Von Maxeiner & Miersch erschienen in DIE WELT vom 18.04.2008
Die Nachfrage nach Reis, Weizen oder Mais ist größer als das Angebot. Weltweit stiegen die Preise, teilweise innerhalb weniger Monate um das Doppelte. Von Mexiko über Haiti bis Ägypten gehen die Armen auf die Strasse, weil sie sich ihre Tortilla, ihre Schale Reis oder ihren Brotfladen nicht mehr leisten können. Die Nachrichten der letzten Woche entdeckten ein Thema wieder, das beinahe verschwunden schien: Hunger und Lebensmittel-Knappheit.
Gleichzeitig machten hierzulande Menschen Schlagzeilen, die mutwillig Felder zerstören, landwirtschaftliche Forschung verhindern, und sich dafür auch noch das Prädikat „Heldinnen und Helden“ verleihen. Die Rede ist von den so genannten Gentechnik-Gegnern. Noch nie erschienen sie in einem so absurden Licht wie in der vergangenen Woche.
Wir wollen die hinlänglich bekannten Argumente hier nicht wiederholen, deshalb nur so viel: Da auf der Welt keine unbegrenzten Flächen zur Verfügung stehen, werden die Bauern in Zukunft auf ihren vorhandenen Äckern höhere Erträge erzielen müssen. Es gibt viele verschiedene Methoden, die dazu beitragen können, eine davon sind ertragreichere Sorten. Auch die kann man auf verschiedene Weise züchten, und davon ist eine die grüne Gentechnik. Die prekäre Situation legt dringend nahe, keine Option auszuschließen.
Leider sieht es nicht danach aus - zumindest in Deutschland. Wer sich etwa die Internet-Seite der Aktion „Gendreck Weg“ anschaut, trifft auf ein Grüppchen spätpubertierender Autisten, die sich einreden „Widerstand“ zu leisten. Sie halluzinieren darüber hinaus „bunt, kreativ und offensiv“ zu sein. Man könnte über diese wunderlichen Sekten lächeln, wenn sie nicht so erfolgreich wären. Die Entwicklung neuer, besserer Sorten wurde bereits um Jahre verzögert. Wir erinnern an den nährstoffreichen „Goldenen Reis“, dessen Verbreitung mit allen Mitteln sabotiert wurde. Nie wäre er dringender erforderlich als heute.
Schuld daran ist eine opportunistische Politik, die nicht den Mumm hat, ein paar Öko-Desperados entgegen zu treten. Nun untersagte ausgerechnet vergangene Woche sogar die erste deutsche Hochschule die gentechnische Forschung faktisch. Nach einer Feldzerstörung hat die Leitung der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen die entsprechende Gentechnik-Forschung für beendet erklärt – in vorauseilendem Gehorsam und aus Angst vor einem Imageschaden. Ein Protestschreiben der Studenten zeigt sich fassungslos darüber, dass „langjährige und in der Fachwelt einhellig anerkannte Forschungsarbeiten einfach gestoppt werden.“ Einfach irre: Einige Hundert angehende Agrarforscher haben in diesem Land keine Chance gegen eine handvoll Mitglieder einer fehlgeleiteten Glaubensgemeinschaft. Die „Feldbesetzis“ freuen sich übrigens jederzeit über einen „Solidaritätsbesuch“. Schade, dass die Hungernden von Mexiko, Manila oder Kairo ihnen den nicht abstatten können.