Ich als Mitglied der sogenannten “Neuen Rechten” habe absolut keinen völkisch-biologistischen Ansatz, sondern nur unheimlich die Schnauze voll von konstruierten Minderheiten mit pathologischem Opferstatus. Im möchte von keinem großkotzigen Scheindiskriminierten mit lächerlichen Ansprüchen an mein Verhalten behelligt werden, während erwartet wird, dass ich jedem Müll fremder Kulturen und Religionen mit Toleranz begegne. Jetzt mal ganz im Ernst: demnächst darf der illegal Zugereiste auf der Domplatte meiner Freundin zwar ins Höschen greifen, weil das zu seiner Kultur gehört, ich aber mit derselben Freundin, nämlich meiner, nicht rumknutschen, weil das einen Schwulen stören könnte? Brauche ich dazu einen soziokulturellen Diskurs, oder stelle ich für mich ganz sachlich fest, dass ich bei solchem Schwachsinn nicht mitmache?
Die Identitätspolitik könnte man auch als den Urfehler des 21. Jahrhunderts bezeichnen. Sie entspricht der Idee, TNT als Klebstoff zu verwenden. Wenn sie sich durchsetzt, ist eine Explosion a la Balkan vorprogrammiert.
Multikulti spaltet die Gesellschaft. Das ist ja die Idee dahinter.
Von den drei genannten Gefahren ist nur die erste, der Islam, und nicht nur der radikale Islam, real. Die linken Theorien von Identität braucht sich niemand anzuziehen. Diese Diskussionen sind von aussen betrachtet vielleicht interessant, wahrscheinlich eher absurd, sie beschäftigen aber nur die linke Blase. Links ist sowieso am Ende und ist nur als Türöffner der ersten Gefahr von Bedeutung, darin aber wirklich hochgefährlich. Die dritte Gefahr besteht wiederum nur in den Köpfen der Linken. Der politische Rechtsrutsch ist bestenfalls eine gesunde Reaktion auf oben genannte Gefahren und bedroht in keiner Weise die moderne, aufgeklärte Gesellschaft. Schlechterenfalls kommt diese Gegenbewegung aber viel zu schwach und zu spät um den Westen, oder Westeuropa zu verteidigen. Für die USA kann man da optimistischer sein. Auch der Autor kann offensichtlich nicht der wohlfeilen Verlockung widerstehen, das Erstarken, und sei es auch noch so langsam, einer konservativen Strömung in der Politik in die faschistische Schmuddel-Ecke zu schieben. Es gibt einfach kein Erstarken des Faschismus.
Es ist schwer, auf diese Zusammenfassung kurzfristig zu antworten. Es ist unübersehbar, dass nach einer langen Zeit der zusammenwachsenden Gesellschaft (nicht nur D.) wieder eine “Sortierung” erfolgt. IMHO wird die tatsächliche Ursache nicht genannt. Auch hier werden übermächtige Gruppen genannt, die von mehreren Seiten die ehemalige zusammengewachsene Gesellschaft sortieren (wollen? Zielgerichtet? oder eher aus Nichtwissen? oder als Reaktion?). Ich arbeite seit langer Zeit am Thema “Empathie” (z. B. über Wikipedia) und kann sagen, dass sich in den letzten 10 Jahren hier an der Begriffsaufschlüsselung viel geändert hat - allerdings bisher ohne große Breitenwirkung. Interessant dabei: Empathie (richtig verstandene) ist die Ursache für Gesellschaftsveränderung, wird aber nicht erkannt oder anerkannt. Das heißt: Die Ursache für eine Gesellschaft, in der wir gut und gerne leben, ist wirksam, aber - weil nicht bewusst - auch verlierbar. Die Idee, dass übermächtige Strömungen eine Gesellschaft verändern, ist alt, aber deswegen nicht die einzig mögliche, es könnten Gesellschaften auch durch vielfältig reproduzierte Individuen geeinigt werden, die - mit Empathie - auch größere Abweichungen problemlos erlaubt und integriert. (Diese Empathie wird nicht produziert, sondern ist in jedem Individuum vorhanden und wird nur nicht determiniert) Speziell der Islam (Hauptfeind #1 auf der Liste) zeichnet sich durch absolute Nichtanerkennung oder gar - in der Praxis - Verhinderung von Empathie aus. Im Gegensatz dazu aber weitere übermächtig erscheinende Strömungen zu konstruieren, ist IMHO kontraproduktiv.
