Ulrike Stockmann / 24.11.2021 / 14:00 / Foto: Achgut.com / 89 / Seite ausdrucken

Hab ich was verpasst?

Was ist aus unserer Wellness-Gesellschaft geworden, in der sich angeblich doch alle lieb hatten? Dieselbe Gesellschaft ergeht sich heute in Gewaltfantasien gegen Ungeimpfte. Was ist passiert?

Fast zwei Jahre lang herrscht nun schon Corona-Ausnahmezustand und ich werde von Tag zu Tag ratloser. Der Umbau unserer freiheitlichen Gemeinschaft (auch wenn diese schon vor Corona deutlich angeknackst war) in eine immer restriktiver, düsterer und mehr und mehr dystopisch anmutende Gesellschaft ist schockierend.

Schien es am Anfang der „Pandemie“ noch um die scheinbare Bekämpfung einer mutmaßlich gefährlichen Krankheit zu gehen, zeigt die Regierung spätestens seit dem Aufkommen des Impfstoffes, dass sie im Grunde verliebt in den Katastrophenzustand ist und diesen daher möglichst lange aufrechterhalten will. So ist es auch wenig verwunderlich, dass die zur Schau getragenen Politiker-Mienen Sorge oder echte Anteilnahme vermissen lassen, und stattdessen größtenteils Selbstgefälligkeit und gepflegte Langeweile zu demonstrieren scheinen.

Geht es ihnen ums „Durchregieren“, um Machterhalt durch immer weniger inhaltliche Auseinandersetzung unter dem Eindruck des Corona-Daueralarms oder um Pharmadeals? In Betracht ziehen zu müssen, dass jene, die eigentlich mit dem Meistern von politischen Krisensituationen betraut sind, kein ehrliches Interesse an Aufklärung oder Entschärfung haben, sondern lieber Angst und Schrecken verbreiten, um ihr eigenes Narrativ aufrechtzuerhalten, ist als solches beklemmend.

Was ist aus unserer Wellness-Gesellschaft geworden?

Noch furchtbarer finde ich jedoch, dass große Teile unserer Gesellschaft den ewigen Angstmodus mittragen, indem sie sich entweder von der allgemeinen Corona-Panik haben anstecken lassen oder durch Mitmachen und unterlassenen Protest, sogar im Kleinen, dabei helfen, das Corona-Regime aufrechtzuerhalten. Kopfzerbrechen bereitet mir auch, warum so viele auf zahlreiche Qualitäten verzichten, die das Leben vor Corona in Deutschland zu bieten hatte.

Denn Angst hin, Impfung her: Niemand kann mir erklären, dass die kleinen „Freiräume“, die sich für Geimpfte und Genesene bei Freizeitaktivitäten oder Kulturveranstaltungen nun wieder auftun (wenn bei 2G Maske und Abstand wegfällt), darüber hinwegtäuschen, dass wir von der Normalität immer noch so weit entfernt sind wie Rousseau von Robespierre. Macht es Spaß, im Theater erst einmal nach seinem Impfausweis gefragt zu werden? Kommen keine unangenehmen Assoziationen auf, wenn man sich nur mit „2G-Nachweis“ an eine Bar setzen darf? Und gibt es etwas Unkultivierteres, als eine Kunstausstellung nur mit Impfausweis betreten zu dürfen? Selbst die Hartgesottensten dürften ganz tief im Inneren Derartiges befremdlich finden.

Natürlich: In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot. Und Provisorien halten sich meist länger als gedacht. Trotzdem: Was ist aus unserer Wellness-Gesellschaft geworden, in der sich angeblich doch alle lieb hatten, die niemanden ausschloss, für jedes Zipperlein Verständnis und für jeden Diversen ein offenes Ohr hatte? Wo es Ehrensache war, die Glutenunverträglichkeit des Nächsten zu achten und wo von Burka-Trägerin bis Ganzkörper-Tätowiertem sämtliche Erscheinungsformen des Individuums in friedlicher Eintracht nebeneinander existieren durften?

Wie passt Kuschel-Pädagogik zu offener Diskriminierung?

Dieselbe Gesellschaft ergeht sich heute in Bestrafungsfantasien gegen Ungeimpfte und steht auf Genmanipulation durch einen experimentellen Impfstoff. Was ist passiert? Was habe ich nicht mitbekommen?

