Peter Grimm / 11.01.2023 / 06:00 / Foto: Pixabay / 85 / Seite ausdrucken

Ernährungs-Umerziehung mit Mehrwertsteuer

Landwirtschaftsminister Özdemir plant nur Gutes: Wegen der explodierten Lebensmittelpreise will er Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer befreien. Verschwiegen wird, dass selbige Steuer später bei missliebigen Lebensmitteln erhöht werden könnte. Es gehört wohl bald zur Ernährungsstrategie der Bundesregierung, die Bürger zur Umstellung ihrer Nahrungsgewohnheiten zu drängen.

Kurz vor Weihnachten hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ein Eckpunktepapier für die Ernährungsstrategie dieser Bundesregierung vorgestellt. Die Inhalte konnten bei einem grünen Minister nicht überraschen:

„Damit Verbraucherinnen und Verbraucher eine nachhaltigere Ernährung realisieren können, will die Bundesregierung die Bedingungen – von der Darbietung über den Konsum bis zur Entsorgung – so gestalten, dass eine gesunde, stärker pflanzenbetonte und nachhaltige Ernährung im Alltag ermöglicht wird. […]

Weniger Zucker, Fette und Salz: Die Zusammensetzung von Fertigprodukten soll ernährungsphysiologisch günstiger werden. Dazu wird die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten weiterentwickelt. […]

Die Bundesregierung will pflanzliche, regionale beziehungsweise saisonal-regionale (bei Obst und Gemüse) sowie ökologisch erzeugte Lebensmittel fördern.“

Die Deutschen und ihre Mitbewohner sollen also von Fleisch, Zucker, Salz und Fett lassen. Diät für alle! Oder man ernährt sich gleich vegan und zwar vornehmlich aus regionalen Produkten. Das ist angeblich gut fürs Klima, und die „Rettung“ des selbigen ist bekanntlich höchstes Politik-Ziel dieser Bundesregierung.

Hübsch verpackter Eingriff

Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das Bundeskabinett in diesem Jahr eine Ernährungsstrategie beschließen wird, die diesen Vorgaben folgt. Doch bevor sie beschlossen ist, könnten  die Umbauarbeiten an den Ernährungsgewohnheiten der Bürger, hübsch verpackt als Maßnahme gegen die steigenden Lebensmittelpreise, schon beginnen.

Wie man dieser Tage lesen kann, fordert Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf gesundes Obst und Gemüse. Sofort erhob Özdemirs Parteifreund Dirk Messner als Präsident des Umweltbundesamtes die gleiche Forderung. Die grüne Ex-Poltikerin Ramona Pop stimmte in ihrer heutigen Rolle als Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen sogleich in den Chor mit ein. Begründet wird dieser orchestrierte grüne Vorstoß mit den dramatisch gestiegenen Lebensmittelpreisen, was auf den ersten Blick auch durchaus nachvollziehbar erscheint. Die Nahrungsmittel sind wirklich enorm im Preis gestiegen, und da erscheint es sinnvoll, wenn der Staat auf Steuern verzichtet, um den Preisauftrieb zu dämpfen. Man fragt sich natürlich, warum die Bundesregierung das nicht schon früher bei den vielfältigen Energiesteuern gemacht hat, um schnell und effektiv zu helfen, statt mit Wumms und Doppel-Wumms Hilfspakete zu schnüren, aus denen dann Steuermilliarden wieder aufwändig ausgeschüttet werden. Gedämpfte Energiepreise hätten auch den Preisauftrieb bei Lebensmitteln gemildert und nicht nur da.

Nun kann man einwenden, dass es trotzdem gut und richtig ist, wenigstens jetzt mit einem Steuerverzicht zur Preisdämpfung zu beginnen. Wenn es Özdemir und Parteifreunden wirklich um Preisdämpfung ginge, müsste dieser Einwand jede Kritik an der Forderung eigentlich zum Verstummen bringen. Aber es geht hier eben nicht um eine Lebensmittelpreis-Dämpfung, weil die Nahrungskosten angeblich durch Putins Ukraine-Krieg so stark gestiegen seien. Auch wenn die Bundesregierung es gern so darstellt, als gäbe es nur einen externen Schuldigen für ein Problem, das deutsche Politiker nun lösen müssen: Das Problem ist in großen Teilen auch hausgemacht.

Kein gutes Steak für Kleinverdiener?

