Manfred Haferburg / 13.11.2020 / 06:00 / Foto: Pixabay / 119 / Seite ausdrucken

Frohmutsphrasen zum Blackout

Wenn es nach der Presse geht, sollen die Deutschen gefälligst vor den richtigen Dingen Angst haben. Corona-Angst ist richtig, bitte zittern und kuschen, nur nicht demonstrieren. Der Klima-Tod ist nah, bitte zittern und zahlen, auch für die Luft zum Ausatmen. Der Atomtod durch den GAU kommt gewiss, bitte zittern und stromlos frieren, passt ja auch gut zusammen. Der Feinstaub bringt 400.000 EU-Bürger um, bitte zittern und zu Fuß gehen, neues Diesel-Auto verschrotten, Nitrat wird uns alle vergiften, bitte zittern und Grenzwerte auf unmöglich erreichbar setzen. Die Liste ist beliebig verlängerbar. Angst ist seit Jahren das Mittel der Wahl, wenn es um Politik geht.

Dann aber gibt es reale Gefahren, da wird entwarnt und verharmlost, was das Zeug hält. Die Energiewende in ihrem Lauf, halten weder Corona noch die Wirtschaftskrise auf, schon gar kein Blackout. 

Im weiteren Lauf der Energiewende ist die Stromversorgung ohne Blackout ungefähr genauso sicher, wie es beim seligen Norbert Blüm die Rente war und beim unseligen Peter Altmaier die Arbeitsplätze nach Corona-Lockdowns sind. Und vielleicht genau so glaubwürdig, wie Angela Merkels: „Niemand wird gezwungen werden, sich impfen zu lassen“. Es hatte ja auch niemand die Absicht, eine Mauer zu bauen, schon gar nicht Walter Ulbricht.

Von DPA inspiriert, titelt n-tv: „Keine Angst vorm Blackout – gut gerüstet für den Stromausfall“. Ein Bild mit einer Familie, gemütlich beim Kerzenschein mit Hund und Kind sitzend, illustriert die Verharmlosung der Blackout-Gefahr perfekt. Dann wird eine Statistik bemüht: "Statistisch gesehen ist bei uns jeder Stromkunde jährlich nur 14 Minuten vom Stromnetz getrennt.“ Tja, liebe NTV-Journalisten, statistisch gesehen können die Erneuerbaren Energien schon bald den Strombedarf decken. Wozu brauchen wir dann eigentlich noch die ganzen blöden Kraftwerke? Und relativiert der Autor die eigene Verharmlosung: „Längere Stromausfälle sind in Deutschland zwar sehr selten, aber nicht völlig ausgeschlossen. Mit etwas Vorbereitung ist man für diesen Ernstfall gerüstet.“ 

Wie sieht diese Vorbereitung nach der Vorstellung des n-tv-Schreibers aus? Der „Experte“ rät bei einem Stromausfall vor allem: „Ruhe bewahren! Man sollte unbedingt Taschenlampen, Kerzen und Feuerzeuge in der Wohnung haben, ebenso ein batteriebetriebenes Radio und genügend Ersatzbatterien. Und man muss wissen, wo diese Dinge im Ernstfall griffbereit sind. Auch ein Smartphone und eine aufgeladene Powerbank sind wichtig". Na, wenn’s weiter nichts ist. Tun es vielleicht Streichhölzer statt des Feuerzeugs?

Der sogenannte Blackout

Doch dann treibt den Autor die Sorge um den Inhalt des Gefrierschrankes um. Daher wird bei n-tv aus dem Blackout schnell mal ein „sogenannter Blackout“, so wie einst aus der DDR eine „sogenannte DDR“ wurde. 

„Die Inhalte von Kühlschränken und Gefriertruhen scheinen besonders anfällig für die Folgen eines sogenannten Blackouts zu sein. Bei modernen Geräten müssen die Auswirkungen eines Netzausfalls kurzfristig aber keine größeren Schäden verursachen, beruhigt Ellen Großhans vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): "Je nach Energie-Effizienzklasse verfügen Kühl- und Gefriergeräte über eine eingebaute Kältedämmung, die beim Ausfall der Energieversorgung den Temperaturanstieg im Inneren verlangsamt." Wenn dann Türen und Deckel möglichst geschlossen bleiben, überstehen selbst empfindliche Lebensmittel mehrere Stunden ohne Strom unbeschadet“. 

Und wenn es dann doch ein bisschen länger dauert mit dem Blackout, hat man immer noch die „Katastrophenschutz-Expertin Julia Höller vom Bundesamt für Katastrophenschutz“ vorrätig, die eine längere Störung der Energieversorgung „grundsätzlich für plausibel“ hält:

In diesem Fall würden in Häusern und Wohnungen alle elektrisch betriebenen Geräte wie Lampen, Heizung, Kühlschrank und Kommunikationsgeräte dauerhaft ausfallen. Ampeln und Straßenbahnen funktionieren dann nicht, auch wird man nicht wie gewohnt einkaufen können." 

