Wer genau hinhört, hört die Schmerzensschreie aller Getreidehalme beim Ernten durch Mähdrescher. Das Vertrocknen einer Blume weckt ebenso Gefühle, wie das Ernten von Gemüse aller Art, wenn z.B. den Kartoffelpflanzen die Wurzeln entrissen werden, dem Salat der Kopf abgeschnitten wird, die Brennesselblätter in kochendem Wasser für Tee qualvoll sterben. So gesehen können wir beruhigt sein, denn wir essen ausschliesslich totes Obst und totes Gemüse. Wenn eine Spezies bei Überlebensstrategien auf ethische Rhabarbergedanken kommt, dann muss was an dieser Spezies falsch laufen.
Ab und zu gibt es ja Satire auf achgut und so dachte ich anfangs ... aber das scheint alles ernst gemeint zu sein. Ich lebe mit einer freien Katze, wir mögen uns. Sie mein Fressen und das warme Plätzchen im Winter, ich ihre Fähigkeit, zuzuhören und ihr weiches Fell Auch ist sie wenig nachtragend und klammert nicht und ist die Geduld in Person. Möglicherweise ist sie gar Buddhas Wiedergeburt. Ich esse trotzdem gerne Fleisch, meine Katze auch, Mäuse und niedliche kleine Vögel, mit denen sie vor dem Verspeisen immer noch ein wenig spielt. Ich vermute, sie bedauert mich ob meiner Unfähigkeit, so ein kleines Tierchen zu fangen und zu verspeisen und zeigt mir, wie man es macht. Sie zeigt mir auch, wie man sein Revier gegen Eindringlinge wie Füchse, Waschbären oder ander Katzen verteidigt: mutig, entschlossen und konsequent. Sinnkrisen erlebt sie wohl eher selten. Jeden morgen macht sie sich voller Begeisterung an den Vollzug ihres Lebens: patrouillegehen, jagen, erholen, träumen in der Sonneund, gucken, was ich so mache. Sie müsste das alles nicht tun, wenn sie mal philosophisch nachdenken würde, da sie bei mir so viel Futter bekäme, wie sie möchte. Sie müsste keine Mitkreaturen selbst jagen und töten. Sie tut es trotzdem, weil es schlicht ihre Bestimmung ist. Sie empfindet dabei, da bin ich mir sicher, keinerlei Schuld. Ich glaube, das liegt an ihrem doch recht kleinen Hirn, das aber für sie völlig aussreicht. Manchmal dauert es etwas bei ihr, man kann ihr regelrecht beim Nachdenken zusehen, wenn sie sich nicht entscheiden kann. Unser Hirn ist etwas hypertroph, wir beißen uns gerne in den Schwanz, weshalb wir keinen mehr haben.
Abgesehen von dieser akademischen Diskussion, die meisten Menschen suchen in Tieren einen Spiegel der menschlichen Gefühle und Verhaltensweisen. Das funktioniert auch teilweise, aber das wirklich Faszinierende sind doch jene Bereiche, die für uns Menschen verschlossen sind, in denen die Sinnesorgane und die jeweilige evolutionäre Entwicklung eine völlig andere Lebenswirklichkeit ergeben.
Ich bin ja immer dankbar, wenn es mal was zum Thema Wissenschaftstheorie zu lesen gibt, aber finde es auch immer wieder schade, dass hier nicht Wissenschaftstheoretiker, sondern interessierte Laien zu Wort kommen. Der Autor ist genau das, was er kritisiert: ein naiver Positivist. Er geht von Fakten und Theorien als Wahrheiten aus und kritisiert eine Theorie, weil deren Unterstuetzer das nicht tun. Nehmen wir mal Darwins Evolutionstheorie, von der ja nicht viel mehr uebrig ist, als das Label. Die Rolle der Evolution wird mittlerweile als geringer eingeschaetzt als die von Mutationen. Alle Positivisten scheitern logisch und faktisch am Duhem-Quine-Theorem: um ihrer Argumentation mehr gewicht zu verleihen, gehen sie davon aus, dass es einige Theorien gibt, die “wahr” sind und somit vergessen sie dass Theorien und Fakten nichts weiter sind als Ideen. Wer sich dafuer interessiert, dem empfehle ich das DuckDuckGoen der Symmetry Hypothesis (Darwin macht keinen Vorhersagen/Newton gibt keine Erklaerung). Im uebrigens stimme ich dem Autor zu: alles Emotivisten.
Lieber ALFS, auf meine Ebene als Techniker heruntergebrochen, meinen Sie, dass kein ethischer Grund besteht, Nahrung nicht mehr aus Tieren, sondern zum Beispiel aus “Zellen” herzustellen? Um dem Vorwurf des Tierleids durch Schmerzen beim Halten und Schlachten zu entgehen? Weil es zum Menschenleid keinen oder wenig Unterschied gäbe? Man kann darüber debattieren. Ich bin der Meinung, dass menschliche Bedürfnisse, Gewohnheiten und Lebensumstände über die tierfleischarme Zukunft entscheiden werden. Unabhängig aller Definitionen. Da diese Bedürfnisse den Menschen im Mittelpunkt haben, werden “Zellfabriken” nur dann zur Nahrungsmittel-Industrie werden, wenn es ökonomisch sinnvoll ist. Der Punkt scheint bei den Vegetariern, Veganern u.a. keine Rolle zu spielen, was ihre Verbreitung sehr begrenzt. Die besondere Ethik muss “man” sich leisten können; Ein armer Fischfänger in Papua-Neuguinea bleibt ausgeschlossen.
Hochinteressant, danke.
Das ist ja schwere Kost am frühen Morgen. Seit Dezember 2009 esse ich nurmehr Tiere die ich selber töten würde, bzw. es schon getan habe. Geflügel und Fisch gehören zu diesen Tieren. Aber auch dies immer seltener. Mir ist es egal was Leute essen, in der Schweiz und Asien verspeisen sie Hunde, hier Pferde (Vormittags noch geritten, abends mit Fritten… ), dort Insekten und Katzen. Jeder soll das essen was er möchte. Etwas makaber, aber es gab/gibt hier schon Menschen die sich freiwillig als Nahrungsmittel anbieten/angeboten haben, bzw. hatten, und Leute die dieses Angebot dann dankend angenommen hatten. Wie ist das ethisch zu bewerten? Ich weiß darauf keine Antwort.
Was wir in diesem Streit immer wieder vergessen ist, dass sie von einigen Teilnehmern zwar im Kanon aufgeklärten westlichen Selbstverständnisses geführt wird, man sich seine Inspirationen aber heimlich aus einer fernöstlichen Philosophie holt. Man trivialisiert die Lehre des Gautama und sagt aber nicht ehrlich: Ich werde Mönch. Nein, man missioniert lieber ohne tiefere Einsicht in beide Weltanschauungen den westlichen Materialismus als die den aus dem buddhistischen Weltbild aufgeschnappten paar in Sprüchen daherkommenden Weisheiten vermeintlich unterlegene Lebensweise von barbarischen moralisch Zurückgebliebenen.
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