Natürlich scheint es naheliegend zu sein, dass das Diversity-Gesumse lediglich an der Oberfläche getragen wird wie ein neuer Mantel über der alten Uniform. Das wurde von den meisten etwas kritiklos und im Grunde halbherzig übernommen, einfach weil es ein Trend ist und man glaubt, mitmachen zu müssen.

Und trotzdem frage ich mich zum Beispiel beim Thema Diversity: Kommt sich eine Unternehmensführung nicht seltsam vor, wenn einerseits ein Image kreiert wird, das „Vielfalt“ vorgibt zu fördern, damit sich angeblich niemand benachteiligt und alle angesprochen fühlen (eigentlich die Spitze der Schneeflöckchen-Logik) – und gleichzeitig beschlossen wird, dass Ungeimpfte im selben Unternehmen nicht mehr gemeinsam mit Geimpften die Kantine benutzen dürfen (eine bereits fortgeschrittene Stufe in der Ausgrenzung von Minderheiten)? Wie passt Kuschel-Pädagogik zu Ellenbogen- Diskriminierung?

Alltägliche Annehmlichkeiten komplett zerstört

Oder wie war das noch, als es vor wenigen Jahren hieß, dass eine Altersbestimmung vorgeblich minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge durch Röntgen der Hand ein „Eingriff in die Menschenwürde“ sei? Warum ist der Zwang zur neuartigen Corona-Impfung kein „Eingriff in die Menschenwürde“? Warum skandieren gewisse Kreise mit Vorliebe „kein Mensch ist illegal“, aber Ungeimpfte werden mit Freuden in die Illegalität getrieben?

Intensiv gelebte Heuchelei kann also einer der Gründe dafür sein, dass unsere pseudo-tolerante Gesellschaft sich beinahe über Nacht einer totalitären Denkweise bemächtigt hat. Möglicherweise gibt das Corona-Regime auch einigen Leuten die Möglichkeit, Triebe und Gelüste auszuleben, die in den sterilen Biotopen unserer Zivilisation immer weniger zum Zuge kommen. Nicht selten habe ich etwa bei Security-Leuten in Einkaufszentren Genugtuung wahrgenommen, andere Leute herumkommandieren zu können, wenn sie etwa keine Maske trugen. Wenn dann, wie in meinem Fall, ein Attest vorgewiesen wird, wandelt sich die Häme nicht selten in unverhohlene Enttäuschung darüber, dass das Gegenüber in diesem Fall doch nicht der Verlierer, sondern der Gewinner ist.

Was immer der Grund für die bereitwillige Akzeptanz des Corona-Regimes ist: Den kompletten Schaden der Geschehnisse der letzten Monate werden wir wohl erst begreifen, wenn wir die alltäglichen Annehmlichkeiten des Lebens komplett zerstört haben.

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Paul Siemons / 24.11.2021

Döneken heute aus einer deutschen Großstadt: Polizei (sic!) geht durch die Straßenbahn und absolviert Maskenkontrolle. Fein, in der Zeit, in der schäbige Lumpen und Volksschädlinge in der Bahn unter die Lupe genommen werden, sind Einmann und Nocheinmann vor rassistischen Übergriffen durch die Polizei sicher. Das dient der inneren Sicherheit und beugt einer Überbelegung von Gummizellen in der Psychiatrie vor. Begleitet wurden die Polizisten übrigens vom Deutschlandfunk. Hier kontrolliert zusammen, was zusammen gehört.

Christian Feider / 24.11.2021

ich habe Sie auf Servus TV gesehen, liebe Frau Stockmann dabei ist mir aufgefallen,das Sie einen irgendwie liebenswerten Naivitäts-Status haben,der wirklich ans “Gute” und “Gerechte” unter den Menschen glaubt :) eventuell noch Restbestände der jugendlichen Denkweise? mit ein wenig mehr Abstand zu dem Lebensalter sage ich Ihnen,das es gerade genauso läuft wie vor dem “Schlachthof”(sorry,für den “ekligen” Vergleich), die Herde Rinder oder sonstigen Vierbeiner könnten die 1-2 Gesellen mit Leichtigkeit umrennen,aber da sie vorher schon dauerhaft unter Stress gehalten wurden, wählen sie den “vermeintlich"leichtesten Weg durch die abgrenzenden Gatter,die immer enger werden,bis nur noch für ein Tier Platz/Breite ist…. verstanden,was ich sagen will? nur rund 5% der Menschheit sind bereit, Druck über längere Zeit zu widerstehen,gerade jetzt mendelt sich aus,wer und was das ist! Der Rest wird Booster-süchtig

Christoph Kaiser / 24.11.2021

Liebe Ulrike Stockmann, nun wissen Sie, was psychologische Kriegsführung bedeutet!