Wer öfter auf diesen Seiten liest, wird sich vielleicht bei den nächsten Zeilen langweilen, aber es muss immer wieder gesagt werden: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die folgenden Sanktionen und Gegensanktionen haben Preisauftrieb und Inflation natürlich dramatisch verstärkt, sie haben sie aber nicht verursacht. Die Energiepreise stiegen bereits vor dem russischen Einmarsch stark an, die Erzeugerpreise und die Inflation ebenso. Ganz ohne Krieg schafften es die letzten Bundesregierungen mit ihrer Energiepolitik der letzten zwölf Jahre, dass in Deutschland schon vor dem Ukraine-Krieg mit die höchsten Energiepreise gezahlt werden mussten. Und die Bauern, insbesondere konventionelle Landwirte, geraten nicht nur wegen gestiegener Preise in Bedrängnis, sondern auch wegen einer wachsenden Zahl an staatlichen Reglementierungen, Restriktionen und Verboten, die ihnen die Arbeit erschweren.

Ein Landwirtschaftsminister hätte mehrere Stellschrauben in seinem Verantwortungsbereich, an denen er zur Lebensmittelpreisdämpfung drehen könnte. Die Abschaffung der Mehrwertsteuer gehört aber nicht dazu, die kann er nur fordern. Doch warum sollten ihm das Kabinett und speziell der Finanzminister dies verweigern?

Zur Begründung seines Vorschlags holt er gern einen Textbaustein hervor, den er zur Präsentation seiner Ernährungsstrategie-Pläne gern genutzt hat: Gesundes Obst und Gemüse darf für niedrigere Einkommensbezieher nicht unbezahlbar werden. Und wenn der Finanzminister doch aufstöhnt? Dann könnte man sich flugs auf einen Koalitions-Kompromiss dergestalt einigen, dass nicht so erwünschte Lebensmittel wie Fleisch, Wurst oder andere tierische Produkte dafür mit einem höheren Mehrwertsteuersatz belegt werden. Die Staatseinnahmen würden nicht sinken und die Lebensmittelpreise auch nicht, es sei denn, man ernährte sich stärker vegan. Dass sich Bezieher niedrigerer Einkommen auch ein gutes Steak leisten können sollten, ist eine Aussage, die im gegenwärtigen ministeriellen Textbausteinkasten wohl eher nicht zu finden ist.

Wer glaubt, dass den von hohen Lebensmittelpreisen geplagten Bürgern geholfen wird, wenn es an die Mehrwertsteuer geht, hat vielleicht vergessen, dass sich jede staatliche Wohltat ohnehin nur aus dem speist, was heutige und künftige Steuerzahler irgendwann erwirtschaften müssen. Und mündige Bürger sollten sich zudem die Umerziehung in Sachen Ernährung durch die Lebensmittel-Besteuerung verbitten. Die Ernährungsstrategie einer Regierung sollte sich, so es wirklich eine geben muss, darauf konzentrieren, dass die Versorgung des Landes mit bezahlbaren Lebensmitteln in maximaler Vielfalt auch in Krisenlagen gesichert bleibt, und zwar nachhaltig.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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A. Ostrovsky / 11.01.2023

@ohannes Schuster : Danke, dass Sie endlich auch die Antisemiten unter den Hertz-Leugnern erkannt haben. Die Briten haben da schwerste Schuld auf sich gelasen, und die Amerikaner erst. Die Franzosen lassen gleich ganz jede Maßeinheit weg, sous la centtroicinqu. Reine französische Nummerologie ohne Punkt und Komma.

E. Uhl / 11.01.2023

Ich muss den ganzen Blödsinn nur noch 1,5 Jahre ertragen, dann bin ich in Spanien. Und dort werde ich weiter genüsslich Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, sämtliche Milchprodukte, Salat und Gemüse mit einem Bierchen oder Glas Wein (vielleicht auch ein bisschen mehr) konsumieren. Guten Appetit, weiterhin in Deutschland.

Rainer Hanisch / 11.01.2023

@H.Roth: Naja, im “kommunistischen” Rumänien können Sie nichts erlebt haben, das gab es nicht. Bestenfalls war das ein pseudo-sozialistischer Staat. Auch die Herrschaft der kommunistischen Partei ändert nichts daran. Ihr Boss mimte auf Alleinherrscher, was ihm letztlich das Leben kostete. Das Volk hatte weder etwas von den ursprünglichen sozialistischen Ideen und schon gar nichts vom “Kommunismus”. Ziemlich stümperhaft wurde versucht, den Sozialismus zu realisieren (in allen “sozialistischen” Ländern); vom Kommunismus war man noch Lichtjahre entfernt! Und lückenhafte Regale sind im vielgelobten Kapitalismus schon seit längerem gängige Praxis! Mal ist Corona schuld, mal Putin, mal Trump. Einen Dummen findet man Gott sei Dank immer.

