Ein großer Fan des Hamburger Sportvereins ist der prominenteste Bademandelträger des Landes, Dittsche. Dessen Lieblingssatz lautet: „Das kann doch kein Zufall sein.“ Sehr passen würde dieser Satz momentan bezogen auf die Parteizugehörigkeit des HSV-Vorstandschefs Carl-Edgar Jarchow. Jarchow sitzt nämlich für die FDP in der Hamburger Bürgerschaft.
FDP und HSV, das ist momentan Deutschlands ungleiches Krisenpärchen. Hier der seit Monaten hilflos dahintrudelnde Krisenclub, da die ebenso orientierungslose Partei. Beide reiben sich seit Monaten am Thema „Personal“ auf, ohne den Eindruck zu erwecken, es stecke irgendeine Strategie hinter den diversen Rochaden. Der neue Parteichef der FDP vermittelt nicht den Eindruck, aufgrund inhaltlicher Überzeugungen das Amt auszufüllen. Auch auf Landesebene (siehe Berlin) sind nicht Leute in Entscheiderpositionen, weil sie für bestimmte Inhalte stehen. Vielmehr sitzen da inhaltsneutrale Politverwalter, die sich vor Wahlen spontan fragen, was man denn jetzt mal fordern könnte, um noch ein paar Promillepünktchen mehr zu ergattern – siehe Berlin. Umso tragischer ist dies, da die FDP qua grundsätzlicher Programmatik für starke Inhalte stehen könnte, wie Kollege Tobias Kaufmann richtig beschrieb. Es herrscht aber ein beliebig wirkender Forderungsaktionismus.
In alldem ähnelt die FDP dem Fußballclub aus dem Norden. Auch dort wird mangels Ideen gerne mal improvisiert. Der gerade entlassene Cheftrainer Michael Oenning war nicht an seinen Job gekommen, weil einer der Entscheider wirklich ernsthaft und begründet davon überzeugt war, dass Oenning ein exzellenter Bundesligatrainer wäre. Die HSV-Bosse – allen voran oben genanntes FDP-Mitglied – entschieden sich für Oenning, weil er ohnehin da war (als Co-Trainer nämlich). Aus Ideenlosigkeit und Realitätsferne heraus betrieb der Club Personalpolitik nach FDP-Art. Und er wurde von der Realität bestraft.
Eine weitere FDP-HSV-Gemeinsamkeit ist das Missverhältnis zwischen traditionellem Image und heute sichtbarer Realität in Sachen Wirtschaftskompetenz. Die FDP galt immer als Partei der ökonomischen Vernunft. Mittlerweile aber ist es damit scheinbar nicht mehr weit her. Auf der Suche nach irgendetwas, was populär sein könnte, werden Grundüberzeugungen aufgegeben und scheinbar unpopuläre Themenbereiche ganz gemieden. Die Forderung, Griechenland pleite gehen zu lassen, wirkt ununterfüttert mit komplexeren konzeptionellen Überlegungen blässlich und inszeniert. Ergebnis: Man glaubt nicht mehr, dass die Partei über ein verlässliches Konzept für den Euro und die europäische Wirtschaft verfügt.
Ähnlich sieht die Lage beim HSV aus. Dort hat man zu Saisonbeginn mit Verweis auf leere Kassen eine Schmalspurmannschaft zusammengestellt. Was meine Oma womöglich für kluges Wirtschaften halten könnte, ist in Wahrheit alles andere als dies. Denn der kurzsichtige Radikalsparkurs führt den Club in Abstiegsnot und zerstört damit weit höhere Werte als die paar gesparte Millionen. Die HSV-Führung missversteht grundlegend, wie smarte Unternehmen handeln. Letztere sparen nicht panisch ihrem Misserfolg hinterher, sondern investieren – auch dann, wenn das eine begrenzte Schuldenpolitik erfordert.
Der HSV agiert nach einem Ökonomieverständnis, wie es etwa in Ingos Imbissbude herrscht könnte, wo Dittsche sein Bierchen zu trinken pflegt. Auch jenseits des Themenbereichs Wirtschaft gilt dort (Imbissbude eben) das Regiment der steilen These. Was wiederum eine Parallele zur FDP ist.