Heidi Hronek / 24.11.2021

Nein, ich wundere mich nicht über das Verhalten der meisten Mit(nicht)Menschen. Ich habe diese schon immer als Mitläufer und ziemlich naive Träumer wahrgenommen. Es ist aber zu erwarten, dass diese Bereitschaft zu JEDER Manipulation von vielen Mächtigen genau beobachtet wird. Schaun Wir mal, wer diesen Kampf gewinnen wird. Ich denke, es werden die Chinesen sein, weil sie strategisch am besten aufgestellt sind. Die Europäer wollen um ihren Kontinent ja sowieso nicht kämpfen.

F. Dittert / 24.11.2021

“Was ist aus unserer Wellness-Gesellschaft geworden, in der sich angeblich doch alle lieb hatten? Dieselbe Gesellschaft ergeht sich heute in Gewaltfantasien gegen Ungeimpfte. Was ist passiert?” Nichts ist passiert. Es sind doch immer noch die gleichen Menschen. Die Umstände haben sich geändert, sonst nichts. Ich erinnere mich da gerne an die Naivität, nein Verblödung meiner Klassenkameraden zurück, die bei der Frage des Lehrers, wer zur NS-Zeit wohl im Widertand gewesen wäre, fast alle mit “Ja” antworteten. Nichts haben sie verstanden und nichts haben sie aus der Geschichte gelernt! Denjenigen, die die Frage mit “Nein” beantworteten, wurden wenigstens dumm angeschaut oder bekamen ein paar Kommentare gedrückt. Ich habe hierzu zwei Theorien: 1) Der Mehrheit der “Guten” ist nicht in den Sinn gekommen, dass es kein NS-Regime gegeben hätte, wenn sich die Gesamtbevölkerung (und sie als Querschnitt dieser) sich aktiv gegen die Ideen Hitlers positioniert hätten. So funktioniert das einfach nicht mit der Opposition. Die meisten sind entweder offene Befürworter oder zumindest Mitläufer. Es war ihnen auch nicht möglich ein bisschen zu abstrahieren. 2) Es war ihnen tatsächlich egal was man sie gefragt hat. Die Moral hat ihnen in diesem Fall geboten, dass man Widerständler ist, so wie man heute eben Grün und für den Ausschluss von Sozialschädlingen wie diesen Impfverweigerer ist.  Man hat ein Zeichen gesetzt, sich und anderen gegenüber.  “Ich will zu den Guten gehören -> Nationalsozialismus = böse, deswegen ich Widerstand, schaut, ich gehöre zur guten Mehrheit, zu euch.”  Ich mag da zuviel hineininterpretieren. Es gibt mir jedenfalls bis heute zu denken.

Vincent Quest / 24.11.2021

Alles dreht sich um Corona und das Impfen. Besondere “Scharfmacher” bei der Begleitmusik sind die Öffentlich-Rechtlichen sowie die alimentierte Presse. Und bei diesem ganz WAHN bleiben die wirklich wichtigen Themen für unser Land (Renten, Energie, Migration, Verkehr) unter dem Teppich; dies hat die zuständige und überbezahlte Politiker-Bagage ganz gerne!

Johann Betz / 24.11.2021

“Gemeinschaft”.—Warum faseln eigentlich Alle in der letzten Zeit von Gemeinschaft? Haben wir uns wirklich alle lieb? Oder sind das die Relikte der Volksgemeinschaft? Wir haben eine Gesellschaft mit unterschiedlichen, teilweise zuwider laufenden Interessen. Und die werden mühsam genug, wenn überhaupt, austariert.

Emmanuel Precht / 24.11.2021

Die “Pandemie” wurde von den “Körperfressern” ins Leben gerufen. Jetzt versuchen sie den letzten Widerständlern den Garaus zu machen. “Ihr werdet vakaziniert werden. Widerstand ist Zwecklos!” Wohlan…

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