Soso, die Straßenbahn fährt nicht mehr? Man kann nicht einkaufen? 

Kein Wort vom kompletten Zusammenbruch der gesamten Gesellschaft, vom Zusammenbruch der Verkehrs- und Handelsstrukturen, von Bränden, die nicht mehr gelöscht werden können, vom Kommunikationsnetz, das zusammenbricht, kein Wort vom Zusammenbruch des Gesundheitswesens. Kein Wort vom Zusammenbruch der inneren Ordnung und von marodierenden Banden. 

Alles paletti, wenn „Haushalte darauf vorbereitet sind, bis zu zehn Tage lang ohne fremde Hilfe auszukommen", sagt Höller. Das BBK empfiehlt einen ausreichend großen Vorrat an haltbaren Lebensmitteln, Getränken sowie Hygiene- und Gebrauchsgegenständen, ebenso genügend Bargeld. Je nach Lebenssituation sollten auch genug Babynahrung, dringend benötigte Medikamente und Futter für die Haustiere sicher gelagert sein. Gerade im Winter dürfen auch warme Kleidung und ausreichend Decken nicht fehlen, da mit dem Strom auch die Heizung ausfällt. 

Die Krux mit dem „bis zu…“

Immer wenn jemand einen Satz mit „bis zu…“ sagt, werde ich misstrauisch. Das jüdische Sprichwort sagt: Alles vor dem „aber“ ist eine Lüge. Ich sage: Alles nach dem „bis zu“ ist eine Lüge. 

Die Kosmetikfirma meint, dass ihre Gesichtscreme Falten bis zu 87 Prozent beseitigt? Der Autoverkäufer meint, das sein Elektroauto eine Reichweite von bis zu 500 km hat? Spahn sagt, dass „bis zu 40 Prozent der Deutschen zur Corona Risikogruppe gehören“?  Die Grünen sagen, „dass eine Vollversorgung des Strombedarfs bis zum Jahre 2030 möglich ist“? Alles nach dem „bis zu“ ist eine freche Lüge.

Beim Blackout braucht die Familie nur ein paar Vorräte, um „bis zu“ 10 Tagen ohne fremde Hilfe auszukommen? Bis zu 10 Tagen, wenn nicht geheizt werden kann, wenn das Klo nicht mehr funktioniert, kein Wasser mehr läuft, die Oma nicht zur Dialyse fahren kann und das Fläschchen fürs Baby nicht mehr warm gemacht werden kann? Und wo lagert die Familie dauerhaft Vorräte für „bis zu“ 10 Tage? Und wie schafft sie die Logistik des ständigen Umwälzens der Vorräte?

Ich versuche mir gerade vorzustellen, was bei einem „sogenannten“ Blackout in Corona-Zeiten passieren würde. Aber leider ist die Flasche Pastis leer, also lasse ich es lieber. Vielleicht ein anderes Mal.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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P. Giebler / 13.11.2020

Mein Internet-Provider schreibt “bis zu” 16 MBit/s ... tatsächlich sind es zweieinhalb ...

Heinrich Wägner / 13.11.2020

Der Blackout, für meine Generation das Alltägliche. Jeder wusste was er zu tun hatte. Ich brachte dem Großvater die Kerzen die überall ihre festen Platz im Haus hatten. Am Netz waren nur die Lampen und der alte Volksemfänger . Mehr war nicht. Speisen und Vorräte im grossen Keller. Ein paar Kerzenhalter die tragbar waren um sich im Haus bewegen zu können. Keine Hektik, denn es war schon ein paar Jahre so. Großmutter kochte auch im Sommer auf den riesigen Küchenhert.  Der Brunnen im Garten mit Handpumpe hatte immer Wasser was keimfrei gemacht wurde. Nun stelle ich mir die hüpfende Generation vor die uns als Nazi und Umwelt Säue bezeichnet hat, was die jetzt wohl machen wenn sie Google nicht fragen können was sie jetzt machen sollen. Müssten eigentlich wissen das bei der heutigen Komplexität gar nichts mehr geht und dann GANZ garnix mehr geht nach ein paar Tagen. Chaos,wenn dann die Nachbarn sagen der Saft langt zur Zeit gerade mal für uns selbst. Keine Sicherheiten,keine Kraftwerke die man anschalten/hochfahren könnte. Nur Idioden sägen den Ast ab auf dem sie sitzen. Es sei denn sie wollen sich mit voller Absicht das Genick brechen.Das BKK empfiehlt , ich komme mir vor als würde ich wieder mit Großeltern bei Kerzenschein Mensch ärgere dich nicht, spielen und nicht in einer Zeit wo Menschen ins All fliegen. Wenn es in einen kalten Winter geschied dürfte es mehr Tote gegeben als und Carone bisher in Deutschland beschehrt hat. Denn auch in Deutschland gibt es Menschen die Waffen besitze und sich holen und nehmen werden was sie brauchen. Schicksal nimm deinen Lauf. Die jetzt schweigende Mehrheit nimmt die Dunkelheit erst war wenn das Handy nicht mehr aufgeladen werden kann. Wohl dem von uns Alten der auf der hell erleuchteten Wolken 7 sitzen darf und sich einen Ast Lachen. Keiner von uns Alten hat dafür gearbeitet das die nach uns kommenden wieder im Dunklen sitzen.