Sabine Schönfeld / 11.01.2023

Das Perfide an den Machenschaften dieser Regierung ist jeweils, dass sie sich selbst dank ihrer selbstzugewiesenen üppigen Saläre - im Unterschied zu den Bürgern - in ihrer Lebensweise grundsätzlich nicht einschränken müssen. Sie können sich das teure Gas, die teure Energie leisten und entsprechend dann das teurere Fleisch. Die von ihnen produzierte Inflation federt schon das Abgeordnetengehalt problemlos ab und das Ministergehalt gleich dreimal. Diese Leute bekommen umgehend ihren Facharzttermin und ein Einzelzimmer im Krankenhaus. Sie benehmen sich wie Feudalherren im Mittelalter, die ihre Pfründe einfach geerbt haben. Ohne jegliches Gefühl für die Konsequenzen ihres Handelns, ohne Empathie für die Menschen im Land. Oder wie Kinder, deren Eltern sie grundsätzlich vor jeglichen Konsequenzen bewahrt haben. Schon die Art, wie sie den Bürgern die nächste - jeweils von ihnen verursachte - gesellschaftliche Katastrophe ankündigen, als sei diese vom Himmel gefallen. Und als seien sie nicht die Verursacher, sondern die möglichen Retter der Situation. Eine einzige Unverschämtheit. Diese Regierung, sie ist einfach nur unerträglich, eine einzige Frechheit allen hart arbeitenden Bürgern gegenüber, die sich ihr Leben lang mühten. Um Bildung, Ausbildung, um gute Arbeitsergebnisse. Ständig zu versagen, sich keinen Deut um die Folgen zu kümmern und sich dann noch offenbar ohne einen Hauch von schlechtem Gewissen mit den nächsten dummen Ideen als Anführer in die Öffentlichkeit zu stellen. Wo gibt es denn so etwas? Im Sozialismus, in anderen Formen der Diktatur und bei uns. Und bitte - hört auf, euch “links” oder “sozial” zu nennen, das sind Begriffe, die stehen traditionell für “menschenfreundlich”. Übler kann man das wohl nicht mehr pervertieren.

Hjalmar Kreutzer / 11.01.2023

Wie nannte der damals noch nicht ministernde Grüne Özdemir die Pegida-Demonstranten? „Komische Mischpoke“. Danke, gleichfalls!

Marc Blenk / 11.01.2023

Lieber Herr Grimm, die Refeudalisierung des Landes schreitet voran. Den Reichen das Fleisch, das Volk bekommt Krautsalat. Aber auch nur so lange, bis die Grünen die Landwirtschaft nachhaltig zerstört haben. (Nachhaltig zerstören ist ihre größte Stärke und auf Deutschland bezogen, ihre historische Aufgabe). Dann weiden wir uns halt an Kiwis aus Neuseeland. Der letzte Reichskanzler, der überzeugter Vegetarier war, dachte noch nicht so global. Heute, wo das Klima vor Stalingrad gerettet wird, braucht der Kämpfer stahlharte, vegan ernährte Kampfgenossen (könnte mir vorstellen, dass beispielhafte Werbefilme der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit NABU schon geplant sind), um dort die Werte zu verteidigen (Doppeldenk), die man hier verachtet. Die Anlagen zur Fleischproduktion werden dann nach dem Endsieg in die Ukraine verschickt. Nachdem die Deutschen sich dann aus Deutschland in alle Welt verdünnisiert haben, wird Deutschland per Schenkungsurkunde an die Welt verschenkt und unter WEF/UN- Regierung gestellt, für allerhand modellhafte Experimente auf den Gebieten der kulturellen Einebnung, der medizinisch genetischen Forschung und der Schaffung einer neuen posthumanen Art. Nachdem die UNESCO eine neue Welterbekonvention für allgemeine Transformation eingeführt hat, wird sich Deutschland rühmen dürfen, das erste damit ausgezeichnete Land zu sein. Die letzte eingesetzte Kanzlerin dieses Jurassic Parks wird sicher eine Grüne sein.

Claudius Pappe / 11.01.2023

Ricarda Lang-Breit : Bestes Beispiel für vegane Ernährung

Rainer Hanisch / 11.01.2023

Die übliche Regierungspraxis: 50 Euronen in die rechte Tasche der Bürger (sogenannte “Entlastungen”), dafür 100 Euro wieder aus der linken Tasche gezogen. Und der verblödete Michel merkt nüscht - oder will es nicht merken.

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