibt für ihn eine Kunst, die viel mehr ist als eine sture Anwendung von technischen Regeln, die mit deterministischen Modellrechnungen begründet werden. Seine Therapie-Erfolge gaben ihm recht.
Doch bald sollte das Blatt sich wenden. Möglicherweise auf Betreiben von „Big Pharma“ erschien in der führenden medizinischen Fachzeitschrift The Lancet eine internationale Studie, die scheinbar nachwies, dass das von Professor Raoult vorgeschlagene Behandlungsprotokoll mehr Schaden als Nutzen stiftete. Auch wenn sich diese Studie bald als „Fake“ erwies, wurde sie von Macrons Gesundheitsministerin Agnès Buzyn und deren Nachfolger Olivier Véran zum Vorwand genommen, um ein Verbot von HCQ in die Wege zu leiten.
Das gelang zwar nicht vollständig. Doch wurde das billige Mittel, das bislang frei verkäuflich war, rezeptpflichtig gemacht. Ende Mai 2020 verbot Véran die Verschreibung von HCQ an Covid-Patienten ganz. Doch schon im Juni 2020 musste The Lancet die Veröffentlichung der Fake-Studie zurückziehen, nachdem Statistiker nachgewiesen hatten, dass diese zum Großteil auf erfundenen Daten beruhte. Dennoch versuchte die Macron-Regierung mithilfe der ärztlichen Standesorganisation und dienstbarer Massenmedien aus dem vom gemeinen Volk als Held verehrten Raoult einen gemeingefährlichen Sekten-Guru zu machen und ihm die Leitung des IHU zu entziehen. Rault hatte ohnehin die Altersgrenze überschritten. So war es nicht schwer, ihn zumindest teilweise kaltzustellen. Das gilt auch für Raoults Fachkollegen Prof. Christian Peronne, der im Großraum Paris wirkte.
Misstrauen gegen Macron und die Staatsmedizin
Gegenüber dem wachsenden Druck großer Pharmakonzerne wie Pfizer, AstraZeneca oder Gilead auf Regierung und Parlament hatten die vom hippokratischen Eid und vom gesunden Menschenverstand geleiteten Medizin-Professoren einen immer schwereren Stand. Dieser Druck verstärkte sich enorm, seit Pfizer in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Start-up-Unternehmen BioNTech mit großem Werbeaufwand einen auf der umstrittenen mRNA-Technik beruhenden „Impfstoff“ auf den Markt brachte, der angeblich die Ansteckung mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 und dessen Weitergabe verhindern sollte.
Doch aufmerksame Zeitgenossen wurden bald gewahr, dass das leere Versprechungen waren. Zumindest über einen Teil der so genannten sozialen Medien verbreitete sich diese Nachricht wie ein Lauffeuer. Beim wachen Teil der Franzosen wuchs folglich das Misstrauen gegen Macron und die Staatsmedizin, die ohnehin schon den Gipfel der Unbeliebtheit erreichten, weil das Gesundheitssystem nach der Entlassung tausender Pflegekräfte, die die „Impfung“ verweigert hatten, schon vor dem Kollaps stand.
Die Regierung und ihre Gesundheitsbürokratie taten alles Mögliche, um aussagefähige Zahlen über Infektionen, geringe Heilungserfolge und lebensgefährliche Nebenwirkungen der mRNA-Spritzen unter Verschluss zu halten oder zumindest in ihrem Sinn umzuinterpretieren. Doch das half alles nichts. Daher beschloss Premierministerin Elisabeth Borne im November 2023, den Kritikern der repressiven und disfunktionalen Coronapolitik mithilfe der Anti-Sekten-Gesetzgebung beizukommen, die in Frankreich schon Tradition hat.
In dem von Elisabeth Borne und ihrem Innenminister Gérald Darmanin am 15. November 2023 vorgelegten Gesetzentwurf geht es explizit nur im Artikel 4 darum, Kritiker der Staatsmedizin zum Schweigen zu bringen, denn er schafft einen neuen Straftatbestand: Wer dazu auffordert, „eine therapeutische oder prophylaktische medizinische Behandlung abzubrechen oder zu unterlassen“ oder bestimmte „Praktiken anzuwenden, die als therapeutisch oder prophylaktisch dargestellt werden“, dem drohen ein Jahr Gefängnis und eine Geldstrafe von 15.000 Euro. Zeigen diese Aufforderungen Wirkung, drohen Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren und Geldstrafen bis 45.000 Euro.
Viele Abgeordnete waren nicht anwesend
Nicht von ungefähr gilt Artikel 4 im Volksmund als „Pfizer-Artikel“. Denn es liegt auf der Hand, dass sich diese Bestimmungen gegen alle Kritiker der mRNA-„Impfungen“ und andere von Big Pharma als Patentlösungen angepriesene Therapien oder auch gegen Verteidiger klassischer Phytotherapien wenden lässt, zumal das Gesetz nicht definiert, was unter Sektierertum (auf Französisch „Sectarisme“) zu verstehen ist. Deshalb stimmte am Morgen des 14. Februar 2024 in der französischen Nationalversammlung eine knappe Mehrheit der Abgeordneten für eine Version des Gesetzes ohne den umstrittenen Artikel 4.
Doch der Artikel 101 der Geschäftsordnung der Nationalversammlung erlaubt es den Regierungsparteien beziehungsweise dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, strittige Gesetzesvorlagen mit einigen optischen Korrekturen erneut zur Abstimmung zu stellen, was der Angeordnete Sacha Houlié von der Regierungspartei Renaissance als Vorsitzender des Rechtsausschusses auch tat. Die Renaissance-Abgeordnete Brigitte Liso stellte am Nachmittag des gleichen Tages eine leicht veränderte Version des umstrittenen Artikels 4 zur Abstimmung. Doch dann waren viele der Abgeordneten, die am Vormittag für die Eliminierung des Artikels 4 gestimmt hatten, nicht mehr anwesend. Die von Liso beantragte leicht veränderte Fassung des Art. 4 wurde in erster Lesung mit 151 gegen 73 Stimmen angenommen.
Nicolas Dupont-Aignan, ein unabhängiger Konservativer, der an der Abstimmung teilnahm, wies in einem Interview darauf hin, dass ganze der Macron-Regierung nicht wohlgesinnte Gruppen wie die Kommunisten der Abstimmung fernblieben. Das sei nur durch den Druck zu erklären, den die Lobby von „Big Pharma“ auf die Abgeordneten ausübte. Nun hat der Staatsrat das Wort, der das neue Gesetz, wie zu hören ist, nicht für verfassungskonform hält.
Edgar L. Gärtner ist studierter Hydrobiologe und Politikwissenschaftler. Seit 1993 selbstständiger Redakteur und Berater, als solcher bis 1996 Chefredakteur eines Naturmagazins. Bis Ende 2007 Leiter des Umweltforums des Centre for the New Europe (CNE) in Brüssel. In Deutschland und in Südfrankreich ist er als Autor und Strategieberater tätig