Wer ist denn diese “neue Rechte”, “die die identitätspolitische Losung vom „Recht auf Differenz“ aufgreift und in den Dienst ihrer völkisch-biologistischen Ideologie stellt.”? “Der Islam” ist sicherlich eine Massenbewegung, die linken Relativierer kommen da nicht ganz heran - aber immerhin. Bleibt die “Neue Rechte”. Wer vertritt hier als “Massenbewegung” die völkisch-biologistische-Ideologie? Vertreten Kurz oder Orban oder die AfD eine “völkisch-biologistische-Ideologie”? Das hätte ich doch gerne näher erläutert bekommen und nicht nur am Ende eines Artikels in apodiktischer Weise hingehauen gesehen.
Die Symptombeschreiben dürfte zutreffen, es fragt sich nur, wie dem zu wehren ist? Der Weg zum Nationalbewusstsein ist verstellt, die Segmentisierung nimmt immer groteskere Züge an und vor allem: es fehlt an jeder Reflexion. Diejenigen, die bewusst an der Zerstörung unserer Zivilisation arbeiten, wollen oder können nicht verstehen, dass sie nichts anzubieten haben, das an ihre Stelle tritt. Der Islam wird bei uns - und selbst, wenn er die Geburtenraten verdreifacht, auf lange Sicht nichts zu melden haben. Aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass das, was wir vor dem Islam zu verteidigen haben, zwischenzeitlich von innen zersetzt wird. Das befeuert sich in der Tat gegenseitig. ABER! Liberales Denken hatte es noch nie einfach. Insoweit stimmt die These von der Dialektik der Aufklärung, allerdings nicht im Sinne Horchheimers. Die Aufklärung war und ist schon immer ein elitäres Programm gewesen, ihr Menschenbild kaum mit der traurigen Realität dessen, was die Menschheit wirklich ist, kompatibel. Der Feind der Aufklärung, der Feind des Liberalen, wird umso stärker, je stärker die Freiheit, je stärker die Vernunft ist. Das ist meine einzige Hoffnung: das kurz bevor der endgültige Zusammenbruch folgt, die Vernunft wieder aufersteht aus ihrer Asche. Ganz im Sinne des Erlösungsmotivs. Freiheit und Vernunft werden erst dann wertgeschätzt, wenn sie weg sind. Das ist die “Dialektik”. Vermutlich sehen das die Autoren auch so und bieten keine Rezepte zur Lösung an. Abwarten, bis es richtig kracht und hoffen, das dann noch etwas da ist, was Rettung verheisst.
Niemand träumt von einer ethnisch definierten, homogenen Volksgemeinschaft. Wer so immer wieder in links und rechts spalten bzw. den ewigen Nazi ziehen will, hat Scheren im Kopf und betreibt Wortspaltereien. Universalismus erhebt den Anspruch, die Wirklichkeit auf ein einzelnes menschliches Prinzip zurückführen zu können, glaubt mithin, dass alle Erdbewohner nach gleichen Ideen und Regeln agieren (würden). Die Aufklärung war niemals universalistisch oder missionarisch. Sie hat sich einfach aus den Fängen religiöser Indoktrination befreit und skeptisch wissenschaftliches Denken zum größten Erfolg der Ideengeschichte entwickelt. Dass sich heute religiöse Fanatiker dagegen stellen, ist eine Herausforderung, die keinesfalls von ideologischen Universalisten und Dekonstruktivisten gelöst werden kann. Im Gegenteil: sie sind die größten Betonköpfe in reinster religiöser (universalistischer) Verblendung, verpassen sie dem Menschen doch eine einzige Identität. Dieses Hirngespinst ist nichts als heiß gebetete Luft.
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