Hat es sich bei Merz jetzt ausgemerkelt?

Das soll das Publikum nach dem Generalsekretärswechsel bei der CDU wohl glauben, aber da reicht der Austausch von Köpfen nicht, der Parteivorsitzende muss auch an die Inhalte ran, nur macht das einen wirklich klaren Bruch mit dem Kurs der Merkel-CDU nötig, den Merz bislang immer gescheut hat.

Ein Generalsekretär ist weg und der nächste ist da. Ein solcher Wechsel, wenn er überraschend aus der CDU gemeldet wird, ist natürlich ein Medienereignis, in das alle Kommentatoren und Meinungsbildner etwas Originelles hineininterpretieren wollen. Der Kenntnisstand ist am Mittwochmorgen bei allen in etwa gleich. Mario Czaja geht, Carsten Linnemann kommt. Der Parteivorsitzende Friedrich Merz musste reagieren. Vielleicht, so heißt es, weil zuvor in Thüringen der Parteiausschluss des früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen misslang. Auf jeden Fall, weil seine Partei – obwohl doch in der Opposition – trotz schwächelnder Regierung keinen adäquat starken Zulauf erfährt, sondern dieser vor allem der ausgegrenzten Konkurrenz von der AfD zugutekommt. Ganz so, als wären diese Parias im Parlament die einzige Opposition. Ach so, das ist sie ja auch in ein paar wesentlichen Politik-Bereichen, in denen schon die CDU-SPD-Regierung, so wie jetzt noch verstärkt die Ampel, Politik gegen die Mehrheit der Bürger gemacht hat.

Dass Mario Czaja nicht der Mann war, der einen deutlichen Bruch mit der Merkel-CDU glaubwürdig hätte repräsentieren können, war klar, als er ins Amt kam. Dass es in der Partei zudem vielfältigen Unmut über seine Amtsführung gegeben habe, wird jetzt überall gern kolportiert. Das mag so sein, aber eigentlich ist es jetzt wirklich nur noch mäßig interessant, sich über die schmutzige politische Wäsche des Ex-Generalsekretärs herzumachen. Der Mann ist ja nun entlassen worden, was soll man da noch hinterhertragen.

Schauen wir mal lieber auf den Neuen. Carsten Linnemann, vergleichsweise jung, promovierter Volkswirt, hat vor dem Einstieg in die Politik sogar ein paar Jahre in seinem Beruf gearbeitet und sich in den letzten Jahren in der CDU als die Stimme des Mittelstands profiliert. Etliche der Kollegen Kommentatoren beschreiben ihn als konservativ, auch als einen Mann, der nicht voll auf der Merkel-Linie war. Letzteres soll er wohl verkörpern, um ein weiteres Abdriften von Teilen der potenziellen Anhängerschaft in Richtung AfD zu vermeiden. Aber kann er das?

Der Mann wirkt sympathisch, kann reden und bedient sich dabei nicht nur aus dem kleinen politischen Textbausteinkasten. Er strahlt auch nicht dieses arrogante Nichtwissen aus, mit dem etliche Ampelpolitiker viele ihrer früheren Wähler vergrätzen. Auf den allerersten Blick scheint es also eine gute Wahl zu sein.

Die Merkel-Politik hängt der Partei wie Blei an den Füßen

Wie war seine politische Performance bislang? Er ist, was wahrscheinlich in der Merkel-CDU schon als mutig galt, offen gegen die teuren Vorhaben zur sogenannten Euro-Rettung aufgetreten und hat im Bundestag wiederholt gegen entsprechende Maßnahmen gestimmt. Auch über die Migrationspolitik der Merkel-Jahre kann man kritische Randbemerkungen von ihm finden: eher zurückhaltende während ihrer Amtszeit, doch inzwischen sagt er immerhin öffentlich, Merkel habe „eklatante Fehler“ gemacht. In der Corona-Zeit hat er zwar manche Maßnahme kritisiert, im Bundestag aber für Grundrechtseinschränkungen und die einrichtungsbezogene Impfpflicht gestimmt. 

An dieser Stelle wird allgemein eine Spekulation erwartet, ob Linnemann es schaffen kann, die Partei wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Aber die Frage lässt sich nicht beantworten, ohne dass man weiß, was Friedrich Merz noch so an Partei-Umbau vorhat. Oder ob es das jetzt gewesen sein soll. Dann kann es Linnemann auf jeden Fall nicht schaffen.

Eine glaubwürdige Opposition zur Ampel kann die CDU nur werden, wenn sie ihre Merkel-Jahre kritisch aufarbeitet und sich zu den Fehlern bekennt, die die Partei viele Jahre lang eifrig mitgetragen hat. Solange sie diesen schmerzlichen, aber notwendigen Teil einer Erneuerung verweigert, hängt die Merkel-Politik der letzten Jahre wie Blei an den Füßen der Partei. Denn die Politik, mit der die Ampel die Bürger und damit viele Wähler gegen sich aufbringt, ist nun einmal eine Fortsetzung der Merkel-Politik, nur manchmal mit anderen Mitteln. Vielen unzufriedenen Bürgern, die ihren Unmut in Wählerstimmen ausdrücken wollen, ist aber mit einem Wechsel der Mittel nicht mehr Genüge getan. Sie wollen vielmehr keine wohlstandsvernichtenden Wenden mehr. 