Lutz Herzer / 13.11.2020

Der Vorstellung, die Massenhypnose durch ARD und ZDF würde bis zu zehn Tagen oder länger ausgesetzt, könnte man schon etwas abgewinnen. Nicht einmal mit einem “Wir bitten um etwas Geduld”, wie in der guten alten Röhrenzeit, wenn ein Fernsehtechniker mal ein falsches Kabel erwischt hatte oder irgendwo ein Trafo abgeraucht ist, könnte man die Bürger auf dem Kanapee halten. Stattdessen totale Funkstille. Der Albtraum aller Klebers, Lanzens, Illners, Wills, Plasbergs und wie sie alle heißen.

PALLA, Manfred / 13.11.2020

“LICHT- und WIND-SPIEL-ENERGIE” nur im Verbund mit GuD-KraftWerken - so meine TiteZeile in einem SPON-Post 2019 - “GuD” sind Gas-und Dampf-Turbinen mit einem WirkungsGrad bis über 60 Prozent - tags darauf ploppte mehrfach eine Werbung von “EXXON” genau zu diesem Thema auf meinem LapTop auf - welch ein Zufall ?!? - P.S. : - ... dass den DEUTSCHEN die EINHEIT nicht “geschenkt” wurde (von EX-Alliierten) und somit FRANCE zur GrundLast beiträgt und “Gerd”-Gas die “ÖKO-SpielEnergie” ausgleicht, habe ICH bereits mehrfach “erLäutert” ;-)

Dietmar Schubert / 13.11.2020

@Gudrun Dietzel: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich keinen Schreibblock in der Hand gehabt, sondern war Silvester 1978/79 bei der NVA und habe mit Eisenstangen die gefrorene Kohle aus den Waggons im Kraftwerk Brieskow-Finkenheerd geholt. Dieses Kraftwerk hat unter anderem, gegen harte Devien, Strom für Westberlin erzeugt.

Thomas Schmied / 13.11.2020

Man soll beim Stromausfall informiert bleiben. Sie schreiben: “Dabei kann auch das Autoradio gute Dienste leisten.” Das Autoradio läuft mit? Strom! Strom, der durch Verbrennung erzeugt wurde! (Im Zweifel könnte man natürlich auch in einem Atom-U-Boot Radio hören aber das ist ja nicht so schnell zur Hand.) Früher funktionierte bei Stromausfall wenigstens noch das Telefon. Heute sind die Telefone ebenfalls auf externe Stromquellen angewiesen. Man kann also nicht mal mehr über das Festnetz telefonieren. Ob oder wie schnell bei längerem Stromausfall Mobilfunkmasten ausfallen, wäre auch mal interessant zu hören. Habe mir zum Spass für solche Fälle ein einfaches Telefon für 6.95€ besorgt, das keinen Strom aus der Steckdose braucht. Ob das im Blackout wirklich sinnvoll ist, weiss ich nicht. Vielleicht kann der Autor zu solchen Themen auch mal einen Artikel veröffentlichen.

Elias Schwarz / 13.11.2020

Solange man Lagerfeuer nicht verbietet, könnte man sehr schön Kartoffel backen. Auch für Veganer kein Tabu. Man wird schon 10 Tage aushalten. Und, wie immer in den Kriesenzeiten, werden sich schlaue Leute finden, die leckere Hamburger aus Haustieren zubereiten. Mäuse und Katzen sind ja aus Fleisch. Aber Scherz beiseite. Die älteren, vor allem im Osten, auch weiter östlich, wisssen, daß Tourismus (Russisch “Turism”) nicht die Reisen mit dem Billigflieger nach Italien bedeuten, sondern ein Paar Tage im Wald. Mit Zelten. Holz gibt Feuer, Fluß gibt Fisch, Kartoffel gibt Geschmack, Gitarre gibt Spaß, Schnapps gibt Rest. Trockenspiritus für den kleinen Grill kann man leicht lagern, also wir werden’s überleben und die Grettas werden endlich Angst vor dem realen Gefahr haben. Und meine Kinder lernen endlich die lustigen Lieder, die wir im Wald bei Moskau vor 30 Jahren zusammen gesungen haben.

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