Man kann zu dem Generalsekretärswechsel sicher viel Originelles kommentieren, aber ohne den klaren Kurswechsel, zurück zu einer bürgerlichen Partei der Vernunft, die sich nicht in eine ideologiegetriebene Politik einbinden lässt, kann die CDU auch keine richtige Trendwende schaffen. Auch wenn sie vielleicht hofft, dass es reicht, wenn die Bundesregierung noch größere Fehler macht.

Foto: Montage TimsAI/ www.bundeskanzlerin.de/ Ullstein/ Baumgarten/Bundesregierung/ U.S. Consulate General Munich via Wikimedia Commons

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W. Renner / 12.07.2023

Alles nur Show. Gehen Sie weiter, gibt nix zu sehen bei Merz.

Werner Arning / 12.07.2023

Einen Kurswechsel? Wie soll das gehen, solange die jeweiligen Einflüsterer, ob bei Merkel oder bei Merz, die gleichen sind? No way.

Wolfgang Richter / 12.07.2023

@ T.Schneegaß - “Der Mainstream sieht die AfD heute bei 22 %. Damit wäre sie stärkste Partei, wenn es den Trick der Fraktionsgemeinschaft nicht gäbe.” Bei der “Union” sind von den aktuell 26 % “Wählergunst” 4 % für die CSU abzuziehen. Damit käme selbige nach der von der “H-Ampel” beschlossenen Wahlrechts"reform” wegen der 5 % - Sperrklausel nicht mehr in den Bundestag, unabhängig von irgendwelchen Direktmandaten. Und damit steht die AfD aktuell auf Augenhöhe mit der Merz-CDU. Das kommt von vermurkster “H-Ampel”-Politiik gegen das eigene Volk und einer Nicht-Opposition seitens der Merz-Truppe, nur weiter so.

Joachim Krämer / 12.07.2023

Linnemann, ist das nicht der Sohn von Erwin Linnemann, dem Lottogewinner, der in Wuppertal mit dem Papst eine Herrenboutique eröffnen wollte? Apropos Wuppertal: Was macht eigentlich der Breitmaulfrosch? Ausgequakt? Impfdurchbruch? Ansonsten mein Quark zum Text: Politik ist nicht die Lösung, sondern das Problem. (Ach ne, der hieß ja Lindemann. Egal)

Heinrich Wägner / 12.07.2023

Die Aufräumarbeiten ,Linnemann soll es richten aber das Problem heiß wohl Merz . Den Austausch der Merkel Hörigen,daß muß er schon selber machen wenn er den Bürger, den Wähler in den Mittelpunkt rücken will. Denn eine Neuausrichtung wäre eine regelrechte klare Absage an die Grünen und ein wirklicher klarer Bruch von der ehemals Merkel CDU. Macht er das nicht bleibt Linnemann auch nicht mehr als eine Nebelkerze. Ich würde sagen die Positionen tauschen und ein Herrn Maassen an Bord holen , so denn er noch will. Auch mal das Parteiprogramm der AfD lesen könnte gegen den Grünen Diktator hilfreich sein und alles was in der Merkel Ära nicht kastriert wurde für anstehende Propleme der Partei bevor Günther und Wüst das Ruder übernehmen.

R. Matzen / 12.07.2023

Ich habe gerade ein Interview des Journalisten Reinhard mit Hans Georg Maaßen gehört. Demnach ist die Etablierung der Werteunion als eigenständige Partei noch nicht vom Tisch. Jedenfalls dann, wenn sich die CDU nicht umfassend reformiert und mit Merkel bricht. Also, vielleicht sollte man sich doch der Werteunion anschließen. Die AfD, zumindest hier in Schleswig Holstein, ist politisch tot. Da tut sich nichts mehr. Nur einstellig bei der Kommunalwahl (trotz bundesweit um 20%) und immer noch gelähmt durch die Nachwehen der Falschen Fürstin völlig zurecht und ohne vorzeigbares Personal aus dem Landtag geflogen. Wo sollen wir Konservativen denn sonst hin??!

F.Lux / 12.07.2023

Ich meine,,,nur Phillipp Amthor kann die CDU noch retten…  :-)

O. Prantl / 12.07.2023

“... doch inzwischen sagt er immerhin öffentlich, Merkel habe „eklatante Fehler“ gemacht” Der Mann weiß noch nicht einmal, was ein Fehler ist. Verfassungsverstöße und Gesetzesbrüche sind keine Fehler, sondern schlicht und einfach Kriminalität.

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